Nomos ist ein in der Philosophie Carl Schmitts im Sinn einer „Raumordnung“ gebrauchter Begriff. Schmitt beschreibt den Nomos als „Einheit von Ortung und Ordnung“. In seinem Spätwerk im Kontext völkerrechtlicher Überlegungen hat er eine herausragende Bedeutung („Der Nomos der Erde im Völkerrecht des Jus Publicum Europaeum“, 1950).
Herkunft Bearbeiten
Das Wort Nomos hat zwei Grundbedeutungen, die beide aus dem Altgriechischen stammen:
- Νομός, Nomós (Betonung auf der zweiten Silbe) im räumlichen Sinn von „Bezirk“ und
- Νόμος, Nómos (Betonung auf der ersten Silbe) im rechtlichen Sinn von „Gesetz“.
Der räumliche Sinn ist dabei der ältere:
Die ursprüngliche Bedeutung ist „Wohnstätte“, „Gau“, „Weideplatz“ (siehe auch Artikel Nomade). Das griechische Wort „Nemos“ ist von derselben Wurzel abgeleitet und kann als „Wald“, „Hain“, „Forst“ kultische Bedeutung haben.
Begriff bei Schmitt Bearbeiten
Dieser Nomos ist für ihn Quelle und Grundlage jeder Rechtsordnung.
Dies gilt für ihn auch, wenn das Land „dem bisherigen, anerkannten Besitzer und Gebieter weggenommen“ wird, wobei dies ein schwierigeres „rechtliches Problem“ bedeutet als der „Erwerb bisher freien, herrenlosen Bodens“. Diese Sichtweise wird bei ihm im Zusammenhang mit der Inbesitznahme der „Neuen Welt“ durch europäische Völker relevant. Dabei postuliert er das Recht eines auf einer höheren Kulturstufe stehenden Volkes auf die Annexion von Gebieten mit auf niedrigerer Kulturstufe stehenden Einwohnern und formuliert als erste völkerrechtliche Frage:
Konsequenterweise führt Schmitt daher in Bezug auf die Landnahme kolonialen Bodens aus:
Der ansonsten geltende Rechtsgrundsatz, dass das Recht des Tatortes zur Tatzeit gelte, wurde also für den kolonialen Boden nicht angewandt.
Seit dem Westfälischen Frieden 1648 wurden nach Carl Schmitt die europäischen Staaten als „moralische Personen“ (im Sinne von „juristische Personen“) betrachtet, die unter Naturrecht gleichberechtigt souverän koexistieren. Dadurch sei ein nicht mehr diskriminierender (das heißt, nicht zwischen Angreifer und Verteidiger unterscheidender) Kriegsbegriff möglich geworden, der die kriegführenden Staaten völkerrechtlich gleichberechtigt betrachtete und die Trennung der Begriffe „Feind“ und „Verbrecher“ ermöglichte. Dadurch sei auch eine „Hegung des Krieges“ möglich geworden. Nach dem Wegfall der durch den Westfälischen Frieden konstituierten Ordnung stelle sich die Frage nach einem „neuen Nomos der Erde“.
Literatur Bearbeiten
- Raphael Gross: Carl Schmitt und die Juden. Eine deutsche Rechtslehre. Durchgesehene und erweiterte Ausgabe der 1. Auflage. Suhrkamp-Taschenbuch Wissenschaft 1754, Frankfurt am Main 2005, ISBN 3-518-29354-0 (Zugleich Dissertation an der Universität Essen, 1999).
- Carl Schmitt: Der Nomos der Erde im Völkerrecht des Jus Publicum Europaeum. Duncker & Humblot, Berlin 1950.
- Carl Schmitt: Nehmen, Teilen, Weiden. Ein Versuch, die Grundfragen jeder Sozial- und Wirtschaftsordnung vom Nomos her richtig zu stellen. (1953) In: Verfassungsrechtliche Aufsätze aus den Jahren 1924-1954, Duncker & Humblot, Berlin 1958, S. 489–504.
- Carl Schmitt: Staat, Großraum, Nomos. Arbeiten aus den Jahren 1916–1969. Hrsg., mit einem Vorwort und mit Anmerkungen versehen von Günter Maschke. Duncker & Humblot, Berlin 1995.
- Wolfgang Palaver: Carl Schmitt on Nomos and Space. In: Telos No. 106 (Winter 1996) 105–127.
- Wolfgang Palaver: Globalisierung und Opfer. Carl Schmitts Lehre vom Nomos. In: B. Dieckmann (Hrsg.): Das Opfer – aktuelle Kontroversen. LIT, Münster 2001, S. 181–206.
Einzelnachweise Bearbeiten
- Schmitt: Nomos der Erde, Seite 36
- Schmitt: Nomos der Erde, Seite 44.
- Schmitt: Nomos der Erde, Seite 17.
- Schmitt: Nomos der Erde, Seite 16.
- Schmitt: Nomos der Erde, Seite 108 f.
- Schmitt: Nomos der Erde, Seite 171.
- Schmitt: Nomos der Erde, Seite 116 ff.
- Schmitt: Nomos der Erde, Seite 158 f., 161.