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Gottfried Wilhelm Leibniz entwickelte die Idee der charakteristischen Zahlen im Jahre 1679 Er verwendete sie als Modell der aristotelischen syllogistischen Logik und hoffte damit eine allgemeine Methode gefunden zu haben alle logischen Probleme mit Hilfe eines Kalkuls namlich des Rechnens mit ganzen Zahlen losen zu konnen Inhaltsverzeichnis 1 Die Idee 2 Die Zahlenpaare 3 Die Urteile 4 Folgerungen 5 Einzelnachweise 6 QuellenDie Idee BearbeitenIm Jahre 1679 verfasste Gottfried Wilhelm Leibniz eine kleine Anzahl von unveroffentlichten Manuskripten Diese Texte gehoren in den Kontext seines ehrgeizigen Projektes eines Calculus Universalis den er selbst wie folgt beschreibt Wenn man Charaktere oder Zeichen finden konnte die alle unsere Gedanken genauso rein und klar ausdrucken konnten wie die Arithmetik Zahlen oder die Analytische Geometrie Linien ausdruckt dann konnte man in allen Angelegenheiten soweit sie dem rationalen Denken zuganglich sind das tun was man in der Arithmetik und Geometrie tut Leibniz 1 Zur Aufstellung eines allgemeinen Kalkuls sind Charaktere fur alle beliebigen Ausdrucke zu erfinden aus denen nachdem sie miteinander verbunden worden sind die Wahrheit der aus den Ausdrucken zusammengesetzten Satze sofort erkannt werden kann Als die bequemsten Charaktere habe ich bisher die Zahlen gefunden Sie sind namlich leicht zu handhaben und konnen sich allen Gegenstanden anpassen ferner geben sie Gewissheit Ad calculum universalem constituendum inveniendi sunt characteres pro terminis quibusque ex quibus postea inter se junctis statim cognosci queat propositum ex terminis conflatorum veritas Commodissimos characterum hactenus invenio ess Numeros Sunt enim facile tractabiles omnibusque rebus accomodari possunt et certitudinem habent Leibniz 2 Leibniz Idee war es Primzahlen zu verwenden um die Bausteine seiner Logik die einfachen oder elementaren Ideen zu reprasentieren Zusammengesetzte Ideen oder Begriffe sollten dann durch das Produkt von Primzahlen reprasentiert werden genau wie sich alle ganzen Zahlen gemass dem Fundamentalsatz der Algebra als Produkte von Primzahlen darstellen lassen Von ihm stammt das folgende einfache Beispiel Wenn zum Beispiel angenommen wird dass der Begriff Tier durch die Zahl 2 oder allgemein a ausgedruckt wird der Begriff rational durch die Zahl 3 oder allgemein r dann wird der Begriff Mensch durch die Zahl 2 3 ausgedruckt d h 6 als Ergebnis der Multiplikation von 2 und 3 oder allgemein durch die Zahl a r Exempli causa si fingeretur terminus animalis exprimi per numerum aliquem 2 vel generalis a terminus rationalis per numerum 3 vel generalis r terminus hominus exprimetur per numerum 2 3 id est 6 seu productum ex multiplicatis in vicem 2 et 3 vel generalius per numerum a r Leibniz 3 Nach einigen Muhen musste Leibniz allerdings feststellen dass er mit dieser einfachen Methode seine Idee nicht realisieren konnte die dabei auftretenden Probleme werden ausfuhrlich in 4 geschildert Leibniz loste diese Probleme indem er von der Darstellung durch ganze Zahlen zur Darstellung durch Zahlenpaare uberging Die Zahlenpaare BearbeitenWie bei seinem simplen oben geschilderten Ansatz geht Leibniz davon aus dass es einfache nicht zusammengesetzte Ideen oder Begriffe gibt durch die sich alle anderen Begriffe zusammensetzen lassen Diese Grundbegriffe werden wieder den Primzahlen zugeordnet d h jedem Grundbegriff entspricht genau eine Primzahl Zusammengesetzte Begriffe werden dadurch bestimmt dass man angibt welche elementaren Begriffe in ihnen enthalten sind positive Grundbegriffe und welche Grundbegriffe nicht in ihm enthalten sind negative Grundbegriffe Zu einem gegebenen zusammengesetzten Begriff S displaystyle S nbsp sei s displaystyle s nbsp das Produkt derjenigen Primzahlen die zu den positiven Begriffen gehoren und sei s displaystyle sigma nbsp das Produkt derjenigen Primzahlen die zu den negativen Begriffen gehoren Dann ordnet man dem Begriff S displaystyle S nbsp das Zahlenpaar s s displaystyle s sigma nbsp zu S s s displaystyle S rightarrow s sigma nbsp Leibniz selbst verwendete allerdings nicht die moderne Schreibweise als Zahlenpaar sondern eine andere Statt s s displaystyle s sigma nbsp schrieb er s s displaystyle s sigma nbsp Die Urteile BearbeitenZiel der Abbildung von Begriffen auf Zahlen paare war es die auf Aristoteles zuruckgehenden kategorischen Urteilsformen ebenfalls durch arithmetische Formeln zu interpretieren Dies gelingt Leibniz wie folgt Nehmen wir an dass dem Subjekt S und dem Pradikat P die charakteristischen Zahlenpaare s s displaystyle s sigma nbsp bzw p p displaystyle p pi nbsp zugeordnet sind Dann werden die kategorischen Urteile wie folgt interpretiert Urteil Bezeichnung Interpretation Alle S sind P A Urteil s teilt p und s displaystyle sigma nbsp teilt p displaystyle pi nbsp Kein S ist P E Urteil ggT s p gt 1 displaystyle s pi gt 1 nbsp oder ggT p s gt 1 displaystyle p sigma gt 1 nbsp Einige S sind P I Urteil ggT s p displaystyle s pi nbsp ggT p s 1 displaystyle p sigma 1 nbsp Einige S sind nicht P O Urteil s teilt nicht p oder s displaystyle sigma nbsp teilt nicht p displaystyle pi nbsp Hierbei wird wie ublich mit ggT a b der grosste gemeinsame Teiler der ganzen Zahlen a und b bezeichnet Folgerungen BearbeitenAn den arithmetischen Interpretationen der Urteile lassen sich die Gesetze der Aristotelischen Logik nachvollziehen Dazu beachte man dass in den Zahlenpaaren s s displaystyle s sigma nbsp die Zahlen s und s displaystyle sigma nbsp stets teilerfremd sind als Produkte unterschiedlicher Primzahlen Beispiel Aus A S P folgt I S P Beweis Angenommen alle in s enthaltenen Primfaktoren seien auch in p enthalten und alle in s displaystyle sigma nbsp enthaltenen Primfaktoren auch in p displaystyle pi nbsp Wenn nun einer der Primfaktoren von s sagen wir m in p displaystyle pi nbsp enthalten ware dann hatten p und p displaystyle pi nbsp diese Primzahl als gemeinsamen Faktor was nach Definition der Zahlenpaare ausgeschlossen ist Genauso fuhrt man die Annahme zum Widerspruch dass p und s displaystyle sigma nbsp einen gemeinsamen Teiler haben Analog hat Leibniz alle anderen grundlegenden Gesetze der Aristotelischen Logik insbesondere die Syllogismen in seiner arithmetischen Interpretation bestatigt Mit seiner arithmetischen Interpretation ist es Leibniz gelungen ein intensionales Modell der Logik des Aristoteles aufzustellen Dieses Modell erlangte Bedeutung durch den polnischen Logiker Jan Lukasiewicz der die Leibnizschen charakteristischen Zahlen in seinem Standardwerk 5 fur den Beweis der Vollstandigkeit seines Axiomensystems der Aristotelischen Logik verwendete Einzelnachweise Bearbeiten Ubersetzung Fragmente zur Logik S 90 Akademie Ausgabe 6 Reihe 4 Band S 217 Akademie Ausgabe 6 Reihe 4 Band S 182 Klaus Glashoff On Leibniz characteristic numbers Studia Leibnitiana Band 43 2002 Seite 161 Jan Lukasiewicz Aristotle s syllogistic From the standpoint of modern formal logic Oxford Clarendon Press 1951 Quellen BearbeitenGottfried Wilhelm Leibniz Samtliche Schriften und Briefe Akademie Ausgabe 6 Reihe 4 Band Teil A Manuskripte Nr 56 64 Berlin 1999 Fragmente zur Logik Ausgewahlt ubersetzt und erlautert von Dr phil habil Franz Schmidt Akademieverlag Berlin 1960 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Charakteristische Zahlen amp oldid 219773512