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Als Paula Prinzip bezeichnen einige Autoren das von ihnen beobachtete Phanomen dass das Peter Prinzip im Wesentlichen fur mannliche Angestellte gelte wahrend weibliche Angestellte deutlich weniger leicht beruflich befordert wurden als ihre mannlichen Kollegen Diese Benachteiligung von Frauen betrafe alle Hierarchieebenen und nicht lediglich Spitzenpositionen wie im Falle der glasernen Decke Der Name ist ein Wortspiel mit denen der Apostel Peter und Paul Inhaltsverzeichnis 1 Begriffsbildung 1 1 Formulierungen des Paula Prinzips 1 2 Ideengeschichtlicher Kontext 2 Einflussfaktoren 3 Rezeption 4 Weblinks 5 EinzelnachweiseBegriffsbildung BearbeitenFormulierungen des Paula Prinzips Bearbeiten Das 1969 von Laurence J Peter formulierte und nach ihm benannte Peter Prinzip beschreibt einen Mechanismus der dafur sorgt dass Angestellte auf Positionen gelangen fur die ihnen die Fahigkeiten fehlen Befordert werden Angestellte solange sie in ihrer jeweils aktuellen Position gute Leistungen erbringen da dann davon ausgegangen wird dass sie auch fur hohere Positionen geeignet sind Dies kann so lange geschehen bis sie auf einer Position angekommen sind mit der sie uberfordert sind sodass weitere Beforderungen ausbleiben und sie auf ihrem jeweiligen Niveau der Inkompetenz verharren In a hierarchy every employee tends to rise to his level of incompetence Jenes Prinzip differenzieren Cordelia Grimwood und Ruth Popplestone in ihrem Buch Women Management and Care von 1993 dahingehend dass Manner tendenziell auf Positionen jenseits ihrer Kompetenz befordert wurden Frauen dagegen auf Positionen festgehalten wurden die unter ihren Fahigkeiten liegen Dieses Prinzip sei als Paula Prinzip bekannt und fuhre dazu dass unfahige Manager teilweise von ihren Untergebenen aufgefangen werden mussen welche sie eigentlich managen sollten oftmals von effizienten Sekretarinnen 1 Andrew Hede kritisierte Peter im Jahr 1994 dafur er habe sein Prinzip zunachst auf sexistische Weise ausgedruckt aufgrund der Wortwahl mit mannlichem Possessivpronomen his bevor er spater eine nichtsexistische Formulierung gebrauchte Das Paula Prinzip beschrieb er als long lost sister lang verschollene Schwester des etablierten Peter Prinzips wie folgt 2 The Paula principle by contrast comprises two propositions The Peter principle applies mainly to men and Women tend to be promoted only to the level of their proven competence Thus whereas men are typically assumed to be capable of performing at a level higher than that of their proven competence women tend to be promoted only after they have demonstrated their capacity to perform at the higher level Das Paula Prinzip umfasst dagegen zwei Aussagen Das Peter Prinzip gilt hauptsachlich fur Manner und Frauen werden in der Regel nur auf das Niveau ihrer nachgewiesenen Kompetenz befordert Wahrend davon ausgegangen wird dass Manner in der Regel in der Lage sind Leistungen auf einem hoheren Niveau als dem ihrer nachgewiesenen Kompetenz zu erbringen werden Frauen in der Regel erst befordert nachdem sie ihre Leistungsfahigkeit auf einem hoheren Niveau nachgewiesen haben Dabei verwies er auf den Ausspruch der Journalistin Geraldine Doogue wonach Gleichstellung in der Arbeitswelt dann verwirklicht sein wurde wenn es mittelmassigen Frauen ahnlich gut erginge wie mittelmassigen Mannern We will have achieved equity in employment when mediocre women do as well as mediocre men Im Jahr 2011 veroffentlichte Tom Schuller fur die UK Commission for Employment and Skills ein Briefing Paper in dem er ebenfalls Peters Originalformulierung mit mannlichem Personalpronomen ansprach und erklarte diese sei zwar den damaligen sprachlichen Gepflogenheiten geschuldet entsprache aber gleichwohl insofern der Realitat als that women tend to remain at a level below that of their real competence because of personal structural or social factors dass Frauen dazu tendieren auf einem Niveau unterhalb ihrer wirklichen Kompetenz zu bleiben aufgrund personlicher struktureller oder sozialer Faktoren Auch er bezeichnete dies als Paula Prinzip wobei er angab das Prinzip mit dieser Veroffentlichung erstmals eingefuhrt zu haben 3 Weitere Verbreitung erfuhr der Begriff durch ein 2017 erschienenes Buch Schullers mit dem Titel The Paula Principle why women lose out at work and what needs to be done about it Das Paula Prinzip Warum Frauen bei der Arbeit den Kurzeren ziehen und was dagegen getan werden muss 4 Darin geht der Autor der Frage nach warum es immer noch eine grosse Diskrepanz zwischen mannlichen und weiblichen Karrieren gibt 5 Schuller argumentiert dass Frauen meist in Positionen stecken bleiben die weit unter ihrem Kompetenzlevel liegen also sehr weit unter der beruhmten glasernen Decke Ideengeschichtlicher Kontext Bearbeiten Nach der weitgehenden Beseitigung rechtlicher Frauendiskriminierung in den westlichen Industriestaaten im Laufe des 20 Jahrhunderts wandten sich viele Feministinnen in den 1990ern verstarkt der Problematisierung von Denk und Sprechweisen zu die als Hemmnisse bei der Verwirklichung faktischer Gleichstellung trotz formaler Gleichberechtigung angesehen werden Seit Mitte des Jahrzehnts wird in Bezug auf die USA und Grossbritannien von einer dritten Welle des Feminismus gesprochen im Rahmen derer die Dekonstruktion etablierter Begriffe hinsichtlich Kategorien wie Geschlecht eine dominante Rolle einnimmt Auch im Hinblick auf Unternehmensstrukturen sollte nun eine bis dahin unmarkierte mannliche Norm in den Blick genommen Dichotomien aufgebrochen und tradierte Verfahrensweisen hinterfragt werden 6 7 8 Im selben Jahr wie Grimwoods und Popplestones Formulierung des Paula Prinzips postulierte die Wissenschaftshistorikerin Margaret W Rossiter unabhangig hiervon den Matilda Effekt um ebenfalls anhand eines Verweises auf die Bibel den etablierten Matthaus Effekt mit einem weiblich benannten Begriff zu kontrastieren der verdeutlichen soll dass sich auch dieser geschlechtsneutral konzipierte Effekt tatsachlich auf Manner und Frauen unterschiedlich auswirke und zu einer Benachteiligung von Wissenschaftlerinnen fuhre deren Leistungen oftmals ubersehen oder gar ihren mannlichen Kollegen zugeschrieben wurden 9 Einflussfaktoren BearbeitenSchuller zieht in seinem Buch folgende funf Hauptgrunde zur Erklarung des Paula Prinzips heran 1 Die Diskriminierung von FrauenBeispiele Politikerinnen werden als Madchen oder Muttis wahrgenommen Junge Kolleginnen werden nicht ernst genommen Sexistische Spruche und sexuelle Belastigung sind Alltag an vielen Arbeitsplatzen Schuller raumt ein dass sich das Arbeitsklima fur Frauen in den vergangenen Jahrzehnten verbessert habe doch das Problem sei immer noch gross genug um Frauenkarrieren negativ zu beeinflussen 2 Mannliche Vorbilder und Seilschaften seien immer noch die RegelWenn Fuhrungsebenen mannlich besetzt sind seien mannliche Vorbilder die Regel Im Umkehrschluss bedeute das dass es umso weniger weibliche Vorbilder gibt Das Motto You can only be what you can see sei ein grosses Problem Hinzu komme dass Manner bevorzugten andere Manner in ihr Netzwerk aufzunehmen und zu fordern Schuller beschreibt das als PlUs People like us Bereiche in denen Frauen dominierten wie zum Beispiel der Pflegesektor seien wiederum oft deutlich schlechter bezahlt 3 Die Allgegenwartigkeit von Mannern verunsichere FrauenAlte Muster behalten ihre Gultigkeit Bei derselben Eignung bewerben sich Manner selbstbewusst wahrend Frauen an ihrer Eignung zweifeln 4 Die Annahme Frauen bewerteten ihre berufliche Karriere selbst eher nachrangigFrauen stellten sich so Schuller vor einer Beforderung zu viele Fragen wie beispielsweise Brauche ich das Geld brauche ich die Anerkennung und kann ich mich in meiner jetzigen Position noch weiterentwickeln Wenn sie zwei Fragen mit Nein beantworten konnten schreckten sie vor einer Beforderung eher zuruck Davon profitierten dann wiederum mannliche Kollegen Dieser Punkt sei auch ein oft angefuhrtes Argument dafur dass Frauen keine Karriere anstrebten und somit selbst schuld an ihrer Situation seien Dem entgegnet Schuller dass Manner sich stattdessen lieber diesen reflektierten Entscheidungsprozess zu eigen machen sollten 5 Verfestigte Rollenklischees hielten sich hartnackigAuch die heutige Lebenssituation von Frauen fuhre dazu dass hauptsachlich sie diejenigen seien die sich um die Kinder oder die Pflege von Angehorigen kummern wahrend Manner Vollzeit arbeiten gehen Um das verkrustete Gesellschaftsmodell aufzubrechen schlagt Schuller vor das berufliche Verhalten von Frauen anders zu interpretieren Wir mussen das Bild loswerden dass man keine Karriere machen mochte wenn man in Teilzeit arbeitet Die Dinge werden sich in Fragen der Karriere fur Frauen nur wirklich andern wenn auch Manner Mosaik Karrieren eingehen und sich nicht dem Vollzeit Konzept als einzigem Weg verschreiben 10 Rezeption BearbeitenDas Paula Prinzip wurde von vielen Unternehmen die Karriereberatung anbieten ins Programm aufgenommen Rezensionen von Schullers Buch und journalistische Beitrage uber das Paula Prinzip erschienen in renommierten Zeitungen wie dem Independent 11 dem Sydney Morning Herald 12 und der Harvard Business Review 13 Die Professoren Annette Foley Melbourne und Peter Lavender Wolverhampton loben in einer Buchbesprechung die Zuganglichkeit und Datenfulle des Buches stellen aber fest dass Schuller feministische Theorien zur Haus und Familienarbeit sowie zum Verhaltnis von kapitalistischer Produktionsweise und Reproduktionsarbeit in keiner Form berucksichtigt 14 Weblinks BearbeitenTom Schuller The Paula Principle Working women operate below their level of competence Abgerufen am 19 Marz 2021 britisches Englisch Einzelnachweise Bearbeiten Cordelia Grimwood Ruth Popplestone Women Management and Care Palgrave 1993 S 4 Andrew Hede The Glass Ceiling Metaphor In Canberra Bulletin of Public Administration 1994 76 79 85 Tom Schuller Gender and skills in a changing economy UK Commission for Employment and Skills September 2011 S 16ff Tom Schuller The Paula Principle why women lose out at work and what needs to be done about it Scribe Publications 2017 The Paula Principle How and Why Women Work Below their Level of Competence by Tom Schuller 11 Mai 2017 abgerufen am 19 Marz 2021 englisch Joanne Martin Deconstructing Organizational Taboos The Suppression of Gender Conflict in Organizations In Organization Science 1990 1 339 359 exemplarisch Andrea Larson R Edward Freeman Hg Women s Studies and Business Ethics Toward a New Conversation Oxford University Press 1997 ISBN 0195107586 exemplarisch Chimezie A B Osigweh Yg Loren Falkenberg Does Feminism Belong in Business Ethics In Employee Responsibilities and Rights Journal 1995 8 97 110 ablehnend Margaret W Rossiter The Matthew Matilda Effect in Science In Social Studies of Science 1993 23 325 341 Edition F Das Paula Prinzip Wieso kluge Frauen im Job so oft hinter unfahigen Mannern zuruckbleiben In ze tt Abgerufen am 19 Marz 2021 Five reasons women do not get the same career opportunities as men 21 Marz 2017 abgerufen am 5 April 2021 englisch Jackie Dent What s holding so many well educated women back when it comes to work 9 Juni 2017 abgerufen am 5 April 2021 englisch Various Authors How CEOs Can Put Gender Balance on the Agenda at Their Companies In Harvard Business Review 30 November 2016 ISSN 0017 8012 hbr org abgerufen am 5 April 2021 Annette Foley Peter Lavender The Paula principle How and why women work below their level of competence In Australian Journal of Adult Learning 2017 57 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Paula Prinzip amp oldid 238531844