Achim Frenz (* 27. November 1957 in Bremerhaven) ist Museumsleiter des Caricatura Museums für Komische Kunst Frankfurt und Mitherausgeber des Satiremagazins Titanic.
Ausbildung Bearbeiten
Achim Frenz studierte von 1979 bis 1985 Kunst- und Gesellschaftslehre an der Gesamthochschule Kassel. Sein Studium schloss er mit der Diplomarbeit „Die Grenzen der Satire“ ab.
Frenz war in dieser Zeit Mitbegründer der Künstlergruppe „Visuelle Opposition“, die im Siebdruckverfahren hergestellte politische Plakate mit komisch-satirischem Ansatz entwarf und verbreitete. Neben künstlerisch-ästhetischen Aspekten der Plakatentwürfe wollte ein Teil der Gruppe, so auch Frenz, den Fokus auf die Entwicklung ihrer Komik legen. Da sich nach eigener Auffassung keine geeigneten Lehrer an der Gesamthochschule für dieses Projekt fanden, entschloss sich die Gruppe, Vertreter der Neuen Frankfurter Schule für Projektseminare zu gewinnen. Diese hatten die Nachkriegssatire- und Humorlandschaft nicht zuletzt mit den Gründungen der Satirezeitschriften „Pardon“ und „Titanic“ maßgeblich beeinflusst. Auf Initiative der „Visuellen Opposition“ übernahmen die Zeichner F.K. Waechter und F.W. Bernstein Lehraufträge an der Gesamthochschule Kassel. Die Mitbegründer der Neuen Frankfurter Schule vermittelten den Studierenden in mehreren Semestern die Kunst des gezeichneten Witzes. Die intensive Auseinandersetzung mit der Komischen Kunst und die persönlichen Begegnungen mit den Künstlern in einer politischen Umbruchphase prägten den Werdegang von Frenz maßgeblich, ihm wurde bewusst, „dass man die Kritik an den Verhältnissen auch anders formulieren konnte.“
Berufe und Stationen Bearbeiten
Zwischen 1983 und 1989 arbeitete Frenz als Redakteur und Karikaturist der nordhessischen Ausgabe des Magazins Pflasterstrand und setzte sich intensiv mit dem Medium Satire auseinander. Im Rahmen der regelmäßig stattfindenden Redaktionssitzungen lernte er die Protagonisten der linken Frankfurter Spontis wie Daniel Cohn-Bendit und Matthias Beltz kennen.
1984 gründete Achim Frenz in Kassel gemeinsam mit Andreas Sandmann, Claus Heinz und Ullrich Müller den „Verein zur Förderung, Unterstützung und Verbreitung medienspezifischer Kultur und Kommunikation e.V.“, der parallel zur Documenta 1987 die Ausstellung „Caricatura I. 70 x die volle Wahrheit“ organisierte. Diese Bestandsaufnahme der Karikatur in Deutschland, die die Documenta um die Komische Kunst bereichern sollte, mit Werken von Loriot, Ungerer und den taz-Zeichnern legte mit 18.000 Besuchern den Grundstein zu weiteren Ausstellungen, die Achim Frenz kuratierte. Mitglieder der Neuen Frankfurter Schule wie Robert Gernhardt, F.K. Waechter oder F.W. Bernstein unterstützten Frenz mit Leihgaben. Das Engagement des Vereins prägte die heute gängige Gattungsbezeichnung der „Komischen Kunst“ und trug zu deren Würdigung als ernstzunehmendes Genre bei.
Da der Verein nicht über eine eigene Ausstellungsfläche verfügte, entschloss sich Achim Frenz mit Frank Thöner den Kulturbahnhof Kassel zu initiieren, der bundesweit zum Vorbild weiterer Kulturbahnhöfe werden sollte. 1995 eröffnet, beherbergt er seitdem die Galerie für Komische Kunst als ständigen Ausstellungs- und Veranstaltungsraum. Frenz übernahm bis 2000 die Leitung und ist bis heute im Vorstand vertreten.
Ende der 1990er Jahre unterbreitete er dem damaligen SPD-Kulturdezernent Hans Bernhard Nordhoff, vormals Kulturreferent in Kassel, seine Idee eines Museums, das die Werke der Neuen Frankfurter Schule am Standort Frankfurt versammeln und der Öffentlichkeit zugänglich machen sollte. 2000 wurde er von Nordhoff, der die Bedeutung eines solchen Museums für die Stadt Frankfurt schnell erkannte, mit der Entwicklung des Museumskonzepts beauftragt. Frenz entschied sich für die vorübergehende Unterbringung im Historischen Museum Frankfurt, um die Sammlung aufzubauen und ein Konzept zu erarbeiten. Zudem kuratierte er bis 2007 insgesamt 20 erfolgreiche Ausstellungen. Nachdrücklich warb er für das geplante Museum, das schließlich 2008 unter seiner Leitung im historischen Leinwandhaus neben dem Dom als Abteilung des Historischen Museums Frankfurt eröffnet wurde.
Im Jahr 2018 kam es zu einer Auseinandersetzung zwischen Achim Frenz und dem Direktor des Historischen Museums Frankfurt, Jan Gerchow. Frenz hatte sich mit Nachdruck für die von Anfang an geplante Selbstständigkeit des Museums und die damit einhergehende Unabhängigkeit vom Historischen Museum ausgesprochen. Eine von Gerchow angestrengte Abmahnung gegen Frenz wurde eingestellt. Hans Traxler, Pitt Knorr, Bernd Eilert und Rudi Hurzlmeier unterstützten Achim Frenz öffentlich. 2019 entschied das städtische Kulturamt über die Eigenständigkeit des Museums, weiterhin unter der Leitung von Achim Frenz.
Weitere Tätigkeiten Bearbeiten
Achim Frenz‘ Anspruch, der Komischen Kunst eine Bühne zu geben, die Arbeit der Zeichner zu würdigen und ihre Zeichnungen der Öffentlichkeit zugänglich zu machen, spiegelt sich auch in seinen weiteren Tätigkeiten wider: Seit 2006 ist er Mitherausgeber des Satiremagazins Titanic. Schon als Lehrbeauftragter an der Gesamthochschule Kassel hat er seine Fachkenntnisse in praktischen Anleitungen zum Erstellen von Komischen Zeichnungen weitergegeben. In den Sommerakademien für Komische Kunst, die das Caricatura Museum Frankfurt – Museum für Komische Kunst und die Caricatura – Galerie für Komische Kunst Kassel veranstalten, setzt sich Frenz seit 2007 für die Ausbildung junger Zeichner ein.
Engagement in der alternativen Fußballszene Bearbeiten
1982 gründete Achim Frenz mit anderen Freizeitsportlern den Fußballverein Dynamo Windrad in Kassel und entwarf für den Verein das Logo mit abstürzendem Bundesadler.
Frenz organisierte Spiele in der DDR, in Russland, Kuba und China und nahm als Aktiver an diesen teil. Die Reisen nutzte er zudem für die Kontaktaufnahme zu Satirikern in diesen Ländern, deren Karikaturen er erstmals einer breiten Öffentlichkeit zugänglich machen konnte.
Maßgeblich beteiligt war Achim Frenz mit anderen Vereinskollegen an der Klage gegen den Hessischen Fußballverband. Dieser hatte die Aufnahme des Vereins in den Verband aufgrund des Namensteils „Dynamo“ verweigert, „weil dieser zu sehr den Gepflogenheiten der Vereine in der DDR beziehungsweise in den Ostblockstaaten“ ähnelte. Erst 1989 endete der Rechtsstreit durch alle Instanzen hinweg mit der Bestätigung der Klage vor dem Bundesverfassungsgericht. Nach dem Mauerfall sah sich der Hessische Fußballbund gezwungen, Dynamo Windrad aufzunehmen. Zuvor hatte der Verein in einem Schreiben an den Verband darauf aufmerksam gemacht, dass „Dynamo Dresden“, inzwischen Mannschaft in er Bundesliga, nicht teil dieser sein könne, da der Name zu sehr an die Gepflogenheiten des Ostblocks erinnere.
Achim Frenz ist zudem Mitglied in der Deutschen Akademie für Fußball-Kultur, die sich als Anlaufstelle für all diejenigen versteht, die den Fußballsport als kulturelles und gesellschaftliches Phänomen wahrnehmen.
Auszeichnungen Bearbeiten
- 1987 Kulturförderpreis der Stadt Kassel für die Caricatura – Galerie für Komische Kunst Kassel 11
- 1998 Dr. Wolfgang Zippel-Stiftung: Fördermittelempfänger für den KulturBahnhof
- 2013 Jury Deutscher Fußball-Kulturpreis: Fanpreis des Jahres
- 2020 Hessischer Kulturpreis für das Caricatura Museum Frankfurt, Museum für Komische Kunst (u. a.)
Jurymitgliedschaften Bearbeiten
- 1993 Triennale Greiz
- 1995 Karikaturensommer der Köpenicker Cartoonfabrik
- Seit 1998 Göttinger Elch
- Deutscher Karikaturenpreis
- Wilhelm Busch Preis
- Ludwig Emil Grimm-Preis
Veröffentlichungen Bearbeiten
- „Unseren täglichen Witz gib uns heute...“. Religion und Rechte der Karikaturisten in einer freien Gesellschaft, in: Visuelle Satire – Deutschland im Spiegel politischer satirischer Karikaturen und Bildergeschichten; hrsg. von Dietrich Grünewald, 22. Band der Reihe „Kulturlandschaft Schaumburg“, Verlag Ch. A. Bachmann, Berlin 2016 ISBN 978-3-941030-88-6.
Als Herausgeber Bearbeiten
- mit Claus Heinz, Uli Müller und Andreas Sandmann, 70 x die volle Wahrheit. Verlag Rasch & Röhring, Hamburg 1987, ISBN 978-3-89315-001-4.
- mit Claus Heinz und Andreas Sandmann, Karikaturen aus der Sowjetunion, Verlag Jenior & Pressler, Kassel 1990, ISBN 978-3-9801438-5-1.
- mit Andreas Sandmann, Schluß jetzt! Lappan Verlag, Oldenburg 1992, ISBN 978-3-89082-468-0.
- Triennale Greiz 1994. Karikatur, Cartoon, Komische Zeichnung, Verlag Weisser Stein, Greiz 1994, ISBN 978-3-928681-83-4.
- mit Andreas Sandmann, Satanische Fersen – Kritisches, Abseitiges und Komisches rund um den Fußball, AGON Sportverlag, Kassel 1994, ISBN 978-3-928562-64-5.
- Vremd & Vertraut – Einige Jahre Deutschland.
- Ein satirisches Bilder- und Lesebuch, Elefanten Press Verlag Elefanten Press Verlag, Berlin 1995, ISBN 978-3-88520-577-7.
- mit Andreas Sandmann, Ernst Kahl: 121 Meisterwerke, Caricatura Kassel, 1995.
- mit Andreas Sandmann, Rudi Hurzlmeier. Über das Lächerliche an komischen Zeichnungen, Lappan Verlag, Oldenburg. 1996.
- mit Andreas Sandmann, Die komische Kunst, Katalogbuch zur Caricatura III. Lappan Verlag, Oldenburg 1997, ISBN 978-3-89082-756-8.
- mit Inka Bachmann, Lachende Frauen. Ein Bilderbuch mit komischen Zeichnungen von Frauen. Anlässlich der Ausstellung 'Haben Frauen was zu lachen?' vom 14. April bis 4. Juni 2000 in der Caricatura Kassel, Espresso Verlag, Berlin 2000, ISBN 978-3-88520-780-1.
- Unsern täglichen Witz gib uns heute. Alles zum Thema Kommunikationsschblierigkeiten zwischen Mensch und Gott, Kein und Aber, Zürich 2001, ISBN 978-3-0369-5205-5.
- mit Inka Bachmann und Martin Sonntag, English Lessons, learning humour - the komische kunst in 10 units, Lappan Verlag, Oldenburg 2002, ISBN 978-3-8303-3071-4.
- im Zeichen des Elchs. 10 Jahre Caricatura - Museum für Komische Kunst, Caricatura, Frankfurt am Main 2018, ISBN 978-3-00-060538-3.
Als Herausgeber der Caricatura Museum Edition Bearbeiten
- Bernd Pfarr – Komische Welten, Edel Verlag, Hamburg 2008, ISBN 978-3-86803-297-0.
- Greser & Lenz – Hurra, die Krise ist vorbei, Verlag Antje Kunstmann, München 2009, ISBN 978-3-88897-556-1.
- Hans Traxler – Löhleins Katze, 2009.
- ATAK und Fil – Superpeter – Struwwelpeter Superheld, Kein & Aber, Zürich 2009, ISBN 978-3-0369-5260-4.
- Titanic – das Erstbeste aus 30 Jahren, Rowohlt Berlin 2009, ISBN 978-3-87134-747-4.
- Franziska Becker – Letzte Warnung, Verlag Antje Kunstmann, München 2009, ISBN 978-3-88897-684-1.
- Guido Sieber – Rock`n`Roll Fever, Edel Verlag, Hamburg 2010, ISBN 978-3-941378-73-5.
- Jean-Marc Reiser – Vive Reiser, 2011.
- Haderer – das zweite Jahrzehnt im stern, Lappan Verlag, Oldenburg 2011, ISBN 978-3-8303-3271-8.
- Stulli, das Pausenbrot – Oft kopiert, nie erreicht!!!, 2013.
- Mathe macht lustig, Lappan Verlag, Oldenburg 2013, ISBN 978-3-8303-3320-3.
- Kurt Halbritter: Kurt Halbritters Tier- und Pflanzenwelt. Ein Beitrag zur Naturgeschichte für alle Schichten des Volkes. VitoLibro Verlag, Erstauflage 1975, Neuauflage 2014. ISBN 978-3-446-11990-1.
- Kurt Halbritter: Adolf Hitlers Mein Kampf, VitoLibro Verlag, Erstauflage 1968, Neuauflage 2014 ISBN 978-3-446-15063-8.
- KAMAGURKA – How to become a German. Die Deutschwerdung des Kamagurka. 2014.
- Ari Plikat – Das ist mein Hip Hop: Cartoonband zur Ausstellung, Lappan Verlag, 2017, ISBN 978-3-8303-3471-2.
- Frank Hoppmann – Animalism, Verlag Antje Kunstmann, München 2018, ISBN 978-3-95614-222-2.
- Volker Kriegel. Cartoon-Rolle, Round-Not-Square Verlag, Berlin 2018.
- Im Zeichen des Elchs. 10 Jahre Caricatura – Museum für Komische Kunst, Frankfurt am Main 2018, ISBN 978-3-00-060538-3.
- Ernst Kahl – Vergessene Katastrophen, Verlag Antje Kunstmann, München 2019, ISBN 978-3-95614-311-3.
- Titanic - Das endgültige Titel-Buch. 40 Jahre nur verarscht. Hardy Burmayer, Leonard Riegel, Martina Werner, Tim Wolff (Hrsg.), Verlag Antje Kunstmann, München 2019. ISBN 978-3-95614-330-4.
- Peter P. Neuhaus: Das kann ja heiter werden. F.W. Bernsteins Grafisches Trainingslager an der Eider. Die Postkarten-Connection der Rendsburger Zeichnerei von 1990 bis heute. Eigenverlag 2020.
- Greser & Lenz: Schlimm! Ein Vierteljahrhundert Witze für Deutschland!, Verlag Antje Kunstmann, München 2021, ISBN 978-3-95614-436-3.
- Teuflische Jahre. Die deutsche satirische Monatsschrift 1962–1982, Till Kaposty-Bliss, Gerhard Kromschröder (Hrsg.), Favoritenpresse, Berlin 2022, ISBN 978-3-96849-068-7.
Literatur Bearbeiten
- Bernd Fritz: Ein Haus für die genialen Fünf. Das Caricatura Museum in Frankfurt, in: Museumsführer. Die schönsten Kunstsammlungen in Deutschland; hrsg. von Hanno Rauterberg, Edel, 2010, ISBN 978-3-8419-0021-0.
- Hilmar Hoffmann: Das Frankfurter Museumsufer, Societäts-Verlag, 2009, ISBN 978-3-7973-1128-3.
Weblinks Bearbeiten
- Literatur von und über Achim Frenz im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Kurzbiographie Achim Frenz auf der Webseite der Deutschen Akademie für Fußball-Kultur
Einzelnachweise Bearbeiten
- ↑ Achim Frenz - Person. Abgerufen am 18. Oktober 2022 (deutsch).
- Christoph Schröder: Der Komikexperte. In: Frankfurter Neue Presse Stadtausgabe. 11. Februar 2017, S. 14.
- Caricatura in Kassel würdigt F. K. Waechter 100. Ausstellung. Abgerufen am 18. Oktober 2022.
- ↑ Im Ernst für die Komik. Über Aufgaben, Ziele und eine lange Vorgeschichte: Mark-Stefan Tietze im Gespräch mit Museumsleiter Achim Frenz. In: Achim Frenz (Hrsg.): Im Zeichen des Elchs. 10 Jahre Caricatura – Museum für Komische Kunst. 2018, ISBN 978-3-00-060538-3, S. 35.
- Claus-Jürgen Göpfert: Wie sieht die Zukunft der Frankfurter Caricatura aus? In: Frankfurter Rundschau. 11. Juni 201, abgerufen am 19. Oktober 2022.
- Claus-Jürgen Göpfert: Streit um Caricatura ist "nur noch peinlich". Frankfurter Rundschau, 24. August 2018, abgerufen am 19. Oktober 2022.
- Claus-Jürgen Göpfert: Autonomie für Caricatura gefordert. In: Frankfurter Rundschau. 21. Juli 2018, abgerufen am 19. Oktober 2022.
- Florian Leclerc: Caricatura-Museum in Frankfurt wird eigenständig. In: Frankfurter Rundschau. 13. März 2019, abgerufen am 18. Oktober 2022.
- Süddeutsche Zeitung: Chefs im Clinch: Caricatura vom Historischen Museum getrennt. Abgerufen am 18. Oktober 2022.
- Sommerakademie. In: Caricatura Galerie. Abgerufen am 18. Oktober 2022 (deutsch).
- Gunnar Leue: Das sportliche Überbleibsel des Kommunismus. In: Zeit Online. 15. April 2013, abgerufen am 18. Oktober 2022.
Personendaten | |
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NAME | Frenz, Achim |
KURZBESCHREIBUNG | Museumsleiter und Herausgeber |
GEBURTSDATUM | 27. November 1957 |
GEBURTSORT | Bremerhaven |