Charlotte Anna Pfeffer (* 29. Oktober 1881 in Berlin; † 24. August 1970 in Freiburg im Breisgau) war eine deutsche Rhythmikerin. Sie führte die Fachbezeichnungen Psychomotorische Erziehung, Psychomotorische Heilerziehung und Psychomotorik ein. Der Sportpädagoge Ernst J. Kiphard ließ sich von Charlotte Pfeffer persönlich weiterbilden und übernahm von ihr für seine bewegungstherapeutische Arbeit den Begriff der psychomotorischen Erziehung.
Beruflicher Werdegang Bearbeiten
Charlotte, genannt Lotte, erhielt schon in frühen Kinderjahren Klavier-, Gesang- und Ballettunterricht. Nach der Höheren Töchterschule studierte sie an der Königl. Hochschule für Musik, Berlin. Dort wurde sie mit der Dalcrozen-Methode vertraut. 1909 ging Charlotte Pfeffer nach Genf, um sich bei Dalcroze ausbilden zu lassen. Schließlich legte sie drei Jahre später in Hellerau, wo sie als „Hilfslehrerin für Rhythmische Gymnastik“ in Kinderklassen tätig war, ihr Examen in Rhythmischer Gymnastik ab. Im Jahre 1912 unterrichtete sie am Jaques-Dalcroze Institut in St. Petersburg. Von 1913 bis 1933 war sie Dozentin für Rhythmische Gymnastik sowie Gehörbildung und Improvisation an der Königl. Hochschule für Musik, Berlin, später Staatliche Hochschule für Musik:
1924 wurde sie zur Professorin ernannt und unterrichtete ab 1926 Rhythmische Erziehung als eigenständiges Fach innerhalb der Musikerziehung. Ihre Ernennung zur Professorin geschah
Federführend beteiligt war die Rhythmikerin an der Gründung, am 8. Oktober 1923, des Dalcroze-Bundes (später Deutscher Rhythmik-Bund (Dalcroze-Bund)), zu dessen Ersten Vorsitzenden sie gewählt wurde.
1933 wurde Charlotte Pfeffer als Kestenbergianerin und Jüdin all ihrer Ämter enthoben. Sie emigrierte ins faschistische Italien, wo sie u. a. in Neapel und Rom mit behinderten Kindern arbeitete. Über ihre Arbeit im Exil schrieb sie rückblickend:
Nach dem Zusammenbruch der Nazi-Diktatur kehrte Charlotte Pfeffer 1946 als Professorin an die Hochschule für Musik zu Berlin zurück. Dort wurde sie 1952 emeritiert. Anschließend betätigte sie sich als freiberufliche Rhythmiklehrerin an Hilfsschulen in Berlin.
Zwei Jahre nach ihrer Emeritierung übersiedelte Charlotte Pfeffer nach Badenweiler und 1956 nach Freiburg im Breisgau. Sie arbeitete bis kurz vor ihrem Tod in heilpädagogischen Einrichtungen in Österreich und Südbaden und gab Fort- und Weiterbildungskurse für Kindergärtnerinnen und Hortnerinnen.
In seinen musisch-musikalischen Lebenserinnerungen schrieb Leo Kestenberg treffsicher, dass Charlotte Pfeffer mit großem Erfolg die Segnungen der rhythmischen Gymnastik in weiten Kreisen bekannt gemacht habe.
Grundsätze ihrer Theorie (Psychomotorik/psychomotorische Erziehung) Bearbeiten
Für Charlotte Pfeffer ist die Bewegung, aller Erziehung Anfang, so der Titel ihrer 1958 herausgegebenen Publikation, einer Sammlung von Aufsätzen ab dem Jahre 1927. Demgegenüber ist die Musik, aller Heilung Beginn. Über die Urkraft Musik, der engen und tiefen Verwobenheit von Mensch und Musik konstatierte sie:
In ihren Veröffentlichungen kritisierte die Rhythmikerin immer wieder die herkömmliche Auffassung über die menschliche Motorik, die man vordergründig vom funktional-mechanistischen Standpunkt aus betrachtet. Demzufolge fragt die
Auszeichnungen Bearbeiten
Eine Grundschule und Schule der Sekundarstufe I mit dem sonderpädagogischen Förderschwerpunkt „Geistige Entwicklung“ in Berlin-Mitte, Berolinastraße 8, wurde nach der Rhythmikerin benannt.
Werke (Auswahl) Bearbeiten
- Die Methode Dalcroze im Dienste der musikalischen Berufsausbildung, in: Elfriede Feudel (Hrsg.): Rhythmik. Theorie und Praxis der körperlich-musikalischen Erziehung, München 1926, S. 70 ff.
- Musik- und Turnunterricht in Mädchenschulen; ihre Berührungspunkte und Widersprüche, in: Musikpädagogische Gegenwartsfragen, Leipzig 1928, S. 190 ff.
- Rhythmik für Anormale, in: Zeitschrift für Kinderforschung 1941, S. 147 ff.
- Musikerziehung, in: Lobpreisung der Musik 1946/Nr. 52, S. 1 ff.
- Rhythmik in Israel, in: Rhythmische Erziehung 1954, S. 8 f
- Psychomotorische Heilerziehung, in: Zeitschrift für Kinderpsychiatrie 1955, S. 132 ff.
- Bewegung aller Erziehung Anfang, Zürich 1958
- Horchen, Schauen, Greifen-Begreifen, in: Lobpreisung der Musik 1961, S. 1 ff.
- Beschützende Werkstätten und Psychomotorik, in: Lobpreisung der Musik 1965, S. 1 ff.
- Bildungsunfähige Kinder?, in: Mitteilungen des Arbeitskreises Rhythmische Erziehung 1967, S. 1 ff.
Literatur Bearbeiten
- Manfred Berger: Charlotte Pfeffer - Biographisch/rhythmisch-pädagogische Skizze einer vergessenen Pionierin der Rhythmik, in: Rhythmik in der Erziehung 1994, S. 91 ff.
- Manfred Berger: Charlotte Pfeffer - Ihr Leben und Wirken, in: heilpaedagogik.de 2003, S. 11 ff.
- Songrid Hürtgen-Busch: Die Wegbereiterinnen der rhythmisch-musikalischen Erziehung in Deutschland, Frankfurt/Main 1996, S. 179 ff.
- Leo Kestenberg: Bewegte Zeiten. Musisch-musikalische Lebenserinnerungen, Wolfenbüttel 1961
- Reinhard Ring/Brigitte Steinmann: Lexikon der Rhythmik, Kassel 1997, S. 202 ff.
- Anna-Christine Rhode-Jüchtern: Charlotte Schlesinger, Frieda Loebenstein und Charlotte Pfeffer im Exil, in: Anna-Christine Rhode-Jüchtern/Maria Kublitz-Kramer (Hrsg.): Echolos. Klangwelten verfolgter Musikerinnen in der NS-Zeit, Bielefeld 2004, S. 215 ff.
- Dietmar Schenk: Die Hochschule für Musik zu Berlin, Wiesbaden 2004
- Youn-tae Kim: Eine Studie über den kompetenzorientierten und Verstehenden Ansatz und ein Versuch zur Einführung der koreanischen Lebensarten in die Motologie als präventive- und Selbsterfahrungsmaßnahme, Marburg/Lahn 2005 (unveröffentlichte Dissertation)
Weblinks Bearbeiten
- Charlotte Pfeffer - Ihr Leben und Wirken. Text von Manfred Berger (PDF)
- Lebenslauf von Charlotte Pfeffer
Einzelnachweise Bearbeiten
- Rode-Jüchetern 2004, S. 230; vgl. (Memento des vom 7. Juli 2011 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. und Ring/Steinmann 1997, S. 203
- Schenk 2004, S. 159 f
- Rhode-Jüchtern 2004, S. 219
- Hürtgen-Busch 1996, S. 180 f
- Schenk 2004, S. 160
- Pfeffer 1958, S. 60
- Kestenberg 1961, S. 26
- Hürtgen-Busch 1996, S. 219
- Pfeffer 1958, S. 28
- Kim 2005, S. 17
- Homepage der Charlotte-Pfeffer-Schule. Abgerufen am 4. April 2017.
Personendaten | |
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NAME | Pfeffer, Charlotte |
ALTERNATIVNAMEN | Pfeffer, Charlotte Anna (vollständiger Name) |
KURZBESCHREIBUNG | deutsche Rhythmikerin |
GEBURTSDATUM | 29. Oktober 1881 |
GEBURTSORT | Berlin |
STERBEDATUM | 24. August 1970 |
STERBEORT | Freiburg im Breisgau |