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Ortsspezifisch wurde im letzten Drittel des 20 Jahrhunderts oft als Zusatz zu kunstlerischen Arbeiten verwendet Inhaltsverzeichnis 1 Begriff 2 Kontext Kunst 3 Literatur 4 WeblinksBegriff BearbeitenDer Begriff wurde vom englischen site specific ins Deutsche ubernommen Situs das in site specific enthalten ist bedeutet den Ort die Lage Es wird besonders in der Wendung in situ verwendet und dies in zwei Bedeutungsfeldern einmal in der Archaologie dann in der Medizin In beiden Fallen wird eine Sache in Beziehung gesetzt zu einem grosseren Ganzen etwa eine Saule in Beziehung auf die Ausgrabungsstatte oder ein Organ in Beziehung auf den Gesamtorganismus in dem das Organ richtig positioniert ist oder aber zum Beispiel seitenverkehrt situs inversus Kontext Kunst BearbeitenDas Phanomen dass eine Sache positioniert ist und so auf ein grosseres Ganzes verweist kommt auch im Kunstkontext vor Im christlichen Kulturkreis ware etwa an die Ostung der Kirchen zu erinnern Der Kirchenraum ist unter diesem Aspekt ein Ort der den Besucher und seine Aufmerksamkeit so ausrichtet dass ihm seine Lage in Beziehung zum Licht klar wird dass er verwiesen wird auf seine Lage im kosmischen Gefuge In den letzten Jahrhunderten ist dieser Verweisungscharakter des Kunstwerkes in den Hintergrund getreten weil ein geschlossener kompakter Werkbegriff vorherrschte entwickelt etwa an den Modellen von Tafelbild und Skulptur Der geschlossene Charakter des Werkes seine Abgrenzung gegenuber einem Anderen galt geradezu als Signum der Kunst Ortega y Gasset hat das Thema der Grenze als konstitutives Element fur das Kunstwerk in seinem Aufsatz Meditation uber den Rahmen Meditacion del marco 1921 angerissen Der Rahmen markiert die Abgrenzung des Bildes vom alltaglichen Raum so wie dies der Sockel fur die Skulptur tut Schliesslich sind auch die Raume fur die Kunst Museen Konzertsale Opernhauser Sinnbilder dieses Abschottens vom Alltagbereich Sie sind Orte fur die Versammlung von Aufmerksamkeit Schonraume in denen die Wahrnehmung sich ganz auf eine Sache namlich das Kunstwerk einlassen kann in denen die Wahrnehmung befreit ist von anderen Aufgaben Die konzentrierte Zuwendung zu einer Sache braucht diese geschutzte Zone Vor dieser Folie des geschlossen kompakten Kunstwerkes werden zwei starke Krafte des Schaffens im 20 Jahrhundert sichtbar Sie brechen sich durch verschiedene Kunstformen hindurch Bahn und sind beide zentrale Elemente fur die site specific art forms Die Sprengung oder zumindest Thematisierung der Grenze Die Verankerung des Werkes in Raum und oder ZeitProgrammatisch ist dies bei den Minimal Artists geworden und hier scheint nach Douglas Crimp site specifity in die zeitgenossische Kunst eingefuhrt zu werden Crimp analysiert in diesem Text unter anderem ein fruhes Werk von Richard Serra das unsere Frage nach der Grenze des Werkes in sehr anschaulicher Weise beantwortet Splashing so der Titel des Werkes war Teil einer von Robert Morris 1968 organisierten Ausstellung in einem alten Warenhaus das die Leo Castelli Galerie als Lager nutzte Entlang einer Kante dort wo Fussboden und Wand sich treffen hatte Serra geschmolzenes Blei gegossen so dass es sich unregelmassig in der Kante an Wand und Fussboden verteilte und fest wurde Durch die vielen Spritzer wurde die Grenze zwischen Werk und Nichtwerk diffus Das Werk war mit dem Aussenraum verklebt Noch ist dieser Ort im Schonraum der Kunst Galerie Spater wenn die Werke dann hinaustreten in den offentlichen Raum kriegt die in der Galerie noch harmlos erscheinende Unverruckbarkeit des Werkes eine politische Dimension Die fur bestimmte Orte geschaffenen Skulpturen konnen nur dort wirken und existieren Welche Krafte gekonnt positionierte Werke entfalten konnen wird in den Argumentationen um viele Klassiker des Serra schen Oeuvres deutlich etwa Terminal Bochum 1977 Tilted Arc Federal Plaza New York 1981 85 Die durch die plastischen Provokationen ausgelosten offentlichen Diskussionen enthullen bei klaren Analysen wie sie etwa von Crimp vollzogen werden die Interessenskonflikte und politischen Machtkampfe an ebendiesen Orten Mehrmals so auch bei Tilted Arc musste das Werk schliesslich weichen und da es nicht mehr einfach woanders aufgestellt werden kann hiess das auch dass das Werk zerstort werden musste To removeTilted Arc therefore is to destroy it Serra im Public Hearing zur Skulptur am 6 Marz 1985 in New York Richard Serra war nicht der einzige den es aus den Kunstraumen hinauszugehen drangte Stellvertretend seien wichtige Vertreter genannt Robert Morris Michael Heizer Ian Hamilton Finlay und Sue Finlay Walter de Maria Richard Long Robert Smithson James Turrell Einmal aus den Schonraumen der Kunst entlassen zeigt sich jetzt die Vielschichtigkeit der Sites der Orte die die Kunstler auswahlen auf die sie reagieren wollen Der eine beachtet vor allem geologische Strukturen Heizer der andere Lichtphanomene Turell und ein dritter de Maria meteorologische Elemente In all diesen Werkgruppen spiegelt sich ortsspezifisches Reagieren auf Landschaften Auch die Vernutzung der Natur durch die Menschen wird vor Ort thematisiert Auch ein sehr subtiles Eingehen auf die Landschaft aus dem Bereich der Musik muss erwahnt werden die Komposition Princess of the Stars 1981 des kanadischen Komponisten R Murray Schafer Sie spielt zur Zeit des Sonnenaufganges an einem See in Ontario Das Publikum sitzt am Ufer des Sees und hort den Anfang der Geschichte der aus einem Kanu erzahlt wird Die Komposition ist aufgebaut auf dem Zeitplan des tatsachlichen Erwachens der Natur Sanger die um den See herum verteilt sind ahmen Vogelstimmen vor kurz bevor diese selbst in die Oper miteinstimmen Die Komposition verweist so auf das Vorhandene sie existiert mit dem Vorgegebenen Kunst und Natur grenzen sich nicht aus Diese orts und zeitspezifische Arbeit hat das Umherschweifhorspiel Burgerliche Dammerung von Walter Siegfried entscheidend beeinflusst Der Begriff site specific beschrankt sich nicht nur auf Landschaften Norbert Radermachers Plastiken und Skulpturen stehen in Marseille Hamburg Koln Paris Berlin allerdings nicht in den Museen und Galerien sondern an ganz unerwarteten Stellen im stadtischen Raum 5 Oft bemerkt man sie zunachst gar nicht Dann aber wenn man sie entdeckt hat vielleicht hat einem ein Kind darauf aufmerksam gemacht pragen sie sich sehr deutlich ein Und zwar eben nicht als einzelnes Objekt sondern als ein Ensemble von Vorgefundenem und Hineingesetztem Ein kleiner Betonkuchen am Strassenrand macht schlagartig den Irrsinn einer stadtischen Betonkonstruktion deutlich Das funktioniert naturlich nur wenn diese Objekte mit chirurgischer Prazision ins Stadtbild implantiert werden sonst versinken sie in den allgemeinen Uberwucherungen Wichtige deutsche Kunstler der ortsspezifischen Eingriffe sind Eberhard Bosslet und Christian Hasucha der auch wichtige theoretische Beitrage zum Thema geliefert hat Werden profane Objekte in einer kunstbetriebsfernen Umgebung etwa im Strassenbereich einer Grossstadt ungewohnlich platziert so evozieren sie den Abbildcharakter nicht mehr und konnen stattdessen auf Strukturzusammenhange ihres Umfeldes verweisen erst wenn die Erscheinungsformen des Kunstobjektes mit denen des Umfeldes in Beziehung treten etwa durch Erweiterung bereits existierender Zusammenstellungen oder durch Akzentuierung des Vorhandenen wird der Dialog zur Umgebung erkennbar wird die Art der Platzierung transparent Literatur BearbeitenDouglas Crimp Redifining Site Specifity In Rosalind Krauss Hrsg Richard Serra Sculpture Museum of Modern Art New York 1986 R Murray Schafer The Tuning of the World McClelland and Stewart Toronto 1977 ISBN 0771079656 Weblinks BearbeitenSound tracks to Reality Ortsgesprache Ortsgerausche Radio Bericht uber ein ortsbezogenes Horspiel fur Potsdam Site Specific Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Ortsspezifisch amp oldid 234838850