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Interferenzreflexionsmikroskopie auch Reflexionskontrastmikroskopie ist eine lichtmikroskopische Methode mit der sehr dunne Strukturen untersucht werden konnen Sie beruht auf der Bildung von Interferenzen die entstehen wenn Licht an der oberen und der unteren Grenzflache der Struktur reflektiert wird und reflektiertes Licht von beiden Grenzflachen miteinander interferiert Dadurch entstehen Interferenzmuster die beobachtet werden konnen und die Aufschluss uber die Dicke der Struktur liefern 1 2 Die entstehenden Interferenzfarben bzw Interferenzlinien lassen Dickenmessungen im Bereich unter 200 Nanometer zu also unterhalb der normalen Auflosung des Lichtmikroskops Die entstehenden Interferenzlinien entsprechen in ihrem Verlauf den Hohenlinien einer Landkarte sofern der Brechungsindex innerhalb des Objekts konstant bleibt Da die Interferenzmuster durch ein Lichtmikroskop beobachtet werden konnen diese Dickenmessungen entsprechend zu mikroskopisch erkennbaren Strukturen zugeordnet werden etwa einzelnen Auslaufern von Zellen Fur prazise Messungen der regionalen Schichtdicke bzw Schichtdickenanderungen sollte monochromatisches Licht verwendet werden weil die Wellenlange des Beleuchtungslichts in die Berechnung eingeht Je kurzer die Wellenlange desto feiner ist die vertikale Auflosung Wird zum Beispiel monochromatisches Grunlicht eingesetzt Wellenlange 546 nm konnen in roten Blutzellen Erythrozyten Dickenmessungen in einer Auflosung von 113 nm durchgefuhrt werden Ahnlich wie bei der Internen Totalreflexionsfluoreszenzmikroskopie TIRF ist die Beobachtung auf Objekte an der Praparat Oberflache also in der Nahe des Deckglases beschrankt Das Verfahren hat von verschiedenen Autoren unterschiedliche Namen erhalten Die alteste Bezeichnung 1964 ist Interference Reflection Microscopy IRM auf deutsch Interferenzreflexionsmikroskopie Weitere Bezeichnungen sind Reflection Contrast Microscopy RCM 1975 auf deutsch Reflexionskontrastmikroskopie und Reflection Interference Contrast Microscopy RICM 1981 2 3 Eine englische Ubersichtsarbeit aus dem Jahr 2000 listet ausserdem interference contrast interference reflection contrast reflection interference contrast surface reflection interference und surface contrast microscopy 4 Inhaltsverzeichnis 1 Geschichte und Anwendungsbereiche 2 Funktionsprinzip am Beispiel der Zelladhasion 3 Weblinks 4 EinzelnachweiseGeschichte und Anwendungsbereiche BearbeitenDie Technik wurde erstmals 1958 beziehungsweise 1960 fur die Untersuchung von dunnen Schichten eingesetzt und 1964 in die Zellbiologie eingefuhrt Erst etwa zehn Jahre spater wurden weitere Arbeiten publiziert In den 1970er Jahren wurde die Technik weiterentwickelt und von Ernst Leitz sowie Carl Zeiss kommerziell angeboten Leitz hat das Verfahren unter dem Namen Reflexionskontrast vermarktet Zeiss unter der Bezeichnung Immersionskontrast Der Hauptunterschied beider Varianten bestand im Einfallswinkel des Beleuchtungslichts Bei Leitz wurde das Objekt im konzentrisch einfallenden Schraglicht beleuchtet Einfallswinkel 45 bei Zeiss orthogonal Einfallswinkel 0 Der Einfallswinkel hat optisch physikalische Auswirkungen auf die Bildentstehung weshalb beide Verfahren nicht als aquivalent zu betrachten sind Die Methode hat sich nicht breit durchsetzen konnen fur spezielle Anwendungen kam es in den 1970er und 1980er Jahren zu einer Haufung von Veroffentlichungen Durch den Einsatz von Polarisationsfiltern im Strahlengang vorzugsweise in Kreuzstellung und einem l 4 Plattchen im Objektiv Antiflex Objektiv wird Licht das an Glasoberflachen innerhalb des Objektivs selbst reflektiert wird herausgefiltert Nur das vom Objekt reflektierte Licht tragt zur Bildentstehung bei Wenn die Polarisationsfilter in Kreuzstellung angeordnet sind leuchten die Objekte folglich auf schwarzem Untergrund hell auf Am gleichen Mikroskop lasst sich auch Zubehor fur andere Spezialverfahren anbringen wie beispielsweise Fluoreszenzmikroskopie oder Differentialinterferenzkontrast so dass sich diese Techniken kombinieren lassen Die Leitz Reflexionskontrast Objektive waren serienmassig mit Phasenringen versehen so dass nahtlos zwischen Reflexionskontrast und Phasenkontrast gewechselt werden und zusatzlich bei Bedarf auch ein Phasenkontrastbild beigemischt werden konnte Eingesetzt wurde Interferenzreflexionsmikroskopie besonders haufig fur die Untersuchung von Zelladhasion an Glas und die Bestimmung der Dicke von Zellauslaufern Pseudopodien Fokale Adhasionspunkte wurden 1976 erstmals mit dieser Technik beschrieben Andere Anwendungen waren die Rekonstruktion des Oberflachenreliefs von Erythrozyten sowie die Untersuchung von Retikulozyten in Blutausstrichen da diese sich bei diesem Verfahren von reifen roten Blutkorperchen Erythrozyten unterscheiden lassen sowie Untersuchungen von Chromosomenpraparaten und des Cytoskeletts in fixierten Zellen Seit 2004 erfahrt das IRM eine Art Renaissance durch die Entwicklung des iSCAT Mikroskops Funktionsprinzip am Beispiel der Zelladhasion Bearbeiten nbsp Schematische Darstellung der Interferenzreflexionsmikroskopie Zwei Lichtstrahlen dickere grune gewellte Linien kommen von unten durch ein Deckglas grau und treffen entweder auf eine Zelle braun oder zuerst auf wassriges Zellkulturmedium ockergelb und dann auf die Zelle Wo der Lichtstrahl vom Deckglas direkt in die Zelle ubertritt linken Seite gibt es Reflexion dunner gruner Strahl Ist dagegen ein kleiner Zwischenraum zwischen Zelle und Deckglas rechte Seite entsteht eine Reflexion an der Deckglas Medium Grenze und eine weitere an der Medium Zellen Grenze Die beiden entstehenden Strahlen konnen miteinander interferieren Die Brechung des Lichts an Grenzflachen wurde hier ignoriert Interferenzreflexionsmikroskopie beruht auf Auflichtbeleuchtung Reflexion und Interferenz Um den Kontrast vermindernde Reflexionen an Glasoberflachen zu minimieren kommt Olimmersion mit reflexionsarmen Objektiven zum Einsatz Eine Zentralblende im Beleuchtungsstrahlengang blockiert ausserdem Reflexionen aus zentralen Bereich des Objektivs wo diese besonders storend wirken 1 Aus praktischen Grunden wird in zellbiologischen Anwendungen ein umgekehrtes inverses Mikroskop eingesetzt so dass sich die Zellen auf einem Deckglas befinden und von unten beobachtet werden Bei Auflicht wird das Bild eines transparenten Objekts durch Reflexion des Lichts an Grenzflachen verursacht an denen sich der Brechungsindex andert Die Intensitat des zuruckgeworfenen Lichts ist dabei umso starker desto starker der Brechungsindex Unterschied ist Immersionsol und Glas haben einen sehr ahnlichen Brechungsindex Bei einem Praparat mit lebenden Zellen die auf einem Deckglas wachsen und bei Olimmersion mit Auflicht im inversen Mikroskop von unten beleuchtet werden tritt daher der erste Brechungsindexunterschied am Ubergang vom Deckglas zum wassrigen Medium auf in dem sich die Zellen befinden Hierbei entsteht eine vergleichsweise starke Reflexion Befindet sich jedoch eine Zelle an der Stelle so ist der Brechungsindex Unterschied hier zwischen Deckglas und Zelle beziehungsweise Zellmembran deutlich geringer die Reflexion entsprechend schwacher 2 Befindet sich zwischen der Zelle und dem Deckglas noch ein mit Medium gefullter Zwischenraum so kann dessen Dicke mit Hilfe der Interferenzreflexionsmikroskopie untersucht werden Reflexion findet zuerst am Ubergang Deckglas Medium und dann am Ubergang Medium Zelle statt Wenn der Abstand zwischen diesen beiden Ubergangen in der Grossenordnung der Wellenlange des verwendeten Lichts liegt konnen die beiden reflektierten Strahlen miteinander interferieren Bei der Verwendung von monochromatischem Licht das nur eine oder wenige Wellenlangen enthalt entstehen daher helle und dunkle Bereiche Bei weissem Licht entstehen dagegen bunte Bereiche je nachdem welche Wellenlangen negativ oder positiv interferieren Aus diesen Beobachtungen lassen sich daher Informationen uber den Abstand von Zelle zum Deckglas ablesen und zwar in Grossenordnungen die unter der ublichen Auflosungsgrenze eines Lichtmikroskops 200 Nanometer liegen Der beschriebene Effekt kann jedoch erheblich gestort werden durch reflektierte Strahlen die an anderen Grenzflachen entstehen beispielsweise bei flachen Zellfortsatzen vom Ubergang der hinteren Zellmembran in das umgebende Medium Dieses Problem wird vermindert wenn die Beleuchtung mit hoher Numerischer Apertur erfolgt und die Zelle mindestens einen Mikrometer dick ist da die obere Zellmembran dann aufgrund der optischen Gegebenheiten nicht mehr zum Interferenzbild beitragen kann Unter Berucksichtigung der Zelldicke lassen sich dann quantitative Untersuchungen durchfuhren Haufiger wurden jedoch qualitative Untersuchungen durchgefuhrt beispielsweise zur Verteilung Fokaler Adhasionspunkte 2 Weblinks Bearbeiten Dreidimensionale Zytometrie und Rekonstruktion des Reliefs roter Blutzellen im Reflexionskontrast In prof piper com Mit Abbildungen und weiteren Literaturhinweisen Das Prinzip der verwandten Technik Confocal Reflection Microscopy Reflexionsmikroskopie mit dem Konfokalmikroskop englisch V A Barr S C Bunnell Interference reflection microscopy In Current protocols in cell biology Chapter 4 Dezember 2009 S Unit 4 23 doi 10 1002 0471143030 cb0423s45 PMID 20013754 PMC 2824538 freier Volltext engl mit Abbildungen Adhesive F actin Waves A Novel Integrin Mediated Adhesion Complex Coupled to Ventral Actin Polymerization Frei zugangliche englischsprachige Arbeit von 2011 mit Interferenzreflexionsmikroskopie Abbildungen und Filmen von Zellen Einzelnachweise Bearbeiten a b W J Patzelt Reflexionskontrast ein neues mikroskopisches Verfahren In Naturwissenschaften 63 Jahrgang Nr 11 November 1976 S 535 doi 10 1007 BF00596860 PMID 1004619 a b c d H Verschueren Interference reflection microscopy in cell biology methodology and applications In J Cell Sci 75 Jahrgang April 1985 S 279 301 PMID 3900106 biologists org R Parthasarathy J T Groves Optical techniques for imaging membrane topography In Cell Biochem Biophys 41 Jahrgang Nr 3 2004 S 391 414 doi 10 1385 CBB 41 3 391 PMID 15509889 T J Filler E T Peuker Reflection contrast microscopy RCM a forgotten technique In J Pathol 190 Jahrgang Nr 5 April 2000 S 635 638 doi 10 1002 SICI 1096 9896 200004 190 5 lt 635 AID PATH571 gt 3 0 CO 2 E PMID 10727991 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Interferenzreflexionsmikroskopie amp oldid 204703099