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Anarchie in den Internationalen Beziehungen ist eine theoretische Annahme die besagt dass die souveranen Staaten als massgebliche Akteure der internationalen Politik ihre Sicherheit nicht einer ubergeordneten normsetzenden kontrollierenden und sanktionsfahigen Instanz einer Weltregierung anvertrauen konnen In den Stromungen und Denkrichtungen der politikwissenschaftlichen Teildisziplin Internationale Beziehungen wird das Fehlen einer ubergeordneten Macht unterschiedlich bewertet Nach dem Neorealismus bleibt den Nationalstaaten entweder Selbsthilfe oder Kooperation Laut Neoliberalem Institutionalismus wird die Anarchie durch zunehmende Interdependenzen zwischen den einzelnen Staaten und Gesellschaften eingehegt Begriffsverwendung BearbeitenDie Verwendung des Begriffs in den Theorien der Internationalen Beziehungen IB 1 begann in der Zeit zwischen dem Ersten und dem Zweiten Weltkrieg Ausgangspunkt war der gescheiterte Versuch internationale Konflikte zwischen Nationalstaaten durch den Volkerbund beizulegen und zu verhindern 2 Fur dieses Scheitern konnte die gerade erst entstandenen politikwissenschaftliche Disziplin IB die vom Idealismus gepragt war keine Erklarung finden Edward Hallett Carr Hans Morgenthau und John H Herz entwickelten daraufhin die Theorie des Realismus in der die Anarchie eine entscheidende strukturelle Komponente ist Das wurde auch von Kenneth Waltz in den Neorealismus und von Hedley Bull in die Englische Schule ubernommen Die Begriffsverwendung ist eine Ableitung aus der Staatstheorie des Thomas Hobbes nach der sich die Menschen im Naturzustand in einem Krieg aller gegen alle befinden der nur durch eine ordnende Autoritat mit absoluter Macht beendet werden konne In einem weiteren Schritt beschreibt Hobbes auch die stetige Feindschaft von Konigen und solchen die die hochste Gewalt haben Daran knupften die politikwissenschaftlichen Realisten der Zwischenkriegszeit an Anarchie in ihrem Sinne definiert des Fehlen eines hierarchischen Herrschaftsgefuges uber den souveranen Staaten Keinem Staat wird das Recht eingeraumt andere Staaten zu beherrschen Kein Staat hat die Pflicht anderen Staaten zu gehorchen Die Staaten verfugen uber interne und externe Souveranitat Innerhalb ihrer Grenzen haben sie das Herrschafts und Gewaltmonopol im internationalen System gibt es keine politische Instanz die ihnen vorschreiben kann wie die Herrschaft im Staatsinneren zu gestalten ist Und es gibt auch keine Instanz die regelt wie die Beziehungen der Staaten zueinander gestaltet werden 3 Trotz unterschiedlicher Gewichtung des Anarchismus in den Internationalen Beziehungen in den Theoriestrangen Realismus Neorealismus und Englische Schule besteht Einigkeit darin dass er die grundlegende statische Struktur des internationalen Systems ist Weil die Frage der Macht fur die souveranen Staaten von zentraler Bedeutung ist kommen Kooperationen untereinander nur mit ausserster Vorsicht zustande um negative Abhangigkeiten zu vermeiden Die Folge ist ein labiler Zustand des Machtgleichgewichts der sich auf Unsicherheit und Furcht grundet 4 Daraus resultiert ein Sicherheitsdilemma 5 Kritik BearbeitenDer von Robert O Keohane Joseph Nye und Stephen D Krasner ab den 1980er Jahren formulierte Neoliberale Institutionalismus geht davon aus dass die Anarchie im internationalen System durch zunehmende Interdependenzen zwischen den einzelnen Staaten und Gesellschaften eingehegt wird Diese transnationalen Interdependenzen bewirken ein gesteigertes Kooperationsinteresse der Akteure was zur Bildung internationaler Institutionen fuhrt Der ab den 1990er Jahren entstandene Konstruktivismus in den Internationale Beziehungen bestreitet dass der Anarchismus eine sich aus dem Naturgesetz ergebende konstante statische und strukturelle Grundlage des internationalen Systems ist Er sei lediglich das Ergebnis der interaktiven Prozesse der daran beteiligten Staaten Selbsthilfe und Machtpolitik eines Staates konnen daher weder logisch noch kausal aus einem Zustand der Anarchie im internationalen System gefolgert werden Laut Alexander Wendt ist Anarchie im internationalen System immer das was die Staaten bzw andere Akteure daraus machen 6 Einzelnachweise Bearbeiten Da es sich um eine Teildisziplin der Politikwissenschaft handelt ist Internationale Beziehungen ein eigenstandiger Begriff und wird grossgeschrieben Der gleichnamige politikwissenschaftliche Untersuchungsgegenstand internationale Beziehungen wird dagegen kleingeschrieben Dazu Siegfried Schieder und Manuela Spindler Theorien der internationalen Beziehungen 3 Auflage Budrich Opladen 2010 ISBN 978 3 8252 2315 1 Einleitung S 9 Anmerkung 1 Die Darstellung beruht wenn nicht anders belegt auf Sebastian Hiltner Anarchie in den Internationalen Beziehungen In Susanne Feske Eric Antonczy Simon Oerding Hrsg Einfuhrung in die Internationalen Beziehungen Ein Lehrbuch Budrich Opladen 2014 S 101 109 Frank Schimmelpfennig Internationale Politik In Hans Joachim Lauth und Christian Wagner Hrsg Politikwissenschaft Eine Einfuhrung 8 Auflage Ferdinand Schoningh Paderborn 2016 S 135 161 hier S 136 Sebastian Hiltner Anarchie in den Internationalen Beziehungen In Susanne Feske Eric Antonczy Simon Oerding Hrsg Einfuhrung in die Internationalen Beziehungen Ein Lehrbuch Budrich Opladen 2014 S 101 109 hier S 105 Erik Antoncyk Das Sicherheitsdilemma In Susanne Feske Eric Antonczy Simon Oerding Hrsg Einfuhrung in die Internationalen Beziehungen Ein Lehrbuch Budrich Opladen 2014 S 247 252 hier S 250 Alexander Wendt Anarchy is What States Make of It The Social Construction of Power Politics In International Organisation IO Nummer 46 1992 S 391 425 hier S 395 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Anarchie in den Internationalen Beziehungen amp oldid 226538044