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Das Chainstore Paradoxon ist ein von Reinhard Selten entworfenes spieltheoretisches Fallbeispiel 1 im Bereich des wirtschaftlichen Wettbewerbs bei dem das aufgrund rationaler Argumente beste Verhalten im Widerspruch zum empirisch offensichtlichen Verhalten steht Dem Spiel liegt das Kaufhauskettenspiel chain store game zugrunde bei dem ein Konkurrent in den Markt eintritt und der Marktfuhrer die Kaufhauskette vor der Wahl steht den neuen Konkurrenten durch einen Preiskampf zu verdrangen oder ihn zu tolerieren Beim Kaufhauskettenspiel sind die Auszahlungen so gewahlt dass es rational ware wenn der Marktfuhrer den Eindringling toleriert und keinen fur beide ruinosen Preiskampf fuhrt Wenn nun eine Folge des Markteintritts mehrerer Konkurrenten aus der Sicht einer Kaufhauskette betrachtet wird scheint es aufgrund Ruckwartsinduktion rational wenn die Kaufhauskette grundsatzlich Markteindringlinge toleriert was im strikten Gegensatz zu den in der Praxis zu beobachtenden Markteintrittskampfen steht Inhaltsverzeichnis 1 Chainstore Game und Rahmenbedingungen 2 Deutung des Paradoxons 3 Literatur 4 EinzelnachweiseChainstore Game und Rahmenbedingungen BearbeitenBei dem diesem Paradoxon zugrunde liegenden Kaufhauskettenspiel beherrscht ein Unternehmen den Markt Nun hat ein Konkurrent die Wahl in den Markt einzutreten oder es zu unterlassen Bei letzterem erhalt der Konkurrent die Auszahlung 0 der Marktbeherrscher erhalt 5 Tritt der Konkurrent dagegen in den Markt ein hat der Marktbeherrscher die Wahl diesen zu bekampfen oder zu tolerieren Entscheidet er sich fur das Bekampfen erhalten beide die Auszahlung 0 toleriert er den Konkurrenten erhalten beide die Auszahlung 2 Das einzige teilspielperfekte Nash Gleichgewicht ist letztere Variante also der Markteintritt des Konkurrenten und das Tolerieren durch den Marktbeherrschenden Preiskampf MarktteilungFernbleiben 0 5 0 5Zutritt 0 0 2 2 nbsp Reinhard Selten erstellte nun auf Basis dieses Spiels ein Modell um die Rationalitat des Verhaltens marktbeherrschender Unternehmen bei Markteintritt eines Konkurrenten zu untersuchen Dabei unterstellte er folgende Rahmenbedingungen 2 Die Anzahl der bei diesem Spiel betrachteten Markte ist begrenzt Die Eintrittsdrohungen durch Konkurrenten ereignen sich sequentiell Die Konkurrenten handeln isoliert keine Kooperation Allen Beteiligten sind alle zu erwartenden Auszahlungen bekannt Perfekte Information Das Aufkaufen der Konkurrenten durch den Marktbeherrschenden ist nicht moglichIn Seltens Originalversion hat nun der Marktbeherrschende 20 Filialen in verschiedenen Stadten In sequentieller Folge uberlegen nun Konkurrenten in den verschiedenen Stadten in den Markt einzutreten Bei der Ruckwartsinduktion betrachtet man nun zunachst den letzten Fall nachdem die 19 Entscheidungen zuvor bereits gefallen sind In diesem 20 Fall ware es nun fur den Marktbeherrschenden rational den Eindringling zu tolerieren Dann wird der 19 Fall zum letzten Spiel wobei auch hier die rationale Entscheidung dieselbe sein muss was sich bis zum ersten Fall fortsetzt Damit musste ein Eindringling immer toleriert werden 3 Deutung des Paradoxons BearbeitenReinhard Selten hat den Widerspruch zwischen okonomischer Realitat und spieltheoretischem Modell dadurch erklart dass Entscheider in der Praxis nicht in der Lage sind die Ruckwartsinduktion uber viele Perioden durchzufuhren 1 Ein anderer Ansatz diese Diskrepanz zu deuten besteht darin dass Seltens einfaches Modell nicht den Faktor der Reputation beinhaltet der in der Praxis eine Rolle spielen kann 3 Jedoch ist im Kettenladen Modell die Reputation fur den Filialisten in der letzten Periode wertlos weil nicht weitergespielt wird und der Kettenladenbesitzer wird nicht durch Gewinnverzicht zwecks Abschreckung in Reputation investieren Das gilt dann per Ruckwartsinduktion fur alle Perioden Wesentliche Voraussetzung fur die Anwendbarkeit der Ruckwartsinduktion ist dass die Anzahl der Wiederholungen bekannt ist Dies muss nicht gegeben sein Der Marktfuhrer weiss in Wirklichkeit normalerweise nicht gegen wie viele Konkurrenten er sich verteidigen muss In diesem Fall wird er eventuell auch den letzten Konkurrenten zum Erhalten seiner Reputation bekampfen er weiss ja nicht dass er keine weiteren Konkurrenten hat Literatur BearbeitenSiegfried K Berninghaus Karl Martin Ehrhart Werner Guth Strategische Spiele Eine Einfuhrung in die Spieltheorie Springer Berlin Heidelberg 2006 ISBN 3 540 28414 1 Einzelnachweise Bearbeiten a b Reinhard Selten The chain store paradox In Theory and Decision 9 S 127 159 1978 doi 10 1007 BF00131770 Thorsten W Pries Kampfpreismissbrauch im okonomisierten EG Kartellrecht Mohr Siebeck 2009 ISBN 3 16 150166 7 S 25 ff a b Siegfried K Berninghaus Karl Martin Ehrhart Werner Guth Strategische Spiele Eine Einfuhrung in die Spieltheorie Springer Berlin Heidelberg 2006 ISBN 3 540 28414 1 S 107 112 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Chainstore Paradoxon amp oldid 235176738