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Dieser Artikel beschreibt den international so bezeichneten Oberth Effekt beim Einsatz von Raketentriebwerken in einem Gravitationsfeld Im Deutschen hat der Begriff Oberth Effekt noch eine weitere Bedeutung siehe Raketentreibstoff Oberth Effekt Mit Oberth Effekt bezeichnet man die Abhangigkeit der Effizienz eines Raketentriebwerkes vom Ort in einem Gravitationsfeld beim Vorbeiflug z B beim Swing by Je tiefer im Gravitationspotential je naher an einem schweren Himmelskorper der Treibstoff genutzt wird desto grosser ist der Energiezuwachs des Raumflugkorpers Der Effekt ist nach Hermann Oberth benannt der ihn als erster beschrieben hat 1 Der Effekt wird in der Raumfahrt fur treibstoffsparende Manover verwendet die auf Englisch powered flyby oder Oberth maneuver genannt werden Inhaltsverzeichnis 1 Erklarung 1 1 Veranschaulichung 1 2 Kinematische Rechnung 2 Anwendung 3 Beispiel an einer Parabel 4 Siehe auch 5 EinzelnachweiseErklarung BearbeitenVeranschaulichung Bearbeiten Das Prinzip eines Raketenmotors beruht darauf dass Stutzmasse Verbrennungsgase beim klassischen chemischen Raketenantrieb entgegen der gewunschten Beschleunigungsrichtung nach hinten ausgestossen wird Nur ein Teil der freigesetzten z B chemischen Energie kommt dem Raumfahrzeug zugute der Rest geht mit der Stutzmasse verloren Ein Raumflugkorper hat beim Vorbeiflug an einem Himmelskorper oder auf einer Umlaufbahn im Moment der grossten Annaherung Periapsis die grosste Geschwindigkeit Wird zu diesem Zeitpunkt das Triebwerk gezundet bekommt das Raumfahrzeug den grosstmoglichen Anteil der im Treibstoff gespeicherten chemischen Energie als zusatzliche kinetische Energie und die Stutzmasse den geringstmoglichen Anteil Dies lasst sich wie folgt erklaren Die Stutzmasse wird nach hinten ausgestossen Im Bezugssystem des Himmelskorpers ist ihre Geschwindigkeit und damit ihre kinetische Energie daher geringer als bei ruhendem Raumfahrzeug Das Raumfahrzeug bekommt daher einen grosseren Anteil an Energie und zwar umso mehr je grosser die Vorwartsgeschwindigkeit des Raumfahrzeugs bereits ist Bei sehr hoher Geschwindigkeit des Raumfahrzeugs mehr als 50 der Geschwindigkeit der ausgestossenen Stutzmasse relativ zum Raumfahrzeug ist die Geschwindigkeit und damit die kinetische Energie der ausgestossenen Stutzmasse geringer als vor der Verbrennung als sie noch im Raumfahrzeug mitgefuhrt wurde Der Energiezuwachs des Raumfahrzeugs ist dann sogar grosser als die im Treibstoff gespeicherte chemische Energie die Energie die zuvor fur die Beschleunigung des mitgefuhrten Treibstoffs aufgewandt wurde wird teilweise zuruckgewonnen Die Stutzmasse wird nahe am Zentralkorper freigesetzt Ihre potenzielle Energie die ungenutzt verloren geht ist dort geringer und die kinetische Energie die sie bereits vor der Verbrennung hat grosser Ein Teil von diesem Zuwachs an kinetischer Energie kommt wie beschrieben dem Raumfahrzeug zugute Kinematische Rechnung Bearbeiten Wenn ein Raketenantrieb betatigt wird andert sich die Geschwindigkeit v displaystyle v nbsp des Raumfahrzeugs um einen Betrag D v displaystyle Delta v nbsp Delta v der und das ist der entscheidende Punkt nicht von der aktuellen Geschwindigkeit abhangig ist Galilei Transformation Die Bewegungsenergie des Raumfahrzeugs E k i n 1 2 m v 2 displaystyle E mathrm kin tfrac 1 2 mv 2 nbsp ist aber proportional zum Quadrat der Geschwindigkeit daher andert diese sich um so starker je grosser v displaystyle v nbsp ist D E k i n 1 2 m v D v 2 1 2 m v 2 m D v v 1 2 D v displaystyle Delta E mathrm kin tfrac 1 2 m v Delta v 2 tfrac 1 2 mv 2 m cdot Delta v cdot left v tfrac 1 2 Delta v right nbsp Der Zuwachs an kinetischer Energie ist also proportional zu v 1 2 D v displaystyle v tfrac 1 2 Delta v nbsp der mittleren Geschwindigkeit wahrend der Brennzeit des Triebwerks Wenn die Geschwindigkeitsanderung klein ist gilt naherungsweise einfach D E k i n m D v v displaystyle Delta E mathrm kin approx m cdot Delta v cdot v nbsp und im infinitesimalen Grenzfall erhalt man d E k i n d t m d v d t v F v displaystyle frac operatorname d E mathrm kin operatorname d t m cdot frac operatorname d v operatorname d t cdot v F cdot v nbsp wobei F displaystyle F nbsp die Schubkraft der Rakete ist Bei konstanter Kraft entspricht dies der bekannten Formel Arbeit Kraft Weg D E F D s textstyle Delta E F cdot Delta s nbsp Eine analoge Rechnung zeigt dass auch im Fall des Abbremsens der Treibstoff bei hoher Geschwindigkeit am effizientesten eingesetzt werden kann Anwendung BearbeitenDurch den Oberth Effekt ist der Transfer auf eine hohe Bahn uber eine Hohmann Bahn bei der der grosste Teil des Treibstoffs nahe an der Periapsis der niedrigen Ausgangsbahn eingesetzt wird gunstiger als uber eine spiralformige Bahn mit kontinuierlichem Verbrauch Gleiches gilt beim Einschwenken aus einer hyperbolischen Bahn in einen Orbit Das Bremsmanover sollte dicht am Himmelskorper erfolgen Oft ist der Orbit dann noch sehr gestreckt weil in dieser Situation kein schubstarkes Triebwerk zur Verfugung steht Die Bahn wird dann in mehreren Umlaufen abgesenkt indem jeweils in der Periapsis gezundet wird Fur extrem schwache Antriebe Ionenantrieb ist das Manover hingegen kaum geeignet Beispiel an einer Parabel BearbeitenWird bei einem parabolischen Vorbeiflug eines Raumfahrzeugs am Jupiter mit einer Geschwindigkeit von 50 km s an der Periapsis eine Triebwerkzundung mit einem D v displaystyle Delta v nbsp von 5 km s durchgefuhrt so zeigt sich dass die resultierende Endgeschwindigkeit des Fahrzeugs nach dem Vorbeiflug in grosser Entfernung um 22 9 km s zunimmt also um das 4 6 Fache des eingesetzten D v displaystyle Delta v nbsp Dies lasst sich wie folgt herleiten Ein Raumfahrzeug beschreibt eine parabolische Bahn wenn es gerade Fluchtgeschwindigkeit v e s c displaystyle v mathrm esc nbsp hat Das bedeutet definitionsgemass dass es sich beliebig weit vom Zentralkorper entfernen kann und im Grenzfall grosser Entfernung seine Geschwindigkeit gegen Null geht Die kinetische Energie die es bei grosster Annaherung Periapsis hatte E r p a 1 2 m v e s c 2 displaystyle E r mathrm pa tfrac 1 2 mv mathrm esc 2 nbsp verliert es vollstandig bei Verlassen des Gravitationsfeldes E r 0 displaystyle E r infty 0 nbsp Bekommt es dort nun einen Schub D v displaystyle Delta v nbsp so ist seine Energie E D v r 1 2 m D v 2 displaystyle E Delta v infty r infty tfrac 1 2 m Delta v 2 nbsp Hat es diesen Schub schon an der Periapsis bekommen optimale Nutzung des Oberth Effekts so ist seine Energie bei Verlassen des Gravitationsfeldes wie oben hergeleitet E D v p a r m v e s c D v 1 2 m D v 2 displaystyle E Delta v mathrm pa r infty mv mathrm esc Delta v tfrac 1 2 m Delta v 2 nbsp Das Verhaltnis dieser Energien ist E D v p a r E D v r 1 2 v e s c D v displaystyle frac E Delta v mathrm pa r infty E Delta v infty r infty 1 frac 2v mathrm esc Delta v nbsp und somit gilt fur die Geschwindigkeiten v D v p a r v D v r 1 2 v e s c D v displaystyle frac v Delta v mathrm pa r infty v Delta v infty r infty sqrt 1 frac 2v mathrm esc Delta v nbsp Setzt man nun die Werte des Beispiels des Vorbeifluges am Jupiter ein so erhalt man fur eine Fluchtgeschwindigkeit von vesc 50 km s und eine Zundung mit einer Geschwindigkeitsanderung von Dv 5 km s den Faktor 21 4 6 displaystyle sqrt 21 approx 4 6 nbsp Entsprechende Ergebnisse erhalt man fur geschlossene und hyperbolische Umlaufbahnen Siehe auch BearbeitenVis Viva GleichungEinzelnachweise Bearbeiten Ways to spaceflight NASA TT F 622 Ubersetzung von Wege zur Raumschiffahrt R Oldenbourg Munchen Berlin 1929 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Oberth Effekt amp oldid 226565206