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Eine Weiterentwicklung der Theorie der sozialen Identitat stellt die von Turner Hogg Oakes Reicher und Wetherell 1987 vorgestellte Selbstkategorisierungs Theorie dar Sie wurde 1987 unter dem Titel Rediscovering the social group A Self Categorization Theory veroffentlicht Turner et al verstehen diese Theorie nicht als einen Ersatz fur die Theorie der sozialen Identitat sondern als eine allgemeinere Theorie die die Theorie der sozialen Identitat mit einschliesst Das Ziel der Selbst Kategorisierungstheorie ist nicht ein bestimmtes Verhalten zwischen Gruppen zu erklaren sondern die kognitiven Voraussetzungen und Mechanismen zu beschreiben die es den Menschen uberhaupt erst ermoglichen besondere Verhaltensweisen als Gruppenmitglieder zu zeigen Inhaltsverzeichnis 1 Die Grundvoraussetzungen der Selbst Kategorisierungstheorie 1 1 Selbstkonzept 1 2 Hierarchische Organisation von Kategorisierungen 1 2 1 Beispiel 1 3 Der Metakontrast Wert 2 Einige Hypothesen der Selbst Kategorisierungstheorie 2 1 Beziehung zwischen individualer und sozialer Ebene 2 2 Depersonalisation 2 2 1 Grundlegende Bedingungen fur Depersonalisation 2 2 1 1 Beispiel 3 Sozialer Einfluss 3 1 Subjektive Validitat 3 2 Uniformitatsdruck 4 Gruppenpolarisierung 5 LiteraturDie Grundvoraussetzungen der Selbst Kategorisierungstheorie BearbeitenSelbstkonzept Bearbeiten Ein wichtiger Begriff der Selbst Kategorisierungstheorie ist das Selbstkonzept das definiert werden kann als ein Set von einer Person zuganglichen kognitiven Reprasentationen des Selbst Turner et al 1987 44 Das Selbstkonzept besteht aus verschiedenen Komponenten die je nach Situation salient werden Es ist beispielsweise denkbar dass jemand die beiden Selbstkonzepte von sich hat dass er ein guter Schachspieler aber ein schlechter Fussballspieler ist Auf einem Schachturnier wird das Selbstkonzept das diese Person bezuglich ihrer Fahigkeiten Fussball zu spielen hat verstandlicherweise nicht so in den Vordergrund treten wie das Konzept uber die Fahigkeiten Schach zu spielen Hierarchische Organisation von Kategorisierungen Bearbeiten Eine weitere Voraussetzung von der Turner et al 1987 ausgehen ist die dass die oben angesprochenen kognitiven Reprasentationen in Form von Kategorisierungen organisiert sind die sich aus Ahnlichkeiten innerhalb einer Klasse und Unterschieden zwischen den Klassen ableiten Diese Selbst Kategorisierungen sind als ein hierarchisches System aufgebaut wie es Rosch 1978 beschrieben hat Dieses System ahnelt einer Pyramide insofern als eine Kategorie die in der Hierarchie ganz oben steht mehrere untergeordnete Kategorien mit einschliesst aber niemals durch eine einzige untergeordnete Kategorie vollstandig beschrieben werden kann Ein bestimmter Hund konnte beispielsweise Teil der Kategorie Pekinese sein wahrend ein anderer Hund Teil der Kategorie Schaferhund sein konnte Auf dem nachsten Level konnten Pekinesen Teil der Kategorie kleine Hunde sein wahrend Schaferhunde zu den grossen Hunden zahlen konnten Beide gehoren jedoch der Kategorie Hund an Dieser Kategorie konnen sie zugeordnet werden uber Merkmale die sie beide aufweisen sie bellen moglicherweise beide sie stammen beide vom Wolf ab usw und uber Unterschiede beispielsweise zu einer Katze die eindeutig nicht zu der Kategorie Hund zu zahlen ist Weder der Schaferhund noch der Pekinese geben beispielsweise Gerausche von sich die mit Miau beschrieben werden konnten weder Pekinese noch Schaferhund haben die Angewohnheit tote Tiere mit nach Hause zu bringen usw Bezuglich des Selbstkonzeptes setzt Turner drei Ebenen an Selbst Kategorisierungen voraus Die oberste Ebene ist das Konzept von einem selbst als menschlichem Wesen im Gegensatz zu Tieren oder Pflanzen Die mittlere die soziale Ebene ist die der In group Out group Kategorisierungen Auf dieser Ebene ordnet man sich als Mitglied bestimmter Gruppen ein indem man nach Ahnlichkeiten zu bestimmten Gruppen sucht oder Unterscheidungen zu Mitgliedern anderer Gruppen trifft Die unterste Ebene die Turner beschreibt ist die individuelle Ebene Diese Ebene basiert auf Ahnlichkeiten und Unterschieden zwischen einem selbst und anderen In group Mitgliedern Beispiel Bearbeiten Ein Beispiel soll dieses System verdeutlichen Herr Meier sieht sich beispielsweise als menschliches Wesen an und unterscheidet sich daher eindeutig von einem Pferd Herr Meier lebt in einer deutschen Kleinstadt ist Mitglied im Kaninchenzuchterverein und Angestellter bei einer Bank Der Kaninchenzuchterverein trifft sich meist in geselliger Runde es wird meist viel getrunken und gelacht Herr Meier sieht sich selbst also als einen geselligen Menschen an und unterscheidet sich somit in seinen Augen signifikant von einem Mitglied des ortlichen Lesekreises Am Arbeitsplatz ist Herr Meier sehr ordentlich und gewissenhaft was ihn in seinen Augen von jemandem unterscheidet der der Berufsgruppe der Kunstler angehort Ein Kollege von Herrn Meier der ebenfalls Bankangestellter ist hat eine Familie und ist glucklich verheiratet Herr Meier dagegen hat trotz grosser Anstrengungen noch keine passende Frau gefunden was ihn bisweilen sehr melancholisch werden lasst Hierin unterscheidet sich Herr Meier individuell von seinem Kollegen Der Metakontrast Wert Bearbeiten Eine weitere Voraussetzung der Theorie ist die dass eine Kategorisierung auf Grund von Vergleichen zwischen Stimuli stattfindet die beide Teil der nachsthoheren Ebene des oben angesprochenen hierarchischen Systems sind Das heisst dass Kategorisierungen und Vergleiche einander bedingen Das eine kann nicht ohne das andere existieren Die Bildung einer Kategorie folgt dem so genannten Prinzip des Metakontrastes Das bedeutet dass eine Ansammlung von Stimuli so zu einer Einheit kategorisiert wird dass die Unterschiede auf einer relevanten Vergleichsdimension zwischen ihnen minimal und die Unterschiede zu anderen Stimuli maximal sind Daraus folgt direkt der Metakontrast Wert den Turner folgendermassen definiert Der MCR meta contrast ratio ist gleich dem wahrgenommenen Unterschied zwischen den Mitgliedern einer Kategorie und anderen Stimuli geteilt durch den wahrgenommenen Unterschied innerhalb der Mitglieder einer Kategorie M C R d e r d u r c h s c h n i t t l i c h w a h r g e n o m m e n e U n t e r s c h i e d z w i s c h e n d e n K a t e g o r i e n d e r d u r c h s c h n i t t l i c h w a h r g e n o m m e n e U n t e r s c h i e d i n n e r h a l b e i n e r K a t e g o r i e displaystyle MCR frac der durchschnittlich wahrgenommene Unterschied zwischen den Kategorien der durchschnittlich wahrgenommene Unterschied innerhalb einer Kategorie nbsp Diesen Metakontrast Wert kann man nun fur jedes Mitglied einer Kategorie errechnen Das Mitglied der Kategorie dessen MCR am hochsten ist ist laut Turner et al auch das prototypischste Mitglied der Kategorie Es folgt logischerweise dass die Prototypikalitat eines Mitglieds einer Kategorie ein dynamischer Wert ist der von der Vergleichskategorie abhangt Beispielsweise konnte jemand der eine Gruppe Deutscher mit Franzosen vergleicht zu einem anderen Ergebnis bezuglich des prototypischsten Deutschen kommen als jemand der eine Gruppe Deutscher mit einer Gruppe Englander vergleicht Daher wird auch von der relativen Prototypikalitat eines Gruppenmitglieds gesprochen Dies steht Roschs 1978 Auffassung entgegen dass eine Kategorie durch ihr prototypischstes Mitglied definiert wird da laut Turner die Prototypikalitat eines Kategorienmitglieds in einer wechselseitigen Beziehung zur Kategorie selbst steht Eine weitere logische Schlussfolgerung ware die dass eine Umkategorisierung erfolgt wenn der MCR kleiner als 1 ist Allerdings aussern sich Turner et al 1987 47ff nicht zu diesem Fall Eine Bedingung fur einen Vergleich ist dass beide Stimuli auf einer abstrakteren Ebene einander ahnlich sind Idealerweise erfolgt dieser Vergleich auf der am wenigsten abstrakten Ebene die gerade noch beide Stimuli mit einschliesst Paradoxerweise folgt daraus dass ein Unterschied zwischen zwei Stimuli nur festgestellt werden kann wenn sie sich auf einer abstrakteren Ebene ahneln Ein Beispiel soll dies verdeutlichen Hund und Katzen konnen auf der Ebene Haustiere miteinander verglichen werden sie ahneln sich also auf dieser Ebene Ein Vergleich auf der Ebene Lebewesen ware zwar ebenfalls moglich aber wenig sinnvoll da diese Ebene zu abstrakt ist Ein Vergleich auf der Ebene Caniden ware dagegen nicht moglich da die Katze von dieser Kategorie nicht mit eingeschlossen wird Auf Selbst Kategorisierungen angewendet bedeutet dies dass ein Vergleich zweier Individuen auf der nachsthoheren Ebene des oben dargestellten hierarchischen Systems stattfindet und daher ein Vergleich innerhalb von Gruppen ist Ein Vergleich zwischen Gruppen ist daher ein Vergleich innerhalb der Ebene menschliches Wesen usf Die Salienz einer Selbst Kategorie variiert mit dem Bezugsrahmen das heisst die individuellen Selbst Kategorien werden salient wenn Vergleiche nur innerhalb der eigenen Gruppe stattfinden Die sozialen Selbst Kategorien werden salient wenn Vergleiche nur innerhalb der Ebene menschliches Wesen stattfinden und die Selbst Kategorien bezuglich der Vorstellungen von einem selbst als menschlichem Wesen werden wiederum salient wenn Vergleiche zwischen Lebensformen stattfinden Einige Hypothesen der Selbst Kategorisierungstheorie BearbeitenAus den oben genannten und weiteren Voraussetzungen leiten Turner et al 1987 eine Vielzahl an Hypothesen bezuglich der Bildung und Funktion von Gruppen und deren Phanomenen ab Hier sollen nur einige ausgesuchte dargestellt werden Beziehung zwischen individualer und sozialer Ebene Bearbeiten Die erste von Turner et al 1987 dargestellte Hypothese ist im Prinzip aquivalent dem ersten Kontinuum der Theorie der sozialen Identitat Tajfel und Turner 1986 unterscheiden zwischen intergruppalem und individuellem Verhalten Turner et al sagen eine inverse Beziehung zwischen der individuellen der untersten Ebene und der sozialen der mittleren Ebene der Selbst Kategorisierung voraus mit dem Unterschied dass Turner et al sich schon auf die Wahrnehmung und nicht nur auf das Verhalten beziehen Das bedeutet dass sich Personen je nach Situation entweder in erster Linie als Mitglied einer bestimmten Gruppe oder aber als individuelle Person kategorisieren Situationen in denen die Mitgliedschaft einer Gruppe salient wird reduzieren die Wahrnehmung interindividueller Unterschiede innerhalb der Gruppe und umgekehrt Depersonalisation Bearbeiten Eine weitere Hypothese besagt dass Faktoren die die Salienz der Vergleichsdimension auf der In group Out group Ebene erhohen dazu fuhren dass die Wahrnehmung der Ahnlichkeit mit den In group Mitgliedern erhoht wird So wird die individuelle Selbst Wahrnehmung depersonalisiert das heisst es wird auf Stereotype zuruckgegriffen die den Charakter der in group Mitgliedschaft beschreiben Diese Depersonalisation ist laut der dritten Hypothese die Ursache fur samtliche bekannten Gruppenphanomene Turner weist darauf hin dass unter Depersonalisierung in diesem Zusammenhang nicht der Verlust an individueller Identitat zu verstehen ist sondern dass es sich um einen Wechsel von der individuellen Ebene der Selbst Kategorisierungen auf die soziale Ebene der Selbst Kategorisierungen handelt Um diesen zentralen Begriff der Depersonalisation drehen sich die nachsten der dargestellten Hypothesen Grundlegende Bedingungen fur Depersonalisation Bearbeiten Voraussetzung fur den oben beschriebenen Depersonalisationseffekt ist eine Mitgliedschaft in einer oder mehreren Gruppen Psychologische Gruppen in der Selbst Kategorisierungstheorie kommen zustande sobald zwei oder mehr Menschen sich uber In group Out group Kategorien wahrnehmen und definieren Diese Idee ahnelt somit der Definition sozialer Gruppen von Tajfel und Turner siehe Theorie der sozialen Identitat Aquivalent zu der Annahme dass man sich selbst auf Grund von Ahnlichkeiten kategorisiert und es wahrscheinlicher ist dass man sich einer Kategorie zuordnet mit der man eine hohe Ahnlichkeit aufweist als einer Kategorie mit der die wahrgenommenen Ahnlichkeiten geringer sind geht die Selbst Kategorisierungstheorie davon aus dass es umso wahrscheinlicher ist dass eine Ansammlung von Individuen eine Gruppe bildet je hoher die wahrgenommene Ahnlichkeit zwischen ihnen ist Wird dagegen eine grossere Ahnlichkeit zu anderen Leuten wahrgenommen sinkt die Wahrscheinlichkeit dass die Ansammlung von Individuen eine Gruppe bildet Beispiel Bearbeiten Ein Beispiel soll dies erlautern Die Herren Schroder Fischer Clement Koch Stoiber und Merz werden in einer Berghutte eingeschneit Herr Schroder Herr Fischer und Herr Stoiber spielen gerne Schach wahrend die anderen drei Herren das Skatspiel bevorzugen Die wahrgenommene Ahnlichkeit auf der Vergleichsdimension bevorzugte Freizeitbeschaftigung ist also zwischen Herrn Schroder und Herrn Fischer beispielsweise grosser als zwischen Herrn Schroder und Herrn Clement Laut der Theorie ist es also wahrscheinlich dass sowohl die Schachspieler als auch die Skatspieler je eine Gruppe bilden werden Warum aber bilden die in dem Beispiel genannten Herren gerade Kategorien uber die Dimension bevorzugte Freizeitbeschaftigung Offensichtlich mussen die dazugehorigen Kategorien sehr salient sein Uber die Frage welche Kategorie gerade salient ist sagen Turner et al dass die Salienz ein Produkt ist aus der kognitiven Zuganglichkeit zu einer Kategorie und der Passung zur Situation In dem oben genannten Beispiel haben die Herren eine langere Zeit vor sich in der es nichts zu tun gibt Daher ist also sowohl die Zuganglichkeit als auch die Passung zur Situation relativ hoch Angenommen aber alle sechs Herren seien Politiker und die Herren Schroder Fischer und Clement sind Mitglied einer Partei wahrend die drei anderen Herren Mitglied einer anderen Partei sind Nachdem sie die Berghutte wieder verlassen konnen spielt die bevorzugte Freizeitbeschaftigung eine relativ geringe Rolle Im politischen Alltag gibt es viel zu tun an Freizeit ist also erst einmal nicht zu denken sowohl kognitive Zuganglichkeit als auch Passung der Situation sinken rapide und es ist relativ unwahrscheinlich dass die oben beschriebene Gruppenkonstellation weiterhin bestehen bleibt weil nun andere Vergleichsdimensionen zuganglicher sind und eher zu der neuen Situation passen Sozialer Einfluss BearbeitenDie Aussagen der Selbst Kategorisierungs Theorie bezuglich sozialen Einflusses gehen im Wesentlichen auf Festingers Theorie des sozialen Vergleichs 1954 zuruck Dort wird argumentiert dass Menschen das Bedurfnis haben die eigenen Meinungen und Fahigkeiten zu bewerten Dies geschieht entweder uber die Prufung eindeutig objektiver realer Kriterien oder uber soziale Kriterien das heisst uber den Vergleich mit anderen Personen deren Meinungen Einstellungen und Fahigkeiten ein moglichst genaues Abbild der Realitat darzustellen scheinen Die Moglichkeit die Unsicherheit bezuglich der eigenen Meinung Einstellung oder Fahigkeit uber soziale Kriterien zu reduzieren wird offensichtlich dann vorgezogen wenn eine attraktive Vergleichsgruppe vorhanden ist vgl z B Miller 1977 Turner et al stellen bezuglich des sozialen Einflusses das heisst der Meinungsbildung innerhalb von Gruppen einige Hypothesen vor Subjektive Validitat Bearbeiten Eine zentrale Rolle spielt die eigene Sicherheit beziehungsweise Unsicherheit uber die Richtigkeit der eigenen Meinungen Einstellungen usw Diese Sicherheit wird als subjektive Validitat bezeichnet und steht in direkter Beziehung zu dem wahrgenommenen Unterschied der eigenen Meinung zu der Meinung ahnlicher anderer Personen Je geringer dieser Unterschied ist desto hoher ist die subjektive Validitat und umgekehrt Eine geringe subjektive Validitat kann reduziert werden durch eine Attribution der Meinungsverschiedenheit auf relevante Unterschiede zwischen einem selbst und den Anderen durch eine Attribution der Meinungsverschiedenheit auf relevante Unterschiede in der Situation durch beiderseitigen sozialen Einfluss um eine Ubereinkunft zu erzielen Uniformitatsdruck Bearbeiten Das Ausmass an Uniformitatsdruck das heisst das beiderseitige Bedurfnis einer Meinung zu sein ist ein Produkt aus der wahrgenommenen Ahnlichkeit zwischen beiden Seiten der wahrgenommenen Ahnlichkeit der Situation ein Gruppenmitglied mag eine Situation beispielsweise als bedrohlich wahrnehmen wahrend ein anderes Gruppenmitglied keine Bedrohung erkennen kann der erwarteten oder wahrgenommenen unterschiedlichen beiderseitigen Auffassung uber die Bewertung der Situation der Wichtigkeit der subjektiven Validitat fur die Gruppe Dieses Produkt kann tatsachlich als ein Produkt im mathematischen Sinne verstanden werden Ist einer dieser Faktoren fur eine Person gleich Null so wird diese keinen Uniformitatsdruck verspuren Der Unterschied zwischen den Punkten zwei und drei ist wohl so zu verstehen dass eine Person die Situation einerseits als ahnlich wahrnehmen muss dass sie aber andererseits auch glauben muss dass die andere Person die Situation auf die gleiche Weise bewertet wie die fragliche Person Ist ein Uniformitatsdruck gegeben so ergibt sie die Richtung der Einflussnahme innerhalb einer Gruppe wer beeinflusst wen aus der Uberzeugungskraft der einzelnen Gruppenmitglieder Die Uberzeugungskraft jedes Gruppenmitgliedes ergibt sich aus der wahrgenommenen Prototypikalitat des Gruppenmitgliedes weil ein Gruppenmitglied umso mehr Uberzeugungskraft besitzt je grosser die wahrgenommene Unterstutzung der Gruppe fur seine Meinung Einstellung usw ist und jedes Gruppenmitglied bemuht ist moglichst gut in die Gruppe zu passen Gruppenpolarisierung BearbeitenUnter Gruppenpolarisierung versteht man den Effekt dass Meinungen und Einstellungen von Mitgliedern einer Gruppe nach einer Diskussion innerhalb der Gruppe starker in jene Richtung ausschlagen die sich schon vor der Diskussion abgezeichnet hat Wurde man beispielsweise eine Gruppe von Studenten nach ihrer Meinung zu Studiengebuhren befragen so konnte festgestellt werden dass die Studenten eher dagegen sind Wurde eine zweite Befragung die nach der Diskussion des Themas innerhalb der Gruppe durchgefuhrt wird ergeben dass die Gruppe sehr gegen Studiengebuhren ist so wurde man von einer Gruppenpolarisation sprechen Dieser Effekt ist relativ einfach uber die oben dargestellten Hypothesen und Voraussetzungen zu erklaren Eine Voraussetzung des Effektes ist dass Individuen das Bedurfnis haben ihre eigenen Meinungen und Einstellungen zu bewerten beziehungsweise zu validieren Eine Moglichkeit dies zu tun ist wie oben bereits erwahnt soziale Vergleiche anzustellen Identifizieren sich Individuen mit einer Gruppe so stellt die prototypischste Meinung der Gruppe auch die valideste Meinung dar Es ist also anzunehmen dass Individuen versuchen ihre Meinung der prototypischsten Meinung der Gruppe anzupassen und zwar umso mehr desto grosser der Uniformitatsdruck innerhalb der Gruppe ist Anhand einiger Zahlenbeispiele lasst sich zeigen dass extreme Meinungen umso mehr an Prototypikalitat gewinnen je extremer die prototypischste Meinung ist Alle folgenden Zahlenbeispiele sind Turner et al 1987 82ff entnommen Die folgenden Werte fur A B und C sollen die wahrgenommene Meinung der einzelnen Gruppenmitglieder widerspiegeln die Werte fur O die wahrgenommene Meinung der Out group Mitglieder Tabelle 1 Zahlenbeispiel 1 zur Gruppenpolarisation Outgroup Outgroup Mitglied A Mitglied B Mitglied C Outgroup Outgroup 3 2 1 0 1 2 3Uber den oben beschriebenen Metakontrast Wert meta contrast ratio lasst sich nun das prototypischste Mitglied der Gruppe hinsichtlich der erfragten Meinung errechnen M C R x d u r c h s c h n i t t l i c h e r U n t e r s c h i e d z u M i t g l i e d e r n d e r o u t g r o u p d u r c h s c h n i t t l i c h e r U n t e r s c h i e d z u a n d e r e n G r u p p e n m i t g l i e d e r n displaystyle MCR x frac durchschnittlicherUnterschiedzuMitgliedernderout group durchschnittlicherUnterschiedzuanderenGruppenmitgliedern nbsp M C R A 2 1 3 4 4 1 2 2 2 5 1 5 1 6 displaystyle MCR A frac 2 1 3 4 div 4 1 2 div 2 frac 2 5 1 5 1 bar 6 nbsp M C R B 2 3 2 3 4 1 1 2 2 5 1 2 5 displaystyle MCR B frac 2 3 2 3 div 4 1 1 div 2 frac 2 5 1 2 5 nbsp M C R C 4 3 1 2 4 2 1 2 2 5 1 50 1 6 displaystyle MCR C frac 4 3 1 2 div 4 2 1 div 2 frac 2 5 1 50 1 bar 6 nbsp In diesem Beispiel ist B die prototypischste Meinung und spiegelt auch den Mittelwert der psychologischen Skala wider Der Abstand von A und C zu B ist jeweils der gleiche Eine Gruppenpolarisation ware in diesem Beispiel daher auch nicht zu erwarten Wahlt man aber ein Beispiel in dem sich die Meinungen nicht symmetrisch um den Mittelwert der psychologischen Skala verteilen so andern sich die Zahlenverhaltnisse Tabelle 2 Zahlenbeispiel 2 zur Gruppenpolarisation Outgroup Outgroup Outgroup Mitglied A Mitglied B Mitglied C Outgroup 3 2 1 0 1 2 3Wieder soll die prototypischste Meinung der Gruppe ermittelt werden M C R A 3 2 1 3 4 1 2 2 2 25 1 5 1 5 displaystyle MCR A frac 3 2 1 3 div 4 1 2 div 2 frac 2 25 1 5 1 5 nbsp M C R B 4 3 2 2 4 1 1 2 2 75 1 2 75 displaystyle MCR B frac 4 3 2 2 div 4 1 1 div 2 frac 2 75 1 2 75 nbsp M C R C 5 4 3 1 4 2 1 2 3 25 1 5 2 17 displaystyle MCR C frac 5 4 3 1 div 4 2 1 div 2 frac 3 25 1 5 2 17 nbsp Auch in diesem Beispiel ist B das prototypischste Mitglied der Gruppe allerdings ist die Meinung von C prototypischer als jene von A weshalb As Motivation seine Meinung in Richtung der prototypischen Meinung der Gruppe hin zu andern grosser sein sollte als Cs Motivation dies zu tun Es scheint als konne man den Polarisationseffekt einer Gruppe exakt vorhersagen wenn man Daten uber die Meinungen innerhalb der Gruppe vor und nach einer Diskussion sowie die Daten uber die von den Mitgliedern der Gruppe wahrgenommene Meinung der out group hatte Dies setzt allerdings voraus dass innerhalb der Gruppe ein hoher Uniformitatsdruck herrscht Der Uniformitatsdruck ist aber wie oben ausgefuhrt wurde abhangig von der wahrgenommenen Ahnlichkeit zwischen den Gruppenmitgliedern der wahrgenommenen Ahnlichkeit der Situation innerhalb der Gruppe der erwarteten oder wahrgenommenen unterschiedlichen beiderseitigen Auffassung uber die Bewertung der Situation und der Wichtigkeit der subjektiven Validitat fur die Gruppe Ist nur einer dieser Faktoren nicht optimal so sinkt der Uniformitatsdruck in der Gruppe rapide und eine Vorhersage der Gruppenpolarisation wurde sich weitaus schwieriger gestalten als in den oben genannten Zahlenbeispielen Literatur BearbeitenFestinger L 1954 A theory of social comparison processes Human Relations 7 S 117 140 Miller R L 1977 Preference for social vs non social comparison as a means of self evaluation Journal of Personality 45 S 343 355 Rosch E 1978 Principles of categorization In E Rosch and B B Lloyd Hrsg Cognition and Categorization S 27 48 Hillsdale NJ Erlbaum Tajfel H amp Turner J C 1986 The social identity theory of intergroup 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