www.wikidata.de-de.nina.az
Der Stettiner Fememordprozess war ein Strafprozess in der Zeit der Weimarer Republik der 1928 bzw 1929 vor dem Schwurgericht beim Landgericht Stettin verhandelt wurde Gegenstand des Prozesses war die Totung eines jungen Landarbeiters in dem zum Zustandigkeitsgebiet des Landgerichts Stettin gehorenden Kreis Greifenhagen im Juli 1920 durch Angehorige der Arbeitsgemeinschaft Rossbach Die Tat wurde weithin den sogenannten Fememorden politisch motivierten Totungshandlungen an angeblichen Volksverratern in der Zeit nach dem Ersten Weltkrieg zugerechnet deren juristische Aufarbeitung Gegenstand einer Reihe von Strafverfahren in der zweiten Halfte der 1920er Jahre war Der Prozess war Gegenstand intensiver Berichterstattung durch die zeitgenossische Presse und stark politisch aufgeladen Wahrend grosse Teile der national und volkisch gesinnten Bevolkerung bzw Medien die Tat von 1920 als eine Notwehrhandlung zugunsten des Staates zur Abwehr eines Landesverrats bewerteten und die Angeklagten als Helden feierten die ungerechtfertigter Weise vor die Schranken der Justiz gezerrt wurden erblickten liberal sozialdemokratisch und kommunistisch gesinnte Bevolkerungsteile und Presseorgane in diesen Mannern rohe Gewaltmenschen und Bestien die sich einer grausamen Mordtat schuldig gemacht hatten Inhaltsverzeichnis 1 Die dem Prozess zugrunde liegende Tat 2 Der Stettiner Prozess 3 Offentliche Resonanz des Prozesses und Folgen 4 LiteraturDie dem Prozess zugrunde liegende Tat BearbeitenNachdem die burgerkriegsahnlichen Unruhen die das Deutsche Reich in der ersten Zeit nach dem Ende des Ersten Weltkriegs erfasst hatten weitgehend abgeklungen waren wurde das Freikorps Rossbach von seinem Grunder Gerhard Rossbach in den ersten Monaten des Jahres 1920 ausserlich in die Arbeitsgemeinschaft Rossbach umgewandelt Das Freikorps Rossbach war ein paramilitarischer Verband aus national gesinnten Weltkriegsheimkehrern und spater eingetretenen Freiwilligen Die Angehorigen der Arbeitsgemeinschaft Rossbach wurden in den folgenden Monaten auf Basis von Vereinbarungen Rossbachs mit den Interessenorganisationen der Grossagrarier in diesen Provinzen gruppenweise als Landarbeiter auf landwirtschaftlichen Gutern in Mecklenburg Pommern und Schlesien untergebracht um dort ubliche Landarbeiteraufgaben zu erledigen Erntehelfer Holzhacken etc Ausserdem sorgten sie sich als Flurhuter fur die Sicherheit der Guter auf denen sie untergebracht waren Die Sicherheitsaufgaben der Arbeitsmanner richteten sich zum einen darauf streikende Arbeiter im Interesse der Grundbesitzer in ihre Schranken zu weisen Vor allem waren sie darauf gerichtet im Fall des Ausbruchs erneuter revolutionarer Unruhen mit linkssozialistischer Stossrichtung im Land die Verteidigung des Besitzes der Grundbesitzer zu ubernehmen Zudem wurden die Trupps der Arbeitsgemeinschaft in Kooperation mit den zustandigen Wehrkreiskommandos als eine getarnte Reserve der Reichswehr deren Personalstarke durch den Friedensvertrag von Versailler seit Anfang 1920 auf maximal 100 000 Mann beschrankt war in Bereitschaft gehalten Im Falle polnischer Ubergriffe auf die deutsche Ostgrenze sollten die Trupps der Arbeitsgemeinschaft in Mecklenburg und Pommern in die dortigen offiziellen Reichswehrverbande integriert werden die so binnen kurzer Zeit eine erhebliche Verstarkung ihrer Personalstarke und ihrer Schlagkraft erhalten wurden Zudem traumten die meisten Angehorigen des Freikorps davon sich an einem bewaffneten Putsch gegen die von ihnen abgelehnte demokratisch republikanische Regierung in Berlin zu beteiligen Dies hatten sie wahrend des gescheiterten Kapp Putsches vom Marz 1920 einige Tage lang getan Sie wollte die 1919 gegrundete Weimarer Republik gewaltsam umzusturzen und durch eine nationale Diktatur beseitigen Hinter der Fassade der Betatigung der Manner als landwirtschaftliche Arbeiter existierte das offiziell aufgeloste Freikorps Rossbach d h der 1918 von Rossbach gegrundete militarisch organisierte Kampfverband seit 1920 mit weitgehend demselben Personal wie bisher in Gestalt der Arbeitsgemeinschaft in getarnter Weise fort Der Verband wartete den Eintritt einer politischen Konstellation ab in der das Freikorps offiziell reaktiviert werden wurde Das bedeutete dass die Arbeitsgemeinschaft von einem Tag auf den anderen wieder in einen militarischen Verband umgewandelt werden und erneut gegen seine politischen Gegner eingesetzt werden wurde Dementsprechend war die Arbeitsgemeinschaft Rossbach wie ein militarischer Verband organisiert Die auf mehreren benachbarten Gutern liegenden Arbeitertrupps der Arbeitsgemeinschaft unterstanden einem sogenannten Gauleiter als Fuhrer ahnlich einer militarischen Kompanie wahrend die in einem Landkreis liegenden diversen Gauleiter mit ihren Gruppen jeweils einem sogenannten Kreisleiter unterstanden Die Kreisleiter unterstanden wiederum der in Berlin befindlichen Zentrale der Arbeitsgemeinschaft Die Reichswehr stellte der Arbeitsgemeinschaft Rossbach heimlich Waffen und Munition zur Verfugung auf die die Angehorigen im Bedarfsfall zur Erfullung ihrer potentiellen militarischen Aufgaben zur Revolutionsabwehr und Landesverteidigung zuruckgreifen konnen sollten Die Waffen wurden auf den Gutern auf denen die Arbeitsmanner lagen in heimlichen Waffenverstecken verborgen gehalten zum Beispiel in Form von Kisten die an bestimmten Stellen im Erdreich vergraben wurden oder die in Scheunen oder Brunnen unauffallig deponiert wurden Eine Gruppe der Arbeitsgemeinschaft Rossbach im pommerschen Kreis Greifenhagen deren Angehorige auf den Gutern Stecklin Liebenow und Rosenfelde arbeiteten unterstand der Fuhrung des Leutnants a D Edmund Heines einem besonderen Vertrauensmann von Gerhard Rossbach Im Juli 1920 trat der aus Stettin stammende junge Gelegenheitsarbeiter Willy Schmidt 1899 1920 in die Gruppe der Arbeitsgemeinschaft Rossbach die auf dem Gut Stecklin arbeitete ein Nachdem er drei Wochen gearbeitet hatte verliess er die Arbeitsgemeinschaft wieder In der Folge machten Geruchte im Dorf Greifenhagen die Runde dass Schmidt beabsichtige die geheimen Waffenverstecke der Rossbach Manner auf Stecklin und den Nachbargutern gegen Bezahlung an die Kommunisten oder an die alliierte Kommission die in der Provinz daruber wachte dass die Deutschen die Abrustungsbestimmungen des Versailler Vertrages einhielten zu verraten Nachdem diese Geruchte Heines zu Ohren gekommen waren beschloss er dass Schmidt um die Gefahr fur die Sicherheit der Waffen der Rossbacher die er in Schmidts angeblichen Plan erblickte abzuwenden unschadlich gemacht werden musse Er wies den Vertrauensmann der Arbeitsgemeinschaft auf Gut Stecklin Max Kruger daher an ihm Mitteilung zu machen falls Schmidt sich erneut in der Nahe des Gutes Stecklin zeigen sollte An einem Tag Ende Juli 1920 traf Schmidt auf der Dorfstrasse von Greifenhagen zufallig mit Grete Gajewski der Stieftochter eines auf Gut Stecklin lebenden regularen Arbeiters zusammen die dort einige Einkaufe erledigte Da er Zuneigung zu dem Madchen gefasst hatte kehrte er mit ihr auf das Gut zuruck Ihrem Stiefvater erklarte er dass er sich am nachsten Tag zur Wiederaufnahme der Arbeit auf dem Gut melden wolle Der Arbeiter gestattete ihm daraufhin die Nacht in seinem Haus zu verbringen Als Schmidt und Gajewski daraufhin das Abendessen fur die Familie Walter auf dem Gasthof des Gutes holten begegneten sie dem Vertrauensmann der lokalen Rossbach Gruppe Kruger Kruger setzte sich daraufhin mit Heines der sich auf Gut Liebenow befand in Verbindung Am spaten Abend fuhr Heines mit einem Pferdewagen begleitet von zwei weiteren Rossbach Mannern Karl Ottow und Max Bandemer von Gut Liebenow nach Gut Stecklin Dort angekommen liess er sich von Kruger zum Haus der Familie Walter fuhren Heines und seine Helfer durchsuchten das Haus wobei sie sich der misstrauischen Familie gegenuber als Kriminalbeamten ausgaben und entdeckten Schmidt schlafend auf dem Heuboden uber der Wohnstube und nahmen ihn in Gewahrsam Schmidt wurde zunachst in das Quartier der Rossbacher auf Gut Stecklin das sich in einer alten Gutsbrennerei befand gebracht und verhort Ottow misshandelte ihn dabei mit einem schweren Schlag gegen den Kopf mit einem Gummiknuppel der eine blutende Wunde verursachte Anschliessend transportierten Heines Ottow und Bandemer Schmidt mit ihrem Pferdewagen zum Gut Rosenfelde Dort beriet Heines mit dem Gutsinspektor von Rosenfelde wie mit Schmidt zu verfahren sei und veranlasste den Rosenfelder Rossbachmann Johann Vogt einen Spaten aus dem Werkzeugspeicher des Gutes zu holen Anschliessend zogen Heines Ottow Bandemer Vogt und ein weiterer Rossbacher namens Olschewski mit Schmidt in den nahen Rosenfelder Wald Dort liess Heines Schmidt bewacht von Ottow und Bandemer an einer Stelle im Wald zuruck wahrend er mit Vogt und Olschewski voranging um an einer anderen Stelle ein Loch im Waldboden auszuheben in dem Schmidt dessen Erschiessung er spatestens zu diesem Zeitpunkt ins Auge gefasst hatte begraben werden sollte Die Manner mussten das Graben jedoch bald abbrechen da der Boden zu tief und wurzeldurchwachsen war um ein Loch in ihm ausheben zu konnen das tief und gross genug war um einen Korper in ihm begraben zu konnen Zudem gelangte Heines zu der Auffassung dass die Stelle im Wald ohnehin zu nahe am nachsten Dorf sei und Schusse die hier abgefeuert werden wurden dort gehort werden konnten Stattdessen schickte Heines Vogt und Olschewski zuruck nach Gut Rosenfelde wahrend er Schmidt zusammen mit Ottow und Bandemer zum Gut Liebenow brachte Dort liess er eine Schaufel aus der Werkzeugkammer holen und vergrosserte die Gruppe um die Liebenower Rossbach Manner Bar und Frabel wahrend Bandemer zu Bett ging Die nun funf Manner zahlende Gruppe zog in den nahen Wald den Kehrberger Forst Nachdem die Gruppe einige hundert Meter tief in den Wald vorgedrungen war zog Heines auf einer Lichtung plotzlich seine Pistole und schoss Schmidt frontal ins Gesicht Uber die weitere Behandlung des Verletzten gingen die spateren Aussagen auseinander Einigen Aussagen zufolge gab Heines einen weiteren Schuss in Richtung auf den Kopf des am Boden liegenden Mannes ab wobei unklar ist ob dieser gegebenenfalls traf Zudem soll Ottow einen oder zwei Schusse auf Schmidt wahrend er am Boden lag abgefeuert haben Zudem soll Ottow Schmidt als dieser nach einem bis vier Schussen die auf ihn abgefeuert worden waren noch lebte mehrere harte Schlage mit einem Gummiknuppel verpasst und sich auf den bauchlings auf dem Boden liegenden Mann gestellt oder gekniet haben und Frabel veranlasst haben dasselbe zu tun in der Absicht ein Ersticken durch Eindrucken des Brustkobres herbeizufuhren Die Tatbeteiligten Bar und Frabel sagten entsprechendes spater wahrend der polizeilichen Voruntersuchung der Tat ubereinstimmend aus und Frabel erklarte dass wahrend er auf Schmidts Hinterkopf und Ottow auf dem Rucken stand schliesslich ein den Tod signalisierender Ruck durch Schmidts Korper gegangen sei Beide widerriefen ihre Angaben aus der Voruntersuchung dass Ottow den durch einen oder mehrere Schusse schwerverletzten Schmidt mit einem Gummiknuppel geschlagen und dass Ottow bzw Ottow und Frabel sich auf den bauchlings daliegenden Schmidt gestellt oder gekniet hatte aber vor Gericht also nachdem die Beteiligten Gelegenheit hatten ihre Aussagen miteinander und mit ihren Anwalten abzustimmen und behaupteten dass die betreffenden Phantasieprodukte gewesen seien Gesichert ist dass mindestens zwei und maximal vier Schusse fielen und dass mindestens der erste Schuss Schmidt traf Nachdem Schmidt tot war hoben Heines Ottow Frabel und Bar ein Loch im Waldboden aus in dem sie den Toten versenkten Da der Boden sehr hart war konnten sie nur eine kleine Grube ausheben so dass sie den Toten wie ein Paket zusammendrucken mussten damit er kompakt genug war um in dieses zu passen Nachdem sie das Grab geschlossen hatten tarnten sie es indem sie die Grabstelle mit Blattern und Zweigen bedeckten Heines meldete die Erschiessung Schmidts am nachsten Tag telefonisch Rossbach der diese billigte Bald danach wurden Heines und Ottow auf andere Guter in Pommern auf denen Rossbach Gruppe stationiert waren versetzt 1921 gingen sie nach Oberschlesien wo sich das Freikorps Rossbach an den deutsch polnischen Grenzkampfen wahrend des Dritten Polnischen Aufstandes beteiligte Anfang 1921 zeigte sich dass Schmidts Leiche schlecht vergraben war Das Knie des Toten ragte bereits aus seinem Grab heraus Daraufhin wurde er von einigen Rossbach Mannern exhumiert Die Leiche wurde in den Rosenberger Wald uberfuhrt und dort in einem neu ausgehobenen tieferen Loch vergaben Der Stettiner Prozess BearbeitenDurch einen Zufall gelangte die Totung des Willy Schmidt im Herbst 1927 zur Kenntnis der Behorden Ein Mitwisser hatte versucht den Gutsinspektor Bergfeld unter Androhung die Tat zur Anzeige zu bringen zu erpressen versucht woraufhin dieser die Erpresserschreiben von sich aus der Polizei zugeleitet hatte Die acht der Tatbeteiligung verdachtigen Personen wurden daraufhin von Dezember 1927 bis Februar 1928 nacheinander in Haft genommen und ins Gerichtsgefangnis Stettin uberfuhrt Das dortige Landgericht war geographisch fur im Landkreis Greifenhagen begangene Totungsdelikte zustandig Die Staatsanwaltschaft erhob schliesslich Anklage gegen die folgenden Personen Kurt Bar 22 Juli 1900 in Chemnitz 8 Dezember 1965 in Weischlitz Kutscher Max Bandemer 13 April 1898 in Langebose Eisenbahnschlosser Ernst Carl Paul Bergfeld 2 Dezember 1865 in Friedensthal Kreis Demmin 11 Marz 1929 in Rosenfelde bei Liebenow Kreis Greifenhagen Amtsvorsteher Adam Kaspar Ewald Frabel 16 Marz 1902 in Seelze bei Hannover 9 Marz 1961 in Bremen Gelegenheitsarbeiter Edmund Heines 1897 in Munchen 30 Juni 1934 ebd Leutnant a D Max Kruger 10 Marz 1898 in Stolp Arbeiter Karl Ottow 29 Juni 1890 in Kritten Kraftwagenfuhrer Johann Vogt 5 Mai 1894 in Josefin Kreis Lublin LandarbeiterEdmund Heines und Karl Ottow wurden wegen Mordes Bandemer Bar Bergfeld Frabel Kruger und Vogt wegen Beihilfe zum Mord angeklagt Der ursprunglichen Prozess wegen der Tat 1 Stettiner Fememordprozess auch 1 Heines Prozess genannt wurde vom 16 April bis 5 Mai 1928 vor dem Landgericht Stettin unter Vorsitz des Landgerichtsdirektor Georg Hirschberg verhandelt Die Anklage forderte fur Heines und Ottow die Todesstrafe fur die ubrigen Angeklagten Zuchthausstrafen Anklager war der Oberstaatsanwalt Felix Sass 1875 1957 von der Staatsanwaltschaft Stettin Als Verteidiger wirkten an diesem Verfahren u a Franz Holtz Bloch und Rudiger von der Goltz Jurist mit Wahrend die Staatsanwaltschaft den Angeklagten die eigenmachtige und leichtfertige Totung bzw Mitwirkung an der Totung einer Person aufgrund eines vollig unbewiesenen Verdachtes angenommene Waffenverratsabsicht Schmidts vorwarf stellte die Verteidigung sich auf den Standpunkt dass die Angeklagten getarnte Soldaten gewesen seien und dass sie die Totung Schmidts in ihrer Soldateneigenschaft als eine Massnahme zum Schutz der von ihnen als Soldaten fur die Landesverteidigung und Grenzsicherung benotigten Waffenverstecke der Rossbach Organisation ausgefuhrt hatten d h dass es sich bei der Totung von Schmidt durch die Angeklagten um eine Notwehrhandlung von Soldaten oder Privatpersonen je nachdem ob man den Rossbachern Soldateneigenschaft zugestand zugunsten des Staates zur Abwehr eines die Sicherheit des Reiches gefahrdenden Landesverratshandlung Verrat der Waffen an auslandische Uberwachungskommissionen die in Deutschland nach verbotenen Rustungsgutern suchten oder an die mit diesen kooperierende Polizei bzw an die Kommunisten als innere Landesfeinde gehandelt habe Im Urteil vom 5 Mai 1928 wurde Heines des Totschlags fur schuldig befunden und zu einer Zuchthausstrafe von 15 Jahren verurteilt wahrend Ottow und Frabel Zuchthausstrafen von vier bzw drei Jahren erhielten Die ubrigen Angeklagten wurden freigesprochen Die Verteidiger von Heines Ottow und Frabel sowie die Staatsanwaltschaft legten gegen das Urteil Revision ein Das Reichsgericht hob das Urteil vom Mai schliesslich aufgrund eines zwingenden Revisionsgrundes an dem Urteil hatte eine Person als Geschworener mitgewirkt von der sich herausgestellt hatte dass sie da gegen sie selbst wahrend sie als Geschworener tatig war ein Strafverfahren anhangig war das mit der Aberkennung der burgerlichen Ehrenrechte enden konnte wahrend der Prozesszeit nicht zur Ausubung des Geschworenenamtes befahigt war so dass das Verfahren gemass den Bestimmungen der Strafprozessordnung auf einer rechtsungultigen Grundlage ruhte auf und verwies den Fall zur erneuten Verhandlung an das Stettiner Landgericht zuruck Der erneute Prozess 2 Stettiner Fememordprozess bzw 2 Heines Prozess wurde vom 25 Februar bis 13 Marz 1929 vor dem Stettiner Landgericht verhandelt Diesmal stand der Landgerichtsprasident Hermann Hoffmann dem Verfahren vor Als Hauptverteidiger von Heines wirkte an diesem Verfahren der prominente Rechtsanwalt Friedrich Grimm mit In diesem Verfahren wurde Heines erneut des Totschlags fur schuldig befunden nun aber nur noch zu einer Strafe von funf Jahren Gefangnis verurteilt Ottow erhielt ebenfalls eine Haftstrafe Funf weitere Angeklagte wurden freigesprochen wahrend ein erneutes Urteil gegen den letzten Angeklagten Bergfeld entfiel da er zwischenzeitlich verstorben war Heines Verteidiger legten gegen das zweite Stettiner Urteil erneut Revision ein Das Oberlandesgericht Stettin gab im Mai 1929 einem Antrag statt Heines bis zur Entscheidung uber die Revision auf freien Fuss zu setzen so dass er am 14 Mai 1929 vorlaufig und gegen Hinterlegung einer hohen Kaution aus der Haft entlassen wurde Am 24 Oktober 1930 erliess der Reichstag eine sogenannte Femeamnestie Gesetz zur Anderung des Gesetzes uber die Straffreiheit vom 24 Oktober 1930 Die Amnestie die ironischer Weise u a mit der Stimme von Heines der im September 1930 als Abgeordneter fur die NSDAP in den Reichstag gewahlt worden war verabschiedet wurde bestimmte das politisch motivierte Totungshandlungen die bis zu einem bestimmten Stichtag begangen worden waren straffrei gestellt wurden und dass verurteilte Tater in Freiheit zu entlassen und noch laufende Verfahren einzustellen sein So kam es dass die noch nicht getroffene Entscheidung uber die von Heines eingelegte Revision gegen das Urteil vom Marz 1929 hinfallig wurde d h weder ein dritter Prozess abgehalten wurde im Falle einer Revisionsannahme noch Heines in Haft zuruckkehren musste bei Revisionsablehnung sondern er ohne weitere Schritt in Freiheit verblieb Offentliche Resonanz des Prozesses und Folgen BearbeitenDie beiden Durchlaufe des Stettiner Prozesses gerieten seinerzeit zu medialen Grossereignissen Die meisten grossen Tageszeitungen veroffentlichten taglich ausfuhrliche Berichte und Kommentare von nach Stettin entsandten Korrespondenten uber die neuesten Ereignisse im Gerichtssaal Zentralfigur war dabei die schillernde Erscheinung des Hauptangeklagten Heines der durch seine Teilnahme am Hitler Putsch von 1923 und als Initiator der 1925 beginnenden Einkleidung der nationalsozialistischen SA in braunen Uniform schon vor dem Prozess eine relativ bekannte Personlichkeit gewesen war Wahrend die burgerlich gemassigt liberale und insbesondere die Linkspresse Heines in ihrer Berichterstattung uber den Prozess als Killer Bestie und Unmenschen kennzeichnete der aus Rohheit und Mordgier einen noch dazu wahrscheinlich Unschuldigen grausam gequalt und ermordet habe feierten die deutschnational und die volkisch nationalsozialistische eingestellten Zeitungen ihn in ihrer Berichterstattung uber den Stettiner Prozess als einen patriotischen Helden und Martyrer der fur eine edle und ehrenhafte aus selbstloser Vaterlandsliebe begangene Tat die Totung eines die Sicherheit von Volk und Staat bedrohenden Verraters eingesperrt vor Gericht gezerrt und einem schmahlichen Verfahren unterworfen wurde wie ein Krimineller Durch den Stettiner Prozess wurde Heines 1928 zu einer deutschlandesweit bekannten Personlichkeit Speziell in Kreisen der volkischen Rechten entwickelte er sich in diesem Jahr zu einer Art politischen Star Die Folge war dass Heines nach seiner Haftentlassung im Mai 1929 sofort wieder in die NSDAP aufgenommen und von ihr als zugkraftiger Redner in Massenversammlung eingesetzt wurde Einen fruheren Streit aus dem Jahr 1927 der dazu gefuhrt hatte dass er Heines im Mai 1927 aus seiner Partei ausgeschlossen und ihn zu einer persona non grata fur die NSDAP erklart hatte vergas Hitler aufgrund der neuen Nutzlichkeit des aufstrebenden Mannes und tat so als ob der Zwist von fruher niemals stattgefunden habe Im Jahr 1930 wurde Heines von Hitler zum stellvertretenden Gauleiter fur die Oberpfalz ernannt und im September 1930 auf Reichswahlvorschlag der NSDAP in den Reichstag gewahlt Ab 1931 betatigte er sich zudem fuhrend in der SA Von Juni 1931 bis Juni 1934 fungierte er als Kommandeur der SA in Schlesien zuletzt mit dem Rang eines SA Obergruppenfuhrers Dabei galt er von 1931 bis 1934 weithin als zweiter Mann der SA nach dem Stabschef der SA Ernst Rohm sowie als das bekannteste Gesicht der Strassenkampforganisation der NSDAP nach Rohm Die Verbindung mit Rohm fuhrte dazu dass Heines schliesslich im Zuge der internen Machtkampfe die 1934 innerhalb der NS Fuhrungsriege ausgetragen wurden die Hitler schliesslich dazu veranlassten die SA Fuhrung und ihre Plane zur Errichtung eines SA Volksheeres als eine Bedrohung seiner eigenen Machtanspruche und militarischen Plane einzustufen und zu ihrer gewaltsamen Entmachtung zu schreiten Rohm Putsch gemeinsam mit Rohm und einer Reihe anderer hoherer SA Fuhrer verhaftet wurde Auf Befehl Hitlers wurde er am Abend des 30 Juni 1934 im Munchener Gefangnis Stadelheim von Angehorigen der SS erschossen Der Offentlichkeit gegenuber wurde die Erschiessung von Heines damit begrundet dass dieser fuhrend an der Vorbereitung eines Putsches der SA Fuhrung gegen die legale Regierung zwecks Ubernahme der Macht im Staat durch die SA beteiligt gewesen sei Vertreter der demokratischen sozialistischen und kommunistischen Parteien und ihre Presseorgane verurteilten derweil den Personenkult den die politische Rechte und zumal die Nationalsozialisten ab 1928 um Heines trieben unter Verweis auf die durch den Prozess von 1928 enthullte monstrose Mordtat von 1920 die er begangen hatte und prangerten denselben als Beweis fur die moralische Verdorbenheit der radikalen politischen Rechten an In der linken Presse wurde Heines seit 1929 wann immer er erwahnt wurde routinemassig mit dem Epithet Der Fememorder bezeichnet In gleicher Weise bewerteten die liberale Mitte und die linksgerichteten Kreise die ab 1929 beginnende Einsetzung von Heines als Versammlungsredner durch die NSDAP und die Entscheidung der Parteifuhrung der NSDAP ihn im Herbst 1930 als Abgeordneten in den Reichstag zu entsenden Dass die Partei einen uberfuhrten kaltblutigen grausamen Killer wie Heines als Abgeordneten ins Haus des Volkes das Parlament entsende sei eine Schande und ein Armutszeugnis und beweise den sittlichen Tiefstand der nationalsozialistischen Bewegung die es fertig bringe einen solchen Mann zum Volksvertreter zu machen Ausser Heines wurden auch einige seiner Mitangeklagte 1929 in die NSDAP aufgenommen Karl Ottow Mitgliedsnummer 146 006 und Karl Bar Mitgliedsnummer 152 130 wurden jeweils zum 1 September 1929 Mitglieder der Partei Literatur BearbeitenDer Heines Prozess ein Kapitel deutscher Notzeit Munchen 1929 Tendenzschrift u a mit Abdruck einer Verteidigungsrede eines Verteidigers und einem Verteidigungsantrag Heinrich Hannover Elisabeth Hannover Druck Der Fememorder Edmund Heines in Ders Dies Politische Justiz 1918 1933 Metropol Berlin 2019 S 172 176 Irmela Nagel Fememorde und Fememordprozesse in der Weimarer Republik Bohlau Weimar Wien 1990 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Stettiner Fememordprozess amp oldid 238348495