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Das Rettungshaus zum Fischhaus war das erste Kinderheim im Herzogtum Sachsen Meiningen und ist heute ein alleinstehendes Gehoft am Ortsrand der Gemeinde Rhonblick im Landkreis Schmalkalden Meiningen in Thuringen Die Heimgeschichte beginnt mit der 1845 durch einen Meininger Gymnasiallehrer Schneider beantragten Einrichtung eines Rettungsheimes fur verwahrloste und obdachlose Kinder Zum Gebaudekomplex gehort auch das noch im 19 Jahrhundert als Erganzungsbau bezogene Bernhardshaus in der Nachbarschaft Das Mathildenstift am Stadtrand von Schmalkalden ging ebenfalls als Ausgrundung aus diesem Kinderheim hervor Inhaltsverzeichnis 1 Lage 2 Geschichte 2 1 Entstehung und ursprungliche Nutzung des Fischhauses 2 2 Das Wirken des Meininger Sozialreformers Richard Schneider 2 3 Leben und Alltag im Rettungshaus Fischbach 2 4 Das Neue Haus die erste Erweiterung des Heims 2 5 Das Mathildenstift 2 6 Das Mathildenstift wandert nach Schmalkalden ab 3 Literatur und Archivalien 4 EinzelnachweiseLage BearbeitenDas Fischhaus liegt etwa 14 Kilometer sudwestlich der Kreisstadt Meiningen im Suden der Gemeinde Rhonblick Das Anwesen befindet sich im nordlichen Teil der Flur von Hermannsfeld nahe der Landesstrasse 2625 Beim Gehoft lag einst der Grosse Hermannsfelder See Geschichte BearbeitenEntstehung und ursprungliche Nutzung des Fischhauses Bearbeiten Der Bewirtschaftung des Grossen Hermannsfelder Sees diente seit dem 18 Jahrhundert ein vom Pachter oder Inhaber der Fischereirechte errichtetes Gebaude das nach seiner Hauptnutzung als Fischhaus bezeichnet wurde Fur den Meininger Hof bildete der im Fischhaus befindliche Speisesaal ein romantisches Lokal er wurde gerne als Ausflugsort genutzt 1 Das Gebaude wurde nach dem Verlanden des Sees von einem Hermannsfelder Einwohner ubernommen der im Gebaude eine Samendarre fur die Forstwirtschaft betrieb 2 Die im Jahr 1838 erschienene Landeskunde des Herzogtums Sachsen Meiningen erwahnt uber den Ort Fischhaus 5 Einw 3 mannl und 2 weibl Geschlechts 4 Gebaude uberhaupt 1 bewohntes Haus Einzelnes Haus in der Flurmarkung Hermannsfeld unterhalb des jetzt trocken liegenden zum Feld und Wiesenbau benutzten grossen Hermannsfelder Teichs Gegenwartig Niederlage und Darranstalt einer Waldsaamenhandlung Nach Hermannsfeld eingepfarrt und eingeschult 3 Das Wirken des Meininger Sozialreformers Richard Schneider Bearbeiten Der Meininger Gymnasialprofessor Richard Schneider war ein sozial eingestellter Padagoge und Anhanger des Reformpadagogen Johannes Daniel Falk Aus Briefen und Gesprachen mit Fachkollegen hatte er vom Wirken der Rettungshausbewegung der Inneren Missionsbewegung erfahren 4 In dieser Zeit wurde das bei Hamburg entstandene Kinderheim Rauhes Haus zum Vorbild fur weitere Heimgrundungen in den protestantischen Staaten Deutschlands 5 Nach der Grundungslegende geriet Schneider wahrend einer Italienreise in Lebensgefahr und schwor nach seiner glucklichen Heimkehr ein Kinderheim in Meiningen als Dank fur seine Rettung zu stiften 2 5 Die von Schneider entwickelte Idee fand viele Befurworter aber es war in der Residenzstadt Meiningen kein geeigneter Ort fur das Heim zu finden Drei Jahre vergingen mit der Suche nach einem geeigneten Standort dann wurde das Fischhaus entdeckt Der abgelegene Ort bot viele Vorteile das Grundstuck konnte sogar fur die Halfte des ursprunglichen Preises namlich 2000 Gulden gekauft werden Um das solide Wohnhaus standen Nebengebaude Stallungen und ein Garten der Ort bot Platz um 40 bis 50 Kinder aufnehmen zu konnen Mit Spendengeldern und personlichen Ersparnissen wurde daraus das Wohnheim erbaut Zum Ende des Jahres 1860 wurde das von Professor Richard Schneider gegrundete Rettungshaus zum Fischhaus bei Hermannsfeld bezogen Leben und Alltag im Rettungshaus Fischbach Bearbeiten Als Erzieher und Hausvater wurde Georg Strobel vom Trautberger Rettungshaus im bayrischen Unterfranken ubernommen der auch mit der Unterrichtung der Kinder im eigenen Haus betraut wurde nachdem eine Genehmigung durch die herzogliche Schulaufsicht eingegangen war In der Folgezeit konnten satzungsgemass verwahrloste und verwaiste Knaben im Alter von 6 bis 12 Jahren aufgenommen werden Durch einen Wochenplan mit Tages und Stundeneinteilung wurde genau der Ablauf im Fischhaus festgelegt So wurden von Montag bis Sonnabend von 8 bis 11 Uhr und 17 bis 19 Uhr verschiedene Facher unterrichtet In der Zeit von 13 bis 16 Uhr wurde gearbeitet Zunachst pflegte man den Garten spater wurde der dazu erworbene Acker bestellt und das inzwischen angeschaffte Vieh Kuhe und Schweine versorgt Mit dem Ertrag gelang es sich weitgehend selbst zu verpflegen Am Sonntag stand vor allem der Kirchbesuch in dem Vordergrund denn Sinn des Stifters war es die verwahrlosten Knaben auf Grund des christlichen bzw evangelisch lutherischen Glaubensbekenntnisses zu frommen und braven Menschen zu erziehen 6 Die Anstalt gedieh auch durch wachsende Unterstutzung von aussen Vor allem die Familie des Meininger Herzogs bewilligten immer wieder Zuschusse aus Staatsmitteln Hinzu kam die Unterstutzung von Pfarrern und Lehrern Sammlungen und Lotterien wurden veranstaltet deren Erlos dem Rettungshaus zugutekam Das Neue Haus die erste Erweiterung des Heims Bearbeiten Das 1860 gegrundete Rettungshaus Fischbach erhielt durch Satzung vom 28 Juli 1877 mit Nachtrag vom 17 Dezember 1878 als eine offentliche mildtatige Stiftung einen Rechtstitel und weitere staatliche Unterstutzung Zweck dieser Einrichtung war verwahrloste oder der Verwahrlosung ausgesetzte Kinder auf Grund des evangelisch lutherischen Glaubensbekenntnisses zu braven Menschen zu erziehen 5 Um auch Madchen betreuen zu konnen wurde ab 1868 ein Erweiterungsbau errichtet das Neue Haus 6 Das Mathildenstift Bearbeiten Mit der Erweiterung des Heimes wurden weitere Heimmitarbeiter benotigt und eingestellt zu ihnen zahlten die aus Kaltenlengsfeld stammenden Bruder Johannes und Daniel Saal Besonders Johannes Saal ein Schneider von Beruf widmete sich mit grosser Hingabe den behinderten Heimkindern zu denen auch mehr geistig behinderte Kinder hinzukamen die einer intensiven Betreuung bedurften Mit seiner Ehefrau nahm Saal einige besonders bedurftige Kinder in seine Familie auf Saal erhielt die Moglichkeit zu einer mehrjahrigen Weiterbildung zunachst ging er 1865 in das zuvor von Wilhelm Lohe in Neuendettelsau begrundete Ausbildungszentrum fur Diakonissen und Pflegekrafte das sogenannte Blodenheim zu Neuendettelsau um sich Kenntnisse in der Krankenpflege anzueignen Seine weitere Ausbildung erfolgte in der spateren Landesirrenanstalt in Hildburghausen Ab 1872 wirkte Saal wieder in Fischhaus er grundete dort am 27 Mai des Jahres 1873 im Neuen Haus das Mathildenstift eine Privat Blodenanstalt Mit dieser separaten Heimgrundung versuchte Saal die Forderbedingungen fur seine geistig behinderten Zoglinge zu verbessern da sie in den bisher gemischten Gruppen viele Unannehmlichkeiten erlitten 6 Das Mathildenstift wandert nach Schmalkalden ab Bearbeiten Fast zehn Jahre bildeten die beiden Kinderheime eine Pflegegemeinschaft Als ein Freund der Familie bei Aue am Stadtrand von Schmalkalden ein geeignetes Gelande fur ein neues Heim ausfindig machte wurde die Gelegenheit genutzt und Johannes Saal ubersiedelte im Herbst 1883 mit 20 Zoglingen in den zu Preussen gehorenden Nachbarkreis Herrschaft Schmalkalden Ortsteil Aue bei Schmalkalden uber die neue Einrichtung wurde als Pensionat fur Schwachsinnige amtlich registriert 6 Die dortigen Verhaltnisse waren jedoch schwierig und man nutzte 1930 eine weitere Gelegenheit um den Rothof abseits der Stadt Schmalkalden in einer Waldlichtung gelegenen zu beziehen 7 Nach wenigen Jahren des Aufbaus am neuen Standort wurden die Betreiber mit der Machtergreifung der Nationalsozialisten mit einem radikal gewandelten Sozialbegriff konfrontiert Die durch die Reichsregierung erlassenen Gesetze losten das Problem des lebensunwerten Lebens nach der Formel Im Vordergrund steht der entschlossene Wille unserer Regierung den Volkskorper zu reinigen Die Rasse will hohen Durchschnitt zuchten nicht Ausnahmen 6 Die staatliche Unterstutzung war damit erloschen Auf Anordnung des Reichsverteidigungskommissars sollten 113 Pfleglinge die in einer Liste verzeichnet waren verlegt werden In der Pflegeanstalt Rothof wurde erbittert um jeden einzelnen Zogling gekampft und tatsachlich schaffte man es alle als lebensunwert Eingestuften vor der Verlegung zu retten 6 Literatur und Archivalien BearbeitenGeorg Sintenis Festpredigt uber Luc 5 10 in der Kirche zu Hermannsfeld und Weihrede zur Grungsteinlegung des von Ihrer Hoheit der Prinzessin Marie von S Meiningen gestifteten neuen Knabenhauses bei der Feier des 25 jahrigen Bestehens des Rettungshauses zum Fischhause bei Meiningen Keyssler 1885 Staatsarchiv Meiningen Signatur M8 01538 angebunden Neuere Sachsen Meiningische bzw sonstige sachsische Bestande Bereich Staatsministerium Abt des Inneren Bestand Rettungshaus zum Fischhaus Bestandssignatur 4 12 398 Laufzeit 1845 1944 Umfang 1 90 lfm Hans Nonne Das Rettungshaus zum Fischhaus b Hermannsfeld im Herzogtum Sachsen Meiningen Gedachtnis Schrift zur 50 jahrigen Jubelfeier Keyssner ca 1910 Staatsarchiv Meiningen Signatur M4 30 Gerhard Schatzlein Hermannsfeld und Umgebung Geschichte und Geschichten Verlag Borner Meiningen 1994 OCLC 258626385 Einzelnachweise Bearbeiten Georg Bruckner Das Verwaltungsamt Meiningen In Landeskunde des Herzogthums Meiningen 2 Band Verlag von Bruckner und Renner Meiningen 1853 Fischhaus S 153 Digitalisat abgerufen am 10 Mai 2020 a b Amtsgerichtsbezirk Meiningen Die Stadt Meiningen und die Landorte In Paul Lehfeldt Hrsg Bau und Kunstdenkmaler Thuringens Heft 34 Gustav Fischer Verlag Jena 1909 Fischhaus S 345 urn nbn de gbv wim2 g 2500739 Beitrage zur Statistik des Herzogthums Meiningen Erster Band Kesselring sche Hof Buchhandlung Meiningen und Hildburghausen 1838 S 101 Digitalisat abgerufen am 10 Mai 2020 Arnd Gotzelmann Der Pietismus im 19 und 20 Jahrhundert In Martin Brecht Klaus Deppermann Ulrich Gabler Hartmut Lehmann Hrsg Geschichte des Pietismus Band 3 Vandenhoeck amp Ruprecht Gottingen 2000 ISBN 3 525 55348 X Die altere Rettungshausbewegung S 280 289 a b c Hans Nonne Das Rettungshaus zum Fischhaus b Hermannsfeld im Herzogtum Sachsen Meiningen a b c d e f Grundung Die Geschichte der Christlichen Wohnstatten Schmalkalden GmbH Christliche Wohnstatten Schmalkalden GmbH 2013 archiviert vom Original am 4 Marz 2016 abgerufen am 7 Februar 2013 Robert Eberhardt Chronik unteres Schmalkaldetal Ortschronik fur die Ortschaften Haindorf Aue Mittelschmalkalden Volkers und Mockers Wolffverlag Schmalkalden 2007 S 416 50 513549 10 323876 Koordinaten 50 31 N 10 19 O Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Rettungshaus zum Fischhaus amp oldid 217819609