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Der Grundsatz des sichersten Wegs im deutschen Recht besagt dass ein Rechtsanwalt oder Steuerberater bei der Erfullung seiner Pflichten gegenuber seinem Mandanten und zur Erreichung des von seinem Mandanten vorgegebenen Rechtsschutzziels den sichersten Weg zu gehen hat 1 Der Grundsatz des sichersten Wegs steht im Zentrum zahlreicher Haftungsprozesse zwischen Mandant und Anwalt 1 Der Grundsatz gilt in erster Linie fur die Beratung des Mandanten wird aber daruber hinaus auf praktisch alle Pflichten aus dem Anwaltsvertrag angewendet 1 Der deutsche Bundesgerichtshof BGH wendet den Grundsatz verallgemeinernd als Sorgfaltsmassstab auf die Frage der anwaltlichen Aufklarungspflicht 2 der Empfangsberechtigung fur Geldzahlungen 3 und der Belehrungspflicht 4 an Pflichtlekture BearbeitenDer Mandant der dem Anwalt eine Prozessfuhrung ubertragt darf darauf vertrauen dass der Fachmann dieser gewachsen ist 5 Der Anwalt hat hierbei grundsatzlich jeden Rechtsirrtum zu vertreten 6 Der Anwalt muss die einschlagigen aktuellen Gesetze beherrschen und sich diejenigen Rechtskenntnisse verschaffen die fur die Beurteilung des betreffenden Rechtsfalles notwendig sind 7 Hierbei sind einschlagige Fachzeitschriften und aktuelle Kommentare zur Informationsgewinnung hinzuzuziehen 8 Als Standardkommentar im Zivilrecht ist Gruneberg ehemals Palandt anzusehen 9 Hinsichtlich der Fachzeitschriften sind NJW und MDR regelmassig auswertungspflichtig 10 Ein Steuerberater der die standige Rechtsprechung nicht beachtet hat hat sich schadensersatzpflichtig gemacht 11 Es wird jedoch keine Pflicht zur regelmassigen Lekture von Spezialzeitschriften angenommen 12 Nur wenn hochstrichterliche Rechtsprechung zu einer Thematik noch nicht existiert oder zweifelhaft ist soll ausnahmsweise eine Auseinandersetzung mit Literaturmeinungen erforderlich sein 13 Dann ist auch die Auseinandersetzung mit unterinstanzlicher Rechtsprechung notwendig 14 Bei einer erst kurzlich geanderten Gesetzeslage besteht ein erhohtes Mass an erforderlicher Aufmerksamkeit 15 Der sicherste Weg sollte auch bei sich abzeichnenden Anderungen der Rechtsprechung beachtet werden woraus jedoch keine regressrechtlichen Konsequenzen fur unvorhersehbare Rechtsprechungsanderungen resultieren 16 Eine Verpflichtung zur Recherche des Anwalts in einer Online Datenbank ist vom Mandanten darzulegen und zu beweisen 17 Auch in Zeiten technischen Fortschritts handelt es sich hierbei weiterhin lediglich um eine Option zeitnaher Informationsbeschaffung 18 Die Gerichte billigen bei der Kenntnisnahme relevanter Entscheidungen einen realistischen Toleranzrahmen zu 19 Als Karenzzeit kann von einem Zeitraum von vier bis sechs Wochen ab Veroffentlichung ausgegangen werden 20 Kritik BearbeitenKritiker bemangeln die vom BGH stereotyp gestellte Anforderung des sichersten und gefahrlosesten Weges den der Anwalt zu gehen habe sei als Massstab fur die Anwaltspflicht und Haftung unangemessen 21 Diese Anforderung verlasse den Normbegriff des objektiv typischen Durchschnittsanwalts und fordere eine unzulassige ex post Betrachtung geradezu heraus 21 Sie sei von vornherein untauglich wenn es sich um Prognosen wie Prozessaussichten Vergleichsempfehlungen oder die Einschatzung menschlichen Verhaltens oder gesundheitliche wie auch wirtschaftliche Entwicklungen handelt 21 Mit den fur den Mandanten wichtigen Zweckmassigkeitserwagungen lasse er sich nicht vereinbaren 21 Der Anwalt habe zunachst den richtigen das heisst rechtlich begrundeten und zulassigen und auch sicheren Weg vorzuschlagen Einen rechtlich zwar statthaften aber bedenklichen Weg durfe er nur mit Zustimmung des Mandanten gehen 22 Der sicherste Weg wurde im Grundsatz weder dem bei jeder Prozessfuhrung verbundenen Risiko noch den Interessen des Mandanten und letztlich auch nicht der Stellung des Anwalts als unabhangiges Organ der Rechtspflege gerecht 22 Einzelnachweise Bearbeiten a b c Vgl Borgmann Jungk Grams Anwaltshaftung 4 Auflage 2005 21 Rdn 131 S 159 Urteil des BGH vom 29 Marz 1983 NJW 83 1665 Urteil des BGH vom 29 Mai 1984 NJW 84 785 Urteil des BGH vom 10 Oktober 1985 NJW 86 581 BGH NJW 1993 2538 OLG Koblenz NJW 1989 2699 BGH NJW 1982 97 BGH NJW 2001 675 BGH NJW 2009 987 OLG Zweibrucken NJW 2005 3358 BGH NJW 2001 146 OLG Munchen NJW RR 1991 803 BGH NJW 2001 675 BGH NJW RR 1993 245 BGH NJW 2011 386 BGH NJW 1993 3325 BGH Beschluss vom 11 Januar 2007 IX ZR 55 03 Schnabl NJW 2007 3025 BGH NJW 2001 675 Lange DB 2003 869 a b c d Borgmann Rdn 142 S 167 a b Vgl Vollkommer Heinemann Anwaltshaftungsrecht 2 Auflage 2003 Rdn 288 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Grundsatz des sichersten Wegs amp oldid 236854198