Ein Inspektor kommt (Originaltitel: An Inspector Calls) ist ein Soziales Drama des englischen Autors John Boynton Priestley und eines seiner bekanntesten Werke. Priestley schrieb es 1944/45 innerhalb einer einzigen Woche. Die Uraufführung fand noch im Erscheinungsjahr in Moskau statt, da die Londoner Theater ausgebucht waren. Seine Londoner Premiere feierte das Stück am 1. Oktober 1946 im Noël Coward Theatre mit Ralph Richardson als Inspektor Goole.
Daten | |
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Titel: | Ein Inspektor kommt |
Originaltitel: | An Inspector Calls |
Originalsprache: | Englisch |
Autor: | John Boynton Priestley |
Erscheinungsjahr: | 1945 |
Uraufführung: | Sommer 1945 |
Ort der Uraufführung: | Kamerny teatr Tairowa, Moskau und Comedy Theatre, Leningrad |
Ort und Zeit der Handlung: | Alle drei Akte spielen im Esszimmer der Birlings in Brumley, einer fiktiven Industriestadt im Norden Englands. Es ist ein Frühlingsabend im Jahr 1912. |
Personen | |
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Inhalt Bearbeiten
Ort und Zeit Bearbeiten
Das Stück spielt im Jahr 1912 im fiktiven „Brumley“, einer „Industriestadt in den Northern Midlands“. Der Name kann als Anklang an die Städte Bradford, Birmingham und Burnley verstanden werden.
Handlung in Kürze Bearbeiten
Bei Familie Birling wird standesgemäß die Verlobung von Sheila und Gerald gefeiert. Mitten in Arthur Birlings Rede darüber, dass jeder seines Glückes Schmied sei und alles Gerede von gesellschaftlicher Verantwortung nichts gelte, meldet sich Polizeiinspektor Goole an der Tür: Er ziehe Erkundigungen ein bezüglich des Suizids einer aus der unteren sozialen Schicht stammenden Frau namens Eva Smith.
Nacheinander nimmt Goole die Anwesenden ins Verhör, wobei sich herausstellt, dass jeder von ihnen seinen Anteil daran hatte, Eva Smith immer tiefer in das soziale Elend gedrängt zu haben, bis sie keinen Ausweg mehr sah und sich das Leben nahm.
Zuerst befragt der Inspektor das Oberhaupt der Familie, den erfolgreichen Fabrikbesitzer Birling. Dieser gesteht schließlich, einige seiner Arbeiterinnen entlassen zu haben, als sie die Forderung nach einer Lohnerhöhung mit einem Streik durchzusetzen versuchten, darunter auch Eva Smith. Anschließend spricht der Inspektor mit der frisch verlobten Sheila Birling. Auf einem Bild erkennt sie Eva Smith als eine Verkäuferin in einer ihrer Lieblingsboutiquen, über die Sheila sich aufgrund gekränkter Eitelkeit beschwert hatte, so dass sie auch diese Stelle verlor.
Dem Inspektor zufolge hatte Eva Smith ihren Namen darauf in „Daisy Renton“ geändert. Sofort wird Gerald aufmerksam und gesteht, im zurückliegenden Sommer mit einer Daisy Renton eine Affäre gehabt zu haben. Sheila löst auf dieses Geständnis hin die Verlobung, und Gerald verlässt das Haus. Goole erzählt daraufhin, dass sich Daisy Renton mit der Bitte um geldliche Unterstützung an einen Frauenwohltätigkeitsverein gewendet hatte: Sie sei schwanger und könne somit nicht arbeiten. Mrs. Birling als Vorsitzende dieses Vereines verweigerte ihr jedoch jegliche Hilfe und verwies sie an den Vater ihres Kindes; ihrer Meinung nach sollte der „betrunkene junge Mann“ die volle Verantwortung für sein Handeln übernehmen. In diesem Moment kommt der angetrunkene Eric Birling in den Raum zurück und wird umgehend von Goole befragt, wobei sich herausstellt, dass er der fragliche Kindsvater ist und Eva Smith außerdem Geld zusteckte, das er aus dem Büro seines Vaters gestohlen hatte.
Nachdem so jeder mit seinem Beitrag zum Schicksal der Eva Smith detailliert konfrontiert wurde, verabschiedet sich Goole und lässt die Gesellschaft zurück.
Gerald kommt in das Haus zurück und klärt die Familie darüber auf, dass er soeben mit einem befreundeten Beamten der Polizei geredet habe und es keinen Inspektor Goole gebe. Daraufhin ruft Arthur Birling beim Kommissariat an und erkundigt sich nach Goole; auch dort ist der Name unbekannt. Als sich auch noch herausstellt, dass es im letzten Monat keinen Selbstmord einer Frau gegeben hat, wird klar, dass Goole sich offenbar zu Unrecht als Polizist ausgegeben und eigentlich zusammenhanglose Ereignisse auf eine fiktive Person zusammengezogen hat.
Birling stellt erleichtert fest, dass nichts geschehen und somit auch niemand in irgendeiner Weise schuldig sei. Dies wird jedoch von Sheila und Eric bestritten: An den dargestellten Taten der einzelnen ändere das nichts, und allein die Tatsache, dass es so wie von Goole dargestellt hätte geschehen können, sei Grund genug, über das eigene Verhalten kritisch nachzudenken.
Schließlich klingelt das Telefon, Mr. Birling nimmt das Gespräch an: Eine Frau habe sich das Leben genommen und ein Inspektor sei unterwegs, um ihnen ein paar Fragen zu stellen. Mit Birlings fassungsloser Miene bei Entgegennahme dieser Nachricht endet das Stück.
Figuren Bearbeiten
Form Bearbeiten
„Ein Inspektor kommt“ besteht aus drei Akten, zwischen denen es keine Zeitsprünge gibt, das Bühnenbild – laut Regieanweisungen – aber leicht verändert wird. Der Aufbau des Stücks folgt den Drei Aristotelischen Einheiten:
- Einheit der Zeit: Das Stück spielt an einem einzigen Abend, die Dialoge sind praktisch kontinuierlich, es herrscht Zeitdeckung.
- Einheit des Raums: Das Stück spielt ausschließlich im Esszimmer der Familie Birling.
- Einheit der Handlung: Es gibt keine Nebenhandlungen.
Thematik Bearbeiten
Der moderat sozialistisch geprägte Priestley behandelt im Stück einige der für ihn typischen Themen. Obwohl das Stück nach dem Zweiten Weltkrieg im Winter 1945 geschrieben wurde, spielt es in der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg. Priestley stellt damit gesellschaftliche Veränderungen der vergangenen Jahrzehnte dar.
Priestley kondensiert die „Moral“ des Stücks im dritten Akt auf einen letzten Aufruf zu mehr sozialer Verantwortung durch Inspektor Goole, bevor dieser die Szene verlässt.
Auszeichnungen Bearbeiten
- 1993: Laurence Olivier Award für die beste Wiederaufnahme eines Bühnenstückes
- 1994: Drama Desk Award für die beste Wiederaufnahme eines Bühnenstückes
- 1994: Tony Award für die beste Wiederaufnahme eines Bühnenstückes
Verfilmungen Bearbeiten
Priestleys Bühnenstück wurde bisher dreimal verfilmt. Die erste Adaption war ein britischer Spielfilm von 1954 mit Alastair Sim als Inspektor Goole, hier umbenannt in Poole. 1982 wurde für das britische Fernsehen ein Remake als dreiteilige Miniserie gedreht, im Jahr darauf erschien eine schweizerdeutsche Fernsehfassung des SF DRS. 2015 folgte eine BBC-Verfilmung mit David Thewlis in der Hauptrolle.
- 1954: Kinofilm. Regie: Guy Hamilton. Mit Alastair Sim als Inspektor Poole, Arthur Young als Arthur Birling, Olga Lindo als Sybil Birling
- 1982: TV-Film. Regie: Michael Simpson. Mit Bernard Hepton als Inspektor Goole, Nigel Davenport als Arthur Birling, Margaret Tyzack als Sybil Birling
- 1983: E Inspäkter chunnt. Schweizer Fernsehfilm. Regie: Bruno Kaspar.
- 2015: TV-Film. Regie: Aisling Walsh. Mit David Thewlis als Inspektor Goole, Sophie Rundle als Eva Smith, Ken Stott als Arthur Birling, Miranda Richardson als Sybil Birling
Hörspielfassungen Bearbeiten
Im deutschsprachigen Hörfunk war dieses Bühnenstück häufig Gegenstand von Vertonungen, bei einigen Sendeanstalten sogar zweimal, wobei die ältesten Produktionen nicht erhalten sind. Überliefert sind neun Hörspiele:
- 1947: HR, Regie: Fränze Roloff (nicht verfügbar)
- 1947: NWDR Köln, Regie: Wilhelm Semmelroth (nicht verfügbar)
- 1947: SWF, Regie: Gerd Beermann (nicht verfügbar)
- 1948: BR, Regie: Helmut Brennicke (nicht verfügbar)
- 1956: DRS, Regie: Werner Hausmann
- 1965: WDR, Regie: Heinz Wilhelm Schwarz
- 1970: BR, Regie: Walter Ohm
- 1976: Rundfunk der DDR, Regie: Werner Grunow
- 197x: DRS, Regie: James Mayer
Weblinks Bearbeiten
- BBC: An Inspector Calls Informationen, Videos und Test (englisch)
- An Inspector Calls (1954) in der Internet Movie Database (englisch)
- An Inspector Calls (1982) in der Internet Movie Database (englisch)
- An Inspector Calls (2015) in der Internet Movie Database (englisch)
Literatur Bearbeiten
- J. B. Priestley, Berthold Sturm (Hrsg.): An Inspector Calls. Philipp Reclam jun. Verlag, Stuttgart 1987, (laufende Nachdrucke) Fremdsprachentexte Nr. 9218, ISBN 978-3-15-009218-7. (Mit deutschsprachigen Vokabelerklärungen, Anmerkungen, Literaturhinweisen und einem Nachwort.)