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Die Dieffler Pieta ist eine Darstellung Marias als Mater Dolorosa Schmerzensmutter mit dem Leichnam des vom Kreuz abgenommenen Jesus Christus auf ihrem Schoss Die in Eichenholz gearbeitete Andachtsgruppe Masse 78 56 30 cm des bauerlichen Kulturschaffens wird kunsthistorisch in den Zeitraum zwischen dem 16 Jahrhundert und der Mitte des 18 Jahrhunderts datiert Die Dieffler Pieta die ursprunglich in der ehemaligen Wendelinus Kapelle in Diefflen aufgestellt war ist seit dem Jahr 1926 im Besitz des Saarlandmuseums Alte Sammlung in Saarbrucken 1 Dieffler Pieta Saarlandmuseum Alte Sammlung Depot Masse 78 56 30 cm Inventar Nr KII 63 Inhaltsverzeichnis 1 Geschichte 2 Beschreibung und kunsthistorische Einordnung 3 Stilvergleich mit der Eiweiler Josefsskulptur 4 Literatur 5 EinzelnachweiseGeschichte BearbeitenDie Dieffler Pieta stand ursprunglich zusammen mit einer ebenfalls aus Holz gefertigten barocken Wendalinus Statue Eiche 70 cm hoch heute im Pfarrhaus Diefflen 2 3 in der im Jahr 1905 abgerissenen Dieffler Wendalinus Kapelle am Kirchenweg nach Nalbach heute Nalbacher Strasse Im Jahr 1926 gelangte die Pieta nach Saarbrucken wo sie heute fur Besucher unzuganglich in der Alten Sammlung des Saarland Museums aufbewahrt wird 4 Aufgrund der Rohheit des Korpers der Skulptur darf ein Gebrauch als Ankleidefigur ahnlich wie beim Gnadenbild Unsere liebe Frau von Todtmoos vermutet werden Der frommigkeitsgeschichtliche Ursprung der Dieffler Pieta ist wie bei ahnlichen Darstellungen in katholischen Kirchen und Kapellen in der verstarkten emotionalen Hinwendung zum Leiden Christi am Kreuz und zum Mitleiden seiner Mutter mit ihrem Sohn zu sehen Die Pieta Szene bildet dabei die vorletzte Station der Kreuzwegandacht Sie ist Hauptinhalt des Gebetes zum Gedachtnis der Schmerzen Mariens Die kunsthistorische Bezeichnung Pieta entstammt der italienischen Sprache und bedeutet Frommigkeit bzw Mitleid unter Bezugnahme auf den lateinischen Ehrentitel Marias domina nostra de pietate dt unsere Herrin vom Mitleid Die Darstellungsform Jesu wird auch Vesperbild genannt Diese Bezeichnung beruht auf der Vorstellung dass nach der Kreuzabnahme Maria den Leichnam ihres Sohnes am Karfreitag ungefahr zur Zeit des Abendgebets der Vesper entgegennahm 5 Beschreibung und kunsthistorische Einordnung BearbeitenHermann Keuth der Volkskundler und Leiter des damaligen Heimatmuseums Saarbrucken beschreibt im Jahr 1927 in der Sprache seiner Zeit die Dieffler Pieta in der Zeitschrift Unsere Saar folgendermassen 6 7 Niemand kann sagen wann die Schmerzensmutter mit dem Leichnam Christi geschaffen wurde Kein Stilmerkmal gibt die Moglichkeit einer Bestimmung Uralt erscheint sie primitiv wie erster Anfang Doch mutet der ganze Aufbau geschlossen an Das Bildwerk ist kein Stammeln es ist ganzer Wille Ein roher eingedruckter Holzstamm ist der Unterkorper der Maria schwer und plump dann durch das Messer geglattet Starr baut sich auf ihn der Oberkorper mit der steifen Pelerine aus ihr hervorschauend der geradeaus gerichtete Kopf mit den Augenlochern in denen fruher schwarze Jettknopfe glanzten Gespensterhaft liegt der Heuschreckenkorper Christi uber dem Schoss Seltsam ist das Haupt von steifem Backenbart eingerahmt in ihm eingeritzt die Parallelen der Haare Unfassbar fremd ist das ganze Bildwerk das zu den grossten Schatzen des Museums zahlt Der Kunsthistoriker Bernd Loch erklart Keuths Wertschatzung der Dieffler Pieta mit der damaligen Erfahrung des Expressionismus zu Beginn des 20 Jahrhunderts mit dessen Ruckgriffen auf die Kunst der Naturvolker und zieht Parallelen zu den Holzschnitten von Karl Schmidt Rottluff Daruber hinaus schreibt er im Jahr 2004 zur Dieffler Pieta 8 Dem Schnitzer war die Ikonographie des Vesperbildes wohlvertraut Der tote Christus mit angewinkelten Beinen liegt im Schoss der Mutter Maria mit wenigen wuchtigen Schlagen aus dem Holz heraus gehauen blickt starr in eine unbekannte Richtung Das flachige Gesicht aus dem die Nase spitz heraustritt ragt frontal aus der Kapuze hervor Zum Sohn besteht kein Blickkontakt Der linke Arm weist fast vertikal bewegungslos nach unten der andere Arm schwach angewinkelt fuhrt in Richtung Christuskopf Die winzigen kaum ausgearbeiteten Hande sind viel zu klein um einen Korper zu tragen Ihr fast schon voluminoser extrem hoher Oberkorper kontrastiert zum ausgemergelten Korper ihres Sohnes Der langgestreckte durre Korper Christi kaum aufgerichtet in seiner Nacktheit blossgestellt zeigt fast keine Bearbeitungsspuren Lediglich die Rippen wurden mit gratigen parallelen Schlagen ausgefuhrt Der dem Oval angenaherte Kopf mit geschlossenen Augen spitzer Nase und segmentbogenformigem Mund lasst die Haare auf beiden Seiten herabfallen Das gliederpuppenhafte Abknicken der spindeldunnen Beine verrat keine Bewegung sondern lasst die Starre nur noch intensiver werden Ein einfaches rechteckiges stumpfes Brett an dessen Schmalseite ein weiteres kleines Brett angenagelt ist dient als Plinthe Rote Farbreste am Mariengewand lassen auf eine teilweise Polychromierung schliessen Die Blockhaftigkeit der Gestaltung und der fast lineare Schematismus ausgedruckt in den Korperhaltungen und der Richtung der Gliedmassen fuhren zu einer Unnahbarkeit Fremdheit ja fast Ablehnung Andererseits geht von Maria die aus dem Holzstamm gleichsam heraus wachst und Christus dessen Korperlichkeit quasi entblattert und aufgehoben wird eine geheimnisvolle Prasenz aus die wiederum eine Anziehungskraft auf den Betrachter ausubt Eine stilistische und zeitliche Einordnung ist kaum moglich Das Werk darf nicht mit kunsthistorischen Massstaben bewertet werden Seine Bedeutung erhalt es im Kontext einer bauerlichen Volkskunst Das Bildwerk ist in eine einfache unmissverstandliche ungekunstelte Sprache zuruck versetzt deren Kraft aus klaren Linienzugen besteht Stilvergleich mit der Eiweiler Josefsskulptur BearbeitenDie Skulptur der Dieffler Pieta weist grosse Gestaltungsahnlichkeiten zur Figur des heiligen Josef aus der Vogelsbornkapelle in Eiweiler bei Heusweiler auf 9 Der Kopf des Nahrvaters Jesu ist oval in die Lange gezogen Er ist nur mit kurzem angedeutetem Haarwuchs bedeckt Bart und Hals scheinen identisch zu sein Die Gesichtspartie ist in volliger Achsensymmetrie gearbeitet wobei ein spitzer Nasenrucken die Mittelachse bildet Die Augen blicken vollkommen starr nach vorne Das bis zum Sockel reichende Gewand unter dem die nackten Fusse herausschauen zeigt eine Nebeneinanderreihung von Faltenrucken und talern Wahrend der rechte Arm Josefs schlaff herunterhangt sitzt auf dem angewinkelten linken in unbeweglicher Haltung das Jesuskind Es halt eine Weltkugel in der Linken und segnet den Betrachter mit seiner rechten Hand Die Handhaltung kann auch als Zeigegestus in Richtung des heiligen Josef gedeutet werden Wie bei der Dieffler Pieta ist auch bei der Eiweiler Josefsstatue schwierig eine kunsthistorische Einordnung zu tatigen Da der Darstellungstyp des heiligen Josefs mit dem Jesuskind erst in der Barockzeit vermehrt auftaucht scheint eine Datierung in die Zeit seit dem 18 Jahrhundert wahrscheinlich 10 11 Hermann Keuth schreibt in Bezug auf die Josefsfigur 12 Sehr nahe mit ihr gemeint ist die Dieffler Pieta ist die Josefsstatue verwandt aus einem dicken Brett geschnitzt nur eine Bewegung die Senkrechte kennend die durch die Last des Christuskindes nicht um einen Millimeter verschoben wird noch Betonung findet in den lotrechten Faltungen des Rockes Auch bei ihr starren Jetknopfe als Augen die Haarbehandlung ist dieselbe Zeitlos ist auch sie unpersonlich wie ein ostasiatisches Gotterbild Man sucht fur die beiden Bildwerke Verwandtes findet es im plastischen Gestalten primitiver Volker Bei der Josephfigur wird man an einen Lebkuchen oder Teigmann erinnert Diese Gleichheit ist aber nur ausserlich Sie liegt in dem Primitiven der Form Todernst war dem Kunstler sein Werk Tiefe Glaubigkeit weltferne Einsamkeit liegt in ihm die Lacherlichkeit der Formgebung vergessen machend Falls die beiden Skulpturen die Dieffler Pieta und die Eiweiler Josefsstatue tatsachlich von derselben Schnitzerhand stammen wurden musste man das Dieffler Vesperbild ebenfalls spater datieren Literatur BearbeitenKatholische Kirchengemeinde St Josef Diefflen Hrsg 100 Jahre Pfarrkirche St Josef Diefflen 1900 2000 Dillingen 2000 S 23 Hermann Keuth Bauerliche Plastiken im Heimatmuseum der Stadt Saarbrucken in Unsere Saar 1 1926 1927 Nr 4 S 58 62 Kunstverein Dillingen im Alten Schloss Dillingen Saar Hrsg Kunstfuhrer Dillingen Saar Dillingen 1999 S 40 Bernd Loch Die volkskundliche Sammlung in Ralph Melcher Christoph Trepesch Eva Wolf Hrsg Ein Bild der Kultur Die Geschichte des Saarlandmuseums Blieskastel 2004 S 123 143 hier S 126 129 Einzelnachweise Bearbeiten Bernd Loch Die volkskundliche Sammlung in Ralph Melcher Christoph Trepesch Eva Wolf Hrsg Ein Bild der Kultur Die Geschichte des Saarlandmuseums Blieskastel 2004 S 123 143 hier S 127 Katholische Kirchengemeinde St Josef Diefflen Hrsg 100 Jahre Pfarrkirche St Josef Diefflen 1900 2000 Dillingen 2000 S 22 25 Johann Spurk Pfarrchronik St Josef Diefflen 1900 1975 Saarlouis 1975 S 105 106 Kunstverein Dillingen im Alten Schloss Dillingen Saar Hrsg Kunstfuhrer Dillingen Saar Dillingen 1999 S 40 Beatrize Soding Pieta In Walter Kasper Hrsg Lexikon fur Theologie und Kirche 3 Auflage Band 8 Herder Freiburg im Breisgau 1999 Sp 289 zitiert nach Katholische Kirchengemeinde St Josef Diefflen Hrsg 100 Jahre Pfarrkirche St Josef Diefflen 1900 2000 Dillingen 2000 S 23 Hermann Keuth Bauerliche Plastiken im Heimatmuseum der Stadt Saarbrucken in Unsere Saar 1 1926 1927 Nr 4 S 58 62 hier S 61 Bernd Loch Die volkskundliche Sammlung in Ralph Melcher Christoph Trepesch Eva Wolf Hrsg Ein Bild der Kultur Die Geschichte des Saarlandmuseums Blieskastel 2004 S 123 143 hier S 126 129 Saarlandmuseum Alte Sammlung Inventar Nr KII 72 Bernd Loch Eiweiler Hellenhausen Kirschhof Geschichte dreier Dorfer Heusweiler 1998 S 272 273 Bernd Loch Die volkskundliche Sammlung in Ralph Melcher Christoph Trepesch Eva Wolf Hrsg Ein Bild der Kultur Die Geschichte des Saarlandmuseums Blieskastel 2004 S 123 143 hier S 129 130 Hermann Keuth Bauerliche Plastiken im Heimatmuseum der Stadt Saarbrucken in Unsere Saar 1 1926 1927 Nr 4 S 58 62 hier S 61 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Dieffler Pieta amp oldid 223200853