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Das Ende von Sankt Petersburg ist ein sowjetischer Stummfilm aus dem Jahre 1927 von Wsewolod Pudowkin FilmTitel Das Ende von Sankt PetersburgOriginaltitel Konec Sankt Peterburga Konjez Sankt Peterburga Produktionsland SowjetunionOriginalsprache RussischErscheinungsjahr 1927Lange 105 deutsche Fassung 1 MinutenStabRegie Wsewolod Pudowkin 2 Drehbuch Natan SarchiProduktion Meschrapom Rus MoskauMusik Wladimir LurowskiKamera Anatoli GolownjaSchnitt Alexander DowschenkoBesetzungAlexander Tschistjakow ein Arbeiter Wera Baranowskaja seine Frau Iwan Tschuwelew ein Bauernjunge Sergei Komarow Fabrikvorsteher Wladimir Obolenski Lebedew Fabrikbesitzer Alexander Gromow ein russischer Revolutionar Wladimir Fogel ein deutscher Offizier Wsewolod Pudowkin ein deutscher Offizier Inhaltsverzeichnis 1 Handlung 2 Produktionsnotizen 3 Kritiken 4 Einzelnachweise 5 WeblinksHandlung BearbeitenRussland am Vorabend des Ersten Weltkriegs Die ersten Einstellungen spielen auf dem Land Dort arbeitet 1914 ein einfacher unverbildeter und politischer ganzlich unbeleckter junger Bauernbursche auf dem Feld Man hungert die Arbeit ist schwer und wenig ertragreich Als die Mutter ein Kind zur Welt bringt und gleich darauf entkraftet stirbt macht sich der junge Landarbeiter eines Tages nach St Petersburg auf in der Hoffnung dort Arbeit zu finden Ein einfacher Arbeiter der wie er aus ein und demselben Dorf stammt soll ihm dabei helfen Den Fabrikarbeitern im ausgehenden Zarenreich geht es sehr schlecht Die Arbeitsnormen steigen und steigen die Borsennotierungen ebenso Wahrend sich an der Borse die Anteilseigner die Hande reiben werden die Arbeiter immer starker geknechtet Streik liegt in der Luft Der Bauernbursche ist gerade auf Arbeitssuche da schliesst er sich vorbeiziehenden Streikbrechern an Da er die Anfuhrer des Streiks unmittelbar zuvor gesehen hat wird er aus Unwissenheit und Unerfahrenheit zum Denunzianten Der Bauer glaubt an die Notwendigkeit von Gehorsam gegenuber Staat und Polizei und verrat dem Fabrikvorsteher seinem direkten Vorgesetzten die Aufruhrer Es kommt zu Verhaftungen die auch denjenigen Arbeiter treffen der ihm den Bauern einst diese Arbeitsstelle besorgt hatte Der junge Bauer will etwas fur seinen Arbeitskumpel tun und bittet den Fabrikvorsteher darum sich fur diesen Mann zu verwenden Doch dieser gibt ihm lediglich eine Munze seinen Judaslohn und das Versprechen ihm Morgen Arbeit zu geben Als die Frau des Verhafteten die dem Bauernjungen Unterschlupf gewahrt hatte von dem Verrat erfahrt geht sie zornig auf ihn zu und schuttelt und ruttelt ihn vor Bitterkeit und Enttauschung Die verachtenden Blicke der anderen Frauen im Innenhof der Mietskaserne spurend verlasst der Verrater und Spitzel den Gebaudekomplex und geht zum Fabrikvorsteher um diesen noch einmal aufzufordern sich fur seinen verhafteten Kumpel einzusetzen Doch der stosst ihn nur kurz weg woraufhin der Bauernbursche handgreiflich wird Er schuttelt seinen Arbeitgeber solange bis dieser schliesslich zu Boden sturzt Im Buro herrscht helle Aufregung es gehen Einrichtungsgegenstande zu Bruch und der aufgebrachte Bauer Arbeiter greift jetzt sogar den gleichfalls anwesenden Fabrikbesitzer an Die Buroangestellten schaffen es nicht den wutenden Mann zu bandigen Erst die herbeigerufene Polizei kann ihn schliesslich festsetzen und fuhrt ihn ab Auf der Polizeistation wird der Bauernbursche fur seinen Widerstand mit Faustschlagen traktiert und anschliessend in eine Zelle geworfen Als der Krieg ausbricht jubelt die Bevolkerung Die patriotische Begeisterung ist riesig Man holt den Bauernburschen aus dem Gefangnis heraus und steckt ihn in einen Waffenrock Wahrend die einfachen Soldaten in den Schutzengraben absaufen und im MG und Granatfeuer verrecken geraten die Kriegsgewinnler daheim angesichts rasant steigender Borsenkurse in Ekstase Ein symbolhaftes Holzkreuz zeigt das Jahr 1917 an Das Volk hungert mehr denn je Daheim kommt es zu Strassenschlachten Der Zar ist abgesetzt Alexander Kerenski neuer Regierungschef Dieser geriert sich als eitler Selbstdarsteller Fur die Masse der Russen scheint sich nicht wirklich etwas zu andern Die Bourgeoisie gibt sich weiterhin den Freuden von Luxus und Vollerei hin wahrend das gemeine Volk im Soldatenrock elendig an der Front verreckt oder in den Strassen betteln muss Der inzwischen aus der Haft entlassene Arbeiter und vom Bauernburschen einst verratene Kumpel wird als Aufruhrer und Anfuhrer eines erneuten Streiks wieder von der Polizei gesucht Man wartet auf ihn bei seiner Frau daheim Als diese seine Stiefel durch das Souterrainfenster sieht wirft sie mit der Teetasse durchs Fenster und warnt ihn dadurch vor den Polizisten Ihr Mann kann den nacheilenden Polizeischergen entkommen Die schrecklichen Erlebnisse im Schutzengraben und die Erkenntnis fur ein morsches moralisch verdorbenes und verkommenes System sein Leben hergehalten zu haben lassen allmahlich aus dem unpolitischen Gimpel im Schutzengraben nach Begegnungen mit Bolschewiken einer von ihnen werden Als das Regiment vor dem Befehlshaber angetreten ist tritt der einstige Anstifter jenes Streiks wieder den der Jungbauer damals aus Dummheit der Polizei verraten hatte Der Verrater von einst tritt jetzt an seine Seite und beide rufen zur Rebellion auf Das Regiment vertreibt mit Gewehrsalven ihre Befehlshaber die im wilden Ritt in die endlosen Weiten davon galoppieren Wahrenddessen beginnt in St Petersburg wo die Not schrecklich und die Stimmung aufgeladen ist in den Morgenstunden der Sturm auf die Festung Unter Maschinengewehrsalven und Kanonenfeuer der Aurora beginn der Aufstand gegen das ancien regime Auch der nun uberzeugte Kommunist nimmt an der Ersturmung des Winterpalastes teil Schliesslich ist der Sieg sicher die Kampfer liegen ermattet oder verwundet an und im eroberten Prachtbau Die Frau seines Arbeiterfreundes nimmt den verwundeten Bauern trostend in den Arm und gibt ihm einige paar daheim gekochte Kartoffeln als Revolutionsnahrung Auch die anderen an der Ersturmung teilnehmenden Manner werden von ihr mit Kartoffeln versorgt Produktionsnotizen BearbeitenDas Ende von Sankt Petersburg wurde am 14 Dezember 1927 in der Sowjetunion uraufgefuhrt Noch im selben Monat konnte man den Film auch erstmals in Deutschland sehen Illustrierter Film Kurier Nr 777 Wsewolod Pudowkin drehte seinen Film nahezu zeitgleich mit Sergej Eisensteins Opus Zehn Tage die die Welt erschutterten Oktjabr Von beider Dreharbeiten wusste Pudowkin spater zu berichten Ich bombardierte das Winterpalais von der Aurora aus wahrend Eisenstein es von der Festung St Peter und Paul aus besturmte Eines Nachts sprengte ich einen Teil von der Dachbalustrade fort und furchtete Schwierigkeiten zu bekommen doch zertrummerte Sergej Michailowitsch in derselben Nacht zum Gluck die Scheiben von 200 Schlafzimmerfenstern 3 Anders als Eisensteins kraftvolles Werk das sich ganz auf die bolschewistische Revolution des Jahres 1917 konzentriert und in den letzten zwanzig Minuten en detail die Ersturmung des Winterpalastes und die Errichtung eines Sowjetrates schildert konzentriert sich Pudowkins Film mehr auf die allmahliche Willensbildung des Individuums hier der Bauer das aufgrund der sozialen Gegebenheiten und Ungerechtigkeiten eine Metamorphose vom einfachen unpolitischen Staatsburger zum uberzeugten Revolutionar durchmacht Kritiken BearbeitenObwohl Jahrzehnte spater als Meisterwerk gepriesen wurde der Film in der Hoch Zeit des Stalinismus bisweilen scharf kritisiert Wie Jerzy Toeplitz in seinem ersten Band von Geschichte des Films berichtet warf man Pudowkin den von ihm im Film angewandten Symbolismus vor und kritisierte auch die angebliche Monumentalisierung der Bourgeoisie die in den Aufnahmen mit dem Fabrikanten Lebedew in denen er nach Art des Denkmals Peter III in Pose gestellt wird deutlich zum Ausdruck kam 4 Weiters schrieb Toeplitz In einer grossen historischen Freske und eine solche ist der FilmDas Ende von Sankt Petersburg konnten nicht nach Art des Stummfilms genau gezeichnete und uberaus psychologisch angelegte Menschengestalten enthalten sein Wenngleich eine gewisse Zuspitzung der Situationen fehlt und die Ereignisse sich vielleicht allzu sehr gleichen rufen doch die hier gestalteten Menschen und ihr Schicksal Ergriffenheit beim Zuschauer hervor Und eben darauf kam es den Schopfern eines revolutionaren Films an Die Symbole sind im Vergleich zu Eisensteins intellektueller Montage klar und verstandlich Die feudale Fassade von Petersburg die ihre kapitalistischen und bourgeoisen Besitzer verbirgt mag vielleicht auch in der subjektiven Sicht des Bauernburschen auf die Residenz des Zaren begrundet sein Das Wesen Petersburgs enthullt der Held in den darauf folgenden Szenen des Films als die Manipulationen des Fabrikanten mit dem Kriegsmechanismus und der Borse zutage treten Pudowkin hat inDas Ende von Sankt Petersburgseine Regiemittel wesentlich weiterentwickelt besonders was die volle Ausnutzung der Landschaft in plastischer und dramaturgischer Hinsicht betrifft Geschichte des Films Band 1 1895 1928 Berlin 1972 S 332 Nach 1945 setzte sich auch im Westen die Erkenntnis durch dass Das Ende von Sankt Petersburg zu den kunstlerisch bedeutendsten Filmen der Sowjet Ara zu zahlen ist Nachfolgend eine kleine Auswahl Reclams Filmfuhrer schrieb Der Film ist ein Gegenstuck zu Eisensteins Oktjabr Gegenstuck auch in sofern als Pudowkin wiederum ein individuelles Schicksal in den Mittelpunkt seines Filmes stellte Er schildert die Bewusstwerdung des einfachen Bauern Iwan und macht deutlich dass diese Bewusstwerdung konsequent zur Revolution fuhrt Gleichzeitig bemuhte sich Pudowkin jedoch auch die personlichen Erfahrungen des Helden in die allgemeine Situation einzufugen Es gibt z B eine grosse Montage von der Kriegsbegeisterung im Jahr 1914 in der unversehens das eherne Standbild von Alexander III Tranen vergiesst Es gibt eine Attacke gegen die Kriegsgewinnler die an der Borse das Steigen der Aktienkurse feiern und zwischen deren Freudenkundgebungen Pudowkin Bilder vom Grauen des Krieges eingeschnitten hat 4 In Kay Wenigers Das grosse Personenlexikon des Films ist in Pudowkins Biografie Folgendes zu lesen In Konkurrenz zu Eisenstein stand vor allem Pudowkins nachstes Filmvorhaben Um das zehnjahrige Jubilaum der Oktoberrevolution wurdig zu begehen stellte Wsewolod Pudowkin in Das Ende von St Petersburg die Ereignisse die zum Untergang der Romanow schen Zarenherrschaft fuhrten und den Beginn des bolschewistischen Zeitalters markierten nach Aus der Sicht eines einfachen Bauernjungen der im Laufe der Jahre durch seine gewonnenen Erkenntnisse eine Metamorphose vom unpolitischen Tor zum bewussten Revolutionar und Kampfer fur die neue Ordnung durchlebt verdeutlicht Pudowkins Film die zwingende Notwendigkeit der Umwalzungen des Oktobers 1917 5 Buchers Enzyklopadie des Films resumierte Pudowkin beabsichtigte zunachst eine zweihundertjahrige Geschichte St Petersburgs zu drehen musste dieses zu gross angelegte Thema aber zugunsten eines Berichts uber die Folgen der Ereignisse von 1917 fur einen ungebildeten Bauernjungen aufgeben Der Film wurde im Wettstreit mit Oktjabr gedreht und benutzte dieselben Schauplatze so dass die Filme einen interessanten Vergleich ihrer Regisseure ermoglichen Wegen seiner Direktheit und seiner emotionalen Wirkung war Konec Sankt Peterburga seinerzeit zumindest beim Publikum und offiziell erfolgreicher als Eisensteins Werk 6 Georges Sadoul zog Parallelen zwischen Pudowkins bedeutendsten drei Stummfilmen und kam in seiner Analyse zu folgendem Schluss Die drei Meisterwerke behandeln ein und dasselbe Thema die Bewusstseinswerdung Die Mutter der junge Bauer aus dem Ende von St Petersburg und der Sohn des Dschingis Khan aus Sturm uber Asien sind enttauschte Menschen die langsam zur Klarheit uber die Aufgabe ihrer Klassen gelangen Dem Inhalt nach sozial sind die Filme Pudowkins der Form nach psychologische Werke 7 In Filme 1971 1976 steht Filmgeschichtlich bedeutsam und menschlich packend 8 Das Lexikon des Internationalen Films nannte den Film lediglich medientechnisch wichtig 9 Einzelnachweise Bearbeiten die Langen variieren von Land zu Land sehr die gezeigten sowjet russische Fassungen haben mal 80 mal 89 Minuten die franz 91 und die engl 80 ihm assistierte Michail Doller zitiert nach Dieter Krusche Jurgen Labenski Reclams Film Fuhrer Reclam Stuttgart 1973 ISBN 3 15 010205 7 S 81 a b Jerzy Toeplitz Geschichte des Films Band 1 1895 1928 Henschelverlag Berlin 1972 S 331 Kay Weniger Das grosse Personenlexikon des Films Die Schauspieler Regisseure Kameraleute Produzenten Komponisten Drehbuchautoren Filmarchitekten Ausstatter Kostumbildner Cutter Tontechniker Maskenbildner und Special Effects Designer des 20 Jahrhunderts Band 6 N R Mary Nolan Meg Ryan Schwarzkopf amp Schwarzkopf Berlin 2001 ISBN 3 89602 340 3 S 352 Liz Anne Bawden Hrsg Buchers Enzyklopadie des Films C J Bucher Luzern u a 1977 ISBN 3 7658 0231 X S 422 Georges Sadoul Geschichte der Filmkunst Erweiterte deutschsprachige Ausgabe Schonbrunn Verlag Wien 1957 S 185 Katholisches Institut fur Medieninformation e V Katholische Filmkommission fur Deutschland Hrsg Filme 1971 76 Kritische Notizen aus sechs Kino und Fernsehjahren Handbuch der katholischen Filmkritik Bd 9 Bachem Koln 1977 ISBN 3 7616 0388 6 S 78 Klaus Brune Red Lexikon des internationalen Films Band 2 D F Rororo 6322 rororo Handbuch Rowohlt Reinbek bei Hamburg 1987 ISBN 3 499 16322 5 S 859 Weblinks BearbeitenDas Ende von Sankt Petersburg in der Internet Movie Database englisch Das Ende von Sankt Petersburg in russiancinema ru auf russisch Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Das Ende von Sankt Petersburg amp oldid 234195994