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Das Prinzip des unendlichen Abstiegs ist ein spezielles mathematisches Beweisverfahren fur die Frage der Losung Diophantischer Gleichungen das auf dem Prinzip des Widerspruchsbeweises basiert Hierbei wird ausgenutzt dass es in der Menge der naturlichen Zahlen keine unendliche Folge kleiner werdender Zahlen geben kann was gleichbedeutend dazu ist dass jede nichtleere Menge naturlicher Zahlen ein kleinstes Element besitzt Inhaltsverzeichnis 1 Ursprung 2 Allgemeines Vorgehen 3 Vergleich mit dem Induktionsprinzip 4 Beispiel Irrationalitat Quadratwurzel 5 Beispiel Beweis der Unlosbarkeit der Fermatgleichung fur die Potenz 4 6 Weblinks 7 EinzelnachweiseUrsprung BearbeitenDie Methode des unendlichen Abstiegs wurde im 17 Jahrhundert von Pierre de Fermat entwickelt Er nutzte das Prinzip um einige seiner mathematischen Ergebnisse zu beweisen Unter anderem wurde der Spezialfall n 4 displaystyle n 4 nbsp von Fermats grossem Satz von Fermat mit dieser Methode bewiesen Der Fall n 4 displaystyle n 4 nbsp ist eng verwandt mit der Frage ob es Pythagoraische Tripel gibt bei denen der Flacheninhalt des rechtwinkligen Dreiecks mit den Zahlen des Tripels als Seitenlangen ein ganzzahliges Quadrat ist siehe Kongruente Zahl Satz von Fermat Das Verfahren war schon im alten Griechenland bekannt siehe den Beweis der Irrationalitat der Quadratwurzel von 2 der den Pythagoraern zugeschrieben wird und Beispiele finden sich in den Elementen von Euklid Die Methode wurde in der Theorie diophantischer Gleichungen im 20 Jahrhundert wieder aufgegriffen zum Beispiel Satz von Mordell Weil Allgemeines Vorgehen BearbeitenDie Aufgabe besteht darin zu beweisen dass ein gegebenes mathematisches Problem keine Losung in den naturlichen Zahlen besitzt Der Beweis startet nun mit der Annahme der Existenz einer Losung Aus dieser Losung konstruiert man mit Hilfe der Eigenschaften der naturlichen Zahlen und der Problemstellung eine noch kleinere Losung Diesen Prozess kann man wiederholen indem man nun von der gerade gefundenen kleineren Losung ausgeht und so erhalt man immer kleinere Losungen in den naturlichen Zahlen Man kommt also zu einer unendlichen absteigenden Folge naturlicher Zahlen die es aber nicht geben kann denn unterhalb einer naturlichen Zahl liegen nur endlich viele weitere Dieser Widerspruch zeigt dass von einer falschen Annahme ausgegangen wurde Die einzige getroffene Annahme aber war die Existenz einer Losung Dies ist somit die einzig mogliche Fehlerquelle Folglich existiert keine Losung fur dieses Problem Vergleich mit dem Induktionsprinzip BearbeitenDas Beweisprinzip der vollstandigen Induktion ist aquivalent zu der Aussage dass jede nichtleere Menge naturlicher Zahlen ein kleinstes Element besitzt Diese Aussage die auch als der Satz vom kleinsten Element bezeichnet wird 1 ist aquivalent zu der Aussage dass es keine unendlichen Folgen kleiner werdender naturlicher Zahlen geben kann Wenn es keine unendlichen absteigenden Folgen in den naturlichen Zahlen gibt dann hat jede nichtleere Teilmenge ein kleinstes Element Hatte man namlich eine nichtleere Teilmenge ohne kleinstes Element so konnte man zu jedem Element dieser Teilmenge ein noch kleineres finden und so eine unendliche absteigende Folge konstruieren Wenn umgekehrt jede nichtleere Menge naturlicher Zahlen ein kleinstes Element besitzt so kann es keine unendliche absteigende Folge naturlicher Zahlen geben denn die Menge der Folgenglieder einer solchen Folge konnte kein kleinstes Element haben Daher beruht das Prinzip des unendlichen Abstiegs ebenfalls auf der Tatsache dass jede nichtleere Menge der naturlichen Zahlen ein kleinstes Element hat Beispiel Irrationalitat Quadratwurzel BearbeitenZu zeigen Die Wurzel aus 2 ist irrational Beweis Wir nehmen an die Wurzel aus 2 sei rational Rationale Zahlen lassen sich als Bruch zweier naturlicher Zahlen p q displaystyle p q nbsp schreiben2 p q displaystyle sqrt 2 frac p q nbsp 2 p 2 q 2 displaystyle 2 frac p 2 q 2 nbsp 2 q 2 p 2 displaystyle 2q 2 p 2 nbsp Das heisst 2 teilt p 2 displaystyle p 2 nbsp und folglich nach dem Lemma von Euklid auch p displaystyle p nbsp Mit einem naturlichen r displaystyle r nbsp giltp 2 r displaystyle p 2r nbsp Wir konnen nun folgende Gleichung aufstellen2 q 2 4 r 2 displaystyle 2q 2 4r 2 nbsp q 2 2 r 2 displaystyle q 2 2r 2 nbsp Damit teilt 2 auch q 2 displaystyle q 2 nbsp und q displaystyle q nbsp q 2 s displaystyle q 2s nbsp Insgesamt ergibt sich2 2 r 2 s r s displaystyle sqrt 2 frac 2r 2s frac r s nbsp Aus den obigen Darstellungen von p displaystyle p nbsp und q displaystyle q nbsp konnen wir ablesens q 2 s lt q displaystyle s frac q 2 Rightarrow s lt q nbsp r p 2 r lt p displaystyle r frac p 2 Rightarrow r lt p nbsp was bedeuten wurde dass es fur beliebige p q displaystyle p q nbsp noch kleinere r s displaystyle r s nbsp gibt die die Wurzel aus 2 als Bruch darstellen Damit haben wir den Beginn eines unendlichen Abstiegs und die Irrationalitat von 2 displaystyle sqrt 2 nbsp ist mit der Widerlegung des Gegenteils bewiesen Beispiel Beweis der Unlosbarkeit der Fermatgleichung fur die Potenz 4 BearbeitenEs soll die Nichtexistenz einer ganzzahligen Losung von a 4 b 4 c 4 displaystyle a 4 b 4 c 4 nbsp bewiesen werden Statt des Falls n 4 displaystyle n 4 nbsp der Fermatgleichung wird die etwas allgemeinere Gleichung x 4 y 4 z 2 displaystyle x 4 y 4 z 2 nbsp behandelt Angenommen es gabe ganzzahlige teilerfremde x y z displaystyle x y z nbsp als Losung von x 4 y 4 z 2 displaystyle x 4 y 4 z 2 nbsp Die Gleichung hat als Losung das Pythagoreische Tripel y 2 2 p q displaystyle y 2 2pq nbsp x 2 p 2 q 2 displaystyle x 2 p 2 q 2 nbsp z p 2 q 2 displaystyle z p 2 q 2 nbsp wobei p q teilerfremd sind Da 2 p q displaystyle 2pq nbsp ein Quadrat ist ist entweder p oder q gerade und aus Betrachtung aller moglichen Falle der zweiten Gleichung x 2 p 2 q 2 displaystyle x 2 p 2 q 2 nbsp modulo 4 folgt dass q gerade ist Ausserdem hat man ein neues Pythagoreisches Tripel zur zweiten Gleichung x 2 q 2 p 2 displaystyle x 2 q 2 p 2 nbsp namlich x r 2 s 2 displaystyle x r 2 s 2 nbsp q 2 r s displaystyle q 2rs nbsp p r 2 s 2 displaystyle p r 2 s 2 nbsp mit teilerfremden r s Da 2 p q displaystyle 2pq nbsp ein Quadrat ist gilt q 2 u 2 displaystyle q 2u 2 nbsp und p v 2 displaystyle p v 2 nbsp Da q 2 u 2 2 r s displaystyle q 2u 2 2rs nbsp gilt r g 2 displaystyle r g 2 nbsp und s h 2 displaystyle s h 2 nbsp Eingesetzt in p r 2 s 2 displaystyle p r 2 s 2 nbsp mit p v 2 displaystyle p v 2 nbsp ergibt v 2 g 4 h 4 displaystyle v 2 g 4 h 4 nbsp Da v kleiner als z ist haben wir den Anfang eines unendlichen Abstiegs Die Losung fur n 4 wurde von Fermat veroffentlicht von Bernard Frenicle de Bessy 1676 und spater von Leonhard Euler veroffentlicht 1738 gegeben von Fermat selbst aber nicht publiziert Die einzige erhaltene Losung in einer Randnotiz zu seiner Ausgabe von Diophants Buch eines diophantischen Problems von Fermat behandelt ein eng verwandtes Problem die diophantische Gleichung x 4 y 4 z 2 displaystyle x 4 y 4 z 2 nbsp und er zeigte mit der Methode des unendlichen Abstiegs dass es keine Losung gibt Auf diese Gleichung kommt man wenn man eine Losung fur das Problem sucht ob ein rechtwinkliges Dreieck mit ganzzahligen Seiten einen Flacheninhalt besitzt der eine ganze Quadratzahl ist Die Seitenlangen des Dreiecks bilden ein Pythagoreisches Tripel x 2 y 2 2 x y x 2 y 2 displaystyle x 2 y 2 2xy x 2 y 2 nbsp mit x y teilerfremd Der Flacheninhalt ist 1 2 2 x y x 2 y 2 x y x 2 y 2 displaystyle frac 1 2 2xy x 2 y 2 xy x 2 y 2 nbsp und soll gleich z 2 displaystyle z 2 nbsp sein Dazu muss jeder der Faktoren x displaystyle x nbsp y displaystyle y nbsp x 2 y 2 displaystyle x 2 y 2 nbsp ein Quadrat sein x a 2 displaystyle x a 2 nbsp y b 2 displaystyle y b 2 nbsp und x 2 y 2 a 4 b 4 z 2 displaystyle x 2 y 2 a 4 b 4 z 2 nbsp Die Unlosbarkeit lasst sich analog der Fermatgleichung fur n 4 durch unendlichen Abstieg zeigen Fermat beschrieb die Methode in einem Brief an Christian Huygens uber Pierre de Carcavi wobei er anmerkte dass er sie zuerst darauf anwandte zu zeigen dass ein Problem keine Losung besitzt wie dass es keine Pythagoreisches Tripel gibt deren zugehoriges Dreieck einen Flacheninhalt hat der ganzzahlig und ein Quadrat ist dann aber auch auf das viel schwierigere Problem zu zeigen dass eine Losung existiert wie dass 4n 1 Summe zweier Quadrate ist 2 Euler bewies wie er 1753 brieflich mitteilte und spater veroffentlichte auch die Unlosbarkeit der Fermatgleichung fur n 3 mit unendlichem Abstieg der Beweis war aber erheblich schwieriger Weblinks BearbeitenMatroids Matheplanet Der unendliche Abstieg Einzelnachweise Bearbeiten Siehe Arnold Scholz Bruno Schoeneberg Einfuhrung in die Zahlentheorie 5 Auflage Walter de Gruyter Sammlung Goschen Band 5131 Berlin New York 1973 ISBN 3 11 004423 4 darin Kapitel I 1 B Seite 6 Fermat Brief an Huygens 1659 zitiert in Andre Weil Number theory an approach through history from Hammurapi to Legendre Birkhauser 1984 S 75 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Unendlicher Abstieg amp oldid 217265258