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Unter selbstorganisierender Malerei lassen sich alle Maltechniken zusammenfassen die zur Musterbildung physikalische bzw chemische Eigenschaften der verwendeten Materialien einsetzen Diese Materialien erzeugen ein nichtlineares System bzw dynamisches System dessen zeitlicher Verlauf Muster bildet die als Motive verwendet werden konnen Die prinzipielle Eigenschaft dieser Systeme ist die Dynamik der Musterbildung durch immanente physikalische Krafte was einer Selbstorganisation der entsprechenden Materialien entspricht Ausgehend von einem Anfangszustand entwickelt sich ein solches dynamisches System selbstandig bzw durch Regelungsoperationen von aussen indem eine Sequenz von Zwischenzustanden durchlaufen wird bis ein Gleichgewichtszustand eintritt Der Gleichgewichtszustand besitzt meist wenig interessante asthetische Eigenschaften sodass die Zwischenzustande die Motive sind die dem eigentlichen Interesse des Kunstlers gelten Die Aufgaben des Kunstlers innerhalb dieses Selbstorganisationsprozesses bestehen zunachst in der Bereitstellung der verwendeten Materialien bei denen es sich meist um Flussigkeiten handelt Diese Materialien werden in bestimmten Mengen und in bestimmten Konfigurationen zueinander raumlich in Beziehung gesetzt was dem Initialisierungszustand der Selbstorganisation entspricht Ausgehend von dieser Initialisierung entwickelt sich der Musterbildungsprozess wobei der Kunstler durch Regelungsoperationen wie z B dem Hinzufugen neuer Materialien oder der raumlichen Rekonfiguration von vorhandenen Materialien auf diesen Selbstorganisationsprozess einwirken kann Die Sequenz der einzelnen Zwischenzustande ist in den meisten dynamischen Systemen zeitlich irreversibel d h aufgetretene Zustande treten nur einmal auf und sind dann sozusagen verloren Diese Eigenschaft macht eine Form der Dokumentation der Zwischenzustande notwendig wobei Fotografie und Film bzw Video hierfur geeignete Mittel sind Die Aufgabe des Kunstlers besteht in diesem Zusammenhang in der klassischen Kompositionsentscheidung bei der festgelegt werden muss wann welcher Ausschnitt eines Objektes oder eines Geschehens fotografiert oder gefilmt werden soll Als Entdecker Erfinder dieser Form der Malerei gilt Friedlieb Ferdinand Runge der im 19 Jahrhundert Chemikalienlosungen auf saugfahiges Papier aufbrachte die sich selbstandig zu komplexen und asthetischen Farb und Formmustern organisierten Die Ergebnisse seiner Experimente zur Musterbildung veroffentlichte er 1855 in dem Buch Der Bildungstrieb der Stoffe veranschaulicht in selbstandig gewachsenen Bildern Er schrieb diese neue bisher unbekannt gewesene Kraft der Bildungs trieb wird nicht durch ein Ausseres erregt oder angefacht sondern wohnt den Stoffen ursprunglich innen und er betrachtet sie als das Vorbild der in den Pflanzen und Thieren thatigen Lebenskraft Aus diesen Versuchen entwickelte Runge spater das Verfahren der Chromatographie Physikalische bzw chemische Prinzipien der Musterbildung BearbeitenOberflachenspannungMusterbildung in Flussigkeiten ausgelost durch Oberflachenspannung unter Verwendung von Losungsmitteln und Farbpigmenten auf einer wassrigen oder oligen Unterlage Beeinflusst wird die Oberflachenspannung durch Zusatzstoffe wie Alkohol oder Tenside Treffen zwei oder mehrere Flussigkeiten mit einer unterschiedlichen Oberflachenspannung aufeinander so versuchen sie durch die Bildung von verzweigten Auslaufern Finger ein Gleichgewichtszustand zu erreichen Es entstehen morphologisch unterschiedliche Strukturen wie Verastelungen Dendriten Blattformen viscous fingering Zellstrukturen pulsierende Gewebemuster Grenzflachendynamik Viscous Fingering Zwischen zwei parallelen Glasplatten Hele Shaw Zelle benannt nach dem britischen Ingenieur Henry S Hele Shaw befindet sich eine Flussigkeit mit einer hohen Viskositat In diese Flussigkeit wird eine andere Flussigkeit mit einer kleineren Viskositat injiziert wodurch wandernde Grenzflachen zwischen den beiden Flussigkeiten entstehen die wie pflanzliche Strukturen weiterwachsen Werden die Glasplatten auseinandergezogen so bilden sich fingerartig verzweigte Muster viscous fingering Oszillierende chemische WellenBildung kreisformiger Wellen oder Spiralen durch eine Belousov Zhabotinsky Reaktion KonvektionsstromeBenard Konvektion regelmassige Stromungsmuster in Flussigkeiten die von unten erwarmt werden Mogliche Eingriffsparameter durch den Kunstler ist die Veranderung der Flussigkeitsmenge die Veranderung der Gefassform die Regelung der Energiezufuhr Literatur BearbeitenUwe Reichert Bilder die sich selber malen Gestaltbildung in nichtlinearen dynamischen Systemen In Spektrum der Wissenschaft September 1996 S 115 Volkhard Sturzbecher Bilder die sich selber malen In Spektrum der Wissenschaft April 2001 S 78 85 Weblinks Bearbeitenhttps www stuerzbecher de Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Selbstorganisierende Malerei amp oldid 238475224