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Dieser Artikel beschreibt die rechtliche Lage der Zwangseinweisung in der Schweiz Fur Einzelheiten der Situation in anderen Staaten siehe Unterbringung Die fursorgerische Unterbringung ist eine behordliche Massnahme des Erwachsenenschutzes zur Behandlung oder Betreuung in einer stationaren Einrichtung psychiatrische Klinik Pflegeheim in der Schweiz Sie hat zum 1 Januar 2013 die fursorgerische Freiheitsentziehung abgelost Inhaltsverzeichnis 1 Rechtsentwicklung bis 31 Dezember 2012 1 1 Gesetzliche Regelung 1 2 Verfahren der fursorgerischen Freiheitsentziehung 1 3 Kritik 2 Erwachsenenschutzrecht 3 Weblinks 4 EinzelnachweiseRechtsentwicklung bis 31 Dezember 2012 BearbeitenGesetzliche Regelung Bearbeiten Die fursorgerische Freiheitsentziehung abgekurzt FFE war bis zum 31 Dezember 2012 eine Form des Freiheitsentzuges mit dem eine Person gegen ihren Willen in eine geeignete Anstalt eingewiesen werden konnte Voraussetzung fur eine fursorgerische Freiheitsentziehung war nach dem Gesetz Geisteskrankheit Geistesschwache Trunksucht andere Suchterkrankung oder schwere Verwahrlosung wenn der Person die notige personliche Fursorge nicht anders erwiesen werden kann und sie somit in einer geeigneten Anstalt untergebracht oder zuruckbehalten werden sollte Angeordnet und aufgehoben wurde der FFE im Regelfall von der Vormundschaftsbehorde am Wohn oder Aufenthaltsort des Patienten Mit dem Bundesgesetz vom 6 Oktober 1978 uber die fursorgerische Freiheitsentziehung wurden mit Wirkung vom 1 Januar 1981 die Artikel 397a 397f in das Zivilgesetzbuch aufgenommen Damit sollte das schweizerische Recht an die Anforderungen von Artikel 5 der Europaischen Menschenrechtskonvention EMRK angepasst werden Nachdem seit 1993 auf Expertenebene uber eine Neuregelung diskutiert worden war brachte die Regierung am 28 Juni 2006 einen Gesetzesentwurf zur Neuregelung in das Parlament ein Eine Person die an einer psychischen Storung oder an geistiger Behinderung leidet oder schwer verwahrlost ist darf in einer geeigneten Einrichtung untergebracht werden wenn die notige Behandlung oder Betreuung nicht anders erfolgen kann Die Belastung und der Schutz von Angehorigen und Dritten sind zu berucksichtigen Die betroffene Person wird entlassen sobald die Voraussetzungen fur die Unterbringung nicht mehr erfullt sind Die betroffene oder eine ihr nahestehende Person kann jederzeit um Entlassung ersuchen Uber dieses Gesuch ist ohne Verzug zu entscheiden 1 Der Begriff der fursorgerischen Freiheitsentziehung wurde durch das Erwachsenenschutzrecht per 1 Januar 2013 von der Bezeichnung fursorgerische Unterbringung abgekurzt FU abgelost Das Rechtsinstitut wurde damit zwar nicht in den Voraussetzungen aber hinsichtlich bestimmter Verfahrensrechte der betroffenen Personen neu geregelt 2 Verfahren der fursorgerischen Freiheitsentziehung Bearbeiten In der Praxis informierte oftmals die Polizei die Vormundschaftsbehorde da diese bei z B misslungenen Suizidversuchen oder Anfallen geistiger Verwirrung als erste zur Stelle ist Die Behorde zog auch einen Arzt bei nach Moglichkeit den Hausarzt der betroffenen Person In Fallen von Verwahrlosung wurden die Behorden oftmals durch Nachbarn auf die Situation aufmerksam Die Einweisung meist in eine psychiatrische Anstalt erfolgte haufig in einer Mischung aus Druck und Freiwilligkeit Es wurde nach Ende der akuten Gefahr versucht den Eingewiesenen wenn notwendig zu einer freiwilligen Therapie zu bewegen Da ein Freiheitsentzug in allen Rechtsstaaten in erster Linie nur im Zusammenhang mit Straftaten zulassig ist war der FFE klar reglementiert Allerdings konnten die Regeln kantonal leicht unterschiedlich sein Mancherorts musste die Existenz der Fremd oder Selbstgefahrdung durch einen Psychiater diagnostiziert werden in anderen Kantonen konnte auch ein Notfallarzt eine Klinikeinweisung anordnen Lag Gefahr im Verzug war jeder zur Berufsausubung zugelassene Arzt zustandig Der FFE musste aufgehoben werden sobald es der Zustand des Eingelieferten erlaubte Dieser bzw dessen Angehorige hatten das Recht beim zustandigen Gericht Beschwerde einzulegen dies innert 10 Tagen nach der Mitteilung eines FFE oder nach der Abweisung eines Entlassungsgesuches Trotzdem blieb eine FFE eine massive Einschrankung der personlichen Rechte und konnte auch eine spatere Therapie des Kranken nachhaltig beeintrachtigen Juristisch gesehen bedeutete die FFE einen verwaltungsrechtlichen Eingriff in die ansonsten grossmehrheitlich privatautonom ablaufenden Vorgange des Zivilrechtes Die Betroffenen konnten durch Verwaltungszwang falls notwendig unter Beizug der Polizei in ihren Freiheitsrechten eingeschrankt werden Dabei ist auch ein allfalliges offentliches Interesse in ZGB 397a als Belastung fur ihre Umgebung umschrieben zu berucksichtigen sowie vor allem das Wohl der von der FFE betroffenen Personen Fur jede FFE war zwingend ein Schwachezustand erforderlich z B Geisteskrankheit Trunksucht Zudem zwingend war eine Selbstgefahrdung erforderlich z B akute Suizidalitat psychotische Episode Wer nur fremdgefahrdend ist durfte nicht mittels FFE hospitalisiert werden z B gewalttatige Ehepartner im hauslichen Streit Eine Umplatzierung erforderte einen neuerlichen Entscheid der Vormundschaftsbehorde der unter Beizug der Fachkommission Vormundschaftsbehorde gefallt wurde Sofern die elterliche Obhut nicht entzogen ist gilt bei Jugendlichen das Aufenthaltsbestimmungsrecht der Eltern Jugendliche stimmten haufig einer stationaren psychiatrischen Behandlung nicht zu Eltern befurworten diese aber Der Jugendliche kam also gegen seinen Willen aber ohne FFE in die Klinik Die Zustimmung zur Behandlung ist ein hochstpersonliches Recht und kann bei bestehender Urteilsfahigkeit nicht an einen Elternteil delegiert werden Kritik Bearbeiten Fundamentalkritik an jeder Art von Zwangspsychiatrie uben namentlich das Zurcher Anwaltskollektiv und der 1987 gegrundete Verein Psychex 3 4 5 Erwachsenenschutzrecht BearbeitenDie fursorgerische Unterbringung bei Erwachsenen zur Behandlung oder Betreuung wegen einer psychischen Storung oder geistiger Behinderung Art 426 439 ZGB ist von der fursorgerischen Unterbringung Minderjahriger als Eingriff in die elterliche Sorge im Interesse des Kindeswohls Art 307 312 ZGB zu unterscheiden Bei Unterbringung eines Kindes in einer geschlossenen Einrichtung oder in einer psychiatrischen Klinik gelten allerdings die Bestimmungen des Erwachsenenschutzes uber die fursorgerische Unterbringung sinngemass Art 314b ZGB Der Erwachsenenschutz des ZGB wird durch eine Ausfuhrungsgesetzgebung der Kantone erganzt Zustandigkeit und Verfahren der FU sind in Art 430 ZGB geregelt Die untergebrachte Person kann zu ihrer Unterstutzung eine beliebige handlungsfahige Person als Vertrauensperson benennen Art 432 ZGB der das Besuchsrecht das Recht auf Akteneinsicht und Auskunft durch das Personal der Einrichtung zusteht und die an der Erstellung des Behandlungsplans mitwirken kann Art 439 450 ZGB gewahren ein Beschwerderecht gegen FU Entscheide der Erwachsenenschutzbehorde 6 Das zustandige Gericht haben die Kantone zu bezeichnen 7 Die geschatzte Unterbringungsrate belauft sich fur die Schweiz im Jahr 2004 auf 977 pro 100 000 Einwohner Damit lag die Schweiz hinter Deutschland und Osterreich im europaischen Vergleich aber vor vielen anderen Staaten 8 Eine Verbesserung des Grundrechtsschutzes ist mit dem Ausbau des Rechtsschutzes im Erwachsenenschutzrecht aufgrund weiterhin zahlreicher Zwangseinweisungen nur zum Teil gelungen 9 Weblinks BearbeitenFursorgerische Unterbringung auf der Website der Pro Infirmis Eric Bonvin Die fursorgerische Unterbringung im neuen Erwachsenenschutzrecht Rahmen und Herausforderungen fur den am Entscheid beteiligten Arzt In Schweizerisches Medizin Forum 2012 S 725 727 D Schuler A Tuch C Peter Fursorgerische Unterbringung in Schweizer Psychiatrien Schweizerisches Gesundheitsobservatorium Obsan Bulletin 02 2018 BGE 127 I 6 Basler Zwangsmedikation zur medikamentosen Zwangsbehandlung in einer psychiatrischen Klinik wahrend des fursorgerischen FreiheitsentzugesEinzelnachweise Bearbeiten Botschaft zur Anderung des Schweizerischen Zivilgesetzbuches PDF Entwurf zu einer Anderung des Schweizerischen Zivilgesetzbuches Erwachsenenschutz Personen und Kindesrecht mit dem Antrag auf Zustimmung vom 28 Juni 2006 Christof Bernhart Handbuch der fursorgerischen Unterbringung und psychiatrischen Behandlung Verlag Helbing amp Lichtenhahn Basel 2010 Edmund Schonenberger Fundamentalkritik der Zwangspsychiatrie 2012 rev 2015 Hugo Stamm Psychex benutzt Gerichtssaal als Propagandabuhne In Tages Anzeiger 27 September 2012 Andres Buchi Psychiatrie Psychex sieht Verschworung In Beobachter 23 Oktober 2012 Albert Guler Die wichtigsten Neuerungen des Kindes und Erwachsenenschutzrechts 8 November 2012 Pro Infirmis Fursorgerische Unterbringung Memento vom 20 Marz 2017 im Internet Archive Abgerufen am 19 Marz 2017 Margot Michel Fursorgerische Unterbringung Memento vom 20 Marz 2017 im Internet Archive Universitat Zurich 2014 S 4 6 Zwangseinweisungen in die Psychiatrie aus grundrechtlicher Sicht In humanrights ch 17 Februar 2014 abgerufen am 19 Marz 2017 Bitte den Hinweis zu Rechtsthemen beachten Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Fursorgerische Unterbringung amp oldid 236012071