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Von den Gleichnissen ist ein kurzes parabelhaftes Prosawerk von Franz Kafka das das Wesen der Gleichnisse behandelt und im Herbst 1922 entstand Erstmals veroffentlichten die Herausgeber Max Brod und Hans Joachim Schoeps das Werk 1931 in der Textsammlung Beim Bau der Chinesischen Mauer und gaben ihm den Titel 1 Inhaltsverzeichnis 1 Der Text der Parabel 2 Entstehung 3 Inhalt 4 Form 5 Deutungsaspekte 6 Bezug zu anderen Kafka Werken 7 Zitat 8 Textausgaben 9 Literatur 10 Weblinks 11 EinzelnachweiseDer Text der Parabel BearbeitenVon den GleichnissenViele beklagten sich dass die Worte der Weisen immer wieder nur Gleichnisse seien aber unverwendbar im taglichen Leben und nur dieses allein haben wir Wenn der Weise sagt Gehe hinuber so meint er nicht dass man auf die andere Seite hinubergehen solle was man immerhin noch leisten konnte wenn das Ergebnis des Weges wert ware sondern er meint irgendein sagenhaftes Druben etwas das wir nicht kennen das auch von ihm nicht naher zu bezeichnen ist und das uns also hier gar nichts helfen kann Alle diese Gleichnisse wollen eigentlich nur sagen dass das Unfassbare unfassbar ist und das haben wir gewusst Aber das womit wir uns jeden Tag abmuhen sind andere Dinge Darauf sagte einer Warum wehrt ihr euch Wurdet ihr den Gleichnissen folgen dann waret ihr selbst Gleichnisse geworden und damit schon der taglichen Muhe frei Ein anderer sagte Ich wette dass auch das ein Gleichnis ist Der erste sagte Du hast gewonnen Der zweite sagte Aber leider nur im Gleichnis Der erste sagte Nein in Wirklichkeit im Gleichnis hast du verloren Entstehung BearbeitenMax Brod passte bei der Uberarbeitung einerseits das Tempus im ersten Satz an beklagten andert er ab zu beklagen 2 Andererseits gaben Brod und Schoeps dem Prosastuck den Titel Inhalt BearbeitenDer Kurztext thematisiert das Wesen der Gleichnisse Zuerst ein Bericht uber eine von vielen vorgebrachte Klage wegen der Nicht Anwendbarkeit von Gleichnissen dann ein kurzer Dialog uber die Berechtigung dieser Klage 3 Nach Ansicht einer nicht naher beschriebenen Gruppe viele sind Gleichnisse fur das alltagliche Leben der Menschen nicht geeignet weil sie sich mit der Unfassbarkeit des Jenseits beschaftigen wahrend die Menschen nur mit dem Diesseits zu kampfen haben Die Unsinnigkeit der Gleichnisrede wird an einem Beispiel konkretisiert Wenn die Weisen im Gleichnis dazu auffordern hinuberzugehen sei damit eben nicht ein Ziel im Diesseits gemeint sondern das Jenseits die Transzendenz lat transcedere hinubergehen Damit sei die gleichnishafte Aufforderung eigentlich eine Unmoglichkeit Diese sage nur aus dass das Transzendente fur die Menschen unerreichbar sei was aber eine Binsenwahrheit darstelle In einem kurzen Dialog zweier Gesprachspartner wird diese Problematik ebenso illustriert wie ad absurdum gefuhrt Ein Vertreter der Transzendenz einer bzw der erste steht darin einem Vertreter der Immanenz der andere bzw der zweite gegenuber Die beiden sind sich darin einig dass Menschen die den Gleichnissen zu folgen vermogen selber zu einem Gleichnis wurden und dass dieser Vorgang der Gleichniswerdung wiederum selber ein Gleichnis sei In einem Wortspiel wird danach erortert ob jemand der das erkannt hat im Gleichnis oder in Wirklichkeit gewonnen habe Die Frage wird dahingehend beantwortet dass die Erkenntnis nur fur das Diesseits gilt wahrend sie fur die Durchdringung des Jenseits vergeblich ist Form BearbeitenDer Text ist ein typisches Beispiel fur Kafkas Abbreviatur Stil 4 Im ersten Teil liegt ein auktoriales Erzahlverhalten vor das im hypotaktischen Redebericht die Meinung der Vielen wiedergibt Der zweite Teil wird dominiert vom neutralen Erzahlverhalten das den parataktischen Dialog der beiden Gesprachspartner szenisch darstellt Der Text in der von Brod uberlieferten Form ist von einem auffalligen Tempuswechsel gekennzeichnet Steht der erste Teil im Prasens Viele beklagen sich ist der zweite Teil im Prateritum gehalten Dieser Tempuswechsel ist auf den Herausgeber Max Brod zuruckzufuhren der die Verbform beklagten verandert hat in beklagen Es handelt sich um eine Parabel uber Parabeln 5 ein Meta Gleichnis Von den Gleichnissen ubernimmt der Text die Struktur der einigermassen konkreten Situation anhand derer eine Weisheit dargelegt wird Dies geschieht dialogisch in Form eines Streitgespraches zwischen einem Eingeweihten und einem Uneingeweihten Auch die Schlusspointe in der der Dialog gipfelt ist typisch fur das Gleichnis Die Lehre die sich aus dem Gleichnis ziehen lasst bleibt jedoch im Dunkeln Deutungsaspekte BearbeitenIn der Literatur herrscht Uneinigkeit daruber ob die Gleichnisse im Text autoreferentiell als Chiffre fur Kafkas eigenes Werk verstanden werden konnen ob sie also ein thematisches Rezept zum Verstandnis Kafkascher Parabeln 6 darstellen Emrich beantwortet diese Frage positiv und sieht in der Parabel die rettende Funktion der Gleichniswelt Kafkas thematisiert Demgegenuber betont Allemann dass es sich bei der vermeintlichen Handlungsanweisung um schlechthin diabolische Ironie 5 handelt indem die lockende Transzendenz nur einen gedankliche n circulus vitiosus in Gang setzt aus dem es kein Entrinnen gibt Der Text gebe nur vor so Allemann das Wesen der Gleichnisse zu erklaren In Wahrheit sei die Bewegung des Textes so geartet dass er uns systematisch den Boden den er herstellt wieder unter den Fussen wegzieht 7 Insofern kann er als reines Paradigma der Kafkaschen Dichtung 8 aufgefasst werden die sich in ihrer Bedeutsamkeit immer wieder entzieht und selber dekonstruiert Eine vereinfachte Deutung des Werkes besteht darin in den angesprochenen Gleichnissen das Unfassbare Spirituelle Ubersinnliche dargestellt zu sehen Diese scheinen im wahren Leben nichts zu bringen wenn man allerdings an dieses Ubersinnliche glaubt lasst einen das auch die Sorgen des Alltags vergessen Die in Form einer Wette vorgebrachte Behauptung des anderen dass dies auch ein Gleichnis sei ist nach Ansicht des ersten richtig Als der zweite anmerkt er habe nur im Gleichnis gewonnen verlasst er die ubersinnliche Ebene und erhalt prompt die Antwort auf dieser Ebene verloren zu haben Bezug zu anderen Kafka Werken Bearbeiten Von den Gleichnissen weist zahlreiche Parallelen zur Kleinen Fabel auf So wird in beiden die Ausweglosigkeit thematisiert Gleichnisse kann man nicht fassen wenn man kurz davor ist entschwinden sie wieder Ausserdem ist der Rat der Katze Du musst nur die Laufrichtung andern eine Art Gleichnis deren Lehre der Maus aber nichts mehr nutzt weil sie sie mit in den Tod nimmt So ist auch der Sieg des anderen in der Wette ein Pyrrhussieg Peter Hofle verweist ausserdem auf die Kurzgeschichte Auf der Galerie in der Kafka dieselbe Technik verwendet In beiden Kurztexten druckt sich der Erzahler zunachst allgemein aus Viele beklagten sich Wenn irgendeine um das Geschehen plotzlich in einer konkreten Situation darzustellen die dann wieder auf das Allgemeine zuruckgefuhrt wird 9 Zudem erwahnt Hofle eine Beziehung zu Vor dem Gesetz wo das Gesetz als Druben dargestellt wird Dieses sagenhafte Druben gibt es auch in Jager Gracchus Der Landarzt und Das Schweigen der Sirenen Bei letzterem gibt es ebenfalls eine unbegreifliche Wendung am Ende des Textes 10 Zitat Bearbeiten Alle diese Gleichnisse wollen eigentlich nur sagen dass das Unfassbare unfassbar ist und das haben wir gewusst Aber das womit wir uns jeden Tag abmuhen sind andere Dinge Textausgaben BearbeitenEs existiert eine handschriftliche Uberlieferung im sogenannten Ehepaar Heft aus dem Jahre 1922 11 Franz Kafka Das Urteil und andere Erzahlungen Hg v Peter Hofle Frankfurt a M 2003 S 79 Literatur BearbeitenFranz Kafka Das Urteil und andere Erzahlungen Hg v Peter Hofle Frankfurt a M 2003 S 182 184 Beda Allemann Zeit und Geschichte im Werk Kafkas Gottingen 1998 Hg v D Kaiser N Lohse S 115 124 Weblinks Bearbeiten nbsp Wikisource Beim Bau der Chinesischen Mauer Quellen und Volltexte Online Version bei Textlog Interpretation von Beda AllemannEinzelnachweise Bearbeiten Franz Kafka Ein Landarzt und andere Prosa Hg v Peter Hofle Stuttgart 1995 S 182 Kafka Kommentar zu samtlichen Erzahlungen Hg v Hartmut Binder Winkler 1975 Beda Allemann Zeit und Geschichte im Werk Kafkas Hg v D Kaiser N Lohse Gottingen 1998 S S 115 Beda Allemann Zeit und Geschichte im Werk Kafkas Hg v D Kaiser N Lohse Gottingen 1998 S 115 Franz Kafka Ein Landarzt und andere Prosa Hg v Peter Hofle Stuttgart 2003 S 182 Beda Allemann Zeit und Geschichte im Werk Kafkas Hg v D Kaiser N Lohse Gottingen 1998 S 117 Beda Allemann Zeit und Geschichte im Werk Kafkas Hg v D Kaiser N Lohse Gottingen 1998 S 115 Beda Allemann Zeit und Geschichte im Werk Kafkas Hg v D Kaiser N Lohse Gottingen 1998 S 11 Franz Kafka Ein Landarzt und andere Prosa Hg v Peter Hofle Stuttgart 2003 S 183 Franz Kafka Ein Landarzt und andere Prosa Hg v Peter Hofle Stuttgart 2003 S 183 Kafka Kommentar zu samtlichen Erzahlungen Hg v Hartmut Binder Winkler 1975 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Von den Gleichnissen amp oldid 208035069