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Der unbewusste Ahasverus oder Das Ding an sich als Wille und Vorstellung ist eine kurze Satire von Fritz Mauthner aus dem Jahre 1878 Das Werk ist Teil von Mauthners parodistischen Studien Nach beruhmten Mustern und lasst sich im Wesentlichen als literarische Auseinandersetzung mit Richard Wagners Der Ring des Nibelungen lesen Der satirische Text wurde gemeinsam mit anderen Studien Mauthners dieser Art zunachst anonym im Deutschen Montagsblatt veroffentlicht Inhaltsverzeichnis 1 Aufbau des Textes 2 Handlung 3 Interpretation der Figuren 3 1 Wahnfried 3 2 Das Ding an sich 3 3 Ahasverus 4 Die Interpretation des Mythos vom Ewigen Juden Wahnfried als Neuer Ahasver 5 EinzelnachweiseAufbau des Textes BearbeitenDie Parodie Mauthners gliedert sich in vier Abschnitte beginnend mit dem Vortrompetenstoss 1 Es folgen eine erste eine zweite und eine dritte Handlung die sich mit dem Leiden des Ewigen Juden Ahasverus und der Geburt seines Sohnes Wahnfried befassen Als Reimschema wird in Anlehnung an Wagner der Stabreim verwendet Das wesentliche literarische Stilmittel bildet die Alliteration Handlung BearbeitenNach der Aufklarung des Lesers uber die Motivation und Zielsetzung des Textes werden in der ersten Handlung das Ding an sich sowie die Figur des Ahasverus als Protagonisten eingefuhrt Die Handlung spielt im Jahre 1781 zum Zeitpunkt der Veroffentlichung von Kants Kritik der reinen Vernunft Ahasverus erliegt im Laufe der ersten Handlung den Verfuhrungskunsten und Reizen des Dings an sich und geht mit ihr eine sexuelle Verbindung ein Aus dieser platonisch en Liebe 2 entspringt innerhalb der zweiten Handlung schliesslich ihr gemeinsamer Zogling Wahnfried Dieser wirkt vollkommen hilflos in der Welt und ist aufgrund seiner Sozialisation ausser Stande sich gesellschaftlich zu integrieren Vom Leiblied 3 seines Vaters gepragt bleibt Wahnfried ewiger Aussenseiter und wird an der Welt verruckt Der Ewige Jude wird schliesslich in der dritten Handlung erlost durch die Musik Wagners und hinterlasst sein Fleisch und Blut Wahnfried allein zuruck in der Welt Interpretation der Figuren BearbeitenWahnfried Bearbeiten Der Protagonist der Satire der Held Wahnfried ist der Abkommling des Ewigen Juden Ahasverus und einer weiblichen ansonsten aber unbestimmten Gestalt namens Das Ding an sich Die Figur lasst sich als Parodie von Richard Wagners Heldenfigur Siegfried lesen der in Wagners Ring des Nibelungen die Rolle des Protagonisten ubernimmt Durch die genealogische Verbindung zu Ahasverus ubernimmt Wahnfried per Geburt das Stigma des antisemitischen Topois vom Ewigen Juden Er unterscheidet sich dadurch von der ursprunglichen Version des Ahasverus dessen Kern Mythologeme im Ursprungstext der Kurzen Beschreibung und Erzahlung von einem Juden mit Namen Ahasverus 1602 um Fragen von Erlosbarkeit Unsterblichkeit und Ewiger Wanderschaft kreisen Nachdem sein Vater gestorben ist verbleibt Wahnfried ziellos allein in der Welt zuruck Das Ding an sich Bearbeiten Obwohl nicht naher charakterisiert lasst sich das Ding an sich als weibliche Gegenfigur von Ahasverus deuten Es sind starke Bezuge zur Figur der Kundry aus Richard Wagners spater erschienenem Buhnenweihfestspiel Parsifal zu erkennen 4 Das Ding an sich ist durch reine Begierde gekennzeichnet und findet in Ahasverus schliesslich das unsterbliche mannliche Gegenstuck zu dieser ewigen Begierde Aus der Beziehung mit Ahasverus geht spater der Held Wahnfried hervor Ahasverus Bearbeiten Ahasverus erscheint in der Satire als lacherliche und leidgeprufte Gestalt die an ihrem Schicksal aus antisemitischer Perspektive als Symbol fur die Ewigkeit des Judentums zu stehen zerbricht Der Ewige Jude lasst sich zum Ende der dritten Handlung von Richard Wagners Musik erlosen und stirbt Sein Sohn Wahnfried ubernimmt fortan unter veranderten Vorzeichen die Last des antisemitischen Stigmas vom Ewigen Juden Die Interpretation des Mythos vom Ewigen Juden Wahnfried als Neuer Ahasver BearbeitenWie Appel 2022 nachweisen konnte ist die an Wagners Siegfried orientierte Figur Wahnfried bei Mauthner aus figurentheoretischer Perspektive als Neuer Ahasver konzipiert worden Anders als die Ursprungsfigur des Ahasverus aus der Kurzen Beschreibung wird Wahnfried nicht mehr durch fruhe antisemitische Vorstellungen von der ewigen Wanderschaft und der Unsterblichkeit des Judentums bestimmt sondern definiert sich uber neue Figurenattribute Als neue Kern Mythologeme seien die gangigen antijudischen Topoi des Ewigen Juden hier modernisiert worden Wahnfried sei in erster Linie durch die Folgen einer gescheiterten Verburgerlichung der Juden zu Beginn des 19 Jahrhunderts sowie durch den Gedanken der Unerlosbarkeit und der Heillosigkeit der Juden in Folge der Sakularisierungsprozesse im Zuge der Aufklarung charakterisiert 5 Diese neuen Kern Mythologeme fanden sich vor allem in den Figuren des Fliegenden Hollanders Kundrys und Shylocks reprasentiert Einzelnachweise Bearbeiten Fritz Mauthner Der unbewusste Ahasverus oder Das Ding an sich als Wille und Vorstellung Buhnen Weh Festspiel in drei Handlungen in Helmut Henne Christine Kaiser Hrsg Fritz Mauthner Sprache Literatur Kritik Festakt und Symposion zu seinem 150 Geburtstag Reihe Germanistische Linguistik Band 224 Tubingen 2000 Max Niemeyer Verlag S 57 64 hier S 57 Mauthner Der unbewusste Ahasverus oder Das Ding an sich als Wille und Vorstellung S 62 Mauthner Der unbewusste Ahasverus oder Das Ding an sich als Wille und Vorstellung S 62 Bernd Appel Antisemitismus und Ahasver Hamburger Beitrage zur Germanistik Nr 69 Peter Lang Verlag Berlin Bern Bruxelles u a 2022 S 285 Bernd Appel Antisemitismus und Ahasver Hamburger Beitrage zur Germanistik Nr 69 Peter Lang Verlag Berlin Bern Bruxelles u a 2022 S 273 277 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Der unbewusste Ahasverus amp oldid 232611938