www.wikidata.de-de.nina.az
Unter Sagakritik versteht man eine Forschungsrichtung unter den Historikern die den Quellenwert der Sagas fur die Geschichtsschreibung bestreitet Ein besonderer Zweig der Saga Kritik ist die so genannte Islandische Schule die sich mit den Islander Sagas befasst Daneben gibt es einen Zweig der sich mit den Konigs Sagas in der Heimskringla Snorris auseinandersetzt Inhaltsverzeichnis 1 Die Islandische Schule 2 Sagakritik in der norwegischen Geschichte 2 1 Ursprung 2 2 Weiterbildung in Norwegen und Deutschland 3 Beispiel 4 Entwicklungen und Konsequenzen 5 Kritik an ubertriebener Sagakritik 6 Literatur 7 FussnotenDie Islandische Schule BearbeitenDie Islandische Schule wurde von einer Reihe islandischer Forscher getragen die den Quellenwert der Islander Sagas bestritten und sie zu Romanen erklarten und sie damit der Belletristik und der Literaturforschung zuwiesen Die Wurzeln gehen bis ins 19 Jahrhundert auf Konrad Maurer zuruck Aber ausformuliert wurde sie vom ersten Professor fur islandische Sprache und Literatur an der Universitat Reykjavik Bjorn M olsen Die volle internationale Durchschlagskraft erhielt sie nach den 1960er Jahren durch olsens Nachfolger Sigurdur Nordal sowie anderen islandischen Forschern wie Einar olafur Sveinsson und Jon Johannesson Sigurdur Nordal schrieb wahrend seiner Zeit als Botschafter in Danemark das Buch The Historical Elements in the Icelandic Family Sagas 1 Seine grosse Autoritat auf dem Gebiet der Sagaforschung liess den ubrigen Historikern keine Moglichkeit mehr die Sagas als historische Quelle zu benutzen Seiner Ablehnung der Sagas als Quelle lag das Konzept zu Grunde dass der Historiker sich auf die historischen Tatsachen zu beschranken habe die man in historischen Darstellungen finde Da die Islander Sagas aber Literatur seien lagen sie ausserhalb des Arbeits und Kompetenzgebietes eines Historikers 2 Er schrieb in einer Zeit in der sich die Forschung zum Ziel gesetzt hatte zwischen Wahrheit und Dichtung zu unterscheiden Dass die Sagas historische Quellen fur die Darstellung sozialer Prozesse in Island im Mittelalter sein konnten lag ausserhalb des Gesichtskreises 3 Sagakritik in der norwegischen Geschichte BearbeitenUrsprung Bearbeiten Edvard Bull schrieb 1931 in seiner Einleitung zu seinem 2 Band von seinem Werk Det norske folks liv og historie Wir mussen jede Vorstellung daruber aufgeben dass Snorris machtiges historisches Epos eine tiefere Ahnlichkeit mit dem hat was wirklich in der Zeit zwischen der Schlacht am Hafrsfjord und der Schlacht bei Re geschehen ist Edvard Bull Det norske folks liv og historie Diese mit der traditionellen Auffassung aufraumenden Beiseiteschiebung der Sagaliteratur hatte bereits mit den schwedischen Brudern Lauritz und Curt Weibull begonnen In der Abhandlung Kritiska undersokningar i Nordens historia omkring ar 1000 Kritische Untersuchungen in der nordischen Geschichte um das Jahr 1000 herum von Lauritz Weibull zeigte er auf wie weit die Sagaverfasser die Wirklichkeit der Geschichte verfalscht hatten Einflusse wandernder Motive eine nationalistische Tendenz und der Hang zu Konstruktionen seien dafur verantwortlich Er hielt das alles fur reine Dichtung ohne besonderen Faktenbezug Weiterbildung in Norwegen und Deutschland Bearbeiten nbsp Dieser Artikel oder Abschnitt bedarf einer grundsatzlichen Uberarbeitung Naheres sollte auf der Diskussionsseite angegeben sein Bitte hilf mit ihn zu verbessern und entferne anschliessend diese Markierung In Norwegen initiierte Halvdan Koht die Sagakritik 1913 in einem Vortrag Die Auffassung der Sagas uber die alte Geschichte der ein Jahr spater unter dem Titel Sagaernes opfatning var vor gamle historie in der Historisk tidskrift erschienen ist Seiner Ansicht nach wurden die Sagas tendenzios aus der Sicht des 13 Jahrhunderts abgefasst Unter dem Eindruck des Kampfes zwischen Aristokratie und Konigsmacht in Norwegen Ende des 12 Jahrhunderts unter Konig Sverre habe Snorri den Schluss gezogen dass die gesamte fruhere Zeit der Reichseinigung von dauerndem Kampf gepragt gewesen sei Aber das war nach Koht falsch Damals zur Zeit der Reichseinigung haben nach ihm Konig und Aristokratie im Gegenteil gut zusammengearbeitet Auch in Deutschland hat man sich im Zusammenhang mit dem Svolder Problem mit der Sagakritik befasst siehe Literatur und Quellenkritik In Deutschland war Walter Baetke Vertreter einer sehr weitgehenden Saga Kritik In seiner Schrift Christliches Lehngut in der Sagareligion schrieb er beispielsweise Wie in der mundlichen Tradition uberhaupt sind auch aus dem religiosen Bereich hochstens einzelne Tatsachen oder Vorgange also aussere Daten uberliefert worden dagegen wenig oder gar nichts was das religiose Leben oder was die religiosen Anschauungen der Menschen betrifft Und Die Traditionstrager waren zwei Jahrhunderte lang Christen Nach wenigen Generationen schwand nicht nur die Kenntnis der heidnischen Religion dahin sondern ebenso auch das Verstandnis fur sie Und in demselben Masse wuchs die Gefahr dass auch die uberlieferten Tatsachen umgedeutet und umgestaltet wurden 4 Diese Sicht auf die Sagas dass sie Erzeugnisse einer spaten Schriftkultur seien die nicht auf zuverlassigen alteren Tradition aufbauten hat bis zum Ende des 20 Jahrhunderts die Diskussion beherrscht Heute sieht man auf Grund archaologischer Erkenntnisse insbesondere der Darstellungen auf Goldbrakteaten und der Ortsnamensforschung den Zeugniswert der Sagas differenzierter Beispiel BearbeitenDie Fagrskinna um 1220 verfasst beschreibt Harald Harfagre wie folgt Harald Sohn von Halvdan Svarte ubernahm nach seinem Vater das Konigtum Er war da noch jung an Jahren aber er hatte bereits die volle Mannhaftigkeit die ein gesitteter Konig haben muss Seine Haare waren lang und mit einer merkwurdigen Farbe von blasser Seide Er war der tuchtigste von allen Mannern und ungewohnlich stark und so gross wie man an dem Stein auf seinem Grab sehen kann das sich in Haugesund befindet Er war ein aussergewohnlich kluger Mann Er war vorausschauend und wagemutig und hatte das Gluck mit sich Er setzte sich das Ziel Herr uber das Reich der Nordmanner zu werden und sein Geschlecht erhoben in dieser Zeit das Land zu grosser Ehre und so soll es allezeit bleiben Fagrskinna um 1220 Dies ist offensichtlich die Idealvorstellung eines Konigs im 13 Jahrhundert Der Verfasser wollte nicht Harald beschreiben sondern er wollte das Herrschergeschlecht nach ihm ruhmen und legitimieren Gleichwohl hat die Sagakritik an der Nachfahrenliste Harald Harfagres nicht gezweifelt Entwicklungen und Konsequenzen BearbeitenIn der Zeit zwischen den Weltkriegen interpretierten die Vertreter der Sagakritik die norwegische Geschichte des 11 und 12 Jahrhunderts als logische Folge okonomischer und sozialer Gesetzmassigkeiten Sie konstruierten zwangslaufige Entwicklungslinien von der Volkerwanderungszeit bis zum christlichen Mittelalter Das fuhrte teilweise zu einer unkritischen Verwendung der Sagas wenn sie die vorkonstruierte Theorie stutzten Die durch Gustav Storm um die Jahrhundertwende eingeleitete kritisch sorgfaltige Arbeit an den Texten wurde durch einen mehr aus dem Zufall hervorgehenden Gebrauch der Sagas insbesondere wenn auf die fur die politische Geschichte nicht aussagekraftigen vieldeutigen archaologischen Funde abgehoben wurde abgelost Paradoxerweise schwachte so die Sagakritik den gewissenhaften Umgang mit den Texten Die Sagakritik weitete sich bei einigen Forschern zu einer allgemeinen radikalen Quellenkritik aus Beispiele sind dafur Peter H Sawyer und besonders Regis Boyer Nach Boyer sind die Sagas nicht glaubwurdig weil sie mehrere hundert Jahre nach den Ereignissen verschriftlicht worden sind Die Runenstein Inschriften reprasentieren nur eine dunne Oberschicht Die Archaologie ist in ihren Methoden zur zeitlichen Einordnung der Funde zu ungenau Die Gesetze geben nur einen gewunschten nicht aber den wirklichen Zustand wieder und die frankischen und angelsachsischen Annalen von christlichen Monchen schildern die Ereignisse christlich subjektiv und damit verfalscht 5 Demgegenuber versucht die seriose Forschung durch sorgfaltige Textanalyse die glaubhaften Informationen aus den Quellen herauszupraparieren Vertreter dieser Richtung sind z B Jon Vidar Sigurdsson und Horst Zettel 6 Ebenso paradox fuhrte die marxistische Pragung zu einer nationalen Fixierung des Gegenstandes wo er doch eher in einen gesamteuropaischen Zusammenhang hatte gestellt werden sollen Kritik an ubertriebener Sagakritik BearbeitenNach dem Zweiten Weltkrieg ausserte sich Kritik gegenuber dem aufgekommenen gewissenlosen Umgang mit den Sagaquellen Georges Dumezil ausserte sich vor dem Hintergrund seines komparativen Vergleichs im Rahmen gemein indogermanischer Religion und Linguistik Somit ist nicht langer erlaubt bei den Loki Erzahlungen der Prosa Edda nach der beliebten Ubung der neuesten Kritiker die in anderen islandischen Quellen nirgend als bei Snorri bezeugten Zuge auszuscheiden Und damit ist mit einem Schlag der grosste Teil unseres Materials zuruckgewonnen Georges Dumezil Loki S 76 1959 Einer der Hauptkritikpunkte ist dass mit der Ablehnung aller Quellen jeglicher nachvollziehbare Zugang zu den geschilderten Ereignissen verloren geht In aller Regel werden dann die Quellen bei der Darstellung doch benutzt aber es fehlt jegliche Rechtfertigung nach welchen Kriterien Informationen doch als glaubhaft herangezogen werden damit uberhaupt eine Ereignisgeschichte erstellt werden kann Auch Sorensen wendet sich dagegen die Schilderungen Snorris als unhistorisch zu verwerfen Man habe in Snorri einen zuverlassigen gut orientierten und vertrauenswurdigen Versuch eines mittelalterlichen Historikers ein Bild des heidnischen Kultes und des Verhaltnisses zwischen Macht und dem Heiligen zu geben Die Idealquelle der quellenkritischen Historiker ware eine Beschreibung der Kulte von einer zeitgenossischen inlandischen gut unterrichteten Person Die gibt es nicht aber das Ideal offenbare den Fehler dieser Quellenkritik Wenn man eine solche Quelle hatte so konnte man sie nicht verstehen ohne sie in die heutige Begriffswelt zu ubersetzen Faktisch habe man zwar solche authentischen Quellen auf den Runensteinen von Eggjum und Rok oder in den mythologischen Skaldengedichten Aber diese Texte konnten nicht mit Sicherheit gedeutet werden und konnten daher nicht ohne weiteres fur die gegenwartige Vorstellung der heidnischen Religion verwendet werden 7 Der Streit uber korrekte sinn und massvolle Sagakritik dauert bis heute an Literatur BearbeitenWalter Baetke Christliches Lehngut in der Sagareligion Das Svoldr Problem Zwei Beitrage zur Sagakritik Akademie Verlag Berlin 1951 Berichte uber die Verhandlungen der Sachsischen Akademie der Wissenschaften zu Leipzig Philosophisch historische Klasse Bd 98 Heft 6 ISSN 0138 5151 es handelt sich um die verschiedenen Schilderungen der Schlacht Olavs des Heiligen bei Svoldr Claus Crag Vikingtid og Rikssamling 800 1130 Aschehoug Oslo 1995 ISBN 82 03 22015 0 Aschehougs Norges Historie 2 Olaf Olsen Horg hov og kirke Kopenhagen 1966 Rudolf Simek Religion und Mythologie der Germanen Wissenschaftliche Buchgesellschaft Darmstadt 2003 ISBN 3 534 16910 7 Preben Meulengracht Sorensen At fortaelle historien Telling History Studier i den gamle nordiske litteratur Studies in Norse literature Trieste 2001 Fussnoten Bearbeiten Sigurdur Nordal The Historical Elements in the Icelandic Family Sagas Glasgow 1957 Sigurdur Nordal The Historical Elements in the Icelandic Family Sagas Glasgow 1957 S 14 Jesse L Byock Island i sagatiden Samfund magd og fejde Kopenhagen 1999 S 65 ff Baetke 1973 S 329 Regis Boyer Die Piraten des Nordens Leben und Sterben als Wikinger Stuttgart 1997 auf den ersten 60 Seiten Jon Vidar Sigurdsson Norsk historie 800 1300 Fra hovdingsmakt til konge og kyrkjemakt Norwegische Geschichte 800 1300 Von der Hauptlingsmacht zur Konigs und Kirchenmacht Oslo 1999 Horst Zettel Das Bild der Normannen und der Normanneneinfalle in westfrankischen ostfrankischen und angelsachsischen Quellen des 8 bis 11 Jahrhunderts Munchen 1977 Sorensen 2001 S 167 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Sagakritik amp oldid 222700255