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Reparenting englisch parents Eltern re wieder bzw Neubeelterung oder Nachbeelterung ist ein Begriff aus der Psychotherapie und wesentlicher Bestandteil der therapeutischen Beziehung Es beschreibt eine therapeutische Haltung die dem Patienten gezielt nachtragliche elterliche Fursorge zukommen lasst welche innerhalb des Rahmens einer therapeutischen Beziehung angemessen ist 1 Die Bezeichnung Reparenting ist eingedeutscht und als Bezeichnung fur diese therapeutische Intervention am gelaufigsten seltener wird sie als Neu oder Wiederbeelterung oder als Nachnahrung bezeichnet Sie entspricht dem korrigierenden emotionalen Erleben welches 1946 von Alexander amp French konzipiert wurde 2 Inhaltsverzeichnis 1 Anwendung 2 Prinzip 3 Grenzen 4 Beispiel Schematherapie 5 Geschichtliche Entwicklung 6 Literatur 7 Weblinks 8 EinzelnachweiseAnwendung BearbeitenReparenting wird eingesetzt bei der Behandlung von Traumata sowie bei psychischen Storungen und psychischen Konflikten die in mangelnder Einfuhlung Empathie und unangemessener Zuwendung der Eltern und wichtiger Bezugspersonen ihren Ursprung finden Es ist wesentlicher Anteil jeder therapeutischen Beziehung und wird beispielsweise in der Schematherapie Hypnotherapie Integrativen Therapie oder Transaktionsanalyse stark gewichtet Prinzip BearbeitenIn den fruhen und spateren Phasen menschlicher Entwicklung bilden sich innere Haltungen heraus die bei ungunstigem Verlauf zur Entstehung neurotischer Konflikte und neurotischer Storungen fuhren Mentzos nennt dies 1982 ubereinander liegende Schichten von Abwehrsystemen die den sogenannten Zentralen Konflikt verdecken wobei diese Abwehrsysteme haufig zu einem Problem werden 3 Die grundlegenden Konflikte welche zur notwendigen Entwicklung dieser problematischen Abwehrmechanismen fuhrten sollen in einer Psychotherapie wiederbelebt werden um verarbeitet werden zu konnen Die schadigende Wirkung der verinnerlichten elterlichen Bilder Reprasentanzen kann mittels einer korrektiven Atmosphare zwischenmenschlichen Kontaktes verandert werden wobei das Reparenting eine mogliche Herangehensweise darstellt Bei der Behandlung von Defiziten stellt das Reparenting jene Beziehungsqualitaten zur Verfugung die zur Ausbildung einer starken Personlichkeitsstruktur notwendig gewesen waren Der Therapeut hat die Aufgabe das zu verkorpern was vorher gefehlt hat siehe auch Hilfs IchDie Nachbeelterung als therapeutische Strategie ist eine schwierige Gratwanderung weil ein wirklicher Ersatz fur die fruhen und unbefriedigenden Eltern und Beziehungserfahrungen nicht moglich ist Die vergangene reale Lebens und Entwicklungsgeschichte des einzelnen Menschen ist nicht veranderbar jedoch die Auswirkungen die sie auf seine heute moglichen Beziehungen hat 4 Grenzen BearbeitenDie verantwortungsvolle Einschatzung der Grenzen des Reparenting ist Aufgabe des Therapeuten Alle Formen der Zuwendung in Worten Blicken oder Beruhrungen mussen innerhalb des therapeutischen Rahmens liegen und durfen keinerlei missbrauchlichen Charakter annehmen Es sind immer therapeutische elterlich gefarbte Zuwendungen die nicht egoistische Wunsche des Therapeuten befriedigen durfen und ebenso eventuelle missbrauchliche Wunsche des Patienten ausgrenzen mussen Dies ist speziell beim Reparenting in korper und beruhrungsorientierten Psychotherapien die ein grosses Mass an Nahe voraussetzen von wesentlicher berufsethischer Bedeutung Beispiel Schematherapie BearbeitenReparenting bei speziellen Problemlagen Fruhe maladaptive Schemata am Beispiel der Schematherapie nach Jeffrey E Young Damit das Reparenting wirksam werden kann muss es genau an die Problematik des Patienten angepasst werden Wichtig ist dabei die Berucksichtigung des jeweiligen Modus in dem sich der Patient gerade befindet wann er den Modus wechselt und ob mehrere Schemata parallel wirksam sind 5 Fruhes maladaptives Schema Erforderliche Atmosphare fur das ReparentingVerlassenheit Instabilitat Der Therapeut bietet Stabilitat und Struktur und unterstutzt den Patienten dabei stabile Beziehungen im Alltagsleben zu finden Den Befurchtungen des Patienten mit hoher Wahrscheinlichkeit verlassen zu werden setzt er eine realistische Einschatzung entgegen Der Patient soll lernen vorubergehende Trennungen zu akzeptieren ohne sich zu verschliessen oder sich selbstzerstorerisch zu verhalten Misstrauen Missbrauch Der Therapeut verhalt sich vertrauenswurdig und aufrichtig und spricht den Patienten auf eventuelle negative Gefuhle oder Erwartungen dem Therapeuten gegenuber an Emotionale Entbehrung Der Therapeut schafft eine Atmosphare emotionaler Warme Empathie und bemuhten Helfens Er verdeutlicht die Rechte des Patienten auf emotionale Bedurfnisse und deren Befriedigung und ermutigt den Patienten um die jeweils gebrauchte emotionale Zuwendung zu bitten Er unterstutzt den Patienten dabei Gefuhle der Entbehrung auszudrucken ohne aggressiv zu werden oder sich in Schweigen zuruckzuziehen Der Patient soll lernen Entbehrungen zu ertragen und die eigene Unvollkommenheit zu akzeptieren Unzulanglichkeit Scham Der Therapeut demonstriert Akzeptanz und nicht urteilendes Verhalten gegenuber dem Patienten Er unterstreicht wie wichtig das Wohl des Patienten unabhangig von seinen Mangeln ist und macht dem Patienten aufrichtige Komplimente die der Realitat entsprechen Der Therapeut steht selbst zur eigenen Unvollkommenheit und kann personliche Schwachen zugeben Soziale Isolierung Entfremdung Der Therapeut fuhrt vor inwieweit sich die Personlichkeiten von Patient und Therapeut ahneln und in welchen Punkten sie sich unterscheiden und verdeutlicht dass trotzdem eine fruchtbare Kommunikation moglich ist Abhangigkeit Inkompetenz Der Therapeut wehrt die Versuche des Patienten ab sich vom Therapeuten abhangig zu machen Er fordert selbststandige Entscheidungen lobt aber auch explizit Fortschritte und gute Einschatzungen des Patienten Anfalligkeit fur Schadigungen oder Krankheiten Der Patient soll lernen sich von allgemeinen Angsten und Gefahrenvorstellungen zu losen Der Therapeut bringt sein Vertrauen zum Ausdruck dass der Patient in der Lage sein wird angsterzeugende Situationen sowie gefurchtete Erkrankungen zu bewaltigen Verstrickung Unterentwickeltes Selbst Der Therapeut setzt eindeutige Grenzen die ein angemessenes Verhaltnis von Nahe und Distanz ermoglichen Er unterstutzt den Patienten darin ein Empfinden fur die eigene Unabhangigkeit zu entwickeln Versagen Fehlendes Durchhaltevermogen Der Therapeut unterstutzt den Patienten in dessen Bestreben nach schulischen akademischen und beruflichen Erfolgen Der Patient soll mit Hilfe des Therapeuten Bewaltigungsstrukturen aufbauen und Grenzen fur sich selbst definieren Anspruchshaltung Grandiositat Der Therapeut unterstutzt die verletzbare Seite des Patienten nicht die Anspruchsseite Der Patient soll lernen seiner Anspruchsseite Grenzen zu setzen und sich um emotionale Verbundenheit zu bemuhen statt nach Status oder Macht zu streben Unzureichende Selbstkontrolle Selbstdisziplin Hier setzt der Therapeut massiv Grenzen und lebt Selbstdisziplin und angemessene Selbstkontrolle eindeutig vor Er ermutigt und lobt den Patienten wenn dieser die Fahigkeiten allmahlich selbst entwickelt Unterwerfung Der Therapeut bezieht den Patienten in viele Entscheidungen bei der Gestaltung des Therapieplans mit ein wobei das Verhalten des Therapeuten moglichst wenig direktiv ist Der Therapeut weist den Patienten auf eventuelles ehrerbietiges oder rebellisches Verhalten hin und fordert ihn dabei den eigenen Arger angemessen auszudrucken Der Patient soll lernen eigene unabhangige Entscheidungen zu treffen Selbstaufopferung Der Therapeut unterstutzt den Patienten dabei sich selbst angemessene Grenzen zu setzen und sich fur eigene Rechte und die Erfullung eigener Bedurfnisse einzusetzen Negativitat Pessimismus In konkreten Fragen vermeidet es der Therapeut der negativen Einschatzung des Patienten eine eigene positive Einschatzung entgegenzusetzen Vielmehr fordert er den Patienten auf sich nacheinander selbst in beide Rollen hineinzuversetzen Ansonsten demonstriert der Therapeut einen gesunden Optimismus Emotionale Gehemmtheit Der Therapeut ermutigt den Patienten zum spontanen Ausdruck von Gefuhlen in der Sitzung und zeigt den angemessenen Ausdruck eigener Affekte Uberhohte Standards Ubertrieben kritische Haltung Der Therapeut lebt eine ausgewogene Einstellung zu Arbeit und Privatleben vor Er bestarkt den Patienten im spielerischen Umgang mit den Dingen und dem Mut zur eigenen Unvollkommenheit Der Patient soll lernen sich selbst und andere weniger ernst und streng zu bewerten Bestrafen Der Therapeut demonstriert eine vergebende Haltung sich selbst und dem Patienten gegenuber und zollt dem Patienten Anerkennung wenn dieser anderen vergibt Streben nach Zustimmung und Anerkennung Der Therapeut hebt das Kern Selbst des Patienten hervor und unterstutzt den Patienten durch Wohlwollen und Wertschatzung Der Patient soll lernen sich von oberflachlichen Kriterien wie Status ausserer Erscheinung oder Reichtum zu losen Geschichtliche Entwicklung BearbeitenDas Konzept der Nachnahrung als Alternative zu Freuds eher versagender Nacherziehung stellte Sandor Ferenczi 1931 zu Freuds 75 Geburtstag in Wien vor Nach seiner Theorie sei es nicht die Ubertragung sondern das Gegenmilieu das die Heilung bringe Anstatt der notigen Zuwendung und Geborgenheit erlebten viele Neurotiker eine Mischung aus Strenge und Sexualisierung in der Kindheit Solche Neurotiker musste man formlich adoptieren und erstmalig der Segnungen einer normalen Kinderstube teilhaftig werden lassen 6 Das Reparenting ist ein Konzept der Integrativen Therapie und der Gestalttherapie die 1969 von Hilarion Petzold im Konzept der progredierenden Analyse spiralformig fortlaufende und sich ruckbeziehende Analyse entwickelt wurde Es basiert auf vorausgehenden Theorien von beispielsweise Ferenczi oder Michael Balint Petzold beschreibt diesen Prozess 1988 als zweiten Weg der Heilung als Nachbeelterung wobei es um die Erfahrung von Vertrauen von Gehalten Verstanden und Genahrtwerden geht 7 Reparenting wurde 1970 von Jacqui Lee Schiff 8 aufgegriffen und stellt die theoretischen Grundeinsichten der transaktionsanalytischen Schiff Schule Reparenting Cathexis dar 9 Reparenting ist ein wesentliches Element in der Schematherapie nach Young 2005 10 Literatur BearbeitenJeffrey E Young Janet S Klosko Majorie E Weishaar Schematherapie Ein praxisorientiertes Handbuch Junfermann Paderborn 2005 ISBN 3 87387 578 0 Weblinks BearbeitenUlla Diltsch Prozessuale Diagnostik in der psychotherapeutischen Arbeit mit Jugendlichen Graduierungsarbeiten der Fachsektion Integrative Gestalttherapie 1997Einzelnachweise Bearbeiten Jeffrey E Young Janet S Klosko Majorie E Weishaar Schematherapie Ein praxisorientiertes Handbuch Junfermann 2005 ISBN 3 87387 578 0 S 83 89 E Alexander T M French Psychoanalytic therapy Principles and applications Ronald Press New York 1946 Stavros Mentzos Neurotische Konfliktverarbeitung Einfuhrung in die psychoanalytische Neurosenlehre unter Berucksichtigung neuer Perspektiven Kindler Munchen 1982 S 135 D Rahm H Otte S Bosse H Ruhe Hollenbach Einfuhrung in die Integrative Therapie Grundlagen und Praxis Junfermann Paderborn 1993 S 333 Schematherapie S 254 ff Michael Luetge zu Ferenczis Nachnahrung 1 2 2 Einflusse psychoanalytischer Revisionisten 218 1 2 2 1 Sandor Ferenczi Elastische Therapie und Nachnahrung 218 Ruhr Uni Bochum Hilarion Petzold Integrative Therapie Modelle Theorien und Methoden fur eine schulenubergreifende Psychotherapie Bande 1 3 Junfermann Paderborn 1993 S 1120 Jaqui Lee Schiff Beth Day Alle meine Kinder Heilung der Schizophrenie durch Wiederholung der Kindheit Kaiser Munchen 1970 Schiff u a Cathexis Reader Transactional Analysis Treatment of Psychosis Harper amp Row New York Evanston San Francisco London 1975 Schematherapie S 253ff Dieser Artikel behandelt ein Gesundheitsthema Er dient nicht der Selbstdiagnose und ersetzt nicht eine Diagnose durch einen Arzt Bitte hierzu den Hinweis zu Gesundheitsthemen beachten Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Reparenting amp oldid 237310940