Das jüdische Viertel in Kolín (deutsch Kolin, älter auch Köln an der Elbe), einer tschechischen Stadt im Bezirk Okres Kolín in der mittelböhmischen Region Středočeský kraj, befindet sich in der Altstadt von Kolín. Das Areal des ehemaligen Ghettos, zu dem auch zwei Friedhöfe gehören, wird zu den bedeutendsten Zeugnissen jüdischen Lebens im Lande gezählt.
Das ehemalige Ghetto Bearbeiten
Obwohl die jüdische Gemeinschaft in Kolín seit der Mitte der 1950er Jahre praktisch nicht mehr existiert, kam es nach dem Ende des kommunistischen Regimes ab 1989 zu einer umfassenden Sanierung aller Objekte des Viertels, die bis heute andauert.
Der relativ kleine jüdische Viertel ist eingegrenzt durch die Straße Na hradbách (Beziehungsweise durch die Reste der alten Befestigungsmauer dahinter) im Westen, die Straße Karoliny Světlé im Süden, im Osten bis Straße Kouřimská, im Norden bis in etwa Straße Pražská und zum Hauptplatz Karlovo náměstí; mittig verläuft die Gasse Zlatá (Goldene Gasse). Soweit Aufzeichnungen erhalten sind, sind aus dem Jahr 1718 38 Häuser bekannt, 1843 dann 52 Häuser.
Synagoge Bearbeiten
Die Synagoge wurde in den Jahren 1642 bis 1696 in der Altstadt von Kolín an der Stelle eines mittelalterlichen abgebrannten Gebetsaals errichtet und wurde bis 1953 von der jüdischen Gemeinde Kolíns genutzt. Sie wurde mehrmals umgebaut, 1844 wurde eine jüdische Schule angebaut. Der älteste erhaltene Teil des Gebäudes ist der Toraschrein, ein Geschenk des Wiener Bürgers David Oppenheim. Die Synagoge wird in der Liste der Kulturdenkmäler Tschechiens unter der Nummer 34261/2–738 geführt.
Weitere Sehenswürdigkeiten des jüdischen Viertels Bearbeiten
Neben der Synagoge gehören zu den wichtigsten Sehenswürdigkeiten des jüdischen Viertels die Jüdische Straße, in der sich auch die Synagoge befindet, und ferner ebenfalls in der Straße gelegene jüdische Schule und das Haus des Rabbiners. Während einige Gebäude im 20. Jahrhundert, vor allem die südlich Seite der Straße Karoliny Světlé, durch nicht stilvoll konzipierte Neubauten ersetzt wurde, kam es nach 1989 zur Sanierung im ursprünglichen Stil, wie beispielsweise das Eckhaus Na hradbách 151 (heute Pension na hradbách).:35
- Židovská ulice (Jüdische Straße beziehungsweise Judengasse)
- Židovská škola (Jüdische Schule)
- Rabínův dům (Haus des Rabbiners)
Zwei Friedhöfe Bearbeiten
Außer den genannten historischen Stätten, die sich direkt auf dem Gebiet des ehemaligen Ghettos befinden, gehören zu der Geschichte des Judentums in Kolín auch zwei Friedhöfe:
Alter jüdischer Friedhof Bearbeiten
Der Alte Jüdische Friedhof (tschech. starý židovský hřbitov), am Westrand der Altstadt gelegen, wurde vom 15. Jahrhundert bis 1887/88, als er durch den neuen Friedhof ersetzt wurde, von der jüdischen Gemeinde Kolíns genutzt und ist somit einer der ältesten seiner Art in Tschechien. Die ältesten der etwa 2500 Grabsteine (Mazewot) stammen aus dem Jahr 1492. Die meisten Steine sind aus Sandstein gefertigt, es finden sich aber auch Grabsteine aus rotem Marmor.
Neuer jüdischer Friedhof Bearbeiten
Der Neue Jüdische Friedhof (tschech. nový židovský hřbitov) wurde 1886/87 angelegt und ersetzte den Alten Jüdischen Friedhof. Der heute etwas über 7000 m² große Friedhof liegt auf dem rechten Ufer der Elbe im Ortsteil Zálabí und es befinden sich auf ihm etwas über 1000 Grabsteine. Auf dem Friedhofsgelände befindet sich außerdem ein Denkmal für die Opfer des Holocaust.
Einzelnachweise Bearbeiten
- ↑ Jiří Fiedler: Kolín, Bericht über die Jüdische Gemeinde in Kolín, online auf: holocaust.cz/...
- Synagoga, in: Poche E. et al.: Umělecké památky Čech 2., Nakladatelství ČSAV Academia, Prag 1978, online auf: cestyapamatky.cz/.../synagoga
- ↑ Václav Nedbal: Židé v Kolíně a okolí: Místa paměti, Univerzita Karlova, 2018, Seite 37f. und 39, online auf: is.cuni.cz/...
- Stanislav Petr: Nejstarší židovská kniha města Kolína z let 1598-1729 a správa židovské obce v tomto období, in: Zuzana Miškovská (Hrsg.): Sborník z historie Židů na Kolínsku, Kolín 1992, Seite 8, zit. nach: Václav Nedbal: Židé v Kolíně a okolí: Místa paměti, Univerzita Karlova, 2018, Seite 21, Anm. 72, online auf: is.cuni.cz/...
- Moritz Popper: Zur Geschichte der Juden in Kolin (Bohmen) im 14. Jahrhundert, in: Monatschrift für Geschichte und Wissenschaft des Judentums, 1893/94, Seite 220, zit. nach: Zuzana Věchetová: Židovská obec v Kolíně. Židovští obyvatelé v soupisových pramenech 16.-18. století, Karlova Universita, Prag, 2006, Seite 18, Anm. 81, online auf: anzdoc.com/...
- ↑ Richard Feder: Dějiny Židů v Kolíně / Geschichte der Juden in Kolin. In: Hugo Gold (Hrsg.): Die Juden und Judengemeinden Böhmens in Vergangenheit und Gegenwart I. Jüdischer Buch- und Kunstverlag, Brünn/Prag 1934, S. 277–298 (landesbibliothek.at; tschechisch).
- ↑ Články z domova. Kolín – Jeruzalém na Labi, Portal Czech Travel Press („Association Tchéque des Journalistes et Écrivains du Tourisme“), online auf: czechtravelpress.cz/...
- ↑ Židovské ghetto, Webseite des Touristischen Informationszentrum der Stadt Kolín (TIC), online auf: tickolin.cz/...
- ↑ Zuzana Věchetová: Židovská obec v Kolíně. Židovští obyvatelé v soupisových pramenech 16.-18. století, Karlova Universita, Prag, 2006, Seite 34, online auf: anzdoc.com/...
- Josef Vávra: Dějiny královského města Kolína nad Labem, J. L. Bayer, Kolín 1888, 265 Seiten, online auf: ia802700.us.archive.org/...
- Starý židovský hřbitov, online auf: cestyapamatky.cz/.../stary...
- Nový židovský hřbitov, online auf: cestyapamatky.cz/.../novy...
Siehe auch Bearbeiten
Weblinks Bearbeiten
Koordinaten: 50° 1′ 40″ N, 15° 11′ 55,1″ O