www.wikidata.de-de.nina.az
Bernard Bailyn 10 September 1922 in Hartford Connecticut 7 August 2020 in Belmont Massachusetts 1 war ein amerikanischer Historiker der besonders mit Arbeiten zur amerikanischen Kolonial und Revolutionszeit hervorgetreten ist Als sein bedeutendstes Werk gilt The Ideological Origins of the American Revolution 1967 das in der Historiographie der amerikanischen Revolution einen Paradigmenwechsel zur Folge hatte Bailyn zeichnete hierin den pragenden Einfluss radikaler englischer Whigs des 17 und fruhen 18 Jahrhunderts auf die Ideologie der amerikanischen Revolutionare nach Bernard Bailyn 2012 Inhaltsverzeichnis 1 Leben 1 1 Akademische Laufbahn 1 2 Forschung 1 3 Privatleben 1 4 Ehrungen und Preise 2 Werke 2 1 Monographien 2 2 Aufsatze Auswahl 2 3 Herausgeber 3 Sekundarliteratur 4 EinzelnachweiseLeben BearbeitenAkademische Laufbahn Bearbeiten Bailyn wuchs in seiner Geburtsstadt Hartford auf Nach seiner Schulzeit studierte er zunachst am Williams College wo er vor allem Kurse zu Literatur und Philosophie besuchte gegen Ende des Zweiten Weltkrieges wurde er jedoch zur Armee eingezogen und diente zunachst in der Army Security Agency dann im US Army Signal Corps Er kehrte nicht wieder an das Williams College zuruck erhielt 1945 in absentia aber dennoch den Grad eines Bachelor 2 Nach Kriegsende lebte er zunachst ein Jahr in Paris Nach seiner Ruckkehr nach Amerika begann er im September 1946 als Nutzniesser des G I Bill ein Geschichtsstudium in Harvard Er befasste sich unter anderem mit romischer und mittelalterlicher Geschichte begann sich aber bald auf die Wirtschafts und Sozialgeschichte der amerikanischen Kolonialzeit zu spezialisieren Als pragende Mentoren seiner fruhen Jahre in Harvard nennt Bailyn den Mediavisten Charles Taylor sowie den jungen Oscar Handlin beides Verfechter eines positivistisch gepragten sozial und institutionengeschichtlichen Forschungsansatzes ausserdem Samuel Eliot Morison an dem er vor allem die erzahlerischen Fahigkeiten bewunderte 3 Ab 1949 gehorte er der geschichtswissenschaftlichen Fakultat von Harvard an 1953 wurde er Assistenzprofessor 1953 63 lehrte er als ausserordentlicher Professor und schliesslich bis 1993 als ordentlicher Professor auf verschiedenen Stiftungslehrstuhlen ab 1966 als Winthrop Professor ab 1983 als Adams Professor Bis zu seiner Emeritierung betreute er mehr als 60 Doktoranden von denen viele ihrerseits zu Koryphaen im Feld der amerikanischen Kolonialgeschichte wurden so insbesondere Gordon S Wood Michael Kammen Stanley N Katz Jack N Rakove Fred Anderson und Peter C Mancall 4 Im Jahr 1981 war er Prasident der American Historical Association Forschung Bearbeiten In seinem Fruhwerk beschaftigte sich Bailyn eingehend mit der Rolle des Seehandels in der amerikanischen Kolonialzeit insbesondere in Neuengland sie wurde auch Gegenstand seiner Dissertation Bailyns Ansatz unterschied sich dabei deutlich von dem Perry Millers der seit den 1930er Jahren in Harvard eine Blutezeit der Forschung auf dem Feld der Kolonialzeit Neuenglands herbeigefuhrt hatte Untersuchten Miller und seine Schuler vor allem die theologischen Grundlagen der Gesellschaftskonzeption der puritanischen Grundervater Neuenglands so bekundete Bailyn vor allem Interesse an der Sozialgeschichte der Kolonialzeit Sein erster Artikel ein Artikel uber den Kaufmann Robert Keayne erschien 1950 im William and Mary Quarterly hier zeichnete Bailyn nach wie Keayne oft der Raffgier bezichtigt wurde sich muhte sein Geschaftsgebaren zwischen den Erfordernissen des Marktes und des aufkeimenden Kapitalismus einerseits und den ethischen Anspruchen des puritanischen Gemeinwesens andererseits auszutarieren Dieser Interessenkonflikt ist auch zentral fur Bailyns erstes Buch The New England Merchants in the Seventeenth Century 1955 Bailyn zeigte hier dass die Handler Neuenglands anders als die Dynastien der puritanischen Geistlichen und Magistrate keine geschlossene Klasse bildeten sondern dass sich in ihrem Beruf im Gegenteil eine ausserordentlich hohe soziale Mobilitat feststellen lasst die eine ernste Bedrohung fur die streng hierarchische Struktur des puritanischen Gemeinwesen Neuengland wurde und sie in sozialer wie in politischer Hinsicht stetig aufweichte In seinem nachsten Buch Massachusetts Shipping 1697 1714 gemeinsam verfasst mit seiner Frau Lotte unterzog er das Schiffsregister der Kolonie Massachusetts einer statistischen Auswertung Hierzu nutzte er auch ein Hollerith Lochkartensystem ein in der damals noch kaum empirisch verankerten Geschichtswissenschaft ungewohnlicher Schritt In den 1960er Jahren wandte sich Bailyn dann der Revolutionszeit zu Fur die John Harvard Library ubernahm er die Herausgeberschaft einer gross angelegten Edition von Pamphleten der amerikanischen Revolution deren erster Band 1965 erschien Aus dem Vorwort zu dieser Anthologie entwickelte sich schliesslich Bailyns bedeutendstes Werk The Origins of the American Revolution In den hunderten Pamphleten die er sichtete wies er den pragenden Einfluss einer Ideologie nach die bislang selbst in ideengeschichtlich ausgerichteten Werken zur Revolution ubersehen oder unterschatzt wurde Wie Bailyn zeigte bezogen die amerikanischen Revolutionare ihre aufklarerischen politischen Ideen nicht hauptsachlich von grossen Denkern wie Locke Montesquieu oder Rousseau sondern aus den populistischen Schriften der Country party die sich im England in der ersten Halfte des fruhen 18 Jahrhunderts in Opposition gegen zentralistische und absolutistische Tendenzen unter der Regierung des Kabinetts Walpoles formierte In England selbst blieb diese Partei eine Splittergruppe und war zur Zeit der amerikanischen Revolution schon lange vergessen doch brachte sie ein reiches Schrifttum hervor das merkwurdigerweise wenn nicht in England so doch in Amerika auf fruchtbaren Boden fiel wenn auch mit einigen Jahrzehnten Verspatung Autoren wie Henry St John 1 Viscount Bolingbroke John Trenchard und Thomas Gordon erregten im England um 1765 kaum mehr als antiquarisches Interesse wahrend ihre Schriften in den amerikanischen Kolonien in zahllosen Exemplaren kursierten und so die politischen Ideen und das Vokabular der Revolution pragten Bailyn zeigte dass Worter wie conspiracy oder corruption die Historiker zuvor oftmals als blosse austauschbare Propagandahulsen ubergangen hatten besondere Bedeutung im Diskurs der Country Ideologen wie spater der Revolutionare hatten Privatleben Bearbeiten 1952 heiratete er Lotte Lazarsfeld die Tochter des 1935 emigrierten osterreichischen Soziologen Paul Felix Lazarsfeld die selbst als Sozialpsychologin hervortrat und in Harvard und spater am M I T lehrte wo sie seit 1980 eine Professur in Fach Management innehatte Mit ihr gemeinsam schrieb er seine zweite veroffentlichte Monographie Massachusetts Shipping 1697 1714 A Statistical Study 1959 Ehrungen und Preise Bearbeiten Bailyn wurde zweimal mit dem Pulitzer Preis fur Geschichte ausgezeichnet 1967 fur The Ideological Origins of the American Revolution und 1987 fur Voyagers to the West The Ideological Origins of the American Revolution gewann 1967 zudem den Bancroft Prize Fur The Ordeal of Thomas Hutchinson wurde Bailyn 1975 mit dem National Book Award ausgezeichnet 1993 erhielt er die Thomas Jefferson Medal 1998 wurde er dann vom National Endowment for the Humanities als Jefferson Lecturer benannt was die hochste Auszeichnung darstellt die die amerikanische Regierung fur Leistungen in der Geisteswissenschaft zu vergeben hat Im Jahr 2000 hielt er die erste Millenium Lecture im Weissen Haus Die Society of American Historians ehrte ihn fur sein Lebenswerk 2000 mit dem Bruce Catton Prize Ein Jahr darauf erhielt er die Centennial Medal der Harvard Graduate School of Arts and Sciences 2004 die Kennedy Medal der Massachusetts Historical Society Bailyn wurde im Laufe seiner akademischen Karriere mit zahlreichen Ehrendoktorwurden geehrt Lawrence University L H D 1967 Bard College L H D 1968 Williams College Litt D 1969 Clark University L H D 1975 Yale University L H D 1976 Rutgers University Litt D 1976 Fordham University Litt D 1976 Grinnell College L H D 1979 Trinity College Oxford University L H D 1984 Washington University in St Louis 1988 Manhattanville College L H D 1991 Dartmouth College L H D 1991 University of Chicago L H D 1991 William and Mary College L H D 1994 La Trobe University LHD 1994 Columbia University Litt D 2010Ferner war er Ehrenmitglied des Christ s College der Universitat Cambridge Er war Mitglied der American Academy of Arts and Sciences 1963 der American Philosophical Society 1971 der National Academy of Education der Royal Irish Academy 2011 korrespondierendes Mitglied der British Academy der Royal Historical Society der Russischen Akademie der Wissenschaften der Academia Europaea 1994 5 und der Academia Mexicana de la Historia Eine Ehrung ganz eigener Art erfuhr Bailyn schon 1965 als der Soziologe Robert K Merton seine Abhandlung On the Shoulders of Giants veroffentlichte Sie ist durchweg in Form eines Briefes an seinen Freund Bailyn Dear Bud gehalten 6 Werke BearbeitenMonographien Bearbeiten The New England Merchants in the Seventeenth Century Harvard University Press Cambridge Mass 1955 mit Lotte Bailyn Massachusetts Shipping 1697 1714 A Statistical Study Belknap Press of Harvard University Press Cambridge Mass 1959 Education in the Forming of American Society Needs and Opportunities for Study University of North Carolina Press Chapel Hill 1960 The Ideological Origins of the American Revolution Belknap Press of Harvard University Press Cambridge Mass 1967 2 erweiterte Ausgabe ebenda 1992 The Origins of American Politics Knopf New York 1968 The Ordeal of Thomas Hutchinson Belknap Press of Harvard University Press Cambridge Mass 1974 The Peopling of British North America An Introduction Knopf New York 1986 Voyagers to the West A Passage in the Peopling of America on the Eve of the Revolution Knopf New York 1986 Faces of Revolution Personalities and Themes in the Struggle for American Independence Knopf New York 1990 The Great Republic Nineteenth and Early Twentieth Century America 1820 1920 D C Heath Lexington Mass 1993 Hg von Edward Connery Lathem On the Teaching and Writing of History Responses to a Series of Questions New England University Press Hanover NH 1994 The Federalist Papers Library of Congress Washington D C 1998 To Begin the World Anew The Genius and Ambiguities of the American Founders Knopf New York 2003 Atlantic History Concept and Contours Harvard University Press Cambridge Mass 2005 Aufsatze Auswahl Bearbeiten The Apologia of Robert Keayne In The William and Mary Quarterly Third Series 7 4 1950 S 568 587 Politics and Social Structure in Virginia In James Morton Smith Hrsg Seventeenth Century America Essays in Colonial History University of North Carolina Press Chapel Hill 1959 S 90 115 Political Experience and Enlightenment Ideas in Eighteenth Century America In The American Historical Review 67 2 1962 S 339 351 Religion and Revolution Three Biographical Studies In Perspectives in American History 4 1970 S 85 139 Herausgeber Bearbeiten mit Jane N Garrett Pamphlets of the American Revolution 1750 1776 Band 1 Belknap Press of Harvard University Press Cambridge Mass 1965 The Apologia of Robert Keayne The Self Portrait of a Puritan Merchant Harper amp Row New York 1965 mit Donald Fleming The Intellectual Migration Europe and America 1930 1960 Belknap Press of Harvard University Press Cambridge Mass 1969 mit Donald Fleming Law in American History Little Brown Boston 1972 et al The Great Republic A History of the American People Heath Boston und Toronto 1977 4 vorlaufig letzte Ausgabe 1992 mit John B Hench The Press and the American Revolution American Antiquarian Society Worcester Mass 1980 mit Philip D Morgan Strangers within the Realm Cultural Margins of the First British Empire University of North Carolina Press Chapel Hill 1991 The Debate on the Constitution Federalist and Antifederalist Speeches Articles and Letters during the Struggle over Ratification 2 Bande Library of America New York 1993 Sekundarliteratur BearbeitenJames A Henretta Stanley N Katz Michael Kammen Hrsg The Transformation of Early American History Society Authority and Ideology Knopf New York 1991 Festschrift Peter A Coclanis Drang Nach Osten Bernard Bailyn the World Island and the Idea of Atlantic History In Journal of World History 13 1 2002 S 169 182 Jack N Rakove Bernard Bailyn In Robert Allen Rutland Hrsg Clio s Favorites Leading Historians of the United States 1945 2000 University of Missouri Press Columbia MO 2000 S 5 22 ISBN 0 8262 1316 2Einzelnachweise Bearbeiten Renwick McLean Jennifer Schuessler Bernard Bailyn Eminent Historian of Early America Dies at 97 In The New York Times 7 August 2020 englisch Abgerufen am 8 August 2020 Jack N Rakove Bernard Bailyn S 5 Michael Kammen und Stanley M Katz Bernard Bailyn Historian and Teacher In James A Henretta Stanley N Katz Michael Kammen Hrsg The Transformation of Early American History Society Authority and Ideology Knopf New York 1991 Festschrift S 7 Eine Liste der von Bailyn betreuten Dissertationen bis 1991 findet sich in James A Henretta Stanley N Katz Michael Kammen Hrsg The Transformation of Early American History Society Authority and Ideology S 262 266 Eintrag auf der Internetseite der Academia Europaea Robert K Merton On the Shoulders of Giants A Shandean Postscript University of Chicago Press 1965 Erweiterte Ausgabe 1993 mit einem Vorwort von Umberto Eco Auch die deutsche Ubersetzung Auf den Schultern von Riesen Ein Leitfaden durch das Labyrinth der Gelehrsamkeit hat mehrere Auflagen erfahren zuletzt erschien eine Neuauflage 2010 bei Suhrkamp Normdaten Person GND 119514370 lobid OGND AKS LCCN n50016110 NDL 00432087 VIAF 108394198 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Bailyn BernardKURZBESCHREIBUNG amerikanischer HistorikerGEBURTSDATUM 10 September 1922GEBURTSORT Hartford ConnecticutSTERBEDATUM 7 August 2020STERBEORT Belmont Massachusetts Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Bernard Bailyn amp oldid 222426875