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Die Gefuhl als Information Theorie von Norbert Schwarz 1987 stellt ein psychologisches Rahmenmodell zur Konzeptionalisierung der Rolle von Gefuhlen in der menschlichen Urteilsbildung dar Sie besagt dass Menschen unter bestimmten Bedingungen Gefuhle als Grundlage fur Werturteile nutzen Inhaltsverzeichnis 1 Entwicklung 1 1 Klassische Experimente 2 Postulate 3 Moderatoren 4 Siehe auch 5 EinzelnachweiseEntwicklung BearbeitenDie Gefuhl als Information Theorie wurde Ende der 1980er Jahre von Norbert Schwarz entwickelt Die Theorie integriert diverse vorangegangene Befunde anderer Forscher Schon fruh zeigten Schachter und Singer 1962 1 mit ihrer Forschung zum Thema Arousal die Wichtigkeit von Attributionen also Kausalzuschreibungen im menschlichen Erleben auf In ihrer Studie schlossen die Teilnehmer vom Grad ihrer korperlichen Erregung der von den Versuchsleitern ohne Wissen der Teilnehmer manipuliert wurde auf ihr psychisches Befinden Weiter konnte gezeigt werden dass Stimmungen die Zuganglichkeit stimmungskongruenter also zur Stimmung passender Information im Gedachtnis erhohen 2 Das bedeutet dass einer Person im Moment der Urteilsbildung zur aktuellen Stimmung passende Informationen besonders prasent sind Wyer und Carlston 1979 3 integrierten beide Befunde und zeigten dass auch Gefuhle im menschlichen Urteilsprozess als Informationen fur Beurteilungen verwendet werden konnen selbst wenn sie unabhangig vom Urteilsobjekt sind Dafur spricht auch eine Arbeit von Griffitt und Veitch 1971 4 die belegt dass es in zwischenmenschlichen Beziehungen genugt den anderen mit positiven Gefuhlen in Verbindung zu bringen um zwischenmenschliche Attraktion zu erhohen auch wenn diese Gefuhle zufallig sind oder von einer anderen Quelle stammen Es bestand daher fur Schwarz Grund zu der Annahme die von Zajonc 5 aufgestellte These Preferences need no inferences deutsch Vorlieben bedurfen keiner Schlussfolgerungen in Frage zu stellen Die oben dargestellten Erkenntnisse sprechen entgegen dieser Aussage fur einen entscheidenden Einfluss von Attributionen und somit Schlussfolgerungen auf dem Weg von Gefuhlen zu Urteilen Klassische Experimente Bearbeiten Die klassischen Experimente von Schwarz und Clore 6 aus dem Jahr 1983 lieferten weitere Hinweise auf die Wichtigkeit von Gefuhlszustanden beim menschlichen Urteilen In einem ersten Experiment versuchten Schwarz und Clore herauszufinden ob die erhohte Zuganglichkeit zur aktuellen Stimmung passender Gedachtnisinhalte deren Einfluss auf die Urteilsbildung erklaren kann oder ob tatsachlich ein Urteilsprozess bei dem die Stimmung als Information genutzt wird vorliegt Dazu brachten sie die Versuchsteilnehmer in positive bzw negative Stimmung indem diese entweder ein positives oder ein negatives Ereignis aus der Vergangenheit niederschreiben sollten Gleichzeitig wurde den Teilnehmern suggeriert der Raum in dem das Experiment stattfand verursache eine gute oder bedruckende Stimmung Die Vorhersage der Autoren war Folgende Wirkt lediglich die Zuganglichkeit stimmungskongruenter Information so sollte die anfangliche Stimmungsmanipulation unabhangig von der Information uber den Raum ihre Wirkung zeigen Wird die Stimmung als Information im Urteilsprozess herangezogen so sollte vorher von den Teilnehmern gepruft werden ob sie uberhaupt etwas mit dem abzugebenden Urteil zu tun hat Dementsprechend sollten Teilnehmer die ihre Stimmung auf die Auswirkungen des Raumes zuruckfuhren diese Information nicht fur das Urteil benutzen Nur bei solchen Teilnehmern deren Stimmung sich nicht mit den vermeintlichen Auswirkungen des Raumes erklaren liess sollte die Stimmung das Urteil beeinflussen Die vorhergesagten Effekte zeigten sich allerdings lediglich fur diejenigen Teilnehmer die anfangs ein trauriges Ereignis erinnert hatten In einem zweiten Experiment wurde der Effekt in einem naturlicheren Umfeld untersucht Die Versuchsleiter riefen Personen entweder an sonnigen oder an regnerischen Tagen an und fragten sie nach ihrer Lebenszufriedenheit Hierbei berichteten Personen an sonnigen Tagen eine hohere Lebenszufriedenheit als an regnerischen Tagen Dieser Effekt verschwand wenn die Versuchsleiter vor der Frage nach der Lebenszufriedenheit nach dem Wetter am Aufenthaltsort der Teilnehmer fragten da diese ihre Stimmung dann richtigerweise auf das Wetter zuruckfuhrten Postulate BearbeitenVier zentrale Postulate 7 liegen der Gefuhl als Information Theorie zugrunde Personen nutzen ihre Gefuhle als Informationen fur zu fallende Urteile Unterschiedliche Arten von Gefuhlen sind Grundlage unterschiedlicher Arten von Informationen Affektive Gefuhle bezeichnet als Emotionen wenn sie auf ein Zielobjekt gerichtet sind wohingegen Stimmungen diffuser sind kein klares Zielobjekt haben und meist langer andauern Beispielsweise informiert Arger dass uns jemand Unrechtes getan hat und liefert damit spezifischere Information als eine allgemein negative Stimmung Kognitive Gefuhle informieren uber den eigenen Wissenstand z B Verarbeitungsflussigkeit Vertrautheit Korperliche Gefuhle z B Schmerz physiologische Erregung Der Einfluss von Gefuhlen bei der Urteilsbildung hangt von ihrem wahrgenommenen informativen Wert ab Personen gehen davon aus dass ihre aktuellen Gefuhle sich auf das beziehen was gerade im Fokus ihrer Aufmerksamkeit liegt Dies wird selten hinterfragt ist aber oft nicht korrekt Wird ein Gefuhl im Gegensatz dazu einer zufalligen Quelle zugeschrieben das heisst einer Person ist bewusst dass das Gefuhl eine andere Ursache hat als das Objekt im Fokus wird sein informativer Wert als geringer wahrgenommen beispielsweise war diese andere Ursache im oben beschriebenen Experiment das Wetter Andersherum wird er hoher eingeschatzt wenn tatsachliche Grunde fur ein anderes Gefuhl vorliegen aber dennoch das wahrgenommene Gefuhl uberwiegt Veranderungen in der Gefuhlswahrnehmung sind informativer als stabile Gefuhlszustande Wenn Gefuhle als Information genutzt werden folgt diese Nutzung denselben Prinzipien wie die jeder anderen Art von Information Gefuhle werden nur als Informationsgrundlage genutzt wenn ihr Informationswert nicht in Frage gestellt wird Je starker der Eindruck die Gefuhle seien relevant fur eine Fragestellung desto grosser ist ihr Einfluss Geringe Verarbeitungskapazitat ausgelost beispielsweise durch andere gleichzeitig ablaufende Prozesse der Informationsverarbeitung und geringe Motivation fuhren ebenfalls zu einem grosseren Einfluss dieser Information 8 Konkret ist dies beispielsweise der Fall wenn eine Person gedanklich sehr mit etwas anderem beschaftigt ist Sind hingegen alternative Informationen vorhanden und werden auch bedacht verringert sich der Einfluss der Gefuhle als Information Dies fuhrt zum Beispiel dazu dass Personen in Bereichen in denen sie sich gut auskennen weniger auf die Informationen zuruckgreifen die ihnen ihre Gefuhle vermitteln Manche Gefuhle erfordern mehr Interpretation und bieten einen breiteren Rahmen fur diese als andere Stimmungen liefern demnach diffusere Informationen uber die Valenz eines Urteilsobjekts d h daruber wie positiv oder negativ es betrachtet wird als beispielsweise Emotionen Zudem ziehen Personen je nach ihrer eigenen naiven Theorie unterschiedliche Schlusse aus der erlebten Leichtigkeit eine Information abzurufen Wenn es beispielsweise schwerfallt sich an ein Ereignis zu erinnern konnen verschiedene Grunde dafur angenommen werden das Ereignis konnte schon eine Weile zuruckliegen oder nicht wichtig genug gewesen sein um ihm viel Aufmerksamkeit zu schenken Wie Informationen anderer Art konnen auch Gefuhle als Urteilsgrundlage genutzt werden Der Verarbeitungsweg wird je nach Einschatzung einer Situation unterschiedlich gewahlt beispielsweise wird in bekannten oder als unproblematisch erlebten Situationen eher auf Routinen und Vorwissen zuruckgegriffen Moderatoren BearbeitenGreifeneder Bless und Pham 2010 9 identifizierten funf Gruppen von Moderatoren fur den Prozess des Urteilens auf Basis von Gefuhlen Die Salienz d h die Auffalligkeit des Gefuhls Erhalt ein Gefuhl starkere Beachtung als andere Gefuhle oder sonstige Informationen so wird es eher als Urteilsgrundlage genutzt Dies ware beispielsweise der Fall wenn eine Person einem Redner eine starke Abneigung entgegenbringt obwohl sie den Inhalt der Rede nicht negativ bewertet Die Reprasentativitat des Gefuhls fur das Zielobjekt Reprasentativitat ist hier gemeint als der Grad in dem das Gefuhl als vom Zielobjekt ausgehend erlebt wird oder zentrale Merkmale des Objekts wiedergibt Im Rednerbeispiel ware das Gefuhl reprasentativ wenn es vom Redner ausgelost zu werden und Informationen uber ihn zu enthalten scheint Die Relevanz des Gefuhls fur das Urteil In Abgrenzung zur Reprasentativitat die sich auf das Zielobjekt bezieht geht es hier um das tatsachliche Urteil beispielsweise die Glaubhaftigkeit des Redners Die evaluative Formbarkeit engl malleability des Urteils Gefuhle uben einen starkeren Einfluss aus je formbarer das Urteil ist im Beispiel also in Abhangigkeit davon wie veranderbar die Glaubwurdigkeitseinschatzung ist Den Grad der Verarbeitungsintensitat Der Einfluss des Gefuhls gegenuber dem Redner ware grosser wenn die urteilende Person beispielsweise durch andere Einflusse vom Redner und seinen Worten abgelenkt ist Siehe auch BearbeitenAttributionstheorien Selbstwahrnehmungstheorie UrteilsheuristikEinzelnachweise Bearbeiten Schachter S amp Singer J E 1962 Cognitive social and physiological determinants of emotional state In Psychological Review 69 S 379 399 Isen A M Shalker T E Clark M S amp Karp L 1978 Affect accessibility of material in memory and behavior A cognitive loop In Journal of Personality and Social Psychology 36 S 1 12 Wyer R S amp Carlston D E 1979 Social cognition inference and attribution Hillsdale NJ Erlbaum Griffitt W amp Veitch R 1971 Hot and crowded Influences of population density and temperature on interpersonal behavior In Journal of Personality and Social Psychology 17 S 92 98 Zajonc R B 1980 Feeling and thinking Preferences need no inferences In American Psychologist 35 S 151 175 Schwarz N amp Clore G L 1983 Mood misattribution and judgments of well being Informative and directive functions of affective states In Journal of Personality and Social Psychology 45 S 513 523 Schwarz N 2010 Feelings as information theory To appear in P Van Lange A Kruglanski amp E T Higgins Hrsg Handbook of theories of social psychology Sage Greifeneder R amp Bless H 2007 Relying on accessible content versus accessibility experiences The case of processing capacity In Social Cognition 25 6 S 853 881 Greifeneder R Bless H amp Pham M T in press When do people rely on affective and cognitive feelings in judgment A review In Personality and Social Psychology Review doi 10 1177 1088868310367640 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Gefuhl als Information Theorie amp oldid 233365222