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Tabula rasa ist ein Doppelkonzert fur zwei Violinen Streichorchester und prapariertes Klavier von Arvo Part Es zahlt zu seinen bekanntesten Werken und wurde am 30 September 1977 in Tallinn vom Estnischen Kammerorchester unter der Leitung von Eri Klas und mit Gidon Kremer Tatjana Grindenko beide Violine sowie Alfred Schnittke Klavier uraufgefuhrt Das Stuck ist Grindenko Kremer und Klas gewidmet Eine Auffuhrung dauert knapp eine halbe Stunde 1 Inhaltsverzeichnis 1 Hintergrund 2 Musik 3 Rezeption 4 EinzelnachweiseHintergrund BearbeitenNach einer langeren Schaffenspause in den 1970ern trat Part mit einer neuen stark reduzierten Klangsprache an die Offentlichkeit Tabula rasa ist das erste grossere Werk das in diesem von Part Tintinnabuli genannten Stil geschrieben ist 1 Dabei besteht die musikalische Substanz im Wesentlichen aus einer Melodielinie die Tonleiterbewegungen ausfuhrt sowie aus den Tonen eines Dreiklangs Bei Tabula rasa handelt es sich um den a Moll 1 Teil bzw d Moll Dreiklang 2 Teil und die zugehorigen Tonleitern Fur eine Performance des ersten Concerto grosso von Schnittke die im September 1977 in Tallinn stattfinden sollte baten Grindenko und Kremer Part ein Stuck zu schreiben das mit einer ahnlichen Besetzung arbeitet Das Ergebnis fuhrte wahrend der Proben bei allen Ausfuhrenden wegen der radikalen in dieser Form bis dato ungekannten Einfachheit zu grosser Irritation So erinnert sich Kremer etwa an die intonationstechnischen Schwierigkeiten insbesondere im zweiten Teil die allen Beteiligten hohe Konzentration abverlangten 2 Musik BearbeitenTabula rasa besteht aus zwei Teilen die in ihren Ausdrucksmitteln einen musikalischen Gegensatz bilden Ganz zu Beginn des ersten Teils Ludus Spiel steht ein lang ausgehaltenes A das von beiden Soloviolinen in hohem und im tiefen Register ausgefuhrt wird Daraufhin folgt eine Generalpause Diesen Beginn sieht etwa Lothar Mattner als die Quintessenz des ganzen Satzes so dass alles Folgende nur eine Ausdeutung der Moglichkeiten eines einzigen Tons darstellt Darin sieht er zudem keine musikalische Entwicklung im weiteren Sinne so dass durch die Wiederholung des immerselben Materials eine Art Monotonie entsteht aus der eine meditativ kryptische Stille erwachst 3 In den folgenden acht Abschnitten erfahrt das musikalische Material mit jedem Mal eine Erweiterung und Steigerung Zunachst wird stets der a Moll Dreiklang umspielt woraufhin sich eine Melodielinie entwickelt Part fertigte wahrend der Kompositionsarbeiten einen Algorithmus an der vorschreibt mit welchen Tonen diese Linie fortgesetzt werden soll 2 Die Abschnitte sind durch Generalpausen voneinander getrennt Den Abschluss des Ludus bildet schliesslich eine Kadenz Akkordbrechungen auch unter Einbeziehung tintinnabulifremder verminderter Akkorde werden zuletzt mit pulsierenden Akkordschlagen des Streichorchesters kontrastiert an deren Ende ein lang ausgehaltener a Moll Akkord steht Der zweite Teil Silentium Stille steht im Zeichen absoluter Bewegungslosigkeit senza moto mit einem Tempo von ca 60 Schlagen pro Minute Die Basis bildet ein Proportionskanon bei dem eine Melodielinie von drei Stimmen in unterschiedlicher Geschwindigkeit d h mit verlangerten Notenwerten gespielt wird Diese Linie beruht auf dem schon in Ludus verwendeten modifizierten Algorithmus 2 Die ubrigen Stimmen streuen Tone des d Moll Dreiklangs ein Markantes Element ist ein d Moll Arpeggio des Klaviers das im Verlauf des Stucks immer spater einsetzt Der musikalische Fluss wird gegen Ende des Werks reduziert Tabula rasa verklingt im Pianississimo und endet mit einer ausnotierten Generalpause Rezeption BearbeitenDie ersten Auffuhrungen hinterliessen einen tiefen uberwiegend positiven Eindruck Erste Stimmen verglichen das Werk mit Antonio Vivaldis Konzerten und hoben neobarocke Zuge heraus Auch fernostliche Anklange wurden in Tabula rasa wahrgenommen Relativ rasch verbreitete sich das Stuck auch im Westen Infolge der zunehmenden Popularitat von Tabula rasa beiderseits des Eisernen Vorhangs erfuhren auch seine anderen Tintinnabuli Werke immer mehr Aufmerksamkeit 2 Es kann somit als ein Wendepunkt in Parts Schaffen und als Kultstuck der Neuen Musik gesehen werden 1 das den Durchbruch aus der Avantgarde hin zu einer breiteren Offentlichkeit geschafft hat Noch heute wird Tabula rasa von zahlreichen Orchestern aufgefuhrt Parts Musik erfahrt auch im Rahmen der Palliativpflege und dort besonders bei der Betreuung Sterbender einen grossen Zuspruch So berichtete Patrick Giles dass in den 1980ern einer der von ihm betreuten AIDS Patienten nach der Engelsmusik verlangt hatte dem zweiten Satz aus Tabula rasa den Giles wahrend dieser Zeit vielen Erkrankten vorgespielt hatte Auch andere wollten Part am Sterbebett horen Diese Anekdote stiess auf grosse Resonanz in der Palliativpflege Community wobei auch die Metapher der Engelsmusik oft bekraftigt wurde 4 Einzelnachweise Bearbeiten a b c Tabula rasa Arvo Part Centre abgerufen am 21 Mai 2023 a b c d Kevin C Karnes Arvo Part s Tabula Rasa Oxford Keynotes Oxford University Press New York 2017 ISBN 978 0 19 046898 9 Lothar Mattner Arvo Part Tabula Rasa In Melos Band 47 Nr 2 1985 S 82 99 Kythe Heller An Ethnography of Spirituality In Laura Dolp Hrsg Arvo Part s White Light Media Culture Politics Cambridge University Press Cambridge 2017 ISBN 978 1 107 18289 9 S 122 153 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Tabula rasa Part amp oldid 234787247