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Frauenbad ist eine Federzeichnung des deutschen Malers Albrecht Durer aus dem Jahr 1496 die sechs Frauen und zwei Knablein in einem Badehaus zeigt Der damals gerade 25 jahrige Durer gab seinem Werk einen voyeuristischen Aspekt indem er kaum auffallig einen Mann in das Bild einfugte der die Frauen beobachtet Die dargestellten Frauen reprasentieren unterschiedliche Altersstufen ihr Erscheinungsbild reicht von anmutig bis grotesk Es wird angenommen dass Durers Frauenbad als Pendant zu seinem Mannerbad diente das um 1496 98 entstand und einige gemeinsame Elemente aufweist FrauenbadDurer Mannerbad Inhaltsverzeichnis 1 Hintergrund 2 Beschreibung 2 1 Der Baderaum 2 2 Die Figuren 3 Interpretation 4 Rezeption 5 Weblinks 6 EinzelnachweiseHintergrund BearbeitenDer Kunstler zeichnete 1496 das Frauenbad nachdem er von seiner ersten Venedig Reise 1494 95 zuruckgekehrt war Es ist das erste Mal dass er die lineare Einpunktperspektive anwendet wobei er den Fluchtpunkt in der Achselhohle der Frau mit den Zweigen lokalisierte Offensichtlich wurde sein Studium der nackten menschlichen Figur auch durch das Studium der italienischen Kunst weiterentwickelt Die sechs weiblichen Akte sind unterschiedlichen Alters und werden aus unterschiedlichen Blickwinkeln und in unterschiedlichen Posen gezeigt Das Frauenbad des jungen Durer wird als Vorstudie fur einen nie ausgefuhrten Holzschnitt angesehen 1 Sein Konzept des weiblichen Aktes basierte vor seiner Reise nach Venedig 1494 auf bestehenden Konventionen in denen die Frauen mit birnenformigem Abdomen stilisierter Kontur und anaxialer Symmetrie dargestellt wurden Nach Durers Ruckkehr nach Nurnberg im Jahr 1495 offenbaren seine Zeichnungen dass er nach lebenden Modellen zeichnete Seine Modelle mogen Badehausbesucher oder kunden gewesen sein 2 Das Blatt ist datiert und monogrammiert und hat eine Grosse von 231 230 mm Der Akt wurde im Jahr 1943 wahrend der Kriegsjahre ausgelagert und dann gestohlen kam aber 2001 wieder in die Kunsthalle Bremen zuruck 3 Seine Provenienz ist seit 1821 dokumentiert als es von Hieronymus Klugkist fur seine Sammlung erworben wurde 1851 kam es als Teil der testamentarischen Stiftung Klugkists an den Bremer Kunstverein Beschreibung BearbeitenDer Baderaum Bearbeiten Durers Frauenbad zeigt in einer raumlich beeindruckenden Komposition eine lebendige Bade und Pflegeszenerie von Frauen darunter das Kammen der Haare und das Schlagen des Korpers mit Zweigen zur besseren Hautdurchblutung Der mit Holzbohlen vertafelte Innenraum ist als Schwitz und Badestube erkennbar Auch die Decke besteht aus Brettern die in stark raumlicher Verkurzung wiedergegeben sind was zu einem starken perspektivischen Sog fuhrt und den Bildbetrachter formlich auf die Figuren zuschiebt Im Hintergrund rechts ist eine offene Feuerstelle gemauert darunter eine Nische mit einem Kessel fur Wasser Vor der Ruckenfigur links steht ein grosser Waschzuber und rechts von der jungen Frau im Vordergrund befindet sich ein weiterer allerdings zierlicher Waschzuber in den sie ihre rechte Hand taucht Am vorderen Bildrand erkennt man die zum Stillleben gruppierten Gegenstande eine Quaste einen Schwamm und ein Behaltnis fur Seife 1 4 Die Figuren Bearbeiten Es sind sechs unbekleidete Frauen und zwei ebenfalls nackte Kinder dargestellt Das Treiben der Frauen und Kinder wird von einem bartigen Voyeur durch die Tur im linken Hintergrund beobachtet Der Blick des Mannes geht direkt auf die von hinten gezeigte Aktfigur die ihre Beine spreizt indem sie ihr linkes Bein auf ein Podest stellt Zwei kleine nackte Jungen blicken an ihr hoch der eine reicht ihr einen Schwamm der andere versucht ihr Podest zu erklimmen Sie sieht auf die Bubchen herab und gibt sich den Blicken hin Sie fasst sich dabei an die linke Pobacke mit der rechten Hand scheint sie die Vorderseite ihres Korpers zu waschen ihr Rucken verdeckt die genaue Position Rechts in der Mitte des Bildes streicht sich eine junge Frau mit einem Reisigbuschel uber den Rucken wie beim Saunieren ublich Im Hintergrund erkennt man eine Jungere die zur Decke emporschaut als vermute sie im Dachboden einen Voyeur Die vor ihr kniende junge Frau ist leicht verdeckt und blickt aus dem Bild wahrend sie ihr langes Haar kammt Die in der Mitte am vorderen Bildrand kniende junge Frau strahlt von allen den grossten Reiz aus die Stellung ihrer Gliedmassen ist anmutig Sie tragt einen Badehut aus Stroh und blickt den Betrachter an als habe sie ihn gerade entdeckt dabei legt sie der alteren Frau zu ihrer Linken die Hand auf den Rucken Die im verlorenen Profil dargestellte Alte blickt stoisch nach rechts aus dem Bild ihr massiger Korper wirkt unbeweglich Der Oberschenkel der jungen Frau druckt gegen das Gesass der alteren die ebenfalls einen Badehut aus Stroh tragt der sie moglicherweise als Kupplerin ausweist 1 4 Interpretation Bearbeiten nbsp Andrea Mantegna Bacchanal mit SilenDurers Zeichnungen zeigen eine andere Art die italienische Renaissance aufzunehmen Der androzentrische Kern humanistischer Kultur spiegelt sich in seinen sinnlichen mannlichen Akten wider lieferte aber auch eine weibliche Groteske erstmals in seiner Federzeichnung Frauenbad Ein junges Bademadchen sitzt neben einer Frau deren gedrungener Korper vom Altern so entstellt ist dass er nicht nur von der weiblichen Schonheit sondern auch von der Geschlechtsidentitat selbst abweicht Die Altere tragt einen Mannerhut und die Wasserhahne direkt neben ihr erinnern an die Anspielung auf mannliche Genitalien aus Durers Holzschnitt Mannerbad was ihre Ausgrenzung aus der Geschlechternorm noch mehr unterstreicht 5 Wahrend die Forschung in den jungeren Frauen antike Venustypen erkennt kann die korpulente Matrone weder antiken noch akademischen Vorbildern zugewiesen werden vielmehr geht sie auf einen Mantegna Kupferstich Bacchanal mit Silen zuruck 6 Spielen die Wasserhahne wie im Mannerbad auf das membrum virile an wurde dies bei der Nase der dicken Frau zu einem unanstandigen Scherz fuhren da ein Wasserhahn nahezu ihr Gesicht beruhrt 1 Die zentrale geheimnisvolle Schone erinnert entfernt an den antiken Typus der hockenden Venus Die junge Frau im Hintergrund die mit zur linken Brust gefuhrter Hand nach oben zur Zimmerdecke schaut lasst an den Typus der schamhaften Venus pudica denken wahrend bei dem sich kammenden Madchen der Typus der Venus Anadyomene erkennbar ist Die Frau mit den Zweigen und dem erhobenen Arm hingegen erinnert an den Typus der Venus Kallipygos Neu ist am Frauenbad auch Durers Ironie der Bilderzahlung Er hat sich eines klugen Schachzuges bedient die erotische Botschaft zu dissimulieren 1 Des Weiteren fuhrt Durer den antiken Topos Frau als Gefass vas debitum ein indem er die schone Badefrau neben einen anmutigen Krug setzt die Frau mittleren Alters vor einen grossen Zuber die Dicke aber in die Nahe eines bauchigen Kessels mit Wasserhahnen Das Bademadchen und die altere Frau sind sardonische Kommentare uber Jugend und Alter sowie uber Weiblichkeit und das was Durer als den Verlust der Weiblichkeit angesehen zu haben scheint 4 5 Die junge Frau in der Bildmitte die den Blick des Betrachters auffangt identifiziert diesen mit dem Voyeur im Hintergrund was die erotische Anziehungskraft des Werkes erhoht Die Schamgegend aller sechs Frauen ist jeweils durch die geschickte Anordnung der Figuren oder der Gegenstande verdeckt nur die Geschlechtsteile der puttohaften Buben sind unverhullt Die Zeichnung vermittelt die Freude am Korperkontakt zwischen Frauen genitale Stimulation beim Ruckenakt ist aber nicht offen angedeutet 7 5 In seinem spater entstandenen Holzschnitt Mannerbad der als Gegenstuck zum Frauenbad gilt sind ebenfalls sechs Erwachsene dargestellt die Manner baden jedoch im Freien und ihre Genitalien sind bedeckt Wie im Frauenbad beobachtet ein aussenstehender Voyeur die Szene die eindeutig homoerotisch ist Auch haben zwei der badenden Manner ebenfalls Strohbadehute auf 5 Rezeption Bearbeiten nbsp Sebald Beham Das FrauenbadDurers Frauenbad fand bald Nachahmer in der Kunst unter anderem entstand 1545 das Frauenbad von dem deutschen Maler und Kupferstecher Sebald Beham Hans Sachs schrieb einen Schwank Das schoen pad wo aufgrund der versteckten Position die badenden Frauen ungeniert beobachtet werden Der Schwank befasst sich vor allem mit der Jungen und der Alten im Vordergrund der Durer Zeichnung von der es heisst ein adelich jung zarttes weib mit eim gancz wolgestalten leib die knockt am poden und det krawen und waschen an der sechsten frawen Die Hasslichkeit der alten Frau vertreibt das erzahlende Ich schliesslich aus dem Bad 8 Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Frauenbad Durer Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien Frauenbad auf der Webprasenz der Kunsthalle BremenEinzelnachweise Bearbeiten a b c d e Jurgen Muller Der dritte Mann Uberlegungen zur Rezeptionsasthetik von Albrecht Durers Zeichnung Das Frauenbad http archiv ub uni heidelberg de 2009 abgerufen am 5 Dezember 2021 Jeffrey Chipps Smith Nuremberg a Renaissance City 1500 1618 University of Texas Press 1983 ISBN 978 0 292 75527 7 S 101 unterm strich In Die Tageszeitung taz 12 September 2001 ISSN 0931 9085 S 15 taz de abgerufen am 4 Dezember 2021 a b c Larry Silver Jeffrey Chipps Smith The Essential Durer University of Pennsylvania Press 2011 ISBN 978 0 8122 0601 2 S 20 27 a b c d Dorothy Limouze Woman as Cauldron A Grotesque Extreme in Drawings by Albrecht Durer Hrsg College Art Association of America Band 82 The Association 1994 S 150 Michael Stolberg Korper Bilder in der Fruhen Neuzeit Kunst medizin und mediengeschichtliche Perspektiven Walter de Gruyter GmbH amp Co KG 2021 ISBN 978 3 11 073184 2 S 120 Paula Bennett Vernon Rosario Solitary Pleasures The Historical Literary and Artistic Discourses of Autoeroticism Routledge 2020 ISBN 978 1 134 71533 6 Simone Loleit Bad und Korperpflege Spielarten der Ekphrasis In Wahrheit Luge Fiktion Das Bad in der deutschsprachigen Literatur des 16 Jahrhunderts transcript Verlag 2015 ISBN 978 3 8394 0666 3 S 105 ff Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Frauenbad Durer amp oldid 230311710