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Immersion im Film bezeichnet Art und Ausmass des Eintauchens des Zuschauers in die filmisch dargestellte Szenerie Als wichtigstes Anzeichen fur das Vorhandensein einer Immersion gilt das Empfinden einer haptischen Beteiligung des Zuschauers an den Filmhandlungen 1 Immersion bedeutet das kinetische somatische Eintauchen in die filmisch abgebildete Welt durch Auflosung der raumlichen Grenzen die das Theater und die Oper noch bestimmten Immersion ist im Rahmen der Nutzung in der deutschen Film und Medienwissenschaft ein Lehnwort aus dem Englischen wo immersion im Alltagsgebrauch seit dem 15 Jahrhundert deep mental involvement in something 2 unabhangig von einem Medium bedeutet das jedoch in den hiesigen wissenschaftlichen Debatten im Wesentlichen durch die Diskussionen der Virtual Reality und Medienkunst Konturen gewonnen hat Somit findet Oliver Graus Perspektive auf Immersion in der Medienkunst haufig Anwendung in den Diskussionen der Immersion in der Film und Medienwissenschaft obwohl Grau Immersion nur im Rahmen einer 360 Umgebung vorsieht was im Fall des Kinos nur selten gegeben ist und deshalb nicht wegweisend sein kann Grau geht davon aus dass das Kino allein zum Anfang der Filmgeschichte um 1895 immersiv gewirkt hat Er reproduziert als Beleg hierfur die Geschichte uber das Publikum bei den ersten Vorfuhrungen der Gebruder Lumiere 1895 in Paris das vermeintlich vom Zug gerannt ist um einen Beleg dafur zu liefern dass nur neue Medien am Anfang ihrer Wirkungsgeschichte immersive Effekte haben konnen Diese Erzahlung uber die Panik der Zuschauer bei den Lumieres wurde bereits jedoch in den 1990er Jahren von Filmhistorikern wie Martin Loiperdinger 3 oder auch Tom Gunning 4 widerlegt Lediglich pladieren beide Filmhistoriker dafur diese Geschichte als foundational myth des Kinos zu betrachten die unmittelbare korperliche Schockwirkungen im Kino verspricht Schon 1937 bemerkte der Kunsthistoriker Erwin Panofsky die Besonderheit des filmischen Raums der auch jenseits der Handlung von filmischen Figuren an sich immersiv wirkt und somit eine medial spezifische Form der Raumwahrnehmung ermoglicht filmische Immersion wird somit nicht nur im Rahmen von Realismus erlebt sondern wird durch die fundamentale Kinetik des Bewegtbildes verursacht Im Kino hat der Zuschauer einen festen Sitzplatz aber nur physisch Asthetisch gesehen ist er in permanenter Bewegung so wie sein Auge sich mit den Linsen der Kamera identifiziert die permanent in Hinsicht auf Abstand und Richtung die Stellung andert Und der dem Zuschauer prasentierte Raum ist so beweglich wie der Zuschauer selbst Nicht nur bewegen feste Korper sich im Raum sondern der Raum selbst bewegt andert dreht lost und rekristallisiert sich 5 Wenn bezogen auf die Involvierung mit den menschlichen Figuren im Film etwa bei Spielfilmen kann auf einen Text von Bela Balazs aus dem Jahr 1938 verwiesen werden Balazs beschreibt hier den Eingang in eine andere Welt die insbesondere durch das Mitfuhlen mit den Handlungen der Figuren im Film verstarkt wird In diesem Fall ist die Aktivitat einer handelnden Person wesentlich fur die Erfahrung Der Film hat dieses Prinzip der alten raumlichen Kunste die Distanz und die abgesonderte Geschlossenheit des Kunstwerkes zerstort Die bewegliche Kamera nimmt mein Auge und damit mein Bewusstsein mit mitten in das Bild mitten in den Spielraum der Handlung hinein Ich sehe nichts von aussen Ich sehe alles so wie die handelnden Personen es sehen mussen Ich bin umzingelt von den Gestalten des Films und dadurch verwickelt in seine Handlung Ich gehe mit ich fahre mit ich sturze mit obwohl ich korperlich auf demselben Platz sitzen bleibe 6 Weder Balazs noch Panofsky jedoch verwendet das Wort Immersion bei ihren Beitragen obwohl sie in der heutigen Forschung in diesem Zusammenhang zitiert werden Es herrscht in der Forschung weder Einigkeit dass filmische Immersion und visuelle Illusion als Synonyme verwendet werden konnen oder auch dass die Immersion im Film allein durch die visuelle Ebene der Erfahrung entsteht Neuere Forschung zu Immersion betont die Wirkung des Tons im Film und in den anderen Medien fur immersive Wirkungen Die Arbeit von Frances Dyson insbesondere Sounding New Media Immersion and Embodiment in the Arts and Culture oder auch Katharina Rosts Sounds that matter Dynamiken des Horens in Theater und Performance die beide auf die immersive Wirkung von Film und andere audiovisuellen Medien eingehen tragen zu dieser Perspektive bei Literatur BearbeitenRobin Curtis Christiane Voss Hrsg Immersion Ausgabe 17 Februar 2008 von Montage AV Zeitschrift fur Theorie und Geschichte audiovisueller Kommunikation Frances Dyson Sounding New Media Immersion and Embodiment in the Arts and Culture University of California Press 2009 ISBN 9780520258990 Oliver Grau Virtual Art From Illusion to Immersion MIT Press Cambridge 2003 ISBN 0 262 07241 6 Gertrud Koch Christiane Voss Hrsg Es ist als ob Fiktionalitat in Philosophie Film und Medienwissenschaft Munchen 2009 ISBN 978 3 7705 4511 7 Gertrud Koch Christiane Voss Hrsg kraft der Illusion Munchen 2006 ISBN 978 3 7705 4177 5 Fabienne Liptay Burcu Dogramaci Hrsg Immersion in the Visual Arts and Media Amsterdam Brill Rodopi 2015 ISBN 978 90 04 30819 0 Katharina Rost Sounds that matter Dynamiken des Horens in Theater und Performance transcript Verlag 2017 ISBN 3839432502 Weblinks BearbeitenAsthetische Immersion und Filmtheorie kurzer Abriss von Stefan Holtgen auf filmforen deEinzelnachweise Bearbeiten Filmlexikon der Universitat Kiel abgerufen am 14 August 2022 Archivierte Kopie Memento des Originals vom 16 Juni 2018 im Internet Archive nbsp Info Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht gepruft Bitte prufe Original und Archivlink gemass Anleitung und entferne dann diesen Hinweis 1 2 Vorlage Webachiv IABot en oxforddictionaries com Siehe Martin Loiperdinger Lumiere s Arrival of the Train Cinema s Founding Myth The Moving Image The Journal of the Association of Moving Image Archivists Volume 4 Number 1 Spring 2004 Siehe Tom Gunning An Aesthetics of Astonishment Early Film and the In Credulous Spectator in Linda Williams Hrsg Viewing Positions New Brunswick Rutgers University Press 1995 S 114 143 ISBN 0485300753 Erwin Panowsky Style and Medium in the Moving Pictures in transition Nr 26 1937 S 124 125 Bela Balazs Zur Kunstphilosophie des Films 1938 In F J Albersmeier Hrsg Theorie des Films Reclam Stuttgart 1995 ISBN 3 15 009943 9 S 204 226 hier S 215 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Immersion Film amp oldid 238114209