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Die Begriffe Betzekammerchen Hundeloch Hundestall und Narrenkafig sind regional variierende Bezeichnung fur ein Relikt der historischen Sozialdisziplinierung und des historischen Strafvollzugs Betzekammerchen waren bis zur Fruhen Neuzeit weit verbreitet kamen seit der Epoche der Aufklarung nach und nach ausser Gebrauch und wurden 1810 im Geltungsbereich des napoleonischen Code penal ganz abgeschafft Hundeloch in Kloster Neuendorf Der aus Feldstein errichtete Unterbau des 1561 datierten Speichergebaudes diente als Gefangnis im Obergeschoss wurde vermutlich unter anderem Getreide getrocknet In Suddeutschland bezeichnete man mit Betzekammerchen den meist im Rathaus oder in einem anderen offentlich zuganglichen Gebaude gelegenen stets offentlich einsehbaren Raum der in erster Linie der Zurschaustellung und erst dann der Gefangenhaltung von Delinquenten diente die darin eine nicht ehrvernichtende Strafe im Sinne einer Disziplinierung zu verbussen hatten deren Verhangung in die Zustandigkeit der Niederen Gerichtsbarkeit fiel welche in Stadten die Burgermeister innehatten Die Synonyme Hundeloch und Hundestall leiten sich in diesem rechtssprachlichen Zusammenhang von dem Begriff Hunt oder Centenarius her welcher in den in lateinischer Sprache verfassten germanischen Stammesrechten den Stellvertreter des Gaugrafen bezeichnet dem als Vorsteher einer Centena einem Teil eines Gaues die Niedere Gerichtsbarkeit oblag In Norddeutschland diente dem Zweck der zumeist auf einem Marktplatz stets freistehende Narrenkafig Hierbei ist zu bemerken dass nicht nur Geisteskranke sondern auch Menschen die sich unvernunftigen Handlungen wie Trunkenheit Unzucht und nachtlicher Ruhestorung hingaben bis in die Neuzeit hinein als Narren bezeichnet wurden Dabei war nicht etwa eine medizinische Diagnose der Massstab sondern vielmehr ein meist religios begrundeter Verhaltenskodex Die Inhaftierung in ein Betzekammerchen erfolgte meist durch den Nachtwachter oder durch sonstige Ordnungskrafte und in der Regel ohne Gerichtsverfahren aber niemals ohne das Wissen des Burgermeisters oder einer sonst zustandigen Person die notfalls geweckt werden musste um uber die Inhaftierung in Kenntnis gesetzt zu werden Der Delinquent wurde in der Mittagszeit zwischen dem Feldlauten oder wahrend Marktzeiten in das offentlich einsehbare Betzekammerchen gesperrt so den Passanten zur Schau gestellt und ihrem Spott ausgesetzt Dabei ermoglichte die ubliche Vergitterung nicht allein die Zurschaustellung sondern schutzte den Inhaftierten auch vor etwaigen tatlichen Ubergriffen Diese Form der Bestrafung diente der Schwere der Taten entsprechend allein der Sozialdisziplinierung hatte aber keinen ehrvernichtenden Charakter und auch keinen Einfluss auf die Rechtsstellung des Delinquenten Orte an denen Betzekammerchen erhalten sind Auswahl BearbeitenAppenheim Rathaus Flonheim Rathaus Frei Laubersheim Rathaus Gau Algesheim Graulturm benannt nach Oberschultheiss Peter Grauel Gau Bickelheim Rathaus erbaut 1548 Gauersheim Wallbrunn sche Bannwirtschaft Bruckenstrasse 10 Pfaffen Schwabenheim am Tursturz bez 1699 RathausLiteratur BearbeitenSatu Lidman Zum Spektakel und Abscheu Schand und Ehrenstrafen als Mittel offentlicher Disziplinierung in Munchen um 1600 Peter Lang Frankfurt a M 2008 ISBN 978 3 631 58123 0 Strafrecht und Rechtsphilosophie in Geschichte und Gegenwart Bd 4 Franz Joseph Spang Vom Narren oder Hundehaus auch Kommernuss und Kummerturm in Heimat Jahrbuch Kreis Alzey 1968 S 122 125 Siehe auch BearbeitenVerlies Kerker Pranger Rechtsarchaologie Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Betzekammerchen amp oldid 223924222