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Die Freundschaft oder nur Freundschaft war eine deutsche Zeitschrift fur homosexuelle Manner die von 1919 bis 1933 erschien Sie wird heute als wichtigste deutsche Homosexuellenzeitschrift der Weimarer Republik insbesondere in der Zeit bis 1922 angesehen Anfang 1923 verlor sie jedoch ihre Bedeutung als zentrales Organ der deutschen Homosexuellenbewegung Die FreundschaftBeschreibung HomosexuellenzeitschriftVerlag Karl Schultz VerlagErstausgabe 13 August 1919Einstellung Marz 1933Erscheinungsweise wochentlich jahrlichChefredakteur Max H DanielsenZDB 1326102 2 Inhaltsverzeichnis 1 Geschichtliche Entwicklung 2 Mitarbeiter und Unterstutzer 3 Zielgruppe und Vernetzung 4 Politik 5 Redaktionelle Beitrage 6 Belletristik Kunst und Werbung 7 Kontaktanzeigen 8 Zensur und Verbote 9 Lesben und Trans 10 Das Ende der Zeitschrift und der Homosexuellenbewegung 11 Literatur 12 Weblinks 13 EinzelnachweiseGeschichtliche Entwicklung BearbeitenDie Freundschaft erschien am 13 August 1919 mit einer Startauflage von 20 000 Exemplaren 1 die sich kontinuierlich steigerte Uber eine Auflage von 40 000 bis 50 000 Exemplaren ist sie vermutlich aber nicht hinausgekommen Sie trug mit dazu bei dass sich eine homosexuelle Publizistik etablieren konnte die wahrend der Zeit der Weimarer Republik rund 20 30 unterschiedliche Zeitschriften hervorbrachte Die Freundschaft hatte eine Vorreiterrolle was auch dadurch deutlich wird dass 1922 zwei Konkurrenzblatter Freundschaft und Freiheit Uranos in der Freundschaft aufgingen Es war der Beginn einer Massenpublizistik die eine eher wissenschaftliche Publizistik Magnus Hirschfeld das WhK und das Jahrbuch fur sexuelle Zwischenstufen und diejenige einer eher elitaren Bewegung Adolf Brand und Der Eigene hinter sich liess Von 1919 bis 1923 erschien die Freundschaft wochentlich und steigerte ihre Seitenzahl von zunachst vier auf spater 16 Seiten Vor der Inflation betrug der Preis meistens 10 Pfennig pro Blatt also z B 40 Pfennig fur acht Seiten Im Vergleich zu Tageszeitungen war sie damit recht teuer was von einigen Kaufern kritisch angemerkt wurde Mitarbeiter und Unterstutzer BearbeitenDie wichtigste Person hinter der Freundschaft war der Herausgeber und Verleger Karl Schultz der spater auch als Versandbuchhandler mit Fotos und Buchern in Erscheinung trat Ab Juli 1928 erschien die Freundschaft im Phoebus Verlag von Kurt Eitelbuss Der verantwortliche Redakteur war zunachst Max Danielsen 1920 bis 1922 der spater von Georg Plock abgelost wurde Wichtig fur den Erfolg der Zeitschrift waren auch prominente Aktivisten wie Ferdinand Karsch Haack Kurt Hiller und Richard Linsert die die Freundschaft mit Beitragen unterstutzten Alle diese Manner hatten eine Nahe zur fruhen Homosexuellenbewegung sei es durch Tatigkeit im Deutschen Freundschaftsverband DFV oder auch uber personliche Kontakte Zu Beginn wurde die Zeitschrift auch vom Wissenschaftlich humanitaren Komitee WhK unterstutzt Der Vorsitzende Magnus Hirschfeld unterstutzte die Macher der Freundschaft spater auch vor Gericht Als die Verantwortlichen wegen Verbreitung unzuchtiger Schriften vor Gericht standen bescheinigte er in einem Gutachten dass das Interesse der Freundschaft darin bestehe gleichgeschlechtliche Beziehungen auf eine hohere Stufe zu heben In der Freundschaft veroffentlichte Hirschfeld in den Jahren 1922 und 1923 in insgesamt 53 Folgen auch autobiographische Texte uber die Geschichte der Homosexuellen seit der Wilhelminischen Zeit die 1986 unter dem Titel Von einst bis jetzt als Buch erschienen Zielgruppe und Vernetzung Bearbeiten nbsp Anzeige des Gesellschaftsklubs Aada in Hannover fur eine Weihnachtsfeier mit dem Kabarettisten Friedel Schwarz mit einer Einladung an alle Freunde und Freundinnen 1919 1920Mit der Zeitschrift wurden nicht Schwule und Lesben sondern meistens Freunde und Freundinnen angesprochen 2 Freundschaft als Metapher fur Homosexualitat zu verwenden war fur die Homosexuellenbewegung der 1920er Jahre und spater in den 1950er Jahren typisch Einige spatere Hefte trugen Untertitel wie Monatsschrift fur ideale Freundschaft oder etwas deutlicher Monatsschrift fur den Befreiungskampf andersveranlagter Manner und Frauen In ihren Uberschriften insbesondere zum 175 StGB wie Aufhebung des 175 Heft 1 machte die Zeitschrift jedoch unmissverstandlich deutlich fur wen sie das Sprachrohr sein wollte Mit ihren Beitragen trug die Freundschaft entscheidend zur Bildung lokaler Freundschaftsbunde in vielen Stadten und zur Vernetzung dieser Gruppen bei Die diversen Freundschaftsbunde die sich 1919 und 1920 grundeten schlossen sich im August 1920 zum Deutschen Freundschaftsverband DFV als Dachverband zusammen Dadurch wurde die Freundschaft auch zum Organ des DFV der sich 1923 in Bund fur Menschenrecht BfM umbenannte Nach Grundung des DFV im August 1920 nannte sie sich im Untertitel Offizielles Organ des Deutschen Freundschaftsverbandes Moglicherweise geschah dies auch um als vermeintlich internes Vereinsblatt fur die Zensur weniger angreifbar zu sein 3 1923 wurde der Verein Deutscher Freundschaftsverband DFV in Bund fur Menschenrecht umbenannt Politik BearbeitenDie Zeitschrift hatte zwei politische Hauptziele die Abschaffung des 175 RStGB und die Aufklarung uber Homosexualitat Im ersten und zweiten Heft gab die Redaktion unter der Uberschrift Was wir wollen ihre Anliegen und Ziele so bekannt Die Freundschaft will allen freidenkenden Freunden und Freundinnen ein aufklarender belehrender und unterhaltender in truben Stunden aufrichtender guter Freund und Berater in allen Lebenslagen sein will die Interessen der freidenkenden ledigen Personen in jeder Weise vertreten will allen denjenigen welchen durch wirtschaftliche Verhaltnisse oder aus sonstigen Grunden der ersehnte ideale freundschaftliche Verkehr erschwert wird ein Vermittler sein vertritt den Standpunkt der freien Selbstbestimmung und Verfugung des erwachsenen Individuums uber sich selbst will kein Skandal und Sensationsblatt sein sondern eine auf idealer Grundlage aufgebaute mit dem Zuge der Zeit gehende aufklarende freidenkende Wochenzeitschrift 4 Redaktionelle Beitrage BearbeitenDie Freundschaft thematisierte haufig die rechtliche Situation von Homosexuellen z B die diversen Versuche den 175 RStGB zu streichen Auch die gesellschaftliche Situation wurde regelmassig beleuchtet Fur die Leser Blatt Bindung bot die Redaktion ab der ersten Ausgabe auch Rat und Aufklarung an Die Freundschaft enthielt sexualwissenschaftliche Berichte und Artikel uber gleichgeschlechtliche Sexualitat in anderen Kulturen und anderen Epochen Deutsche und internationale Presseartikel wurden zitiert bzw nachgedruckt Daruber hinaus wurden auch wissenschaftliche und belletristische Literatur Theaterauffuhrungen und Filme besprochen und es wurde uber Veranstaltungen in verschiedenen Stadten informiert 5 Belletristik Kunst und Werbung BearbeitenProsa und Lyrik bekannter und unbekannter zeitgenossischer und klassischer Autoren bildeten eine weitere Saule der Freundschaft Dabei wurden Romane haufig uber mehrere Ausgaben fortgesetzt Offenbar durch veranderte Reproduktionsverfahren ermoglicht nahm ab Mitte der 1920er Jahre die Zahl der Abbildungen zu In seltenen Fallen wurden auch dezente Aktfotos und Aktzeichnungen veroffentlicht Zur Finanzierung der Zeitschrift trugen auch Werbeanzeigen bei die von Zahnarztpraxen uber Fotoateliers bis zu Gaststatten reichten In fast jeder Ausgabe wurden zudem Leserbriefe abgedruckt 6 Kontaktanzeigen Bearbeiten nbsp Eine typische Kontaktanzeige fur eine heterosexuelle Scheinehe in der Freundschaft Es gibt Publizisten die davon ausgehen dass es vor allem die Kontaktanzeigen gewesen seien die Schwule und Lesben zum Kauf dieser Zeitschrift reizten Erwin In het Panhuis hat die Kontaktanzeigen in der Freundschaft von August 1919 bis Dezember 1920 fur Koln naher untersucht Dabei hat er rund 80 schwule Kontaktanzeigen aus Koln gefunden In anderer Form als heute verdeutlichen sie welche Attribute und Eigenschaften den Homosexuellen fruher als wichtig erschienen was sich in den Alters und Berufsangaben sowie in den Hinweisen auf soziale Stellung und Attraktivitat widerspiegelt In der Partnerbeschreibung werden als gewunschte Eigenschaften haufig Treue und Aufrichtigkeit angegeben Mehr als heute arbeitete man mit Chiffrierungen schliesslich wollte die Redaktion keine Strafanzeige wegen Kuppelei riskieren und die Leserschaft keine Erpresser auf sich aufmerksam machen Weil es aufgrund der Kontaktanzeigen aber doch oft zu Erpressungen kam wurden sie spater nur noch separat an Abonnenten verschickt Ein interessantes Beispiel fur vergleichsweise leicht dechiffrierbare Ausserungen bildet eine Kontaktanzeige fur eine Kameradschafts Ehe Hier ist die Rede von einer Heirat v or d er Welt und von einer Witwe welche mich versteht Das sind gleich drei typische Chiffrierungen die den Wunsch nach einer arrangierten Scheinhochzeit zum Ausdruck bringen Zensur und Verbote Bearbeiten nbsp Ein Kioskverkaufer in Berlin der auf beiden Zeitungsstandern jeweils auf der linken Seite in der Mitte auch die Freundschaft zum Verkauf anbotVon Anfang an war die Freundschaft von der Zensur bedroht Gleich nach den ersten beiden Ausgaben wurde sie ohne Angabe von Grunden verboten Karl Schultz benannte Die Freundschaft in Der Freund um ab dem 4 Heft erschien sie wieder unter dem ursprunglichen Titel Zwischen 1919 und 1923 wurden mindestens funf Gerichtsverfahren gegen die Freundschaft angestrengt die zu drei Verurteilungen fuhrten Meistens ging es um die Verbreitung unzuchtiger Schriften aber auch um unerlaubte Herausgabe einer Zeitschrift und bei den Kontaktanzeigen um Kuppelei Gegen ahnliche Kontaktanzeigen heterosexueller Personen in der Presse ging die Polizei nicht vor Dabei waren die beanstandeten Kontaktanzeigen eigentlich entsexualisiert und beinhalteten allenfalls vorsichtige Ausserungen uber Korpergrosse Statur oder Haar und Augenfarbe Die Tatsache dass die Freundschaft anfangs auch am Kiosk verkauft wurde kann nicht uber die Grenzen der Liberalitat der Weimarer Republik hinwegtauschen Aus Angst vor Strafverfolgung und Verurteilungen erschien die Freundschaft ab August 1928 nur noch im Abonnement und nicht mehr im Strassenverkauf 7 Lesben und Trans BearbeitenIn der Zeitschrift ging es meistens um Schwule und die Zeitschrift wurde von Mannern gepragt und gemacht Frauen bzw Lesben bleiben in der Zeitschrift wie auch in der gesamten Bewegung dieser Zeit unterreprasentiert 8 In seltenen Fallen wurde auch uber trans Personen und intergeschlechtliche Menschen berichtet So erschien im Oktober 1931 in der Freundschaft ein Beitrag mit der Uberschrift Das Lebensschicksal Lili Elbes Der Mann der zur Frau wurde Lili Elbe war eine der ersten Personen die sich einer geschlechtsangleichenden Operation unterzog Ihr Leben wurde unter dem Titel The Danish Girl 2015 verfilmt Das Ende der Zeitschrift und der Homosexuellenbewegung BearbeitenIn der Zeitschrift selbst wurde ihr Ende nicht angekundigt Noch im Dezember 1932 berichtete die Freundschaft optimistisch uber die Weltreise von Magnus Hirschfeld von der er ja bald zuruckkommen werde Auch in den ersten drei Monaten von 1933 gab es keine Hinweise uber eine drohende Zensur Im Marz 1933 erschien die Freundschaft zum letzten Mal Olaf Zibell Vieth betont die durch Gerichtsprozesse bedingte schlechte wirtschaftliche Situation der Zeitung Anfang der 1930er Jahre und baut darauf die Schlussfolgerung auf Um das weitere Erscheinen der Zeitschrift zu unterbinden waren direkte Aktionen der Nazis nach dem 30 Januar da auch bisher nicht bekannt gar nicht notig 9 Damit suggeriert er dass sie unter besseren wirtschaftlichen Verhaltnissen weiter hatte erscheinen konnen Der genaue Ablauf der Zerschlagung der Zeitschriften ist zwar tatsachlich luckenhaft dokumentiert Das Ende aller Homosexuellenzeitschriften im Marz 1933 fuhrt die Historikerin Claudia Schoppmann in ihrer Dissertation Nationalsozialistische Sexualpolitik und weibliche Homosexualitat 1991 auf einen preussischen Erlass zur Bekampfung unzuchtiger Schriften vom 7 Marz 1933 zuruck Weil die Zeitschriften in Berlin erschienen waren sie alle von dem preussischen Erlass betroffen und direkte Einzelverbote wahrscheinlich tatsachlich unnotig Die Verbande hinter den Zeitschriften wurden nicht direkt verboten losten sich jedoch unter dem Druck der Ereignisse schnell auf Die Zerschlagung aller homosexuellen Szenestrukturen ab 1933 war ein Prozess der in Berlin besonders fruh und besonders scharf erfolgte Auch die schon vorher gefuhrten Prozesse gegen die Freundschaft waren zumindest teilweise Ausdruck einer verscharften politischen Situation Aus berechtigter Sorge um sein Leben kehrte Magnus Hirschfeld von seiner Weltreise nicht mehr nach Deutschland zuruck und starb 1935 im Exil Literatur BearbeitenStefan Micheler Zeitschriften Verbande und Lokale gleichgeschlechtlich begehrender Menschen in der Weimarer Republik 2008 S 1 72 hier S 2 14 Schwules Museum Hrsg Akademie der Kunste Berlin Hrsg Goodbye to Berlin 100 Jahre Schwulenbewegung eine Ausstellung des Schwulen Museums und der Akademie der Kunste 17 Mai bis 17 August 1997 Berlin 1997 ISBN 3861490625 Erwin In het Panhuis Anders als die Andern Schwule und Lesben in Koln und Umgebung 1895 1918 Hrsg v Centrum Schwule Geschichte Hermann Josef Emons Verlag Koln 2006 ISBN 978 3 89705 481 3 Hier als PDF S 175 178 Olaf Zibell Vieth Die Freundschaft Bibliographie einer Monatsschrift fur die ideale Freundschaft aus der Weimarer Republik Die Jahre 1927 1933 Archeion Phoinix Archiv fur Seltenes Schrifttum Paderborn 2017 Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Die Freundschaft magazine Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien Erwin In het Panhuis Anders als die Andern Schwule und Lesben in Koln und Umgebung 1895 1918 Hrsg v Centrum Schwule Geschichte Hermann Josef Emons Verlag Koln 2006 ISBN 978 3 89705 481 3 Hier als PDF S 175 178 Stefan Micheler Zeitschriften Verbande und Lokale gleichgeschlechtlich begehrender Menschen in der Weimarer Republik 2008 S 1 72 hier S 2 14 Erwin In het Panhuis Queere Medien Die erste schwule Kiosk Zeitschrift wird 100 hierEinzelnachweise Bearbeiten Stefan Micheler Zeitschriften Verbande und Lokale gleichgeschlechtlich begehrender Menschen in der Weimarer Republik S 3 abgerufen am 16 August 2019 Stefan Micheler Zeitschriften Verbande und Lokale gleichgeschlechtlich begehrender Menschen in der Weimarer Republik S 3 abgerufen am 16 August 2019 Stefan Micheler Zeitschriften Verbande und Lokale gleichgeschlechtlich begehrender Menschen in der Weimarer Republik S 4 5 abgerufen am 16 August 2019 Stefan Micheler Zeitschriften Verbande und Lokale gleichgeschlechtlich begehrender Menschen in der Weimarer Republik S 2 3 abgerufen am 16 August 2019 Stefan Micheler Zeitschriften Verbande und Lokale gleichgeschlechtlich begehrender Menschen in der Weimarer Republik S 6 abgerufen am 16 August 2019 Stefan Micheler Zeitschriften Verbande und Lokale 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