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Als Wahlerzuwachsparadoxon engl Population Paradox wird folgende als paradox angesehene Konsequenz von Sitzzuteilungsverfahren bezeichnet Stimmenzuwachse oder verluste einer Partei bewirken eine Mandatsverschiebung zwischen zwei anderen Parteien Inhaltsverzeichnis 1 Praktische Auswirkungen 2 Auftreten 3 Abgrenzung zum negativen Stimmgewicht 4 Beispiel 5 Siehe auch 6 Weblinks 7 EinzelnachweisePraktische Auswirkungen BearbeitenEin Stimmenzuwachs einer Koalitionspartei kann einen Mandatsverlust von Koalitionspartnern und damit der Koalition insgesamt an eine Oppositionspartei verursachen Um das als paradox aufzufassen mussen naturliche Koalitionen existieren Nach dem in der Bundesrepublik geltenden Wahlrecht kann man jedoch keine Koalitionen wahlen sondern nur die jeweils bevorzugte Partei Uber die Bildung von Koalitionen entscheiden nach der Wahl die gewahlten Mandatstrager wobei der Ausgang der Koalitionsverhandlungen nicht von vornherein sicher ist wie man z B nach der Bundestagswahl 2005 erleben konnte Auftreten BearbeitenDieses Problem tritt beispielsweise bei Quotenverfahren wie dem Hare Niemeyer Verfahren auf Bei Divisorverfahren tritt dieses Paradoxon nicht auf Beispiele D Hondt Sainte Lague Hill Huntington Dean Adams Abgrenzung zum negativen Stimmgewicht BearbeitenBeim Wahlerzuwachsparadoxon fuhren Stimmzuwachse einer Partei A zu Mandatsgewinnen der Partei B und zu Mandatsverlusten der Partei C Beim negativen Stimmgewicht fuhren Stimmzuwachse einer Partei A zu Mandatsverlusten der Partei A Davon ausgehend sind das Wahlerzuwachsparadoxon und das negative Stimmgewicht verschiedene Effekte die in Wahlsystemen auftreten konnen Das Bundesverfassungsgericht verwendet den Begriff des negativen Stimmgewichts im Jahre 2012 aber allgemeiner Demnach liegt das negative Stimmgewicht vor wenn die Sitzzahl einer Partei erwartungswidrig mit der auf diese oder eine konkurrierende Partei entfallenden Stimmenzahl korreliert 1 Beim oben beschriebenen Wahlerzuwachsparadoxon korreliert die Sitzzahl der Partei B erwartungswidrig mit der Stimmenzahl der konkurrierenden Partei A Denn bei Stimmenzuwachsen fur die Partei A kann man keine Mandatszuwachse fur die Partei B erwarten Demnach ist das Wahlerzuwachsparadoxon ein Sonderfall des negativen Stimmgewichts Beispiel BearbeitenIn einem Parlament sind 13 Mandate zu vergeben um die sich 4 Listen A B C und D bewerben X ist stimmberechtigt und praferiert eine Fortsetzung der Koalition aus B und C und wahlt die Liste C Das Endergebnis der Wahl und die Mandatsverteilung nach dem Hare Niemeyer Verfahren lauten wie folgt Liste Anzahl Stimmen Stimmen proportional Anzahl MandateA 43 5 036 5B 29 3 396 3C 27 3 162 3D 12 1 405 2 1 1 Summe 111 13 13 Das 13 Mandat erhalt D aufgrund der hochsten Nachkommazahl 0 405 Damit haben B und C mit zusammen 6 Mandaten die absolute Mehrheit verfehlt 7 Stimmen waren notwendig Hatte sich X hingegen nicht an der Wahl beteiligt sahe das Ergebnis folgendermassen aus Liste Anzahl Stimmen Stimmen proportional Anzahl MandateA 43 5 082 5B 29 3 427 4 3 1 C 26 3 073 3D 12 1 418 1Summe 110 13 13 Das 13 Mandat erhalt B aufgrund der hochsten Nachkommazahl 0 427 In diesem Fall hatten B und C mit 7 Mandaten die absolute Mehrheit erreicht Ergebnis Betrachtet man die Stimme von X fur die Liste C als eine Stimme fur B C bzw die Koalition aus B und C wie es der Intention von X entspricht so hat sich die beabsichtigte Wirkung der Stimmabgabe genau ins Gegenteil verkehrt Die Intention fur eine Koalition zu stimmen ist allerdings wahlrechtlich irrelevant Sie kann jedoch je nach Standpunkt als politisch unerwunscht erscheinen Nach dem Sainte Lague Verfahren hatte sich in beiden dargestellten Fallen folgende Mandatsverteilung ergeben A 5 B 4 C 3 D 1 Aus Sicht von X ware es jetzt also gleichgultig ob er seine Stimme abgibt oder nicht Bei allen Mandatsverteilungsverfahren stellt sich das mathematische Problem der Abbildung einer grossen Bildmenge Wahlerstimmen in eine kleine Zielmenge Mandate sie kann deshalb prinzipiell nicht bijektiv sein Stets treten Rundungsfehler auf die paradox wirken konnen insbesondere kann kein Verfahren gleichzeitig die Quotenbedingung erfullen und das Wahlerzuwachsparadoxon vermeiden das weist der Unmoglichkeitssatz von Balinski und Young mathematisch nach Es ist somit eine Frage der Bewertung welcher Fehler eher hinnehmbar ist und welcher nicht Siehe auch BearbeitenAlabama Paradoxon Negatives Stimmgewicht Lexmann ParadoxonWeblinks BearbeitenWahlrecht de Wahlerzuwachsparadoxon nbsp Wiktionary Wahlerzuwachsparadoxon Bedeutungserklarungen Wortherkunft Synonyme UbersetzungenEinzelnachweise Bearbeiten BVerfG 2 BvF 3 11 Absatz 85 vom 25 Juli 2012 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Wahlerzuwachsparadoxon amp oldid 234388869