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Als Caroline von Monaco Urteil II wird in der deutschen Rechtswissenschaft ein Urteil des Bundesverfassungsgerichtes BVerfG vom 15 Dezember 1999 bezeichnet in dem der Umfang und Inhalt des allgemeinen Personlichkeitsrechts und der Pressefreiheit in Bezug auf die Berichterstattung uber das Privatleben Prominenter bestimmt wurde 1 Logo auf den Entscheidungen des Verfassungsgerichts Inhaltsverzeichnis 1 Sachverhalt 2 Zusammenfassung des Urteils 2 1 Leitsatze des Urteils 3 Aus den Grunden 4 Bedeutung des Urteils 5 Literatur 6 Weblinks 7 EinzelnachweiseSachverhalt BearbeitenIn dem Verfahren vor dem Bundesgerichtshof BGH war Caroline von Hannover gegen die Veroffentlichung von Fotos in der Illustrierten Bunte vorgegangen Auf den Fotos war sie teils mit ihren Kindern teils allein beispielsweise beim Einkaufen auf einem Markt oder auf dem Fahrrad auf einem Feldweg zu sehen Sie verlangte vom Verlag Hubert Burda Media eine Unterlassung der Veroffentlichung wegen Verletzung ihres allgemeinen Personlichkeitsrechts und ihres Rechts am eigenen Bild Nach Auffassung der Zivilgerichte war die Veroffentlichung dieser Fotos ohne Einwilligung gestattet weil sich Caroline von Hannover als absolute Person der Zeitgeschichte bewusst im Bereich der Offentlichkeit bewegt habe so dass nach 22 23 KUG keine Einwilligung erforderlich war Vertreten durch den Hamburger Anwalt Matthias Prinz klagte Caroline von Hannover damals noch von Monaco gegen das Urteil des BGH vor dem Bundesverfassungsgericht Zusammenfassung des Urteils BearbeitenDas Gericht befasst sich zunachst mit dem Umfang des allgemeinen Personlichkeitsrechts und dem daraus folgenden Schutz der Privatsphare Es teilt die Auffassung des BGH dass sich der Schutz auf einen thematischen und einen raumlichen Bereich bezieht in dem auch Prominente ungestort bleiben mussen Dieser raumliche Bereich muss nicht unbedingt gleichbedeutend mit den eigenen vier Wanden der Person sein Das Gericht verneint aber grundsatzlich einen privaten Bereich wenn sich die Person an einem offentlich zuganglichen Ort unter vielen anderen Menschen befindet Zudem sei der Schutz eingeschrankt wenn derjenige auch das was zu seiner Privatsphare zahlt vermarktet und sogar Exklusivvertrage uber die Berichterstattung abschliesst Damit wird gewissermassen der eigene Anspruch auf Privatheit reduziert Damit wird durch die Fotos die Caroline beim Reiten Einkaufen oder in einem Cafe zeigen nicht in ihr Personlichkeitsrecht eingegriffen Die Fotos auf denen auch die Kinder zu sehen sind beurteilt das Gericht dagegen anders Sie sind keine absoluten Personen der Zeitgeschichte und verdienen einen hoheren Schutz Das Gericht entschied deshalb dass der BGH bei den Bildern die auch die Kinder der Prinzessin zeigten den das allgemeine Personlichkeitsrecht Art 2 Abs 1 in Verbindung mit Art 1 Abs 1 GG verstarkenden Einfluss von Art 6 GG Schutz der Familie Elternrecht nicht berucksichtigt hatte und verwies die Klage in diesem Punkt zuruck an den BGH Hinsichtlich der funf anderen Fotos wies das Gericht die Verfassungsbeschwerde jedoch ab Leitsatze des Urteils Bearbeiten 1 Die von dem allgemeinen Personlichkeitsrecht aus Art 2 Abs 1 in Verbindung mit Art 1 Abs 1 GG geschutzte Privatsphare ist nicht auf den hauslichen Bereich beschrankt Der Einzelne muss grundsatzlich die Moglichkeit haben sich auch an anderen erkennbar abgeschiedenen Orten von Bildberichterstattung unbehelligt zu bewegen 2 Das allgemeine Personlichkeitsrecht ist nicht im Interesse einer Kommerzialisierung der eigenen Person gewahrleistet Der Schutz der Privatsphare vor Abbildungen tritt zuruck soweit sich jemand selbst damit einverstanden zeigt dass bestimmte gewohnlich als privat angesehene Angelegenheiten offentlich gemacht werden 3 Der Schutzgehalt des allgemeinen Personlichkeitsrechts von Eltern oder Elternteilen erfahrt eine Verstarkung durch Art 6 Abs 1 und 2 GG soweit es um die Veroffentlichung von Abbildungen geht die die spezifisch elterliche Hinwendung zu den Kindern zum Gegenstand haben 4 Die in Art 5 Abs 1 Satz 2 GG enthaltene Gewahrleistung der Pressefreiheit umfasst auch unterhaltende Publikationen und Beitrage sowie deren Bebilderung Das gilt grundsatzlich auch fur die Veroffentlichung von Bildern die Personen des offentlichen Lebens in alltaglichen oder privaten Zusammenhangen zeigen Aus den Grunden Bearbeiten Im Unterschied zum Recht am eigenen Bild bezieht sich der Schutz der Privatsphare der ebenfalls im allgemeinen Personlichkeitsrecht wurzelt nicht speziell auf Abbildungen sondern ist thematisch und raumlich bestimmt Er umfasst zum einen Angelegenheiten die wegen ihres Informationsinhalts typischerweise als privat eingestuft werden weil ihre offentliche Erorterung oder Zurschaustellung als unschicklich gilt das Bekanntwerden als peinlich empfunden wird oder nachteilige Reaktionen der Umwelt auslost wie es etwa bei Auseinandersetzungen mit sich selbst in Tagebuchern BVerfGE 80 367 bei vertraulicher Kommunikation unter Eheleuten BVerfGE 27 344 im Bereich der Sexualitat BVerfGE 47 46 BVerfGE 49 286 bei sozial abweichendem Verhalten BVerfGE 44 353 oder bei Krankheiten BVerfGE 32 373 der Fall ist Fehlte es hier an einem Schutz vor der Kenntniserlangung anderer waren die Auseinandersetzung mit sich selbst die unbefangene Kommunikation unter Nahestehenden die sexuelle Entfaltung oder die Inanspruchnahme arztlicher Hilfe beeintrachtigt oder unmoglich obwohl es sich um grundrechtlich geschutzte Verhaltensweisen handelt Rz 75 Zum anderen erstreckt sich der Schutz auf einen raumlichen Bereich in dem der Einzelne zu sich kommen sich entspannen oder auch gehen lassen kann vgl BVerfGE 27 1 lt 6 gt Zwar bietet auch dieser Bereich Gelegenheit sich in einer Weise zu verhalten die nicht fur die Offentlichkeit bestimmt ist und deren Beobachtung oder Darstellung durch Aussenstehende fur den Betroffenen peinlich oder nachteilig ware Im Kern geht es aber um einen Raum in dem er die Moglichkeit hat frei von offentlicher Beobachtung und damit der von ihr erzwungenen Selbstkontrolle zu sein auch ohne dass er sich dort notwendig anders verhielte als in der Offentlichkeit Bestunden solche Ruckzugsbereiche nicht mehr konnte der Einzelne psychisch uberfordert sein weil er unausgesetzt darauf achten musste wie er auf andere wirkt und ob er sich richtig verhalt Ihm fehlten die Phasen des Alleinseins und Ausgleichs die fur die Personlichkeitsentfaltung notwendig sind und ohne die sie nachhaltig beeintrachtigt wurde Rz 76 Ein derartiges Schutzbedurfnis besteht auch bei Personen die aufgrund ihres Ranges oder Ansehens ihres Amtes oder Einflusses ihrer Fahigkeiten oder Taten besondere offentliche Beachtung finden Wer ob gewollt oder ungewollt zur Person des offentlichen Lebens geworden ist verliert damit nicht sein Anrecht auf eine Privatsphare die den Blicken der Offentlichkeit entzogen bleibt Das gilt auch fur demokratisch gewahlte Amtstrager die zwar fur ihre Amtsfuhrung offentlich rechenschaftspflichtig sind und sich in diesem Umfang offentliche Aufmerksamkeit gefallen lassen mussen nicht aber fur ihr Privatleben sofern dieses die Amtsfuhrung nicht beruhrt Rz 77 Wo die Grenzen der geschutzten Privatsphare ausserhalb des Hauses verlaufen lasst sich nicht generell und abstrakt festlegen Sie konnen vielmehr nur aufgrund der jeweiligen Beschaffenheit des Ortes bestimmt werden den der Betroffene aufsucht Ausschlaggebend ist ob der Einzelne eine Situation vorfindet oder schafft in der er begrundetermassen und somit auch fur Dritte erkennbar davon ausgehen darf den Blicken der Offentlichkeit nicht ausgesetzt zu sein Rz 79 Platzen an denen sich der Einzelne unter vielen Menschen befindet fehlt es von vornherein an den Voraussetzungen des Privatspharenschutzes im Sinn von Art 2 Abs 1 in Verbindung mit Art 1 Abs 1 GG Sie konnen das Ruckzugsbedurfnis nicht erfullen und rechtfertigen deswegen auch nicht den grundrechtlichen Schutz den dieses Bedurfnis aus Grunden der Personlichkeitsentfaltung verdient Der Einzelne kann solche Orte auch nicht etwa durch ein Verhalten das typischerweise nicht offentlich zur Schau gestellt wurde in seine Privatsphare umdefinieren Nicht sein Verhalten ob allein oder mit anderen konstituiert die Privatsphare sondern die objektive Gegebenheit der Ortlichkeit zur fraglichen Zeit Verhalt er sich daher an Orten die nicht die Merkmale der Abgeschiedenheit aufweisen so als stunde er nicht unter Beobachtung hebt er das Schutzbedurfnis fur Verhaltensweisen die an sich die Offentlichkeit nichts angehen selbst auf Rz 81 Der Schutz der Privatsphare vor offentlicher Kenntnisnahme entfallt ferner wenn sich jemand selbst damit einverstanden zeigt dass bestimmte gewohnlich als privat geltende Angelegenheiten offentlich gemacht werden etwa indem er Exklusivvertrage uber die Berichterstattung aus seiner Privatsphare abschliesst Der verfassungsrechtliche Privatspharenschutz aus Art 2 Abs 1 in Verbindung mit Art 1 Abs 1 GG ist nicht im Interesse einer Kommerzialisierung der eigenen Person gewahrleistet Zwar ist niemand an einer solchen Offnung privater Bereiche gehindert Er kann sich dann aber nicht gleichzeitig auf den offentlichkeitsabgewandten Privatspharenschutz berufen Rz 82 Es ist aber anerkannt dass Kinder eines besonderen Schutzes bedurfen weil sie sich zu eigenverantwortlichen Personen erst entwickeln mussen vgl BVerfGE 24 119 lt 144 gt BVerfGE 57 361 lt 383 gt Dieses Schutzbedurfnis besteht auch hinsichtlich der Gefahren die von dem Interesse der Medien und ihrer Nutzer an Abbildungen von Kindern ausgehen Deren Personlichkeitsentfaltung kann dadurch empfindlicher gestort werden als diejenige von Erwachsenen Der Bereich in dem Kinder sich frei von offentlicher Beobachtung fuhlen und entfalten durfen muss deswegen umfassender geschutzt sein als derjenige erwachsener Personen Rz 83 Wie sich die Verstarkung des Personlichkeitsschutzes durch Art 6 GG im Einzelnen auswirkt lasst sich nicht generell und abstrakt bestimmen Zwar wird es regelmassig an einem Schutzbedurfnis fehlen wenn sich Eltern mit ihren Kindern bewusst der Offentlichkeit zuwenden etwa gemeinsam an offentlichen Veranstaltungen teilnehmen oder gar in deren Mittelpunkt stehen Insoweit liefern sie sich den Bedingungen offentlicher Auftritte aus Im ubrigen kann der Schutz des allgemeinen Personlichkeitsrechts zugunsten spezifischer Eltern Kind Beziehungen grundsatzlich aber auch dort eingreifen wo es an den Voraussetzungen der ortlichen Abgeschiedenheit fehlt Rz 85 Bedeutung des Urteils BearbeitenDieses Urteil galt als richtungsweisend bis 2004 Deutschland diesbezuglich vom Europaischen Gerichtshof fur Menschenrechte wegen Verletzung der Europaischen Menschenrechtskonvention verurteilt wurde Am 7 Februar 2012 hat die Grosse Kammer des EGMR das Urteil von 2004 konkretisiert 2 Zu den Urteilen des BGH und des EGMR siehe auch Caroline Urteil und Recht am eigenen Bild Literatur BearbeitenThomas Haug Bildberichterstattung uber Prominente Unter besonderer Berucksichtigung der Zulassigkeit der gerichtlichen Beurteilung des Informationswertes von Medienberichten Nomos Baden Baden 2011 ISBN 978 3 8329 6528 0 Thomas Haug Wegweisende Urteile des EGMR zum Presserecht Finale Niederlage fur Prinzessin Caroline In Kommunikation amp Recht Nr 3 2012 S 1 online Weblinks BearbeitenVolltext des Urteils Grosse Kammer Urteil vom 7 Februar 2012 Az 40660 08 und 60641 08 Von Hannover II Kommunikation und Recht 2012 179 ff Einzelnachweise Bearbeiten BVerfGE 101 361 Az 1 BvR 653 96 EGMR Grosse Kammer Urteil vom 7 Februar 2012 Az 40660 08 und 60641 08 Von Hannover II Kommunikation und Recht 2012 179 Bitte den Hinweis zu Rechtsthemen beachten Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Caroline von Monaco Urteil II amp oldid 238626398