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Antiaromatizitat 1 2 bezeichnet in der Chemie das Phanomen dass cyclische Delokalisation von 4n Elektronen n 1 2 3 gegenuber einer linear konjugierten Referenz zu einer energetischen Destabilisierung und somit erhohten Reaktivitat fuhrt Sie ist somit das Gegenstuck zum Phanomen der Aromatizitat Hauptartikel vgl dort fur vertiefte Diskussionen bei der cyclische Delokalisation von 4n 2 Elektronen n 0 1 2 gegenuber einer linear konjugierten Referenz zu energetischer Stabilisierung und somit verringerter Reaktivitat fuhrt Die Phanomene von Aromatizitat und Antiaromatizitat lassen sich in einfacher Form anhand der Huckel Regel veranschaulichen Verbindungen welche das Phanomen der Antiaromatizitat zeigen werden als Antiaromaten solche die das Phanomen der Aromatizitat zeigen als Aromaten bezeichnet Wahrend aromatische Systeme aufgrund ihrer hohen Stabilitat in sehr grosser Vielzahl anzutreffen sind ist die Zahl der gut bekannten und untersuchten antiaromatischen Verbindungen aufgrund ihrer hohen Reaktivitat vergleichsweise gering Da antiaromatische Systeme zudem bestrebt sind die ungunstige cyclische Delokalisation so weit wie moglich zu vermindern z B durch Einnahme von Konformationen mit verringerter Konjugation sind charakteristische physikalische Eigenschaften Ringstrome magnetische Eigenschaften im Gegensatz zu den Aromaten meist nur schwach ausgepragt Diskussion der magnetischen Phanomene vgl unter Aromatizitat Obwohl Aromatizitat und Antiaromatizitat zu den fundamentalen Konzepten in der Chemie gehoren tut sich die Fachwelt schwer eine kurze umfassende und vollstandige Definition der Begriffe zu finden Die nachfolgende Tabelle fasst die ublichen Aspekte der beiden Phanomene nach dem gegenwartigen Stand der Diskussion zusammen 3 Eigenschaft Aromat Referenz Olefin Antiaromat Delokalisation Konjugation cyclisch linear cyclisch Zahl der p Elektronen 4n 2 2n 4n Energetischer Effekt der Konjugation Stabilisierung Referenz Destabilisierung Ausmass der Delokalisation erhoht Referenz erniedrigt Bindungslangen Tendenz zum Bindungslangenausgleich alternierend alternierend Diamagnetische Anisotropie erhoht klein magnetic susceptibility exaltation 4 hoch niedrig Ringstrom diamagnetisch paramagnetisch NICS Werte deutlich negativ deutlich positiv Chemische Reaktivitat elektrophile Substitution Addition Addition HOMO LUMO Differenz erhoht Referenz erniedrigt Typische Vertreter Benzol Butadien CyclobutadienHistorische Entwicklung BearbeitenWahrend das Phanomen der Aromatizitat bereits in der zweiten Halfte des 19 Jahrhunderts bekannt war wurde Antiaromatizitat unter Chemikern erst gut 100 Jahre spater durch Arbeiten von Breslow et al intensiver diskutiert 5 6 nbsp Relative Rate des H D Austauschs in Cyclopropenen vs Cyclopropanen nach Breslow et al 5 Die Diskussion beruhte auf der Beobachtung dass die Aciditat bestimmt durch die Geschwindigkeit des H D Austausches von Cyclopropenen gegenuber analogen Cyclopropanen herabgesetzt ist obwohl das Anion des Cyclopropens nach einfacher Betrachtung durch die Konjugation mit der benachbarten Doppelbindung stabilisiert sein sollte Da die verminderte Aciditat Destabilisierung anzeigt wurde das Cyclopropenyl Anion als antiaromatisch klassifiziert Dies ist in Einklang mit der Huckel Regel cyclische Delokalisation von 4n p Elektronen Eine wichtige Bestatigung finden diese Betrachtungen in der hohen Aciditat von Cyclopentadien das Cyclopentadienyl Anion profitiert von aromatischer Stabilisierung 4n 2 p Elektronen die Deprotonierung wird somit energetisch erleichtert Die Diskussion der Antiaromatizitat bei Breslow et al war stark auf den energetischen Aspekt der Antiaromatizitat fokussiert Arbeiten von Dauben et al die im gleichen Zeitraum durchgefuhrt wurden und sich mit magnetischen Eigenschaften als Aromatizitatskriterium beschaftigten 4 gruppierten Verbindungen wie 16 Annulen Cyclooctatetraen und Heptalen noch unter dem Stichwort pseudo Aromaten ein Obwohl von den Autoren bereits diskutiert wurde dass in diesen Verbindungen schwache paramagnetische Ringstome vorherrschen Aromaten weisen diamagnetische Ringstrome auf vgl unter Aromatizitat und diese bedingt durch Bindungslangenalternanz gegenuber den vollstandig delokalisierten Modellsystemen in ihrem Ausmass reduziert sind hatte sich das Konzept Antiaromatizitat wie wir es heute verstehen noch nicht durchgesetzt Ahnlich wie bei den Aromaten hat sich seit diesen fruhen Arbeiten ein deutlich breiteres Verstandnis des Begriffes Antiaromatizitat durchgesetzt das neben energetischen Kriterien vor allem die magnetischen Eigenschaften insbesondere in ihrer Auswirkung auf NMR Phanomene chemische Verschiebungen NICS vgl Diskussion unter Aromatizitat zur Diskussion heranzieht Wie auch beim Studium der Aromaten haben leistungsfahige quantenchemische Methoden eine entscheidende Rolle bei der Entwicklung gespielt Energetische Aspekte Bearbeiten nbsp Aromatizitat und Antiaromatizitat in Cyclopropenyl und Cyclopentadienyl Ionen Enthalpien berechnet auf G2 Niveau 1 Delokalisation und Konjugation zwei fundamentale Konzepte im Verstandnis der chemischen Bindung werden im Allgemeinen mit energetischer Stabilisierung verbunden Im Sonderfall der Aromatizitat mit ihrer cyclischen Konjugation Delokalisation von 4n 2 Elektronen erreicht die Stabilisierung dabei ein ungewohnlich hohes Niveau Dass die cyclische Konjugation von 4n Elektronen daher zu einer Destabilisierung fuhrt ist ein auf den ersten Blick uberraschendes Phanomen das jedoch zwanglos aus der quantenmechanischen Behandlung folgt vgl auch Quantenchemie Die unterschiedliche Auswirkung der cyclischen Delokalisation lasst sich eindrucklich durch die Betrachtung einiger isodesmischer 7 Reaktionen von Cyclopropen und Cyclopentadien mit Cyclopropyl bzw Cyclopentyl Kationen und Anionen demonstrieren vgl nebenstehende Abbildung Wahrend die Bildung der aromatischen cyclisch delokalisierten Systeme mit 2 bzw 6 p Elektronen 4n 2 n 0 1 2 Huckel Regel deutlich exotherm verlauft ist die Bildung der antiaromatischen Systeme mit 4 p Elektronen 4n n 1 2 3 Huckel Regel deutlich endotherm Bei der Bewertung im Falle der antiaromatischen Systeme ist dabei zu beachten dass in den entsprechenden Ionen bereits deutliche Bindungsalternanz vorherrscht die zu einer Verminderung der Delokalisation fuhrt Reaktionsenthalpien fur die Bildung der hypothetischen Systeme mit maximaler Delokalisation waren somit deutlich starker endotherm Einzelnachweise Bearbeiten a b Kenneth B Wiberg Antiaromaticity in Monocyclic Conjugated Carbon Rings In Chemical Reviews 101 2001 S 1317 doi 10 1021 cr990367q Annette D Allen Thomas T Tidwell Antiaromaticity in Open Shell Cyclopropenyl to Cycloheptatrienyl Cations Anions Free Radicals and Radical Ions In Chemical Reviews 101 2001 S 1333 doi 10 1021 cr990316t Eine Ubersicht der aktuellen Diskussion zum Thema Aromatizitat und Antiaromatizitat findet sich in Chemical Reviews Vol 101 Heft 5 2001 sowie Vol 105 Heft 10 2005 a b Hyp J Dauben James Dennis Wilson John L Laity Diamagnetic susceptibility exaltation as a criterion of aromaticity In Journal of the American Chemical Society 90 1968 S 811 doi 10 1021 ja01005a059 a b R Breslow J Brown J J Gajewski Antiaromaticity of Cyclopropenyl Anions In Journal of the American Chemical Society 89 1967 S 4383 doi 10 1021 ja00993a023 R Breslow Small Antiaromatic Rings In Angewandte Chemie International Edition in English 7 1968 S 565 doi 10 1002 anie 196805651 Eintrag zu isodesmic reaction In IUPAC Hrsg Compendium of Chemical Terminology The Gold Book doi 10 1351 goldbook I03272 Version 2 3 3 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Antiaromatizitat amp oldid 238690433