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Der Implizite Assoziationstest kurz IAT ist ein Messverfahren in der Sozialpsychologie Er wird verwendet um die Starke der Assoziationen zwischen einzelnen Elementen des Gedachtnisses zu messen Das implizite Verfahren geht auf Greenwald McGhee und Schwartz 1998 zuruck Beispiel eines klassischen Geschlechts IATs Die grunen Worter stehen fur die Belegung der Reaktionstasten Der IAT wird am Computer durchgefuhrt und basiert auf der Idee dass es Personen leichter fallt auf assoziierte Konzepte mit derselben Antworttaste anstatt mit einer entgegengesetzten Antworttaste zu reagieren 1 Der IAT wird hauptsachlich zur impliziten Messung von Einstellungen gegenuber Objekten des Selbstwerts self esteem der Identitat self identity und der Stereotype verwendet ist jedoch theoretisch betrachtet auf jegliche Gedachtnisinhalte anwendbar sofern sie im Gedachtnis in perzeptuellem visuellem oder semantischem Format gespeichert sind Inhaltsverzeichnis 1 Theoretischer Hintergrund 2 Verfahren 2 1 Standardprozedur 2 2 IAT Effekt 3 Probleme mit dem IAT 4 IAT Varianten 4 1 Single Target IAT 4 2 Extrinsisch affektive Simon Task EAST 4 3 Go No go Association Task GNAT 5 Siehe auch 6 Literatur 7 Weblinks 8 EinzelnachweiseTheoretischer Hintergrund BearbeitenDem IAT liegt die Annahme zugrunde dass Informationen im Gedachtnis mittels eines assoziativen Netzwerks Collins amp Loftus 1975 organisiert sind Werden Knoten des Netzwerks bspw durch perzeptuelle Informationen aktiviert breitet sich die Aktivierung innerhalb des Netzwerks aus assoziierte Knoten werden somit ebenfalls aktiviert 2 Meyer amp Schvaneveldt 1971 konnten zeigen dass Personen beispielsweise schneller auf das Wort Krankenschwester reagieren wenn kurz vorher das Wort Doktor prasentiert wurde und langsamer wenn vorher bspw das Wort Baum prasentiert wurde Erklart wird dies durch die Aktivierungsausbreitung mittels der assoziativen Verbindung von Krankenschwester und Doktor 3 Diesen Effekt nennt man semantisches Priming Fazio et al 1986 konnten zeigen dass Personen bei Kategorisierungsaufgaben schneller reagieren wenn vor dem zu bewertenden Wort den Personen ein Wort prasentiert wurde das die gleiche Valenz d h den affektiven Wert z B positiv oder negativ aufweist Diesen Effekt nennt man affektives Priming Er wird als Beleg fur automatische Bewertung von Einstellungsobjekten betrachtet 4 Auf den IAT bezogen bedeutet dies dass Personen dann schneller reagieren wenn Beurteilungsobjekt und evaluativer Wert der Kategorie auf derselben Antworttaste liegen da das Einstellungsobjekt die assoziierte Valenzkategorie mittels assoziativer Verbindungen mitaktiviert Verfahren BearbeitenBeim IAT sollen die Personen mittels Tastendruck Reize kategorisieren die entweder eine bestimmte Eigenschaft aufweisen bspw positive oder negative Worter oder einem von zwei Zielkonzepten angehoren die sich nicht uberlappen bspw weibliche oder mannliche Namen Der IAT besteht aus funf Phasen die im Folgenden am Beispiel des Geschlechts IATs naher beschrieben werden Standardprozedur Bearbeiten Die ersten beiden Phasen werden zur Einubung der Kategorisierungsaufgabe genutzt In der ersten Phase werden den Personen Worter prasentiert die sie mittels Tastendruck als positiv oder negativ kategorisieren sollen In der zweiten Phase sollen die Personen Vornamen nach mannlich oder weiblich kategorisieren In der dritten Phase werden nun die Aufgaben aus den ersten beiden Phasen kombiniert und die Antworttasten sind doppelt belegt Auf positive Worter und mannliche Namen sollen die Personen mit der linken Taste reagieren auf negative Worter und weibliche Namen mit der rechten Taste In der vierten Phase wird die Tastenkombination bezuglich der Zielkonzepte vertauscht die Personen sollen nun mit der linken Taste auf weibliche Namen reagieren und mit der rechten Taste auf mannliche Namen Die funfte Phase gleicht der dritten Phase mit dem Unterschied dass nun die Personen auf positive Worter und weibliche Namen mit der linken Taste reagieren sollen und auf negative Worter und mannliche Namen mit der rechten Taste IAT Effekt Bearbeiten Die Auswertung erfolgt durch den Vergleich der Reaktionszeiten in der dritten Phase mit denen in der funften Phase Personen reagieren in der Phase durchschnittlich schneller die fur sie eine kompatible Tastenzuordnung aufweist bspw positiv und weibliche Namen Der IAT Effekt wird als Mass der Starke assoziativer Verknupfungen zwischen den Zielkonzepten und den Attributauspragungen interpretiert 1 Probleme mit dem IAT BearbeitenDa der IAT Effekt ein relatives Mass ist lasst sich nicht genau bestimmen wie er zustande kommt Unterschiedliche Muster von Assoziationen konnen prinzipiell zum gleichen IAT Effekt fuhren Mierke amp Klauer 2003 fanden zudem Hinweise dass der IAT Effekt auch ohne das Vorliegen von Assoziationen auftreten kann Wenn assoziative Verknupfungen nur hinreichend nicht aber notwendig fur das Auftreten der Effekte sind kann nicht vom Auftreten eines IAT Effekts auf das Vorliegen bestimmter Assoziationen geschlossen werden 5 Ein weiteres Problem stellt die zu geringe Retest Reliabilitat dar auch wenn die interne Konsistenz zum Teil ausreichend ist Dies ist deshalb als problematisch zu sehen weil semantische Netzwerke uber einen gewissen Zeitraum zumindest relativ stabil sein mussten auch wenn sie grundsatzlich veranderbar sind Deshalb sind differentielle Aussagen also uber Personlichkeitsunterschiede mit Vorsicht zu geniessen Die unterschiedlichen Test Resultate bei ein und derselben Person werden mit der Mehrdimensionalitat der sozialen Identitat der Selbst Stereotypisierung und der Selbstkategorisierung dieser Person erklart Aufgrund dessen lassen sich auch verschiedene Assoziationstarken durch Aktivierung verschiedener Selbstkonzepte willentlich andern oder beeinflussen 6 Weiterhin kann die Grundannahme des IAT dass namlich eine Assoziation zwischen kognitiven Konzepten die Basis fur die Varianz der Reaktionszeit darstellt hinterfragt werden So konnen namlich Figur Grund Asymmetrien und die daraus resultierenden Salienz Unterschiede die Ergebnisse des IAT gleichermassen erklaren 7 Der Zusammenhang zwischen expliziter und impliziter Assoziation ist bislang wenig erforscht 8 Die Verfalschbarkeit von IATs zeigt zudem dass IATs nicht ausschliesslich implizite Assoziationen messen sondern dass IAT Ergebnisse in gewissem Umfang beeinflussbar und verfalschbar sind 9 10 Auch aufgrund der angesprochenen Probleme von IATs stehen mittlerweile neben den traditionellem IAT Effekt i d R D measures 11 12 komplexere Algorithmen zur Auswertung von IATs zur Verfugung welche verschiedene Varianzquellen von IAT Effekten unterscheidbar machen z B Diffusionsmodell Quad Modell 13 und ReAL Modell 14 Diffusionsmodellanalysen ermoglichen es bspw drei separate IAT Effekte statt einem globalen IAT Effekt zu ermitteln welche zu unterschiedlichen Anteilen Konstruktvarianz Methodenvarianz und Falschungsvarianz enthalten und als IATv IATa und IATt0 bezeichnet werden 15 16 17 18 IAT Varianten BearbeitenSingle Target IAT Bearbeiten Um die Relativitat des IAT Effekts zu umgehen und ein absolutes Mass der Bewertung einzelner Kategorien zu erhalten wird beim Single Target IAT Wigboldus 2003 pro Phase immer nur ein Zielkonzept prasentiert 19 Wie beim klassischen IAT werden den Personen in der ersten Phase positive und negative Worter prasentiert die sie mittels Tastendruck als positiv oder negativ klassifizieren sollen Im Gegensatz zum IAT ist in den nachfolgenden Phasen immer nur eine Antworttaste doppelt belegt Im Falle des Gender IATs werden die Personen gebeten in der zweiten Phase auf positive Worter mit der linken Taste zu reagieren und auf negative Worter und Mannernamen mit der rechten Taste In der dritten Phase wird die Doppelbelegung der Tasten umgedreht Die Personen werden gebeten mit der linken Taste auf positive Worter und Mannernamen zu reagieren und auf negative Worter mit der rechten Taste Beide Phasen werden wiederholt mit dem Unterschied dass Frauen statt Mannernamen verwendet werden Extrinsisch affektive Simon Task EAST Bearbeiten nbsp Beispiel einer Geschlechts EAST Die farbigen Worter am unteren Bildschirmrand stehen fur die Belegung der Reaktionstasten Die extrinsisch affektive Simon Aufgabe De Houwer 2003 basiert auf einer Kombination von IAT Elementen mit dem affektiven Simon Effekt Wie beim IAT werden zwei Zielkonzepte genutzt Die Aufgabe der Personen besteht darin auf farbige Reize meist Worter mit einer von zwei Tasten zu reagieren die jeweils doppelt belegt sind Reizfarbe und Valenz Die Personen werden beispielsweise gebeten auf positive weisse Worter mit der linken Taste zu reagieren auf negative weisse Worter mit der rechten Taste Zudem sollen sie zusatzlich mit der linken Antworttaste auf bspw blaue Worter die inhaltlich dem einen Zielkonzept entsprechen reagieren auf bspw gelbe Worter die inhaltlich dem anderen Zielkonzept entsprechen mit der rechten Antworttaste Die Personen klassifizieren die Reize fur gewohnlich dann schneller wenn die Valenz die durch Verarbeitung des Reizinhalts mitaktiviert wird und die Reizfarbe auf derselben Antworttaste liegen Im obigen Beispiel wurde man erwarten dass die Personen auf positive blaue Worter schneller reagieren als auf positive gelbe Worter da auf positiv und blau mit derselben Antworttaste reagiert werden soll Go No go Association Task GNAT Bearbeiten Bei der Go No go Assoziationsaufgabe GNAT von Nosek und Banaji 2001 wird im Gegensatz zum klassischen IAT nur ein Zielkonzept genutzt Damit wird das Problem der Relativitat der IAT Ergebnisse umgangen Aufgabe der Person ist es auf bestimmte Reize zu reagieren go auf andere jedoch nicht no go Der Person werden nacheinander positive negative und Reize des Zielkonzepts prasentiert In einem Durchgang soll die Person auf positive Reize und Reize des Zielkonzepts reagieren in einem anderen Durchgang auf negative Reize und Reize des Zielkonzepts Auf die verbleibenden Reize je nach Durchgang entweder negativ oder positiv soll nicht reagiert werden Die Personen reagieren in der Regel in dem Durchgang der kompatibel zu ihrer Evaluation des Zielkonzepts ist schneller als im anderen Durchgang Siehe auch BearbeitenListe der klassischen Experimente in der Psychologie Automatische Aktivierung von StereotypenLiteratur BearbeitenM R Banaji A G Greenwald 2015 Vor Urteile wie unser Verhalten unbewusst gesteuert wird und was wir dagegen tun konnen Munchen dtv J De Houwer 2003 The extrinsic affective Simon task Experimental Psychology 50 77 85 B Gawronski F R Conrey 2004 Der implizite Assoziationstest als Mass automatisch aktivierter Assoziationen Reichweite und Grenzen Psychologische Rundschau 55 3 S 118 126 A G Greenwald D E McGhee J L L Schwartz 1998 Measuring individual differences in implicit cognition The implicit association test PDF 513 kB Journal of Personality and Social Psychology 74 1464 1480 W Kroeber Riel P Weinberg A Groppel Klein 2008 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Homepage von A G Greenwald Homepage von M R BanajiEinzelnachweise Bearbeiten a b Mierke J 2004 Kognitive Prozesse bei der indirekten Messung von Einstellungen mit dem Impliziten Assoziationstest Dissertation zur Erlangung der Doktorwurde PDF Collins A M amp Loftus E F 1975 A spreading activation theory of semantic processing Psychological Review 82 407 428 doi 10 1037 0033 295X 82 6 407 Meyer D E amp Schvaneveldt R W 1971 Facilitation in recognizing pairs of words Evidence of a dependence between retrieval operations Journal of Experimental Psychology 90 227 234 doi 10 1037 h0031564 Fazio R H Sanbonmatsu D M Powell M C amp Kardes F R 1986 On the automatic activation of attitudes Journal of Personality and Social Psychology 50 229 238 Mierke J amp Klauer K C 2003 Method specific variance in the Implicit Association Test Journal of Personality and Social Psychology 85 1180 1192 Cordelia Fine Die Geschlechterluge Klett Cotta 2012 ISBN 978 3 608 10274 1 eingeschrankte Vorschau in der Google Buchsuche Teil 1 Kapitel 1 Rothermund K amp Wentura D 2004 Underlying processes in the Implicit Association Test Dissociating salience from associations Journal of Experimental Psychology General 133 139 165 PDF 232 kB Cordelia Fine Die Geschlechterluge Klett Cotta 2012 ISBN 978 3 608 10274 1 eingeschrankte Vorschau in der Google Buchsuche S 38 Rohner J Schroder Abe M amp Schutz A 2013 What do fakers actually do to fake the IAT An investigation of faking strategies under different faking conditions Journal of Research in Personality 47 330 338 doi 10 1016 j jrp 2013 02 009 Rohner J Holden R R amp Schutz A 2022 IAT faking indices revisited Aspects of replicability and differential validity Behavior Research Methods Advance online publication doi 10 3758 s13428 022 01845 0 Greenwald A Nosek B amp Banaji M 2003 Understanding and using the Implicit Association Test I An improved scoring algorithm Journal of Personality and Social Psychology 85 197 216 doi 10 1037 0022 3514 85 2 197 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