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Die Unterwasserstadte Originaltitel Orașele scufundate ist ein Zukunftsroman des rumanischen Schriftstellers Felix Aderca Felix Aderca zahlt zu den wichtigsten Vertretern der rumanischen Moderne Inhaltsverzeichnis 1 Handlung 2 Entstehung und Herkunft 3 Zukunftselemente 3 1 Technik 3 2 Energiegewinnung 4 Deutung und Analyse 5 Motive Adercas 6 Politischer Hintergrund 7 Ausgaben 8 Literatur 9 Weblinks 10 EinzelnachweiseHandlung BearbeitenDer rumanische Dichter schildert ein Leben der Menschheit auf dem Meeresboden Dorthin haben sich Menschen vor langer Zeit zuruckgezogen auf der Flucht vor der unwirtlichen Landoberflache deren Sonne sich mehr und mehr verdunkelte Die Menschen leben in Abhangigkeit von einem unterirdischen Vulkan als Energiequelle und aufgeteilt nach Rassen in drei unterirdischen Stadten die verweichlichten durchgeistigten Herrenmenschen die organisierten Verwaltungsmenschen und die wilden muskulosen Arbeitsmenschen genannt Mariannen Die Abhangigkeit von der unterirdischen Quelle diktiert das Leben der Unterwassermenschen Doch auch diese Energiequelle schwindet Nach dem Tod des Prasidenten der zeit seines Lebens an einer neuen und unabhangigen Energiequelle geforscht hatte kristallisieren sich im Kreise der Regierung zwei kontrare Positionen heraus Entweder weiter in das Erdinnere vorstossen um eine irdische Energiequelle anzuzapfen oder mit einer Rakete die Wasseroberflache durchstossen um einen anderen Planeten zu besiedeln Entstehung und Herkunft BearbeitenIn der Literatur war Aderca einer der ersten der die organische Veranderung dauerhaft unter der Meeresoberflache lebender Menschen hypothetisch formulierte Der Roman Die Unterwasserstadte erschien 1932 im Feuilleton der Zeitschrift Realitatea ilustrata als Fortsetzungsgeschichte Der in der Tradition der literarischen Moderne und des Expressionismus stehende Aderca stellte in diesem Roman die Frage nach einem neuen Menschenbild und der Abhangigkeit von einer Energie Aderca zeigt so vor dem Hintergrund der Moderne und vor dem sich abzeichnenden faschistisch autokratischen Regimes in Rumanien eine beklemmende Zukunftsvision Schon damals spielte Energie eine grosse Rolle Rumanien war einer der Haupterdolproduzenten Europas seine Erdolfelder waren schon im Ersten Weltkrieg umkampft Felix Aderca veroffentlichte seinen Roman unter dem Namen Leone Palmantini mit dem Titel X O Romanul viitorului zu Deutsch X O Der Roman der Zukunft 1 Die erste Buchausgabe erschien 1936 unter dem Titel Orasele inecate bei dem Verlag Vremea in Bukarest 1966 erschien dann eine Neuausgabe mit dem Titel Orasele scufundate Die rumanische Ausgabe von 1936 fuhrt noch als Vorspann ein Nietzsche Zitat das in spateren Ausgaben nicht mehr auftaucht Eine deutsche Ubersetzung von Erich Mesch erschien 1970 in Bukarest Die im Heyne Verlag erschienene Ausgabe von 1977 wurde um den Prolog und den Epilog gekurzt die noch bei der rumanischen Ausgabe von 1966 erscheinen Der Autor stellt in seinem Roman die Frage was ware wenn die Menschheit unter kunstlichen atmospharischen Bedingungen leben wurde Zukunftselemente BearbeitenTechnik Bearbeiten Der Science Fiction Roman mit beinhaltet mehrere szientistische Elemente Der im Sterben liegende Prasident Pi Verweis auf Kreiszahl Pi arbeitete bis zuletzt an der Energiegewinnung aus der Kernverschmelzung Ferner werden gleich zu Beginn des Romans auch ein Gezeitenkraftwerk erwahnt 2 sowie eine Bildscheibe als eine Art Bildtelefon Auf der Silberscheibe deren Drehzahl sie als Spiegelscheibe erkennen lasst ist das bleiche Gesicht von Ingenieur Wann zu erkennen Als einer der Erfinder der Zerlegung und Wiederzusammenfugung von Bildern uber eine lange Wegstrecke gilt Paul Nipkow dem am 6 Januar 1884 ein Patent fur ein elektrisches Teleskop erteilt wurde und er dem heutigen Fernsehen den Weg bereitete 3 Aderca erwahnt das Fernsehen im Zusammenhang mit der Ubertragung einer Tanzvorfuhrung in der Unterwasserstadt Doktorchen wollen wir uns nicht auch die Auffuhrung ansehen Ohne eine Antwort zu erwarten trat sie zu der Seitenwand und schaltete das Fernsehgerat ein 4 Auch hier antizipiert Aderca technischen Entwicklungen von der Funkubertragungen bewegter Bilder Die Fernsehubertragungen sowie die im Roman verwendeten Bildtelefone gehoren genuin zu der Organisationsstruktur der Stadt denn die auf dem Meeresboden entfernt voneinander liegenden Unterwasserstadte bedurfen nicht nur der im Roman beschriebenen untertunnelten Zugverbindungen sondern auch eines perfekten Fernmeldewesens Energiegewinnung Bearbeiten In den Anfangskapiteln des Romans Die Unterwasserstadte scheint alles auf die verzweifelte Suche nach dem fehlenden Gas fur die Kernfusionslampe hinzufuhren Das sechste Kapitel das achte Gas beschreibt die Abhangigkeit von der Energie und die Erlosung durch die Kernverschmelzung Anstelle der massigen Turbinen die nur muhevoll unter der Wasseroberflache gehalten werden konnten die Menschen die Elektrizitat die durch Kernfusion entstand mit kleinen Geraten am Meeresboden bequem auswerten 5 Die kunstliche Atmosphare der Zivilisation im Meer mit den den Menschen bereitgestellten Grundkonstanten wie Luft und Licht droht zu verschwinden Die maschinell erzeugte und technologisch geregelte Lebensumgebung ist nun doch nicht besser als die Erdatmosphare Doch in Adercas Roman scheint die Erlosungshoffnung nur in der Wissenschaft zu liegen Die Energie aus der Kernschmelze soll die Unterwasserstadte retten Als der Vulkan immer weniger Energie liefert und die rettende Technik nicht gefunden wird bleibt nur noch die Wahl weiter ins Erdinnere vorzustossen oder mit einer Rakete einen neuen Planeten zu besiedeln Aderca stellt die Frage nach einer Dauerhaftigkeit einer kunstlichen Welt falls die von Menschenhand erschaffene auf neue Technologien gestutzte Welt technischen Versagens nicht funktionieren sollte Im Roman bleibt der Ausweg weiter in das Erdinnere vorzustossen Mit den letzten Energiereserven werden zwei riesige Bohrer angetrieben Alles versammelt sich in der neuen vorlaufigen Stadt Formosa Die alten Stadte werden aufgegeben und zerstort Doch die von Ingenieur Whitt vorangetriebene Hoffnung weiter in das Erdinnere vorzustossen erweist sich als Irrweg Als letztes Mittel schlagt Whitt nun die Vernichtung der Marianen vor Die zu ihrer Erhaltung notwendige Energie soll fur den Bohrer verwandt werden der weiter hineingetrieben in das Erdinnere der Menschheit einen neuen Ort sichern soll Whitts Plan sieht vor die alte Stadt Mariana zu uberfluten die Marianen sollen zugunsten der intellektualisierten Hawaiianer und Ceylonesen getotet werden Doch nun vollzieht sich eine unerwartete Wendung Der verantwortliche Ingenieur Iran ein Mariane sturmt die neue Stadt Formosa und begrabt die Haiwaianer und Ceylonesen in ihrer Stadt 6 Als alles vergebens zu sein scheint findet der Ingenieur Xavier das letzte fehlende Element namlich Sauerstoff um mit diesem die Lampe mit den acht Kegeln die Kernfusionslampe die unendliche Energie liefern wird anzutreiben Der Ingenieur Whitt bleibt mit der neuen Energiequelle der Kernfusionslampe im Erdinneren zuruck um eine neue Menschheit zu grunden Deutung und Analyse BearbeitenIm Bereich der langen Tradition literarischer Zukunftsentwurfe zahlt Adercas Roman zu den negativen Utopien Dargestellt wird eine Fluchtutopie Die langsam erkaltende Sonne bot keine Uberlebensmoglichkeiten fur die Menschheit so dass diese sich eine kunstliche Welt auf dem Meeresgrund errichten musste die bereits den Keim der Zerstorung in sich tragt Die unterirdische Energiequelle der langsam erkaltende Vulkan droht zu versiegen Aderca verleiht seiner Geschichte einen versohnlichen Schluss trotz der Analogien zu Rassenwahn und Vernichtungswillen So ist an einer Stelle des Romans zu lesen Uberall herrschte eine Niedergeschlagenheit und Starre wie in einem Zwangsarbeiterlager 7 Die Szenerie einer auf den Meeresboden fluchtenden Menschheit hat ihre Wurzeln in der Utopie des 18 und 19 Jahrhunderts In der technisierten Gesellschaft traten neue Utopien neben bis dahin wirksamen christlichen Jenseitsvorstellungen Die nicht mehr so einfach durchgesetzte Vorstellung vom Weltenende gab den Raum frei fur neue Allmachtsvorstellungen Da das Leben der Menschheit durch Uberbevolkerung und Katastrophen gefahrdet sei und ihr durch das Verloschen der Sonne der Kaltetod drohe musse die Menschheit die Erde verlassen und in den Weltraum umziehen 8 Diesem Weltfluchtgedanken folgt Aderca mit dem Setting seines Romanes Doch Aderca spielt mehr mit der anthropologischen Dimension der Technik Im Roman Die Unterwasserstadte wird deutlich dass den Ingenieur Whitt bei seiner Suche nach der Kernfusionsformel ein zusatzlicher Impetus antreibt Er mochte die Marianen die bislang als Arbeiter in der Erzlagerstadt Mariana als Energielieferanten unentbehrlich sind entbehrlich machen indem alle Marianen getotet werden Der drohende Untergang der Stadte im Meer soll mit einer neuen Energie entgegengewirkt werden eine neue Technologie namlich die Kernfusionsmaschine wird zum Rettungsanker einer der Technik ausgelieferten Menschheit Motive Adercas BearbeitenIm Jahr 1932 in dem der Roman in der Zeitschrift Realitatea ilustrata erschien spielt nicht nur das politische Klima sondern auch die kunstlerische Position Adercas als Mitglied der rumanischen Avantgarde eine Rolle Sein Roman ist ein durch und durch technologischer Roman deshalb und aufgrund seiner popularen Verbreitung erhielt sein Buch spater die Etikettierung als fruhe Science Fiction Die Technik besitzt hier eine anthropologische Komponente denn sie dient am Ende zur Vernichtung eines Teiles der im Meer lebenden Menschen Zusammenfassend stellt sich die Frage nach der kulturellen Imagination einer Unterwasserwelt in Adercas Roman In der Buchausgabe von 1935 vorangestellte Nietzsche Zitat geht um die Schaffung eines neuen Menschen und einer neuen Zivilisation im Gewand eines sich technologischer Elemente bedienenden Romans In Adercas in der Zukunft spielender Geschichte fuhrt die Herausbildung neuer Rassen als Antwort auf die von den Menschen erschaffene kunstliche Umgebung zu dem Problem der Auswegslosigkeit einer neuen Zivilisation Als Rahmen einer kunstlichen Umgebung wahlt der rumanische Dichter und Schriftsteller die Unterwasserwelt Die Vorstellung einer kunstlichen durch den Menschen erschaffenen Welt passt zum Ubermenschen Politischer Hintergrund BearbeitenDer rumanische Schriftsteller lasst in seinem utopischen Roman das Ende offen Beiderlei ist moglich Die Errettung der kunstlichen Welt durch eine Erfindung Kernfusion oder ihr Verlassen um auf einem fernen Planeten eine neue Welt zu erschaffen Obgleich Aderca als Jude unter Beobachtung der rechtsnationalen Garde stand und von diesen fast ermordet worden ware liebaugelte er laut den Tagebuchaufzeichnungen von Mihail Sebastian eines Freundes und Schriftstellerkollegen mit deren politischen Positionen 9 10 Aderca schatzt den Fuhrer der rechtsextremen Michaelsgarde Corneliu Zelea Codreanu Mihail Sebastian notiert in seinen Tagebuchern die den Zeitraum von 1935 bis 1944 umfassen im Jahre 1941 dass Aderca den Tod des ermordeten Codreanus bedauere und meint Schade dass die Garde antisemitisch war Ohne den Antisemitismus ware ihr ein Platz in der Geschichte sicher gewesen 11 In Orasele inecate geht es um den drohenden Untergang einer Zivilisation die rassisch aufgeteilt in Arbeitsmenschen Verwaltungsmenschen und Kunstmenschen ihr Dasein auf dem Meeresgrund in kunstlichen Stadten fristet Felix Aderca arbeitete von 1920 bis 1940 als Beamter im Arbeitsministerium Die Internationalitat des Romans korrespondiert mit neueren Forschungen zum Verstandnis rumanisch judischer Autoren als anderen Literaten die von der Erfahrung der Otherness gepragt sind 12 Ausgaben BearbeitenErstdruck unter dem Pseudonym Leone Palmantini X O Romanul viitorului In Realitatea ilustrata 1932 Erstausgabe Orașele inecate Vremea Bukarest 1936 OCLC 895212930 13 Neuausgabe Orașele scufundate Ed tineret Bukarest 1966 OCLC 250151258 Deutsche Ausgabe Die Unterwasserstadte Wissenschaftlich phantastischer Roman Deutsch von Erich Mesch Vorwort von Franz Storch Kriterion Verlag Bukarest 1970 Taschenbuchausgabe Die Unterwasserstadte Deutsch von Erich Mesch Heyne Munchen 1977 ISBN 3 453 30431 4 Literatur BearbeitenMihai Mindra Felix Aderca Jewishness and Modernism In Studia Hebraica I 2001 hrsg Felicia Waldman The Goldstein Goren Center for Hebrew Studies Bukarest 2001 Seiten 105 113 Hans Joachim Alpers Werner Fuchs Ronald M Hahn Reclams Science fiction Fuhrer Reclam Stuttgart 1982 ISBN 3 15 010312 6 S 8 Weblinks BearbeitenDie Unterwasserstadte in der Internet Speculative Fiction Database englisch Einzelnachweise Bearbeiten Archivierte Kopie Memento des Originals vom 22 September 2013 im Internet Archive nbsp Info Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht gepruft Bitte prufe Original und Archivlink gemass Anleitung und entferne dann diesen Hinweis 1 2 Vorlage Webachiv IABot www romlit ro 4 Elektrogeneratoren werden von Meereswellen angetrieben S 17 Friedrich Kittler Optische Medien Berliner Vorlesung 1999 Berlin 2002 Seite 292 Dort zitiert nach Rings 1962 S 37 Aderca 1977 Seite 45 Zum Vergleich die rumanische Textstelle bei Aderca 1966 Seite 67 Doctore vrei sa vedem si noi spectacolul Fara a mai adasta raspuns se ndrepta Aderca 1977 S 55 Zur Weiterfuhrung des biographischen Hintergrundes von Aderca siehe Mihai Mindra Felix Aderca Jewishness and Modernism In Studia Hebraica hg Felicia Waldmann 1 2002 S 105 113 Felix Aderca Die Unterwasserstadte Munchen 1977 Seite 121 In der rumanischen Ausgabe von 1966 heisst es Domnea o abatere si o stupoare de ocna Siehe auch Abbildung des Buchcovers in einer Ausgabe von 1913 unter www informatics org museum tsiol html Mihail Sebastian schreibt in seinem Tagebucheintrag vom 29 Januar 1941 uber Ausschreitungen und Ermordungen von Juden in Rumanien Aderca sei verprugelt worden doch befreit worden und am Leben geblieben Mihail Sebastian 2005 S 230 Mihail Sebastian Voller Entsetzen aber nicht verzweifelt Tagebucher 1935 1944 Berlin 2006 Mihai Sebastian 2006 Seite 481 Siehe auch die Rezension von Leon Volovici der das auf Hebraisch erschienene Buch von A B Yoffe In Foreign Pastures Jewish Writers in Romania 1880 1940 Tel Aviv 1996 rezensierte Volovici fuhrt dazu aus The most striking and well known illustrations of the drama of double belonging are found in the writings and intellectual evolution of Felix Aderca and Mihail Sebastian to whom Yoffe dedicates thorough and sensitive chapters Leon Volovici In Foreign Pastures Jewish Writers in Romania In The Jewish Quartely Review New Ser Vol 88 No 3 4 June April 1998 S 369 371 Auf dem Titelblatt dieser Ausgabe wurde der Titel falsch geschrieben statt Orașele inecate steht dort Orașele innecate Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Die Unterwasserstadte amp oldid 235911010