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Selk nam nannte sich eine sudamerikanische Ethnie die bis in die erste Halfte des 20 Jahrhunderts auf Feuerland lebte Man fasst sie mit den benachbarten Ethnien der Yamana Halakwulup und Haush zu den Feuerlandindigenen zusammen Die Selk nam waren nomadisierende Jager die in kleinen Gruppen auf der Isla Grande umherzogen und sich fast ausschliesslich von erjagten Guanakos und Kleintieren ernahrten In Anschluss an die Kolonisierung und Besiedelung der Isla Grande durch Goldsucher und Schafzuchter kam es ab 1878 zu einem Genozid an den Selk nam Ein Grossteil der Selk nam kam so in wenigen Jahrzehnten ums Leben Die sprachliche und kulturelle Eigenstandigkeit der Ethnie kam schliesslich in der ersten Halfte des 20 Jahrhunderts zum Erliegen Selknam mit ihren Umhangen aus GuanakofellIndigene Volker Sudpatagoniens jeweils mit alternativen Namen o u oder Inhaltsverzeichnis 1 Bezeichnungen fur die Gruppe 2 Geschichte 2 1 Urgeschichte 2 2 Nach Kolumbus 2 3 Volkermord 2 4 Gegenwart 3 Kultur der Selk nam 3 1 Ernahrung 3 2 Behausung 3 3 Kleidung und Schmuck 3 4 Politische Organisation und Eigentumsverstandnis 3 5 Krieg und Waffen 3 6 Sexualitat und Ehe 3 7 Arbeiten und Arbeitsteilung 3 8 Geburt und Kinderaufzucht 3 9 Feiern und Rituale 3 10 Bestattung 3 11 Religion 3 12 Schamanismus 3 13 Mythologie 4 Siehe auch 5 Literatur 6 Weblinks 7 EinzelnachweiseBezeichnungen fur die Gruppe BearbeitenDer Name Selk nam stammt von den Angehorigen der Gruppe selbst und wird von ihnen im Sinne eines Eigennamens verwendet es gibt keine Herleitung von einem anderen Begriff 1 In der Literatur wird sehr oft auch der Begriff Ona verwendet welcher auf eine geographische Bezeichnung der Isla Grande durch die sudlich lebenden Yamana zuruckgeht und so viel wie nordlich bedeutet Teilweise versteht man unter Selk nam oder Shelknam auch nur die nordlichen Bewohner der Isla Grande und unterscheidet davon die Haush im sudostlichen Zipfel 2 Geschichte BearbeitenUrgeschichte Bearbeiten Uber die Vergangenheit der Selk nam vor der Entdeckung Feuerlands durch Ferdinand Magellan ist wenig bekannt da die Selk nam wie alle Ethnien Sudamerikas keine Schrift besassen Durch archaologische Forschungen konnte man zeigen dass bereits vor 8000 12 000 Jahren Menschen auf Feuerland lebten Wann und von wo die Vorfahren der heutigen Feuerlandindigenen Feuerlandindianer 3 nach Feuerland kamen ist bis heute nicht zweifelsfrei geklart Da alle Feuerlandindigenen humanbiologische Besonderheiten teilen gehen manche Wissenschaftler davon aus dass alle Ethnien von einer feuerlandischen Urbevolkerung abstammen und sich erst spater zu Ethnien mit sehr unterschiedlichen Wirtschaftsformen Sprachen und kulturellen Traditionen entwickelten Denn wahrend die Selk nam Jager von Landtieren waren sammelten und jagten die Yamana und Halakwulup mit dem Kanu Meerestiere Moglich ist aber auch eine Zwei Routen These Diese sagt aus dass die Yamana und Halakwulup Feuerland mit ihren Kanus uber die Pazifikkuste besiedelten wahrend die jagenden Selk nam uber eine Landbrucke vom Festland des heutigen Argentiniens nach Feuerland kamen die bei einem tieferen Meeresspiegel vorhanden war Die sprachliche Verwandtschaft der Selk nam mit den patagonischen Indigenen nordlich der Magellanstrasse stutzt diese These beide Ethnien gehoren zur Sprachgruppe der Chon Sprachen 4 Zu den Yamana und Halakwulup bestehen dagegen keine linguistischen Gemeinsamkeiten 5 Nach Kolumbus Bearbeiten Die ersten Europaer kamen auf der Weltumsegelung von Ferdinand Magellan im Jahre 1520 nach Feuerland Allerdings hatte der portugiesische Flottenfuhrer nach dem die Magellanstrasse benannt ist keinen direkten Kontakt mit Selk nam oder anderen Feuerlandindigenen Die Besatzung erkannte lediglich den Rauch zahlreicher Feuer und nannte die Inselgruppe sudlich der Meerenge entsprechend Feuerland Der erste Kontakt zwischen Europaern und Selk nam fand auf der Expedition von Pedro Sarmiento de Gamboa statt der 1580 auf der Isla Grande landete und die Bucht Bahia Gente Grande Bucht des grossen Volkes nannte Auch auf weiteren Reisen wurde die ausserordentliche Korpergrosse der Selk nam erwahnt 6 und selbst Quellen aus dem 20 Jahrhundert sprechen noch von einer uberragenden Korpergrosse 7 In den nachsten Jahrhunderten fanden die meisten Kontakte zwischen Seefahrern und Bewohnern Feuerlands mit den benachbarten Yamana und Halakwulup statt da die Isla Grande wenig naturliche Hafen fur die Segelschiffe bot Weil die Versuche der Europaer scheiterten die Ufer der Magellanstrasse zu besiedeln war dieser begrenzte Kulturkontakt fur die Selk nam bis ins 19 Jahrhundert ohne schwerwiegende Folgen Die Berichte der Europaer uber die Selk nam unterscheiden sich in der Wahrnehmung des Fremden kaum von denen anderer sudamerikanischer Ethnien Teilweise sprachen die Reisenden von einer materiellen und geistigen Armut der dort Lebenden eine Sichtweise die durch das raue Klima die schwierigen Lebensbedingungen und die exponierte Lage am Ende der Welt befordert wurde Andere Berichte schwarmten von ihnen und machten sie zu Edlen Wilden Tendenziell wurden die Selk nam wegen ihrer Grosse und ihrer Ubereinstimmung mit europaischen Schonheitsidealen positiver beschrieben als die Yamana und Halakwulup die nicht nur kleiner waren sondern einen fur den Europaer sehr unangenehmen Geruch ausstromten weil sie sich oft gegen die Kalte mit Robbenfett oder Walfischtran einrieben Volkermord Bearbeiten nbsp Julio Popper neben einem ermordeten Selk namAb etwa 1850 begann die dauerhafte Besiedelung der Isla Grande durch Einwanderer aus Argentinien Chile und Europa In den folgenden Jahrzehnten wurde ein Grossteil der dort lebenden ca 2000 Selk nam entweder von den Einwanderern ermordet oder kam indirekt durch Hunger oder Krankheiten zu Tode Als erstes kamen die Goldsucher die teilweise ausserst gewaltsam gegen die Selk nam vorgingen da es noch kaum eine polizeiliche Kontrolle auf der Insel gab Bekannt wurde insbesondere die Mordbande um Julio Popper Ab 1878 expandierte die Schafzucht in die unbewaldete Pampa der nordlichen Isla Grande was fur die Selk nam eine existentielle Bedrohung ihrer Lebensgrundlage bedeutete Die Selk nam wehrten sich und griffen die Farmer an oder jagten deren Schafe die sie als Weisse Guanakos bezeichneten 8 Der Konflikt zwischen Schafzuchtern und Selk nam eskalierte am Ende des 19 Jahrhunderts Von vielen Schafzuchtern wurde eine Pramie von einem Pfund Sterling Kopfpreis pro Abschuss eines Selk nam ausgesetzt Das Londoner Anthropologische Museum bezahlte einmal gar acht Pfund Sterling fur den Kopf eines Feuerlanders 9 Die chilenischen Unternehmer Mauricio und Sara Braun 10 Jose Menendez 10 und dessen Gutsverwalter Alexander McLennan 10 leisteten der Vernichtung der Selk nam weiteren Vorschub Neben den Schafzuchtern und Goldsuchern kamen Missionare darunter ab 1887 auch die Salesianer Don Boscos Nach Protesten gegen den Genozid gingen die Behorden dazu uber die Selk nam in Gruppen zusammenzutreiben Sie wurden oft in ein provisorisches Lager am Hafen von Punta Arenas oder nach Ushuaia verschleppt Viele kamen schliesslich auf eine Missionsstation auf die Isla Dawson 11 So wurden die Missionare trotz bester Absichten zum Beschleuniger des Genozids Sie griffen in die kulturelle Selbstverwaltung der Selk nam ein und etablierten zahlreiche westliche Traditionen die nicht immer hilfreich fur das Uberleben im Feuerland waren 12 1911 lebten noch etwa 300 Selk nam in Reservaten aber eine Masern Epidemie im Jahre 1925 totete den Grossteil dieser Menschen 1966 1969 und 1974 starben drei letzte bekannte Selk nam Esteban Yshton Lola Kiepje und Angela Loij Gegenwart Bearbeiten Heute spuren die Medien immer wieder Nachfahren der Indigenen auf die allerdings weder Sprache noch Traditionen der Selk nam in ihre westliche Lebensweise ubernommen haben Seit 2004 leben einige Nachfahren auf 35 000 Hektar Land das sie von der argentinischen Regierung zugeteilt bekommen haben Sie haben sich zur Comunidad Indigena Rafaela Ishton zusammengeschlossen um Traditionen und Kultur der Selk nam zu revitalisieren 13 14 In Punta Arenas widmet sich das 1893 gegrundete Museo Salesiano Maggiorino Borgatello u a den ethnischen Spuren Kultur der Selk nam BearbeitenDie Kultur der Selk nam ist vor allem durch den deutschen Ethnologen Pater Martin Gusinde uberliefert der in einem uber 1000 Seiten starken Band die Kultur der Selk nam detailliert beschrieben hat Dem Ethnologen wurde fur den religiosen Teil seines Buches eine einseitige Beschreibung vorgeworfen 15 16 17 die sich dem Forschungsinteresse seines Instituts dem Wiener Anthropos Institut unterworfen habe Ausserdem weiss man heute dass Gusindes Beschreibung der Selk nam von zahlreichen zeitgenossischen Ideen unreflektiert beeinflusst wurde Dennoch ist sein Buch von unschatzbarem Wert denn er war der erste und der letzte Ethnologe der die Selk nam Kultur in ihrer Ganzheit beschrieben hat Eine knappe und brauchbare Zusammenfassung der Kultur die sich auch aber nicht nur auf Gusindes Monographie stutzt findet sich bei Cooper 1944 Eine nahezu vollstandige Bibliographie aller Texte vorwiegend Reiseberichte zu den Feuerlandindianern stellt Cooper 1917 dar Die jungsten und bisher letzten ethnographischen Forschungen hat Anne Chapman ab 1964 durchgefuhrt und 1982 publiziert Spatere Veroffentlichungen wie z B die Aufsatzsammlung von McEwan 1997 stutzen sich lediglich auf Sekundarquellen Ernahrung Bearbeiten nbsp Selk nam bei der JagdDie Selk nam ernahrten sich fast ausschliesslich von Fleisch das alle paar Tage frisch gejagt wurde Es wurde niemals roh gegessen sondern in dicken Stucken im Feuer gebraten Im Norden der Insel ass man vor allem von einer Kammratten Gattung Ctenomys magellanicus auch Tukotuko genannt von Gusinde falschlicherweise als Cururo bezeichnet im Suden ausschliesslich Guanakofleisch Bei der Jagd auf das Guanako wurden neben Pfeil und Bogen auch Hunde verwendet Die Ratten fing man mit einer List Die Erde uber dem Rattenbau wurde nachts bis auf eine dunne Schicht abgetragen tagsuber wenn das Tier im Bau sass wurde die Decke mit der Ferse eingetreten und die Ratte verschuttet oder zerquetscht 18 Pflanzen wurden nahezu gar nicht gegessen am haufigsten dabei noch Wurzeln Pilze und Beeren Ausserdem kannten sie ein Mehl aus Kornern der Descurainia antarctica das zwischen zwei unbearbeiteten Steinen gemahlen und anschliessend mit Wasser oder Fett vermischt wurde 19 Behausung Bearbeiten Die Selk nam hatten keine dauerhaften Siedlungen sondern wechselten den Standort in Anpassung an die Bedingungen der Jagd Jede Familie baute sich ublicherweise ein eigenes Zelt Ein Zelt bestand aus Holzpfosten die konisch aneinandergelehnt waren und mit Leder ummantelt wurde In einer Hohe von 30 cm stopfte man zwischen die Prugel Erdballen und Rasenklumpen Im Norden der Isla Grande wo es an Holzpfosten mangelte baute man oft auch nur einen Windschutz dessen wenige Pfosten man mitfuhrte In der Mitte der Hutte wurde mit Feuersteinen ein Feuer entzundet das tagsuber und nachts Warme spendete und auf dem man das Fleisch briet 20 Kleidung und Schmuck Bearbeiten Das wichtigste Kleidungsstuck der Selk nam war ein Fellmantel der aus Guanakofell oder zusammengenahten Kammrattenfellen bestand und den man mit dem Fell nach aussen trug im Unterschied zu den Tehuelche nordlich der Magellanstrasse Dieser Mantel diente auch als Schlafdecke Ausserdem trug man haufig Ledermokassins Ein erwachsener mannlicher Selk nam trug ausserdem auf Wanderungen und auf der Jagd ein dreieckiges Fellstuck um den Kopf gebunden dessen breitestes Eck aufrecht an der Stirn nach oben ragte Frauen trugen zusatzlich zum Mantel noch einen Schamschurz aus Leder 21 Ton Erde oder Asche wurde bei den Selk nam sowohl fur die Reinigung als auch fur die Verzierung aufgetragen Beschmieren mit Fett ebenfalls mit roter Erde vermischt wurde zusatzlich zum Schutz vor Kalte angewandt Die Bemalung des Korpers mit weiss schwarz oder rot trug man grosstenteils spontan und auf personliche Initiative bei sich selbst auf Dabei konnte man die aktuelle Stimmung kundtun 22 Ausserdem wurden die Farben bei der wichtigsten Feier der Selk nam dem Hain verwendet um die Indianer als Geister zu verkleiden Politische Organisation und Eigentumsverstandnis Bearbeiten Eine erstaunliche Besonderheit in der politischen Organisation der Selk nam ist dass sie sich als eine genau umrissene Volkseinheit begriffen Begunstigt bzw begrundet wurde dies durch die geographischen Begrenzung auf die Isla Grande Jede Grossfamilie hatte ein genau umrissenes Landstuck und jedermann kannte und respektierte dessen Grenzen Der Ethnologe John Montgomery Cooper nennt 39 solcher Territorien und gibt fur die Grossfamilie 40 120 Personen an Gusinde verzeichnet die 39 Territorien auf einer Karte die dem zum ersten Band gehorenden Bildband beiliegt 23 Innerhalb der Grossfamilien gab es aber keinerlei politische Unterschiede die Einzelfamilien hatten alle Freiheiten und stellten die einzig klar umrissene Gruppe dar Sie gliederten sich wiederum in einzelne Sippen die neben gleicher Abstammung auch den Ort teilten Innerhalb solcher Sippen oder Ortsgruppen gab es dann einen Altesten der sich mehr warnend und mahnend als drohend und schimpfend verhielt 24 Eine Grenzuberschreitung durch Fremde konnte zum Kampf fuhren wenn nicht um Erlaubnis gefragt worden war Selbst wenn Hunde in ein fremdes Territorium gelangten beschwerte man sich bei der Nachbargruppe Bei den Selk nam war der Begriff des Landeigentums sowohl in einem staatlichen Sinn wie auch in einem privaten Rahmen stark ausgepragt Der Eigentumsbegriff der Selk nam und letztlich auch das Landrecht baute auf den Tierbestand auf der das wichtigste zum Uberleben war Personlichen Besitz gab es auch allerdings betraf er nur das Notigste da die Selk nam standig umherzogen Der Tauschhandel zwischen den einzelnen Gruppen war sehr rege und auch notwendig da die verschiedenen Gegenden der Insel verschiedene Materialien etwa besonders guten Stein fur Pfeilspitzen bereithielten 25 Auch mit den benachbarten Yamana und Halakwulup wurde getauscht wenn diese Indianer mit dem Kanu die Isla Grande besuchten Diebstahl war nach Gusinde ausserst selten 26 Krieg und Waffen Bearbeiten Selbst der Ethnologe Martin Gusinde der den Selk nam sehr wohlwollend gesinnt war beschreibt die Selk nam als sehr rachsuchtig und leicht reizbar Neben Grenzuberschreitungen kam es zu Kampfen wenn der Schamane einer Gruppe den Verdacht hegte dass der Schamane einer anderen Gruppe einen bosen Zauber gegen die Gruppe gerichtet hatte Den Frauenraub der in vielen Reisen beschrieben wird kann Gusinde aber nicht als Motiv fur Uberfalle auf andere Gruppen bestatigen eher seien wohl vereinzelt Frauen mitgenommen worden ohne dass dies der Grund fur den Uberfall gewesen ware 27 Ausserdem war Mord ein zwingender Grund fur Rache Die Intensitat der Kampfe reichte von Kriegen die zahlreiche Leben forderten 28 uber normale Uberfalle bis hin zur ritualisierten wettbewerbsartigen Schlichtung von Streitigkeiten in einem Pfeil Duell 29 Die Selk nam verwendeten bei Angriffen auf befeindete Gruppen Pfeil und Bogen Oft hatte der Gegner aber bereits sein Lager verlassen die Frauen hatten die Kinder und Sauglinge in Wiesen versteckt und sich selbst in Sicherheit gebracht wahrend die Manner an einem taktisch gunstigen Ort auf die Angreifer warteten Dabei baute man auch Schutzwalle aus Erde Reisig oder Leder Manchmal gab sich der Feind aber auch mit der Zerstorung der verlassenen Hutten zufrieden 30 Sexualitat und Ehe Bearbeiten Bei den Selk nam gab es eine eheahnliche Institution und ein Verbot vorehelicher Sexualitat das durch sexuelle Anspielungen und heimliche Treffen der Jugendlichen umgangen wurde Vielehe war bei den Selk nam vereinzelt ublich mit mehr als zwei Frauen erntete man aber Spott von den anderen Gruppen 31 Martin Gusinde konnte bei seinen Forschungen in den 1920ern Vorstellungen von Liebe und Ehe bei den Selk nam erkennen die denen der konservativen Sittlichkeitsbewegung um 1920 in Deutschland und Osterreich stark ahneln Da Gusinde stets um eine positive Darstellung der Indianer bemuht war ist es jedoch nicht auszuschliessen dass er seine Vorstellungen eines konservativen Liebes Ehe und Familienideals auf die Indianer ubertragen hat Berichte anderer Autoren uber diesen intimen Bereich des Soziallebens liegen nicht vor Arbeiten und Arbeitsteilung Bearbeiten Der Mann bei den Selk nam kummerte sich vor allem um die Jagd Auch wenn sich die Gelegenheit bot nahm er nie Pflanzen mit da dies in der Auffassung der Selk nam eine reine Frauentatigkeit ist Zur Jagd gehorte auch die Herstellung der Waffen und die Abrichtung der Hunde Um das Aufziehen der Kinder kummerte sich ein Vater erst spater wenn der Nachwuchs die Jagd oder andere Mannertatigkeiten von ihm erlernen musste Ausserdem half er seiner Frau bei schweren Arbeiten z B bei der Brennholzbeschaffung oder dem Zusammenbauen der Hutte Ansonsten war die Frau aber fur die Hutte zustandig Ihre Hauptaufgabe war die Betreuung und Erziehung der Kinder Ausserdem bereitete die Frau fur alle Familienmitglieder das Essen schnitt und briet das Fleisch Auch die Herstellung von Leder und Kleidung fiel in ihren Bereich Beim Umzug musste sie neben Zelt und eventuell einem Saugling einen Grossteil des Besitzes tragen damit der Mann bei Gelegenheit einem Beutetier nachjagen konnte 32 Geburt und Kinderaufzucht Bearbeiten Nach der Geburt ass eine Selk nam Frau einen Monat lang ausser Innereien kein Fleisch sondern nur Fische Pilze Fruchte und Wurzeln Auch dem Mann wurde empfohlen sehr wenig zu essen Zur Reinigung wurden die Kinder mit Tonschlamm eingeschmiert Die Nabelschnur eines Babys wurde aufbewahrt und Jahre spater im Beisein des Kindes an einen gefangenen Vogel gebunden der anschliessend wieder freigelassen wurde Die Kinder wurden in Fell eingebunden auf einer leiterahnlichen Kindertrage verwahrt die aufrecht in der Nahe der Mutter stand wahrend diese ihre Tatigkeiten erledigte Beim Transport trug sie das Kind auf dem Nacken oder auf dem Rucken manchmal in einem Lederriemen 33 Feiern und Rituale Bearbeiten Von grosser Bedeutung fur den Jahres und Lebenslauf bei den Selk nam war das langdauernde Ritual Hain Der Ethnologe Martin Gusinde nannte es falschlicherweise Kloketen nach der Bezeichnung fur die Kandidaten 34 Fur das Fest kamen zahlreiche Gruppen fur mehrere Monate an einer Stelle zusammen Die Manner verbrachten einen Grossteil der Zeit in einer speziell errichteten Hutte Zum einen wurden dort die Kloketen also Jugendliche die ins Mannerdasein uberfuhrt werden sollten mit Mythen unterrichtet und mussten in zahlreichen strengen Proben Ausdauer und Standhaftigkeit beweisen Ausserdem wurden religiose Rituale mit Gesangen und Tanzen vollfuhrt Hohepunkt des Festes waren zahlreiche Auftritte von Geistern Dazu bereiteten die Manner Masken und Verkleidungen fur bestimmte Geister aus der Mythologie vor Jeder Geist gespielt von einem oder mehreren Mannern trat mehrmals wahrend des Festes auf und zeigte verschiedene Verhaltensweisen Teilweise dienten die Geister dazu die Frauen zu erschrecken und sie auf Fehlverhalten hinzuweisen Andere Geister dienten der Belustigung teilweise kam es auch zu Spielen zwischen Mannern und Frauen Die Frauen durften die Mannerhutte aber nicht betreten und sollten auch nicht erfahren dass die Geister nur gespielt sind Bis heute ist unklar wie viel die Frauen von dem grossen und streng gehuteten Geheimnis der Zeremonie wussten Gusinde war davon uberzeugt dass die Frauen die aufgefuhrten Geister fur echt hielten 35 Die Ethnologin Anne Chapman konnte bei ihren Forschungen 30 Jahre nach Gusinde bei letzten damals noch lebenden Selk nam feststellen dass manche Frauen teilweise erkannten dass die Geister gespielt sind Chapman halt das ganze fur ein zweiseitiges Theater wobei die Frauen ihre Reaktion auf die Geister und ihr Unwissen uber die Identitat der Schauspieler ebenfalls inszenierten Davon unberuhrt sei aber der feste Glauben an die Existenz der Geister bei Frauen wie bei Mannern Er sei unabhangig vom Wissen uber die Inszenierung wahrend des Hain 36 Die Fotos die Martin Gusinde von den Darstellern der Geister wahrend eines Hain Rituals gemacht hat sind bis heute sehr bekannt und werden allgemein mit den Indianern Feuerlands in Verbindung gebracht 37 38 39 Weniger aufwandig als die mannliche Initiation wurde bei den Selk nam die erste Regelblutung eines Madchens begangen Das Madchen musste sich fur einige Tage an spezielle Nahrungsvorschriften halten und wurde im Gesicht bemalt Sie durfte die Hutte der Eltern nicht verlassen und nicht mehr mit anderen Kindern spielen Wahrenddessen kam die Verwandtschaft des Madchens zu Besuch und belehrte die junge Frau Nach funf Tagen begann das Madchen wieder mit ihrem ublichen Alltag wurde nun aber als Frau wahrgenommen und strenger behandelt Mit zahlreichen Unterweisungen bemuhte sich die Mutter darum das Madchen auf die kommenden Pflichten als Ehefrau und Mutter vorzubereiten 40 Bestattung Bearbeiten Bei den Selk nam vollzog sich eine Beerdigung mit grosster Einfachheit Der Leichnam wurde nicht bemalt und nicht hergerichtet sondern lediglich in ein oder zwei Fellmantel eingewickelt und auf mehrere Holzstamme gelegt und festgebunden Man trug ihn ein gutes Stuck vom Lager weg und begrub ihn moglichst unauffallig weshalb man auch ein zu starkes Aufhaufen von Steinen oder Erde unterliess Grabbeigaben waren nicht in Gebrauch der Besitz wurde verbrannt Die Trauer fand lautstark mit Weinen und Schreien in den Stunden nach dem Tod statt Teilweise wurde das Klagen und Weinen uber Monate und Jahre regelmassig weitergefuhrt Auch das Anritzen der Haut oder das Schneiden einer Tonsur wurde zur Trauer praktiziert Fur alle auch fur benachbarte Lager galt die Pflicht sich mit roter Farbe einzureiben wenn sie von dem Tod erfuhren wahrend die Angehorigen meist schwarze Holzkohle verwendeten Eine formliche Trauerfeier wie bei den Yamana gab es dagegen nicht Wie bei diesen und bei den Halakwulup wurde in den nachsten zwei Jahren vermieden den Namen des Toten auszusprechen man umschrieb die Person aber wohl 41 Religion Bearbeiten Der Ethnologe Martin Gusinde erkannte bei den Selk nam einen Gott ein sogenanntes Hochstes Wesen das Temaukel genannt wurde Gusindes Beobachtungen die die einzigen Untersuchungen zur Kosmologie der Selk nam sind mussen allerdings kritisch betrachtet werden da Gusinde von der Wiener Ethnologie beeinflusst war die nach einem Urmonotheismus forschte Seine Feuerlandreise war vor allem deshalb von seinem geistigen Vater Pater Wilhelm Schmidt gefordert worden weil dieser sich bei diesen primitiven Kulturen eine Losung zu der Frage versprach wie Religion entstanden ist Deshalb wird heute allgemein angenommen dass Gusindes Beschreibung eines Hochsten Wesens von dieser Idee beeinflusst ist Dieser Gott ein korperloses Wesen bestrafte und belohnte den Menschen noch wahrend seines Lebens fur sein gutes oder schlechtes Handeln und war damit auch der Urheber der ethischen Verhaltensregeln Auch fur den Tod war er verantwortlich Eine zweite Gottheit war Kenos der im Auftrag von Temaukel die Erde und die Menschen geschaffen hat Aber in praktischen Ritualen hatte Temaukel keine Bedeutung wenngleich die Leute tiefen Respekt vor ihm hatten wie Cooper berichtet Gebetet wurde fast gar nicht anders als bei den Yamana Gebrauchlich waren allerdings Opfergaben 42 Nach dem Tod der von Temaukel ausgelost wurde trennte sich die Seele von dem leblosen Korper und lebte weiter Allerdings so Gusinde gabe es keine allgemeinen genaueren Angaben wo und wie Die Wiederkehr ist aber vollig ausgeschlossen Religiose Jenseitsvorstellungen hatten fur die Selk nam keine grosse Bedeutung 43 Neben diesen zwei Gottheiten gab es bose Geister die sogenannten Yosi Sie sind mannlich und lustern Man nimmt sich vor ihnen in Acht da sie auch den Tod verursachen konnen aber man kann spottisch und ohne Respekt uber sie sprechen 44 Schamanismus Bearbeiten Wie bei zahlreichen anderen sudamerikanischen Indianern gab es auch bei den Selk nam einen Schamanen der medizinische und religiose Aufgaben ausfuhrte Die Berufung geschah in Traumen die Ausbildung dazu erhielt ein Junge privat von einem anderen Schamanen Der Schamane heilte beeinflusste das Wetter und das Jagdgluck und half beim kriegerischen Geschick Bei der Heilung wurden kleine Objekte oft Pfeilspitzen aus dem Korper entfernt Bei den Selk nam war die haufigste Aufgabe aber uber die Gruppe eines befeindeten Schamanen Ungluck zu bringen schreibt Cooper 45 Gusinde dagegen meint dass der Schamane in erster Linie fur personliche Zwecke in Anspruch genommen wurde 46 Weibliche Schamanen gab es auch aber nur sehr vereinzelt und mit einem sehr beschrankten Aufgabengebiet 47 Mythologie Bearbeiten Martin Gusinde warnte davor die Entstehungsgeschichte und die Mythen der Selk nam zu vereinheitlichen da beim Erzahlen immer personliche Erlebnisse mit eingeflochten werden 48 Wie bereits erwahnt hat Kenos die anfanglich flache und leere Erde so geandert wie sie heute ist Ein wichtiger Bestandteil vieler Mythen ist die Vorstellung dass sich die Ahnen nach ihrem Tod in Tiere Berge Sterne oder Winde verwandelt haben Siehe auch BearbeitenPatagonier KawesqarLiteratur BearbeitenLucas E Bridges Uttermost Part of the Earth Indians of Tierra del Fuego Dutton New York 1949 Reprint Dover 1988 Claudia Briones Jose Luis Lanata Hrsg Archaeological and Anthropological Perspectives on the Native Peoples of Pampa Patagonia and Tierra del Fuego to the Nineteenth Century Bergin amp Garvey London 2002 Anne Chapman Drama and Power in a Hunting Society The Selk nam of Tierra del Fuego Cambridge University Press Cambridge 1982 Anne Chapman El chamanismo entre los Selk nam tierra del fuego In Barbro Dahlgren de Jordan Hg Historia de la religion en Mesoamerica y areas afines UNAM Mexiko Stadt 1987 ISBN 968 837 943 3 S 11 20 John M 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1931 S 348 353 Gusinde 1931 S 370 378 Chapman 1982 S 157 Gusinde 1931 S 901 Chapman 1982 S 74 77 153 Anton Quack Mank acen der Schattenfanger Martin Gusinde als Ethnograph und Fotograf der letzten Feuerland Indianer In Anthropos 85 Nr 1 3 1990 S 149 161 Thomas Theye Hrsg Der geraubte Schatten Die Photographie als ethnographisches Dokument Bucher Munchen 1989 Marisol Palma Bild Materialitat und Rezeption Fotografien von Martin Gusinde aus Feuerland Meidenbauer Munchen 2008 ISBN 978 3 89975 649 4 Gusinde 1931 S 410 413 Gusinde 1931 S 542 567 Cooper 1944 S 123 Gusinde 1931 S 496 512 Gusinde 1931 S 537 541 Gusinde 1931 S 697 705 Cooper 1944 S 124 Gusinde 1931 S 721 Gusinde 1931 S 733 Gusinde 1937 S 1386 1387 Gusinde 1931 S 569 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Selk nam amp oldid 235117050