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Ingerenzpflicht ist im Kommunalrecht die Verpflichtung einer Gemeinde auf ein in einer privatrechtlichen Organisationsform betriebenes offentliches Unternehmen mit geeigneten Mitteln so einzuwirken dass die Einhaltung der durch das offentliche Recht bestimmten besonderen rechtlichen Bindungen jederzeit sichergestellt werden kann Inhaltsverzeichnis 1 Allgemeines 2 Einflussmoglichkeiten 3 Ortliche Beschrankung 4 EinzelnachweiseAllgemeines BearbeitenIm Rahmen ihrer verfassungsrechtlich gewahrleisteten Organisationshoheit konnen die Gemeinden einzelne Teilbereiche ihrer Daseinsvorsorge in wirtschaftliche Unternehmen 107 Abs 1 GemO NRW wird auch nachfolgend zitiert und nichtwirtschaftliche Einrichtungen 107 Abs 4 GemO in privatrechtliche Organisationsformen ausgliedern An die Wahl privatrechtlicher Organisationsformen stellen dann die Gemeindeordnungen zahlreiche Bedingungen damit insbesondere die Ausgliederung von Aufgaben aus der als einheitlich gedachten Gemeindeverwaltung nicht zu wesentlichen Steuerungs und damit Verantwortungsverlusten fuhrt Die von verselbstandigten Einheiten erbrachten Leistungen mussen auf die von den verantwortlichen Organen vorgegebenen Gemeinwohlzwecke ausgerichtet sein und durfen nicht dem Einfluss der fur die Einheitlichkeit der Gemeindeverwaltung verantwortlichen Organe entzogen werden 1 Die offentliche Hand muss sich dauerhafte Einwirkungsmoglichkeiten auf ihre Unternehmen verschaffen Allerdings verlangt diese Ingerenzpflicht nicht die Unterbindung jeglicher Handlungsspielraume der Unternehmensleitung kommunaler Betriebe doch sind diese Spielraume durch die Beschrankung auf den offentlichen Zweck 108 Abs 1 Nr 7 GemO deutlich geringer als bei privatrechtlich organisierten Unternehmen Aus dieser Einwirkungs oder Ingerenzpflicht folgt die Verpflichtung der Gemeinden auf von ihr geschaffene Rechtssubjekte dahingehend einzuwirken dass diese ihrerseits die Ziele kommunaler Politik die Orientierung am Gemeinwohl und das Gebot der Rechtsstaatlichkeit einhalten Fur Mann sind kommunale Ingerenzrechte bei offentlich rechtlich organisierten Formen Anstalten oder Korperschaften des offentlichen Rechts tendenziell besser zu verwirklichen als bei den Rechtsformen des privaten Rechts 1 Diese unterschiedliche Durchsetzbarkeit kommunaler Ingerenzpflichten wird durch die dargestellten strengeren Anforderungen an die Ausgestaltung von privatrechtlichen Gesellschaftsvertragen und die Entsendung von Gemeindevertretern in die Organe derartiger Unternehmen ausgeglichen Um diese Pflicht erfullen zu konnen enthalt 113 GemO NRW Regelungen uber die Vertretung der Gemeinde in den Organen der Gesellschaften bei denen die Gemeindevertreter die Interessen der Gemeinde wahrzunehmen haben Dabei sind nach 109 GemO die Unternehmen und Einrichtungen so zu fuhren zu steuern und zu kontrollieren dass der offentliche Zweck nachhaltig erfullt wird Um den Kommunen jedoch auch die Option einer Ausgliederung in offentlich rechtliche Einheiten zu ermoglichen sehen einige Gemeindeordnungen die Grundungen kommunaler Anstalten des offentlichen Rechts vor 2 Einflussmoglichkeiten BearbeitenPrivatrechtlich organisierte kommunale Einrichtungen sind nur dann offentliche Einrichtungen im Sinne des Kommunalrechts wenn sich die Kommune den Einfluss auf das Unternehmen vorbehalt und damit den kommunalrechtlichen Benutzungsanspruch der Burger gewahrleisten kann 3 Um die Pflicht zur Einwirkung auf die privatrechtlich organisierten Unternehmen einfachrechtlich abzusichern enthalten sowohl das staatliche Haushaltsrecht als auch das kommunale Wirtschaftsrecht zahlreiche offentlich rechtliche Anordnungen Hierzu gehoren insbesondere Vorgaben zur Sicherung eines angemessenen Einflusses in einem gesellschaftlichen Kontrollorgan 4 durch Entsendung von Mitgliedern in dieses Gremium 5 Weisungsgebundenheit 6 Unterrichtungspflicht 7 oder dem Recht Geschaftsfuhrer oder Vorstandsmitglieder vorzuschlagen oder zu bestellen 8 Der Bundesgerichtshof qualifiziert aus konzernhaftungsrechtlicher Sicht Gebietskorperschaften als Unternehmen wenn sie lediglich ein in privater Rechtsform organisiertes Unternehmen beherrschen 9 Dabei umfasst der aktienrechtliche Begriff der Beherrschung die Moglichkeit die Finanz und Geschaftspolitik eines Unternehmens so zu bestimmen um aus dessen Tatigkeit Nutzen ziehen zu konnen 10 Eine Beherrschung wird dann angenommen wenn das Mutterunternehmen entweder direkt oder indirekt uber Tochterunternehmen uber mehr als die Halfte der Stimmrechte verfugt Ortliche Beschrankung BearbeitenVerfassungsrechtlich ist die kommunale Selbstverwaltung nach Art 28 Abs 2 Satz 1 GG auf die Angelegenheiten der ortlichen Gemeinschaft beschrankt Hieraus ergibt sich auch eine raumliche Begrenzung des Betatigungsfeldes kommunaler Unternehmen was allerdings eine interkommunale Zusammenarbeit offentlicher Unternehmen ebenso wenig ausschliesst wie punktuelle Auswirkungen wirtschaftlicher Tatigkeit auf dem Hoheitsgebiet von Nachbargemeinden 11 Das Grundsatzurteil des EuGH sichert den Kommunen erhebliche Gestaltungsspielraume fur eine gemeinsame und effektive Wahrnehmung offentlicher Aufgaben Interkommunale Aufgaben und Zustandigkeitsverlagerungen stellen somit keine Beschaffungsvorgange auf dem Markt dar und ermoglichen auch auf dieser Kommunalebene die stetige Wahrnehmung der Ingerenzpflichten Einzelnachweise Bearbeiten a b Thomas Mann Die offentlich rechtliche Gesellschaft 2002 S 90 f mit weiteren Nachweisen Art 88 bis 91 BayGemO 114 a GemO Thorsten Franz Gewinnerzielung durch kommunale Daseinsvorsorge 2003 S 231 65 Abs 1 Nr 3 Bundeshaushaltsordnung oder 108 Abs 1 Nr 6 GemO 113 Abs 3 GemO 113 Abs 1 Satz 2 GemO 113 Abs 5 GemO 113 Abs 4 GemO BGHZ 135 107 113 f IAS 27 4 die interkommunale Zusammenarbeit ist auch europarechtlich garantiert so entschied der EuGH dass eine offentliche Stelle ihre im allgemeinen Interesse liegenden Aufgaben aber mit ihren eigenen Mitteln und auch in Zusammenarbeit mit anderen offentlichen Stellen erfullen kann ohne gezwungen zu sein sich an externe Einrichtungen zu wenden EuGH Urteil vom 9 Juni 2009 Az Rs C 480 06 Die Kommunen sind danach im Fall einer Zusammenarbeit grundsatzlich nicht verpflichtet eine Ausschreibung durchzufuhren oder Angebote privater Firmen einzuholen Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Ingerenzpflicht amp oldid 198810067