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Klassifikation nach ICD 11MH15 Sudden unexpected death in epilepsyICD 11 2022 02 letzte WHO englisch SUDEP engl sudden unexpected death in epilepsy ist ein plotzlich auftretender ungeklarter Tod bei Epilepsie ohne Anhaltspunkt fur ein relevantes Trauma oder Ertrinken mit oder ohne Anhaltspunkt fur einen vorangegangenen epileptischen Anfall aber ohne Anhaltspunkt fur einen vorangegangenen Status epilepticus Fur Menschen mit Epilepsie besteht im Vergleich zur Allgemeinbevolkerung ein 24 fach erhohtes Risiko plotzlich und unerwartet zu sterben Inhaltsverzeichnis 1 Haufigkeit 2 Ablauf 3 Risikofaktoren 4 Aufklarungspraxis 5 Risikoverminderung 6 Chirurgischer Eingriff 7 Pharmakologische Einflusse 8 Empfehlungen der Kommission fur Patientensicherheit der Deutschen Gesellschaft fur Epileptologie 9 Siehe auch 10 Literatur 11 EinzelnachweiseHaufigkeit BearbeitenDer plotzliche Epilepsietod ist die haufigste unmittelbar epilepsiebedingte Todesursache bei Menschen mit Epilepsie 1 S 13 Dieses Risiko betrifft alle Menschen mit Epilepsie Kinder genauso wie Jugendliche und Erwachsene Bei Erwachsenen wird die Inzidenz in der Regel mit einem von 1 000 Patienten pro Jahr angegeben Ging man fruher von einer geringeren Inzidenz bei Kindern und Jugendlichen aus sprechen sich neuere Publikationen auch hier fur eine SUDEP Inzidenz von 1 1 pro 1 000 Patienten pro Jahr aus 2 Das individuelle Risiko hangt jeweils von der Schwere der Epilepsie ab So haben Personen mit schwer behandelbaren Syndromen z B genetisch bedingten Syndromen wie Dup15q ein hoheres Risiko als Personen mit weniger schweren Epilepsieformen Entgegen fruherer Annahmen kann es aber auch bei vermeintlich benignen Epilepsien oder ganz zu Beginn einer Epilepsieerkrankung zu einem SUDEP kommen SUDEP betrifft in vielen Fallen junge Erwachsene Der durch SUDEP verursachte Verlust an Lebensjahren ist daher erheblich Bei den neurologischen Erkrankungen steht SUDEP an zweiter Stelle gemessen an den verlorenen Lebensjahren direkt hinter dem Schlaganfall und noch vor Multipler Sklerose 1 S 14Ein Problem stellt nach wie vor die verlassliche statistische Erfassung von SUDEP Todesfallen dar Eine Anfrage beim statistischen Bundesamt brachte die Auskunft dass SUDEP nicht in der Todesstatistik in Deutschland aufgefuhrt wird Als Grund gibt das statistische Bundesamt an dass keine Krankheit unter dem Namen SUDEP bekannt ist da seit 2013 die ICD 10 verpflichtend bei Diagnosen ist 3 SUDEP wurde allerdings erstmals in der ICD 11 aufgenommen Diese gilt ab 2021 und wird 2027 verbindlich Erst mit der Umsetzung der ICD 11 wird es auch eine Erfassung der tatsachlichen Fallzahlen geben Ablauf BearbeitenEin SUDEP wird fast immer durch einen vorhergehenden epileptischen Anfall ausgelost Gefahrdet sind insbesondere Personen die nachts oder unbeobachtet schwere epileptische Anfalle haben Es wird davon ausgegangen dass SUDEP Todesfalle auf Einflussen von Anfallen auf das vegetative Nervensystem beruhen So kann es im Verlauf von epileptischen Anfallen zu erheblichen Veranderungen der Atmung und der Herztatigkeit Herzfrequenz kommen Derzeit wird vermutet dass SUDEP vor allem durch einen dauerhaften Atemstillstand nach Anfallsende verursacht wird was wiederum zu einer Sauerstoffunterversorgung und zu einer zunehmenden Verlangsamung der Herztatigkeit Bradykardien bis hin zum Herzstillstand fuhrt Die meisten Patienten versterben im Schlaf Das stark erhohte SUDEP Risiko bei nachtlichen Anfallen hangt wahrscheinlich damit zusammen dass die Anfalle seltener bemerkt werden und keine adaquate Uberwachung stattfindet die ein schnelles Eingreifen ermoglichen wurde Ebenfalls zu beachten ist die im Schlaf ohnehin verminderte Reaktionsfahigkeit der Atemfunktionen bei Sauerstoffmangel oder Kohlendioxiduberschuss Schlaft der Patient in Bauchlage kann dies die Atmung zusatzlich erschweren Daruber hinaus ist ungeklart ob es weitere schlafspezifische Mechanismen gibt die SUDEP begunstigen Die Kommission fur Patientensicherheit der Deutschen Gesellschaft fur Epileptologie DGfE empfiehlt die Atmung nach einem Anfall fur ca 45 bis 60 Minuten zu beobachten Setzt die Atmung nicht wieder ein oder treten Atemstorungen auf sollte zeitnah eingegriffen werden So wurde etwa berichtet dass der Einsatz einfacher Massnahmen wie Beruhren oder Lagerung in die stabile Seitenlage zu einer Verkurzung der anfallsassoziierten Atmungsstorung und der postiktalen Bewegungslosigkeit fuhrten Kommt es zu einem volligen Atem und Kreislaufstillstand scheint eine rasche kardiopulmonale Reanimation SUDEP verhindern zu konnen 2 Risikofaktoren BearbeitenDie Autoren Dennig und May 1 S 40 fassen im Jahr 2019 die aktuellen Erkenntnisse zu den Risikofaktoren wie folgt zusammen Faktoren die das Risiko erhohen Sehr wahrscheinlich ist dass die Haufigkeit generalisiert tonisch klonischer Anfalle GTKA das Risiko fur SUDEP erhoht So ist das SUDEP Risiko beispielsweise 15 fach hoher wenn solche Anfalle dreimal oder ofter im Jahr auftreten Fur Patienten mit haufigen GTKA kann die SUDEP Inzidenz auf 18 pro 1 000 Personenjahre ansteigen Mogliche Risikofaktoren sind nach gegenwartigem Erkenntnisstand z B nachtliche Anfalle spezifische Antiepileptika Anzahl der Antiepileptika insgesamt mannliches Geschlecht Intelligenzminderung bzw geistige Behinderung Alle weiteren diskutierten Risikofaktoren z B Mono vs Polytherapie Ursache der Epilepsie idiopathisch vs symptomatisch Dauer der Epilepsie Alter bei Epilepsiebeginn sind nach gegenwartigem Wissenstand nicht hinreichend belegt oder widerspruchlich Faktoren die das SUDEP Risiko senken Wahrscheinlich ist dass eine nachtliche Uberwachung des Patienten durch Gerate die Anfalle registrieren oder durch die Anwesenheit einer anderen Person Co Sleeping das SUDEP Risiko senken kann Eine solche Uberwachung ermoglicht das Bemerken von nachtlichen Anfallen und gibt dadurch auch die Moglichkeit zur Intervention Wahrscheinlich ist auch dass Anfallsfreiheit unabhangig vom Anfallstyp und die Gabe neuer Antiepileptika bei therapieschwieriger Epilepsie das SUDEP Risiko senken konnen Aufklarungspraxis BearbeitenTrotz eines Lebenszeitrisikos von 7 8 sind nur wenige Betroffene oder Angehorige uber das SUDEP Risiko und mogliche Praventionsmassnahmen informiert Eine Befragung im deutschsprachigen Raum von 2016 hat gezeigt dass die Mehrheit der behandelnden Facharzte nie oder nur selten uber den plotzlichen Epilepsietod spricht Nur eine Minderheit von 2 7 der befragten Neurologen und Neuropadiater gab an alle Patienten uber SUDEP zu informieren Ganze 23 3 sprachen hingegen nie uber SUDEP mit ihren Patienten 4 Die aktuelle S1 Leitlinie 5 der Deutschen Gesellschaft fur Neurologie steht im Gegensatz zu dieser verbreiteten Aufklarungspraxis Der SUDEP Sudden Unexpected Death in Epilepsy ist ein oft unterschatztes Phanomen bei Epilepsiepatienten eine Aufklarung daruber soll auch zur Verbesserung der Compliance fruhzeitig erfolgen Eine gute Anfallskontrolle insbesondere der tonisch klonischen Anfalle vermindert das Risiko Deutsche Gesellschaft fur Neurologie S1 Leitlinie Erster epileptischer Anfall und Epilepsien im Erwachsenenalter 6 Risikoverminderung BearbeitenDie wichtigste Massnahme um das SUDEP Risiko zu minimieren ist eine optimale Epilepsiebehandlung Therapieziel ist dabei immer die Anfallsfreiheit Ist es nicht moglich diese zu erreichen sollte vor allem versucht werden das Auftreten von tonisch klonischen Anfallen TKA zu kontrollieren Schlagt eine medikamentose Behandlung nicht an sollte die Suche nach einem anderen Behandlungsweg fortgefuhrt werden etwa durch eine chirurgische Massnahme oder die Implantierung eines Vagusnerv Stimulators die stationare Beobachtung und Untersuchung in Epilepsiezentren Dort konnen gelegentlich auch neuere noch nicht auf dem Markt zugelassene Antiepileptika erfolgreich erprobt werden Kein plotzliches Absetzen von Medikamenten da dies zu gefahrlichen Anfallen fuhren kann Inwieweit weitere Massnahmen wie die Anwendung von Uberwachungssystemen SUDEP Falle verhindern konnen ist wissenschaftlich noch nicht nachgewiesen aber durchaus wahrscheinlich Schatzungen zufolge konnten etwa zwei Drittel der SUDEP Falle bei alleinlebenden Epilepsiepatienten mit TKA verhindert werden wenn die TKA vollstandig kontrolliert waren oder eine nachtliche Uberwachung vorhanden ware 2 Wird ein drohender SUDEP bemerkt ist es von grosster Bedeutung schnell handeln zu konnen Hierfur sollten sich Angehorige und Betreuer von Menschen mit Epilepsie regelmassig in Erste Hilfe Massnahmen schulen lassen Nach einem Anfall sollte darauf geachtet werden dass die Atmung der Person wieder einsetzt Gegebenenfalls konnen einfache Massnahmen wie Anfassen Umdrehen und Ansprechen dabei helfen Die Person sollte ebenfalls aus einer Bauch oder Ruckenlage in eine stabile Seitenlage gebracht werden 1 S 47Chirurgischer Eingriff BearbeitenDie Vermutung dass das Entfernen eines epileptogenen Areals das SUDEP Risiko senkt oder sogar normalisiert untermauern Studien So wurde nachgewiesen dass nach epilepsiechirurgischen Temporallappeneingriffen sich die Herztatigkeit selbststandig verbesserte Es bleiben jedoch viele Fragen offen da mit unterschiedlichen Methoden und Gesichtspunkten die Studien durchgefuhrt wurden und sich so keine absolut gemeinsamen Ergebnisse erzielen liessen So bleibt der Vergleich von Patientendaten zwischen denen die fur einen epilepsiechirurgischen Eingriff geeignet waren und denen die ungeeignet waren und weiterhin medikamentos behandelt werden Die Vermutung liegt jedoch nahe dass fur den Eingriff geeignete Personen von vornherein ein geringeres SUDEP Risiko haben Pharmakologische Einflusse BearbeitenEs konnte praktisch kein spezielles Antiepileptikum mit einem erhohten Risiko fur SUDEP in Verbindung gebracht werden Ein Risiko ist bei der Einnahme von mehr als einem Praparat eher gegeben Geklart konnte jedoch nicht werden ob die Medikamente oder die in der Regel schwer behandelbare Epilepsie verantwortlich sind Empfehlungen der Kommission fur Patientensicherheit der Deutschen Gesellschaft fur Epileptologie Bearbeiten Therapieziel ist Anfallsfreiheit Wenn dies nicht moglich ist soll versucht werden zumindest TKA zu kontrollieren Alle Epilepsiepatienten und ihre Angehorigen sollen uber SUDEP und Risikofaktoren aufgeklart werden Patienten und Angehorige sollen uber Massnahmen informiert werden die einem erhohten Risiko bzw einem drohenden SUDEP entgegenwirken Die Aufklarung soll in einem personlichen Gesprach erfolgen bei Diagnosestellung oder spater Die Aufklarung sollte dokumentiert werden Wearables zur Detektion von TKA konnen empfohlen werden Bei persistierenden TKA sollen Therapieversuche zur Anfallskontrolle fortgefuhrt werden Nach SUDEP sollten Hinterbliebene kontaktiert werden Rainer Surges et al SUDEP kompakt praxisrelevante Erkenntnisse und Empfehlungen zum plotzlichen unerwartetenTod bei Epilepsie 7 Siehe auch BearbeitenPlotzlicher Herztod Plotzlicher Kindstod SUDEP Action Oskar Killinger Stiftung SUDEP InstituteLiteratur BearbeitenHansjorg Schneble Lebenserwartung Todesursachen plotzlicher Tod In Deutsche Gesellschaft fur Epileptologie Hrsg Informationsblatt 122 Juni 2013 Auf IZepilepsie de PDF 49 kB abgerufen am 29 September 2019 Gunter Kramer Das grosse TRIAS Handbuch Epilepsie 3 Auflage Trias Stuttgart 2005 ISBN 3 8304 3129 5 Rainer Surges et al SUDEP kompakt Praxisrelevante Erkenntnisse und Empfehlungen zum plotzlichen unerwarteten Tod bei Epilepsie In Nervenarzt 92 2021 S 809 815 doi 10 1007 s00115 021 01075 3 abgerufen am 25 Mai 2022 Einzelnachweise Bearbeiten a b c d Dieter Dennig Theodor May SUDEP Plotzlicher unerwarteter Tod bei Epilepsie 1 Auflage Stiftung Michael Bethel Verlag 2019 ISBN 978 3 935972 56 7 a b c Rainer Surges et al SUDEP kompakt Praxisrelevante Erkenntnisse und Empfehlungen zum plotzlichen unerwarteten Tod bei Epilepsie In Nervenarzt 92 2021 S 809 815 doi 10 1007 s00115 021 01075 3 abgerufen am 25 Mai 2022 Anfrage an das statistische Bundesamt 21 April 2013 abgerufen am 30 April 2013 Adam Strzelczyk et al Predictors of and attitudes toward counseling about SUDEP and other epilepsy risk factors among Austrian German and Swiss neurologists and neuropediatricians In Epilepsia 57 4 612 620 2016 doi 10 1111 epi 13337 abgerufen am 31 Mai 2022 Elger C E Berkenfeld R geteilte Erstautorenschaft et al S1 Leitlinie Erster epileptischer Anfall und Epilepsien im Erwachsenenalter In Deutsche Gesellschaft fur Neurologie Hrsg Leitlinien fur Diagnostik und Therapie in der Neurologie 2017 Online abgerufen am 31 Mai 2022 Elger C E Berkenfeld R S 8 Rainer Surges et al S 3Dieser Artikel behandelt ein Gesundheitsthema Er dient nicht der Selbstdiagnose und ersetzt nicht eine Diagnose durch einen Arzt Bitte hierzu den Hinweis zu Gesundheitsthemen beachten Abgerufen von https de wikipedia org w index php title SUDEP amp oldid 232830069