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Herzensergiessungen eines kunstliebenden Klosterbruders sind kunsttheoretische Aufsatze von Wilhelm Heinrich Wackenroder und Ludwig Tieck die 1796 bei Johann Friedrich Unger in Berlin anonym erschienen 1 Ludwig TieckNicht die alten Griechen und Romer sind die Vorbilder einer heiligen Kunst sondern Durer Raffael und Michelangelo Der Blick des schreibenden Monchs des katholischen Verfassers dieses Manifestes der deutschen Fruhromantik 2 ist sehnsuchtsvoll italienwarts gerichtet Der 27 jahrige Hermann Hesse bespricht das Buchlein erfrischend knapp An die Stelle der Vernunft tritt das Gefuhl anstelle der Kunstschreiberei die Begeisterung eines liebevollen Anschauens 3 Und der 45 jahrige Hesse bedauert Dort finden wir alles was uns heute fehlt Glaube Moral Ordnung Seelenkultur 4 Inhaltsverzeichnis 1 Inhalt 2 Zitate 3 Rezeption 4 Literatur 5 EinzelnachweiseInhalt BearbeitenDer greise Monch wendet sich aus seiner Klausur heraus an junge angehende Kunstler zwecks Erweckung guter Gedanken Gleich zu Anfang in dem Aufsatz Raffaels Erscheinung schreibt der Monch den fur das ganze Buchlein fundamentalen Satz Die Begeisterungen der Dichter und Kunstler sind von jeher der Welt ein grosser Anstoss gewesen Raffael erhalt das Attribut gottlich und seine Produktionsregel ist beispielgebend fur wahre Kunst Ich halte mich an ein gewisses Bild im Geiste welches in meine Seele kommt Der schreibende Monch gibt zu etliche der Geschichten habe er aus dem Buche des alten Vasari 5 Diese Begebenheiten sollen dem Leser nicht nur zerstreuenden Sinnengenuss 6 bieten Im Der merkwurdige Tod des zu seiner Zeit weitberuhmten alten Malers Francesco Francia des Ersten aus der Lombardischen Schule wird die Grosse Raffaels indirekt herausgestellt Der alte Francia hatte sich durch die lobenden Worte die er im Briefkontakt mit Raffael erfuhr kunstlerisch uber Raffael erhoben ohne je ein Bild seines Konkurrenten gesehen zu haben Als Raffael ihm ein Bild zur Ansicht zusendet und gutig um eine eventuelle Korrektur seines Kollegen Francia bittet erkennt dieser seine Hybris und dass sein Konnen gegen die Werke des gottlichen Raffael nur elendes unvollendetes Stumperwerk sind An dieser Erkenntnis zerbricht der alte Mann Ebenso bitter und von ahnlicher Machart ist die Geschichte des jungen Antonio der lediglich glaubt er sei genial bald so wie der allervortrefflichste Maler Raffael von Urbino Aber dann glaubt er es auch wieder nicht Jedenfalls wird Antonio belehrt Jedes schone Werk muss der Kunstler in sich schon antreffen die Kunst muss seine hohere Geliebte sein denn sie ist himmlischen Ursprungs gleich nach der Religion muss sie immer teuer sein Das Ehrengedachtnis unsers ehrwurdigen Ahnherrn Albrecht Durers beschreibt die Liebe des schreibenden Monchs zu Nurnberg zu seiner goldenen Zeit da Deutschland eine eigene vaterlandische Kunst zu haben sich ruhmen konnte Der Aufsatz hinterlasst einen zwiespaltigen Eindruck Durer sei fur das Idealische und die erhabene Hoheit eines Raffael nicht geboren In dem Aufsatz Von zwei wunderbaren Sprachen und deren geheimnisvoller Kraft benennt der Monch diese beiden als die Natur und die Kunst In denen artikulieren sich der Gott der Menschen und die Kunstler Wahrend die Natur uns zur Gottheit hinaufzieht lasst uns die Kunst in das Unsichtbare in unserer Brust blicken Das Attribut gottlich wird neben Raffael hochstens noch Michelangelo zugestanden In dem Aufsatz Die Grosse des Michelangelo Buonarroti wird sogar definiert was in der Kunst menschlich und was gottlich ist 7 Summa summarum Ein Monch erzahlt aus dem Kloster heraus wie kann es anders sein fromme Geschichten Da fallt die letzte und bei weitem umfangreichste Das merkwurdige musikalische Leben des Tonkunstlers Joseph Berglinger doch ganz aus dem Rahmen War zuvor ausschliesslich von Bildender Kunst die Rede hadert nun der Kirchenmusiker Berglinger mit sich und vor allem mit der profanen Welt Die Geschichte des Komponisten ist obendrein herausragend in dem Sinne Der Enthusiasmus des Monchs in jeder Geschichte zuvor wird nun zuletzt auf die Probe vor der Realitat gestellt 8 Zitate BearbeitenJedes Kunstwerk muss eine doppelte Sprache reden eine des Leibes und eine der Seele 9 Kunst ist die Blume der menschlichen Empfindung 10 Jegliches Wesen strebt nach dem Schonsten aber es kann nicht aus sich herausgehen und sieht das Schonste nur in sich 11 Es ist doch eine kostliche Gabe die der Himmel uns verliehen hat zu lieben und zu verehren 12 Rezeption BearbeitenKunst und ReligionGoethe von Heine der grosse Heide 13 genannt lehnte jedwede neukatholische Sentimentalitat 14 jede Kunstreligion als klosterbrudisierendes sternbaldisierendes Unwesen ab 15 Warum geben die Autoren ausgerechnet einem Kleriker das Wort Wackenroder und Tieck betrachten die Verbindung von Leben und Kunst 16 Als Mittel zum Zweck erscheint beiden Autoren das Transzendente wie es der Religion innewohnt gleichsam zum Ausleuchten des Gegenstandes geeignet In dem Text ist Kunst die andere Sprache Gottes 17 Frommigkeit wird in dem Buchlein neu definiert Religion ist das Begluckende 18 Kunst ist wie die Natur ein Buch Gottes und kein Menschenwerk 19 Es geht in den Herzensergiessungen um die Unwiederholbarkeit der Schopfungen eines Raffael Michelangelo und Durer 20 Auf den religiosen Aspekt um den es in den Herzensergiessungen geht bezieht sich Paulin mehrfach 21 und spricht Wackenroders Kunstfrommigkeit 22 an In den Herzensergiessungen vermische sich Kunstgenuss mit Andacht 23 und die Einheit von Liebe und Religion werde propagiert 24 AutorschaftZwar sei Tiecks Anteil an den Herzensergiessungen von der Menge her gesehen nicht gross doch seien in dem Brief eines jungen deutschen Malers in Rom an seinen Freund in Nurnberg Anfange zum Sternbald erkennbar Sebastian Marie 25 Zur unlosbaren Autorenfrage meint Kern Im wesentlichen gehort das Gesagte beiden an 26 Paulin behauptet in dem Buch seien die Aufsatze An den Leser dieser Blatter Sehnsucht nach Italien Ein Brief des jungen florentinischen Malers Antonio an seinen Freund Jacobo in Rom und Brief eines jungen deutschen Malers in Rom an seinen Freund in Nurnberg von Tieck 27 ErzahlkonstruktionAugust Wilhelm Schlegel rezensiert 1797 Jene die Sprache des Klosterbruders hat uberdiess eben weil sie veraltet ist den Reiz der Neuheit 28 Die Fiktion des Klosterbruders mit seinem Credo der heiligen Kunst erscheint als ein erzahltechnisch ingenioses Verfahren 29 Kopke 30 weist auf den Ursprung der Figur des erzahlenden Klosterbruders hin Johann Friedrich Reichardt habe den einfachen Monch mit dem Klosterbruder im Nathan assoziiert Literatur Bearbeiten nbsp Wackenroder Herzensergiessungen Ausgabe 1916 QuelleMartin Bollacher Hrsg Wilhelm Heinrich Wackenroder und Ludwig Tieck Herzensergiessungen eines kunstliebenden Klosterbruders Reclams Universal Bibliothek Nr 18348 Stuttgart 1955 Aufl 2005 ISBN 3 15 018348 0 ErstausgabeEhrengedachtniss unsers ehrwurdigen Ahnherrn Albrecht Durers von einem kunstliebenden Klosterbruder Unger Berlin 1796 S 50 73 in Deutschland Bd 3 7 Stuck 31 AusgabenWackenroder Wilhelm Heinrich Tieck Ludwig Herzensergiessungen eines kunstliebenden Klosterbruders Berlin 1797 Digitalisat und Volltext im Deutschen Textarchiv Der Text bei Zeno org Herzensergiessungen eines kunstliebenden Klosterbrudersalle zitiert in der Quelle S 169 171 Auswahl Herzensergiessungen eines kunstliebenden Klosterbruders Diederichs Leipzig 1904 Ernst Ludwig Schellenberg Hrsg Wilhelm Heinrich Wackenroder Herzensergiessungen eines kunstliebenden Klosterbruders Phantasien uber die Kunst fur Freunde der Kunst Kiepenheuer Weimar 1917 Wilhelm Heinrich Wackenroder Ludwig Tieck Herzensergiessungen eines kunstliebenden Klosterbruders Mit einer Einleitung von Oskar Walzel Insel Leipzig 1921 Wilhelm Heinrich Wackenroder Herzensergiessungen eines kunstliebenden Klosterbruders Mit einer Einfuhrung von August Langen Thomas Kempen 1948 Hans Heinrich Borcherdt Hrsg Wilhelm Heinrich Wackenroder Herzensergiessungen eines kunstliebenden Klosterbruders Federmann Munchen 1949 Evi Rietzschel Hrsg Wilhelm Heinrich Wackenroder Herzensergiessungen eines kunstliebenden Klosterbruders Reclam Leipzig 1981 als CDMichael Thumser Hrsg Pfingstreise im Jahre 1793 Wilhelm Heinrich Wackenroder und Ludwig Tieck gesprochen von Hans Jurgen Schatz 2 CD Auricula Verlag Berlin 2010 ISBN 978 3 931961 06 0SekundarliteraturVolker Michels Hrsg Hermann Hesse Eine Literaturgeschichte in Rezensionen und Aufsatzen Suhrkamp Frankfurt am Main 1975 st 252 ISBN 3 518 36752 8 Johannes P Kern Ludwig Tieck Dichter einer Krise Lothar Stiehm Verlag Heidelberg 1977 Band XVIII der Reihe Poesie und Wissenschaft Ernst Ribbat Ludwig Tieck Studien zur Konzeption und Praxis romantischer Poesie S 82 89 Athenaum Verlag Kronberg Ts 1978 Habilitationsschrift Westfalische Wilhelms Universitat Munster ISBN 3 7610 8002 6 Gerhard Schulz Die deutsche Literatur zwischen Franzosischer Revolution und Restauration Teil 1 Das Zeitalter der Franzosischen Revolution 1789 1806 Munchen 1983 ISBN 3 406 00727 9 Roger Paulin Ludwig Tieck J B Metzlersche Verlagsbuchhandlung Stuttgart 1987 Reihe Sammlung Metzler M 185 ISBN 3 476 10185 1 Heide Hollmer Das Leiden an der Kunst Ein Moritz Thema und seine Folgen fur die Herzensergiessungen eines kunstliebenden Klosterbruders In Text Kritik Zeitschrift fur Literatur Heft 118 119 Karl Philipp Moritz Gastredaktion Heide Hollmer Verlag edition text kritik GmbH Munchen 1993 S 107 117 Karl Otto Conrady Goethe Leben und Werk Dusseldorf und Zurich 1999 ISBN 3 538 06638 8 Karl Arndt Selbstbildnis und literarisches Denkmal Johann Dominicus Fiorillo und Wilhelm Heinrich Wackenroder In Gottinger Jahrbuch Bd 63 2015 S 109 140 Einzelnachweise Bearbeiten Nachwort von Richard Benz in der Quelle S 179 12 Z v o Nachwort von Richard Benz in der Quelle S 204 5 Z v o zitiert in Michels S 237 9 Z v u zitiert in Michels S 238 7 Z v u Quelle S 121 3 Z v u Roland Kanz Hrsg Giorgio Vasari Das Leben von Lionardo da Vinci Raffael von Urbino und Michelagnolo Buonarroti Reclam Stuttgart 1995 390 Seiten ISBN 978 3 15 009467 9 A W Schlegel zitiert in Schulz S 256 4 Z v u Quelle S 74 35 Z v o Es ist in der Welt der Kunstler gar kein hoherer der Anbetung wurdigerer Gegenstand als ein ursprunglich Original Mit emsigem Fleisse treuer Nachahmung klugem Urteil zu arbeiten ist menschlich aber das ganze Wesen der Kunst mit einem ganz neuen Auge zu durchblicken es gleichsam mit einer ganz neuen Handhabe zu erfassen ist gottlich Schulz S 392 22 Z v o Quelle S 31 25 Z v o Quelle S 44 16 Z v o Quelle S 47 19 Z v o Quelle S 71 14 Z v o zitiert in der Quelle S 180 Fussnote 2 Conrady S 709 20 Z v o Uwe Japp Das deutsche Kunstlerdrama von der Aufklarung bis zur Gegenwart Walter de Gruyter 2004 ISBN 978 3 11 018153 1 google de abgerufen am 13 Juli 2023 Schulz S 257 17 Z v o Kern S 17 10 Z v u Kern S 19 22 Z v o Kern S 20 23 Z v o Ribbat S 84 Paulin S 42 Mitte und S 43 oben Paulin S 43 14 Z v o Kern S 42 14 Z v o Kern S 137 15 Z v u Ribbat S 87 Kern S 21 5 Z v o Paulin S 43 2 Z v u A W Schlegel zitiert in Schulz S 256 21 Z v o Nachwort von Richard Benz in der Quelle S 194 17 Z v o zitiert in der Quelle S 122 Fussnote 3 Rudolf Kopke Ludwig Tieck Erinnerungen aus dem Leben des Dichters nach dessen mundlichen und schriftlichen Mittheilungen Leipzig 1855 Teil 1 S 222 Quelle S 169 MitteNormdaten Werk GND 4231361 2 lobid OGND AKS VIAF 201093500 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Herzensergiessungen eines kunstliebenden Klosterbruders amp oldid 235671959