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Als Ortstafelsturm werden die Geschehnisse rund um den Karntner Ortstafelstreit im Herbst 1972 bezeichnet Inhaltsverzeichnis 1 Begriff 2 Vorhergegangene Entwicklung 3 Die Ausschreitungen 4 Organisation 5 Terror oder Volkszorn 6 Siehe auch 7 Literatur 8 Film 9 Weblinks 10 EinzelnachweiseBegriff BearbeitenWer genau den Ausdruck Ortstafelsturm erfunden hat kann nicht gesagt werden jedoch wurde er sicher zu grossten Teilen durch die Medien gepragt welche von den Ausschreitungen unter diesem Titel berichteten Eventuell wurde von den Ausschreitungen auch im Vorfeld bereits als Ortstafelsturm gesprochen Ein Indiz dafur konnte der Zwischenruf eines anonymen Herren auf der Jahreshauptversammlung des Karntner Abwehrkampferbundes am 22 April 1972 sein Versuchen wir es noch einmal mit einer Unterschriftenaktion und wenn das auch nichts hilft dann Volk steh auf Sturm brich los 1 Oft wird von Zeithistorikern auf die Parallelen zu einem Pogrom hingewiesen Neben Martin Fritzl und Peter Gstettner 2 sehen auch etliche weitere Zeithistoriker diese Zusammenhange und vergleichen die begriffliche Verniedlichung Reichskristallnacht fur die Novemberpogrome mit der verharmlosenden Wirkung des Begriffes Ortstafelsturm Vorhergegangene Entwicklung BearbeitenSeitens der Karntner Slowenen wurde die Durchfuhrung von Artikel 7 3 des Osterreichischen Staatsvertrages gefordert Die Zulassung der slowenischen Sprache als zweite Amtssprache sowie zweisprachige Bezeichnungen und Beschilderungen von Ortsnamen in gemischten Ortschaften mit slowenischer Minderheitsbevolkerung 3 Im Jahre 1970 begann die Stimmung um dieses Thema anlasslich der 50 Jahr Feier der Volksabstimmung schliesslich zu brodeln Ab dieser Feier kam es auch vermehrt zu Schmieraktionen und starker Propaganda von beiden Streitparteien Organisiert wurde die Feier von einem ehemaligen SS Oberscharfuhrer und NS Abzeichen wurden bei den Feierlichkeiten von Teilnehmern offen getragen Transparente mit Aufschriften wie Wir fordern Minderheitenfeststellung Gleichberechtigung fur die Mehrheit und Toleranz ja weitere Geschenke nein waren zu sehen 4 Dies verscharfte den Zorn von Karntner Slowenen und es kam wiederum vermehrt zu Ubergriffen und Schmieraktionen von ihrer Seite im Lauf des Jahres 1971 Im Gegenzug dazu wurden von deutschnationalen Karntnern Partisanendenkmaler geschandet Im Laufe des Jahres 1971 wurde von der Regierung Kreisky schliesslich beschlossen ohne Minderheitenfeststellung auf Basis der Volkszahlung von 1961 mit der 20 Prozent Klausel zweisprachige Ortstafeln aufzustellen Dies traf auf 205 Ortschaften in 36 Gemeinden zu Jedoch liess zum Beispiel der Karntner Abwehrkampferbund gar keinen Zweifel daran dass topographische Aufschriften nicht in den vom Gesetz vorgesehenen 205 Ortschaften in 36 Gemeinden anerkannt werden konnten sondern bestenfalls in sieben Gemeinden die vor den Gemeindezusammenlegungen noch 1961 bestand hatten in Frage kamen Zell Radkersburg Moos Vellach Globasniz Ludmannsdorf und Feistritz ob Bleiburg 5 Dies sollte die Teilnehmer des nahenden Ortstafelsturms jedoch nicht daran hindern auch diese zu demontieren Im Fruhjahr 1972 eskalierte die Stimmung Es kam vermehrt zu Schmieraktionen und eine Flut an Flugblattern kam auf Die Medien hetzten gegen Landeshauptmann Sima dessen Plan obwohl schon seit vier Monaten in der Presse bekannt gegeben von ebendieser immer noch als Sima Geheimplan bezeichnet wird So kann die spatere Behauptung dass die Aufstellung der zweisprachigen Ortstafeln eine Nacht und Nebel Aktion gewesen war nicht gehalten werden Bei der Jahreshauptversammlung des Abwehrkampferbundes am 22 April sagte der Vorsitzende Wir sind wieder in einen Abwehrkampf wenn auch mit geistigen Waffen eingetreten Worauf aus dem Publikum der Zwischenruf Versuchen wir es noch einmal mit einer Unterschriftensammlung und wenn auch das nicht hilft dann Volk steh auf Sturm brich los 6 zu horen war Auch weitere bedrohliche Aussagen wurden getatigt Die Karntner Nachrichten schrieben am 18 Marz Wenn in Hermagor Klagenfurt und Volkermarkt slowenische Ortstafeln aufgestellt werden sollten wird dies von der uberwiegenden Mehrheit der Bevolkerung als Herausforderung empfunden werden Es ist darum zu erwarten dass diese Tafeln von der emporten Bevolkerung heruntergeschlagen wurden und es wird nicht moglich sein zu jeder slowenischen Ortstafel Tag und Nacht einen Gendarmen dazuzustellen 7 Hier erkennt man dass nur von slowenischen nie aber von zweisprachigen Tafeln die Rede war Hiermit wurde sicherlich teilweise versucht die Angst vor einer Annexion durch den Jugoslawischen Staat zu schuren andererseits aber sicher der Gedanke suggeriert dass es sich um keine Rechtssymbole des osterreichischen Staates handle sondern eben um etwas Slowenisches Am 10 Juni wird schliesslich wieder seitens der Karntner Nachrichten sogar gehetzt Eine planmassige Aussiedelung aller Deutschen aus dem gemischtsprachigen Gebiet wird vorbereitet Ahnliche Aussagen findet man ubrigens auch noch im Jahr 2001 als Josef Feldner in einer vom ORF ubertragenen Ansprache erklart Jede zusatzliche Ortstafelgemeinde ist ein Schritt hin zu Slowenisch Karnten und da durfen und da werden wir nicht mitmachen 8 Die Ausschreitungen Bearbeiten20 auf 21 September 1972 Erste Tafeln werden aufgestellt In der Folgenacht werden sie beschmiert oder demontiert Gleichzeitig kommt es zu den ersten Bombendrohungen gegen das Gebaude der Karntner Landesregierung Innerhalb der nachsten 24 Stunden wurden die Tafeln gereinigt oder wieder aufgestellt Auch die ersten Schmierer werden festgenommen 24 und 25 September 1972 Die Aktionen gehen weiter Die ortlichen Gendarmerie bekommen Unterstutzung aus anderen Bundeslandern die bestehenden Ortstafeln werden allerdings weiter nahezu ungehindert demontiert Des Weiteren gehen bei mehreren Gendarmerieposten Drohungen ein Hochspannungsmasten zu sprengen sollte die Gendarmerie weiter gegen die Sturmer vorgehen 5 Oktober 1972 100 Personen agieren in St Kanzian und weitere 90 Personen in 35 Autos in St Primus Am 6 und 7 ziehen erneut 120 Leute in 42 Autos durch Unterkarnten Hauptsturm 9 Oktober 1972 In den Abendstunden ziehen etliche Personen direkt von der Feier 52 Jahre Abwehrkampf und Volksabstimmung zur Demontage aus 200 PKW fahren von Ferlach ins Rosental Zwischen Kottmannsdorf und Ludmannsdorf formiert sich ein weiterer Zug von 100 PKW Gegen 22 30 treffen sich die beiden Fahrzeugkolonnen Ein Teil davon fahrt vor die Landesregierung wo alle Tafeln abgeladen werden und ein KHD Funktionar verkundet Meine Herren unsere Aufgabe ist damit erfullt Ich danke Ihnen die daran teilgenommen haben nochmals Rund 100 Personen fahren noch zur Wohnung von Landeshauptmann Sima und sangen dort bis 2 Uhr fruh Karntner Heimatlieder Auch in St Margarethen 120 Personen und in Volkermarkt 100 PKW kam es in dieser Nacht zu Ausschreitungen Am Morgen des 10 Oktober stand so keine zweisprachige Ortstafel mehr in Karnten 14 Oktober 1972 Die Strassenverwaltung stellt demontierte Tafeln neuerlich auf 25 Oktober 1972 Es formiert sich in den Abendstunden eine Kolonne in St Kanzian mit 300 Personen in 150 Fahrzeugen Der Sankt Kanzianer Burgermeister Vitus Jesse SPO wurde von der Gendarmerie als Anfuhrer der Aktivisten erkannt Kleinere Aktionen dieser Art wurden noch bis zum Ende des Jahres fortgefuhrt Alle Ortstafeln die wieder errichtet wurden demontierten kleine Gruppen meist schon in der darauffolgenden Nacht Die Aktionen verebbten erst durch das Bemuhen der Politiker Kommissionen zu installieren und auf Verhandlungsebene den Konflikt zu befrieden Diese Aktionen seitens der Politiker mussten gesetzt werden da auch das Interesse des Auslands vor allem der jugoslawischen Regierung immer grosser wurde Auch auslandische Medien thematisierten die fehlgeschlagene Minderheitenpolitik Karntens Es war bisher das einzige Mal dass aufgrund massiven offentlichen Druckes von Protesten und Ausschreitungen ein Gesetz in der zweiten Republik nicht vollzogen werden konnte Organisation BearbeitenDie grosse ungeklarte Kontroverse rund um die Tatsache dass wie Peter Gstettner formuliert ein Bundesgesetz nicht vollzogen werden konnte weil eine kleine Minderheit intoleranter Chauvinisten strafbare Handlungen gegen die Exekutive setzte 9 ist die Frage ob ein Organisator der Aktionen ausgemacht werden kann Fur Gstettner steht es ausser Frage dass es einen Hauptorganisator mit verschiedenen Delegierten gab nennt allerdings vermutlich aus rechtlichen Grunden nicht direkt den Karntner Heimatdienst als organisierenden Verein Fest steht allerdings dass der Ortstafelsturm ein von KHD Mitgliedern und KHD Sympathisanten beigewohntes Ereignis war Nach Sichtung der Presseaufnahmen konnten etliche der Teilnehmer als Mitglieder des KHD und oder seiner Teilorganisationen identifiziert werden Ob von einer gezielten Organisationsstruktur gesprochen werden kann ist nicht geklart und erweist sich als ausserst schwierig Die Stellung des Karntner Heimatdienstes als Organisator wurde oft thematisiert kann aber nicht bewiesen werden Terror oder Volkszorn BearbeitenDie zweite grosse Frage ist ob es sich beim Ortstafelsturm um eine geplante Terroraktion handelt oder aber um einen Volksaufstand gegen ein undemokratisches Diktat aus Wien Der politische Mythos eines spontanen Aufstandes wurde vor allem von den Medien gepragt Die Kleine Zeitung schrieb zum Beispiel Es muss aber mit dem gebotenen Nachdruck gesagt werden dass Opfer der Gewalt ausschliesslich Ortstafeln waren 10 Auch Andreas Molzer bekraftigte 1990 dass es wahrend des Ortstafelsturms zu keinerlei Ausschreitungen kam Diese Aussagen entkraften die Harte und Gewaltbereitschaft mit der die Sturmer vorgegangen sind Ein anderes Bild zeigen jedoch die Gendarmerieprotokolle es wurden neben den bereits oben erwahnten Bombendrohungen Partisanendenkmaler geschandet Gendarmen tatlich angegriffen und die Autoreifen des Landeshauptmannes Sima zerstochen Es wurde sogar berichtet man wisse von einer Bauerin der hat man auch in der Nacht auf den 10 Oktober das Pferd im Stall aufgehangt 11 Siehe auch BearbeitenOrtstafelstreit Geschichte Karntens Karntner Slowenen Minderheitssprachen in Osterreich Liste slowenischer Flurnamen in KarntenLiteratur BearbeitenElke Fertschey Sturm im Land an der Grenze In Norbert Sternad Hrsg Karntner Monat Oktober 2002 Martin Fritzl Der Karntner Heimatdienst Ideologie Ziele und Strategien einer nationalistischen Organisation Dissertationen und Abhandlungen22 Disertacije in razpreave 22 Drava Klagenfurt 1990 ISBN 3 85435 117 8 Peter Gstettner Der Ortstafelsturm vor 30 Jahren Eine Bewegung gegen Gesetz und Ordnung Eine Analyse der Mikropolitik rund um das Jahr 1972 in Karnten In Razprave in Gradivo 41 Treaties and Documents 41 Institut za narodnostna vpasanja Institute for Ethnic Studies Ljubljana Laibach 2002 S 68 65 Peter Gstettner wo alle Macht vom Volk ausgeht Eine nachhaltige Verhinderung Zur Mikropolitik rund um den Ortstafelsturm in Karnten In Osterreichische Zeitschrift fur Politikwissenschaft 33 2004 S 81 94 Hans Haas Karl Stuhlpfarrer Osterreich und seine Slowenen Locker amp Wogenstein Wien 1977 Ortstafelsturm Dokumentation der Karntner Landesregierung unveroffentlicht Klagenfurt o J Martin Pandel Miroslav Polzer Mirjam Polzer Srienz Reginal Vospernik Hrsg Ortstafelkonflikt in Karnten Krise oder Chance Braumuller Wien 2004 ISBN 3 7003 1479 5 Borut Sommeregger Karnten Ein Dorf an der Grenze Nas Tednik Klagenfurt 1983Film BearbeitenThomas Korschil und Eva Simmler Artikel 7 Unser Recht Pravica Nasa clen 7 2005 12 Weblinks BearbeitenKarntner Wegkreuzungen Der Ortstafelstreit 1972 bei O1 Peter Gstettner Der Karntner Ortstafelsturm vor 30 Jahren 2002 Einzelnachweise Bearbeiten Ortstafelsturm Dokumentation der Karntner Landesregierung unveroffentlicht Klagenfurt o J S 47 Das Zitat stammt aus einem patriotischen Gedicht 1813 von Theodor Korner und ist bekannt beruchtigt weil es in Goebbels Sportpalastrede Wollt Ihr den Totalen Krieg benutzt wurde klahrgesellschaft at wie auch in den Aufsatzen Peter Gstettner wo alle Macht vom Volk ausgeht Eine nachhaltige Verhinderung Zur Mikropolitik rund um den Ortstafelsturm in Karnten In Osterreichische Zeitschrift fur Politikwissenschaft 33 2004 S 81 94 und Peter Gstettner Der Ortstafelsturm vor 30 Jahren Eine Bewegung gegen Gesetz und Ordnung Eine Analyse der Mikropolitik rund um das Jahr 1972 in Karnten In Razprave in Gradivo 41 Treaties and Documents 41 Institut za narodnostna vpasanja Institute for Ethnic Studies Ljubljana Laibach 2002 S 68 65 Osterreichischer Staatsvertrag Teil I Politische und territoriale Bestimmungen auf Wikisource Siehe BGBl Nr 152 1955 Artikel 7 Absatz 3 Zitiert nach Peter Gstettner Der Ortstafelsturm vor 30 Jahren Eine Bewegung gegen Gesetz und Ordnung Eine Analyse der Mikropolitik rund um das Jahr 1972 in Karnten In Razprave in Gradivo Treaties and Documents Institut za narodnostna vpasanja Institute for Ethnic Studies Ljubljana Laibach 2002 S 82 Hans Haas Karl Stuhlpfarrer Osterreich und seine Slowenen Wien 1977 S 105 Zitiert nach Ortstafelsturm Dokumentation S 47 Karntner Nachrichten 18 Marz 1972 Zitiert nach Peter Gstettner Der Ortstafelsturm vor 30 Jahren S 84 Zitiert nach Thomas Korschil Eva Simmler Clen 7 Pravica Nasa Artikel 7 Unser Recht Navigatorfilm 2005 0 30 18 bis 0 30 27 Peter Gstettner wo alle Macht vom Volk ausgeht Eine nachhaltige Verhinderung Zur Mikropolitik rund um den Ortstafelsturm in Karnten In Osterreichische Zeitschrift fur Politikwissenschaft 33 2004 S 83 Kleine Zeitung 6 Oktober 1992 zitiert nach Peter Gstettner Der Ortstafelsturm vor 30 Jahren S 78 Vladimir Wakounig zitiert nach Thomas Korschil Eva Simmler Clen 7 Pravica Nasa Artikel 7 Unser Recht Navigatorfilm 2005 0 38 02 0 38 12 Website des Films Artikel 7 Unser Recht Pravica Nasa clen 7 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Ortstafelsturm amp oldid 226325467