Der Ventilatortod ist ein in Südkorea verbreiteter Aberglaube bzw. eine moderne Sage. Er sagt aus, dass man durch einen über Nacht in einem geschlossenen Raum laufenden Ventilator sterben kann (durch Erstickung, Vergiftung oder Unterkühlung), wenn man sich in diesem Raum befindet. Zum Teil wird dieser Aberglaube auf Klimaanlagen ausgedehnt. Einige Ventilatoren, die in Korea hergestellt und vertrieben werden, sind mit einem Zeitschalter ausgestattet, der sie nach einer bestimmten Zeit abschaltet. Nutzern wird empfohlen, diesen Schalter zu verwenden, wenn sie schlafen gehen, während der Ventilator läuft.
Vorgebliche Begründungen Bearbeiten
Vertreter des Glaubens an den Ventilatorentod-Mythos bieten verschiedene Erklärungsansätze an, wie ein Ventilator tötet. Diese Erklärungen sind jedoch unlogisch und wissenschaftlich nicht haltbar. Nachfolgend werden typische Erklärungsversuche angeführt:
- Ein Ventilator erzeuge einen Wirbel, der die Luft im geschlossenen Raum ansaugt und so unter dem Ventilator ein partielles Vakuum erzeuge. Tatsächlich variiert der Luftdruck an jedem Punkt des Raumes weniger als während eines Sturms.
- Ein Ventilator verbrauche den Sauerstoff in einem Raum und verursache dadurch einen tödlichen CO2-Anteil. Tatsächlich wird keine Veränderung der Raumluft durch den Ventilator verursacht, außer möglichem chemischem Ausgasen des Ventilator-Materials oder eventueller Ozonerzeugung.
- Wird der Ventilator direkt vor das Gesicht der schlafenden Person gestellt, so sauge er die gesamte Luft weg und verhindere so das Atmen.
- Ventilatoren verursachten Hypothermie bzw. eine außergewöhnlich niedrige Körpertemperatur. Wenn der Stoffwechsel nachts zur Ruhe kommt, werde er empfindlicher gegenüber der Raumtemperatur. Dadurch werde er anfälliger für Hypothermie. Tatsächlich zeigen empirische Messungen, dass ein Ventilator die Raumtemperatur nicht signifikant beeinflussen kann und der empfundene Kühlungseffekt fast ausschließlich durch den Luftstrom, der den Körper umgibt, verursacht wird, da dadurch die Körperwärme leichter auf die Luft übergeht und die Verdunstungskälte des Schweißes besser zum Zuge kommt. Außerdem entsteht Hypothermie nur, wenn die Innentemperatur des Körpers unter das Normalmaß sinkt. Das passiert jedoch nicht durch einfaches Hautkühlen.
- Ventilatoren verursachten Hyperthermie (Hitzschlag).
- Ventilatoren führten zu verlängertem Atemstillstand durch Sauerstoffverschiebung oder CO2-Anreicherung in der Umgebungsluft.
Wissenschaftliche Erklärungsversuche Bearbeiten
- Der Nocebo-Effekt (negativer Placebo-Effekt) könnte eine Erklärung für die im Sommer regelmäßig gemeldeten Ventilatortode sein.
- Da Ventilatortode hauptsächlich im Sommer gemeldet werden, ist davon auszugehen, dass die Todesfälle auf Hitzeschäden zurückgehen.
- Bei der letztgenannten These handelt es sich einfach um eine Koinzidenz, also wenn jemand im Winter an derselben wahren Ursache stirbt, läuft dabei einfach kein Ventilator und wird deshalb nicht als Ursache vermutet. Damit kommen neben dem Hitzeschaden auch alle anderen Todesursachen in Frage.
Regierungsposition Südkoreas Bearbeiten
Das Korea Consumer Protection Board (KCPB), eine staatliche Stelle Südkoreas, gab 2006 eine Verbraucherwarnung aus, der zufolge „Atemstillstand durch elektrische Ventilatoren und Klimaanlagen“ den gesammelten Daten nach unter Südkoreas fünf häufigsten Sommerunfällen und -verletzungen sei. Weiterhin fanden sich unter diesen fünf Gefährdungen Klimaanlagenexplosionen und Hygieneprobleme, die zu Lebensmittelvergiftungen führten, sowie opportunistische Erreger, die in Klimaanlagen nisteten.
Das KCPB schrieb:
Die staatliche Korea Consumer Agency (KCA) hält diese Verbraucherwarnung unter dem Titel "Beware of Summer Hazards!" mit dem Veröffentlichungsdatum vom 8. August 2007 weiterhin auf ihrer Webseite vor:
Vorkommen in den Medien Bearbeiten
Die Erklärungen, wie es zum Ventilatortod kommt, sind von vielen koreanischen Medizinern akzeptiert. Im Sommer werden in den Nachrichten Südkoreas regelmäßig Todesfälle durch Ventilatoren gemeldet.
Nachdem gegenüber Bewohnern Südkoreas klargestellt wurde, dass das Phänomen außerhalb Südkoreas so gut wie unbekannt ist, wurde einer Kolumne in der Zeitung Chicago Reader zufolge entgegnet, dass „Koreaner wegen ihrer Physiologie oder wegen der koreanischen Ventilatoren besonders anfällig seien“.
Reale Risiken des Ventilatorbetriebs Bearbeiten
Wenngleich in der öffentlichen Diskussion über Ventilatoren in Südkorea beständig ein kausaler Zusammenhang behauptet wird, gelten für den Betrieb eines elektrischen Ventilators nur die gleichen Restrisiken wie für den Betrieb eines jeden Elektrogeräts. Kurzschluss, Kabelbrand und brennende Plastikgehäuse können einen Menschen im Schlaf töten. Kleine Geräte mit für die Raumgröße ungenügender Luftumwälzung werden bei großer Hitze und/oder in stickigen Räumen oft auf höchster Leistungsstufe betrieben, was ggf. zu ihrer Überhitzung führen kann.
Einzelnachweise Bearbeiten
- ↑ Surridge, Grant. (22. September 2004). (Memento vom 10. Januar 2007 im Internet Archive) JoongAng Daily, via joongangdaily.joins.com und archive.org. Gefunden am 30. August 2007.
- ↑ Cecil Adams: "Will sleeping in a closed room with an electric fan cause death?" In: The Straight Dope. Chicago Reader, Inc., 12. September 1997, abgerufen am 2. August 2007.
- Watanabe, Toshifumi, Masahiko Morita (31. August 1998): Asphyxia due to oxygen deficiency by gaseous substances.. In: Forensic Science International, Volume 96, Ausgabe 1, S. 47–59. Abgerufen am 6. September 2007.
- Gill, James R., Susan F. Ely, Zhongxue Hua (2002): Environmental Gas Displacement: Three Accidental Deaths in the Workplace. In: The American Journal of Forensic Medicine and Pathology, 23(1): 26–30, 2002. Abgerufen am 6. September 2007.
- Korea Consumer Protection Board (KCPB), 18. Juli 2006, archiviert vom 8. Januar 2009; abgerufen am 1. September 2007. am
- Office of Public Relations: Beware of Summer Hazards! Korea Consumer Agency, 8. August 2007, abgerufen am 7. Mai 2018 (englisch).
- Office of Public Relations: Beware of Summer Hazards! Korea Consumer Agency, 8. August 2007, abgerufen am 29. August 2023 (englisch).