www.wikidata.de-de.nina.az
Die Michaelis Menten Kinetik beschreibt die Enzymkinetik nach folgendem vereinfachendem Mechanismus Das freie Enzym bindet zuerst reversibel an sein Substrat Im gebundenen Zustand Enzym Substrat Komplex wird das Substrat umgewandelt und das Reaktionsprodukt lost sich vom Enzym Falls der Zerfall des Komplexes in Enzym und Substrat gegenuber der Bildung des Produkts dominiert gilt nach Einstellung des Fliessgleichgewichts fur die reversible Reaktion das Massenwirkungsgesetz und die Michaelis Menten Gleichung fur die Geschwindigkeit der Gesamtreaktion Substratverbrauch und Produktbildung in Abhangigkeit von der Substratkonzentration und weiteren Parametern Damit kann zum Beispiel die Sattigung der Produktionsgeschwindigkeit von Produkten in enzymatischen Reaktionen erklart werden Die Michaelis Menten Kinetik ist nach Leonor Michaelis und Maud Menten benannt die 1913 verbesserte experimentelle und Auswertungsmethoden fur die Enzymkinetik demonstrierten Die Hypothese fur den Mechanismus mit dem Komplex als Zwischenprodukt hatte Adolphe Wurtz bereits 1880 veroffentlicht Im Jahr 1902 leitete Victor Henri daraus die Michaelis Menten Gleichung ab 1 Inhaltsverzeichnis 1 Theoretischer Hintergrund 1 1 Einfache Beschreibung einer enzymatischen Reaktion 1 2 Fliessgleichgewicht 1 3 Die Michaelis Menten Gleichung 1 4 Vereinfachte Herleitung der Michaelis Menten Gleichung 2 Sattigung der enzymatischen Reaktion 3 Inhibitoren und ihr Einfluss auf die Michaelis Menten Kinetik 4 Literatur 5 EinzelnachweiseTheoretischer Hintergrund BearbeitenEinfache Beschreibung einer enzymatischen Reaktion Bearbeiten Als Biokatalysatoren bilden Enzyme E mit ihrem Substrat S einen Komplex ES Enzym Substrat Komplex aus dem heraus sich die Reaktion zum Produkt P vollzieht 2 E S k 1 k 1 E S k 2 k 2 E P k 3 k 3 P E displaystyle mathrm E mathrm S underset k 1 overset k 1 rightleftharpoons mathrm ES underset k 2 overset k 2 rightleftharpoons mathrm EP underset k 3 overset k 3 rightleftharpoons mathrm P mathrm E nbsp k1 und k 1 sind die Geschwindigkeitskonstanten fur die Assoziation Zusammenlagerung von E und S bzw die Dissoziation des Enzym Substrat Komplexes ES k2 und k 2 sind die entsprechenden Konstanten fur die Reaktion zum Produkt bzw die Ruckreaktion zum Substrat k3 und k 3 beschreiben die Dissoziation bzw Assoziation eines Enzym Produkt Komplexes Diese Ruckreaktion ist unter den Bedingungen der Enzymkinetik kleine Konzentration P vernachlassigbar Auch ist meist k 2 viel kleiner als k3 sodass die folgende Vereinfachung gerechtfertigt ist 3 E S k 1 k 1 E S k 2 P E displaystyle mathrm E mathrm S underset k 1 overset k 1 rightleftharpoons mathrm ES overset k 2 rightarrow mathrm P mathrm E nbsp Dieses System lasst sich allgemein durch ein System aus gewohnlichen Differentialgleichungen beschreiben welches unter einer der Voraussetzungen E gt gt S oder S gt gt E naherungsweise analytisch losbar ist sonst numerisch 4 Die Michaelis Menten Gleichung gilt unter der weiteren Annahme des Fliessgleichgewichtes Fliessgleichgewicht Bearbeiten Im Allgemeinen sind Enzyme in der Lage schwankende Substratkonzentrationen auszugleichen d h sehr schnell ein Fliessgleichgewicht steady state dadurch einzustellen dass sie ihre Tatigkeit dem Angebot anpassen Dies bedeutet dass die Konzentration des Enzym Substrat Komplexes auf der langsameren Zeitskala die fur den Prozess der Produktbildung gultig ist konstant bleibt Es gilt also d E S d t 0 displaystyle tfrac mathrm d mathrm ES mathrm d t 0 nbsp Diese Annahme des Fliessgleichgewichts wurde von G E Briggs und John Burdon Sanderson Haldane entwickelt Die Michaelis Menten Kinetik ist nur unter Annahme dieses Fliessgleichgewichts mit einer konstanten ES gultig Die Michaelis Menten Gleichung Bearbeiten nbsp Die Formeln an der Technischen Universitat Graz Die aus der Reaktionsgleichung abgeleitete Michaelis Menten Kinetik lasst sich allgemein darstellen 5 als v 0 v m a x S K m S displaystyle v 0 frac v mathrm max cdot mathrm S K mathrm m mathrm S nbsp v0 gibt hierbei die initiale Reaktionsgeschwindigkeit bei einer bestimmten Substratkonzentration S an vmax ist die maximale Reaktionsgeschwindigkeit Eine Kenngrosse fur eine enzymatische Reaktion ist die Michaeliskonstante Km Sie hangt von der jeweiligen enzymatischen Reaktion ab Km gibt die Substratkonzentration an bei der die Umsatzgeschwindigkeit halbmaximal ist v vmax die also bei Halbsattigung vorliegt 6 Sie ergibt sich als K m k 1 k 2 k 1 displaystyle K mathrm m frac k 1 k 2 k 1 nbsp fur den Fall dass k2 gegenuber k1 nicht vernachlassigt werden kann Briggs Haldane Situation Ein Spezialfall Michaelis Menten Fall ist gegeben wenn k2 lt lt k 1 Hierbei vereinfacht sich Km zu K m k 1 k 1 displaystyle K mathrm m frac k 1 k 1 nbsp Dies entspricht der Dissoziationskonstante des Enzym Substrat Komplexes In diesem Fall kann man Km also als Mass fur die Affinitat des Enzyms fur das Substrat betrachten Eine weitere wichtige Grosse ist die Wechselzahl auch molekulare Aktivitat oder turnover number genannt Dies ist die Geschwindigkeitskonstante des geschwindigkeitsbestimmenden Schrittes der Reaktion und wird mit kcat bezeichnet Ist wie im oben genannten Fall der zweite Schritt geschwindigkeitsbestimmend so ergibt sich aus der Definition der Reaktionsgeschwindigkeit dass v d P d t k c a t E S displaystyle v frac mathrm d mathrm P mathrm d t k mathrm cat mathrm ES nbsp und somit k c a t v m a x E E S displaystyle k mathrm cat frac v mathrm max mathrm E mathrm ES nbsp Vereinfachte Herleitung der Michaelis Menten Gleichung Bearbeiten Das vorausgesetzte Fliessgleichgewicht ermoglicht eine formale Herleitung der Michaelis Menten Gleichung aus einer passenden Formulierung des Massenwirkungsgesetzes das seinerseits auf kinetischen Uberlegungen beruht Hinreichende Voraussetzungen der Herleitung sind die Formulierung K m E S E S displaystyle K mathrm m frac E S ES nbsp des Fliessgleichgewichts der Zusammenhang E E 0 E S displaystyle E E 0 ES nbsp hierbei ist E 0 displaystyle E 0 nbsp die als konstant angenommene Konzentration des Enzyms insgesamt d h mit oder auch ohne gebundenes Substrat die Proportionalitat v max v E 0 E S displaystyle frac v text max v frac E 0 ES nbsp Die Vorgehensweise erspart nicht nur wie die im hier vorangehenden Abschnitt genannten Quelle die Losung von Differentialgleichungen sondern auch die explizite Betrachtung der einzelnen Geschwindigkeitskonstanten k i k i displaystyle k i k i nbsp Ferner macht die genannte Formulierung des Fliessgleichgewichts ohne weitere Rechnung verstandlich warum eine kleine Konstante K m displaystyle K mathrm m nbsp eine hohe Affinitat des Enzyms zum Substrat bedeutet der Wert des Bruchs fallt bei gegebenem Zahler wenn der Nenner E S displaystyle ES nbsp wachst und warum die Konstante die Dimension einer Konzentration hat Mathematische Herleitung der Michaelis Menten Gleichung E E 0 E S displaystyle E E 0 ES quad nbsp und v max v E 0 E S displaystyle quad frac v text max v frac E 0 ES quad nbsp in K m E S E S displaystyle quad K mathrm m frac E cdot S ES quad nbsp ergibt K m E 0 E S S E S S E 0 E S E S S E 0 E S 1 S v max v 1 S 0 1 displaystyle K mathrm m frac E 0 ES cdot S ES S cdot frac E 0 ES ES S cdot left frac E 0 ES 1 right S cdot left frac v text max v 1 right quad mid S neq 0 quad mid 1 nbsp K m S 1 K m S S v max v displaystyle frac K mathrm m S 1 frac K mathrm m S S frac v text max v quad mid nbsp Bruche sturzen v max displaystyle quad mid cdot v text max nbsp v max S K m S v displaystyle frac v text max cdot S K mathrm m S v quad nbsp Michaelis Menten Sattigung der enzymatischen Reaktion BearbeitenIm Gegensatz zur Kinetik unkatalysierter Reaktionen gibt es in der Enzymkinetik das Phanomen der Sattigung bei sehr hohen Substratkonzentrationen kann die Umsatzgeschwindigkeit v nicht weiter gesteigert werden das heisst es wird ein Wert vmax erreicht nbsp Km entspricht der Konzentration fur die v vmax giltDie Sattigungsfunktion eines Michaelis Menten Enzyms lasst sich unter Verwendung der Parameter Km und vmax wie folgt formulieren v v m a x S K m S displaystyle v frac v mathrm max cdot mathrm S K mathrm m mathrm S nbsp Diese Michaelis Menten Beziehung ist die Gleichung einer Hyperbel Rechnung zur Klassifikation der Beziehung als Hyperbel Die Hyperbel v A S v max K m S displaystyle textstyle v frac A S frac v text max cdot K m S nbsp sei vorgegeben Verschiebung um Km in S Richtung ergibtv v max K m S K m v max K m S K m v max K m K m S displaystyle v frac v text max cdot K m S K m frac v text max cdot K m S K m frac v text max cdot K m K m S nbsp Nachfolgende Spiegelung an der S Achse ergibt v v max K m K m S displaystyle v frac v text max cdot K m K m S nbsp Nachfolgende Verschiebung um vmax in v Richtung ergibt v v max v max K m K m S v max 1 K m K m S v max K m S K m K m S v max S K m S displaystyle v quad v text max frac v text max cdot K m K m S quad v text max cdot left 1 frac K m K m S right quad v text max cdot frac K m S K m K m S quad frac v text max cdot S K m S nbsp da die Michaelis Menten Beziehung graphisch durch eine Verkettung von Kongruenzabbildungen aus einer Hyperbelgleichung erzeugt werden kann ist sie selbst eine Hyperbelgleichung Sie zeigt folgende Eigenschaften siehe Abbildung Der v Wert der waagerechten Asymptote entspricht vmax Rechnung zur Bestimmung der Asymptote Der Grenzwert lasst sich mit Ausklammern und Kurzen von S displaystyle S nbsp bestimmen lim S v m a x S K m S lim S v m a x S K m S 1 S displaystyle lim S to infty frac v mathrm max cdot mathrm S K mathrm m mathrm S quad lim S to infty frac v mathrm max cdot mathrm S frac K mathrm m mathrm S 1 cdot mathrm S quad nbsp v m a x 0 1 v m a x displaystyle frac v mathrm max 0 1 quad v mathrm max nbsp Entspricht die Substratkonzentration S dem Km Wert so liegt die Halfte des ursprunglich vorhandenen Enzyms E in Form des Enzym Substrat Komplexes ES vor die andere Halfte ist frei ES E E 0 Verallgemeinerung Ist die Substratkonzentration S das 0 lt a displaystyle textstyle 0 lt a nbsp fache von Km so ist die Umsatzgeschwindigkeit v displaystyle v nbsp das a a 1 displaystyle textstyle frac a a 1 nbsp fache von v max displaystyle v text max nbsp weiter ist dann ES das a a 1 displaystyle textstyle frac a a 1 nbsp fache von E 0 und das 1 a 1 displaystyle textstyle frac 1 a 1 nbsp fache von E 0 ist freies Enzym Konzentration E Mit a 1 displaystyle textstyle a 1 nbsp folgen fur S KM die im Abschnitt Die Michaelis Menten Gleichung genannte halbmaximale Umsatzgeschwindigkeit sowie auch ES E E 0 Rechnung zur Herleitung der genannten Beziehungen Einsetzen von S a K m K m S a displaystyle quad S a cdot K mathrm m Leftrightarrow K mathrm m frac S a quad nbsp in v v m a x S K m S displaystyle quad v frac v mathrm max cdot mathrm S K mathrm m mathrm S quad nbsp ergibt v v m a x S S a S v m a x S 1 a 1 S v m a x 1 a a v m a x a a 1 displaystyle v quad frac v mathrm max cdot mathrm S frac S a S quad quad frac v mathrm max cdot mathrm S frac 1 a 1 cdot S quad quad frac v mathrm max frac 1 a a quad quad v mathrm max cdot frac a a 1 nbsp fur die folgenden Umformungen werden Beziehungen aus dem Abschnitt Vereinfachte Herleitung der Michaelis Menten Gleichung verwendet Gleichsetzen mitv v m a x E S E 0 v v m a x E S E 0 displaystyle quad frac v v mathrm max frac ES E 0 quad Leftrightarrow quad v v mathrm max cdot frac ES E 0 quad nbsp ergibt v m a x E S E 0 v m a x a a 1 v m a x E 0 displaystyle v mathrm max cdot frac ES E 0 quad quad v mathrm max cdot frac a a 1 quad mid v mathrm max quad mid cdot E 0 nbsp E S E 0 a a 1 displaystyle ES E 0 cdot frac a a 1 nbsp Einsetzen in E E 0 E S displaystyle E E 0 ES nbsp ergibt E E 0 E 0 a a 1 E 0 1 a a 1 E 0 a 1 a a 1 E 0 1 a 1 displaystyle E quad quad E 0 E 0 cdot frac a a 1 quad quad E 0 cdot left 1 frac a a 1 right quad quad E 0 cdot frac a 1 a a 1 quad quad E 0 cdot frac 1 a 1 nbsp Da die Sattigung asymptotisch angenahert wird sind hierzu Substratkonzentrationen erforderlich die mehr als dem zehnfachen Km Wert entsprechen Im Umkehrschluss gilt Hat man fur ein Enzym eine Sattigungshyperbel gemessen d h die Umsatzgeschwindigkeit v als Funktion der Substratkonzentration S bestimmt so lassen sich daraus vmax die Aktivitat und Km die reziproke Affinitat ableiten Ein relativ neues einfaches und doch prazises Verfahren zu diesem Zweck ist die direkt lineare Auftragung siehe Enzymkinetik und S System Inhibitoren und ihr Einfluss auf die Michaelis Menten Kinetik BearbeitenInhibitoren darunter wichtige Medikamente und Gifte andern die Eigenschaften von Enzymen und hemmen die enzymatische Reaktion Man kann Inhibitoren in verschiedene Klassen unterteilen siehe dazu Enzymhemmung Je nach Wirkungsweise des Inhibitors hat dieser einen unterschiedlichen Einfluss auf die Michaelis Menten Gleichung kompetitive Inhibitoren erhohen den Km Wert verandern vmax jedoch nicht unkompetitive Inhibitoren selten anzutreffen binden spezifisch an den Enzym Substrat Komplex Sie senken vmax und den scheinbaren Km Wert Inhibitoren vom Mischtyp erhohen den Km Wert und verringern vmax als Sonderfall des Mischtyps hat der nichtkompetitive Inhibitor zu gelten der ausschliesslich den vmax Wert senkt und den Km Wert unverandert lasst Bei Einsubstrat Enzymen kommt dieser Typus nicht vor Literatur BearbeitenAndres Illanes Enzyme biocatalysis principles and applications Springer Dordrecht 2008 ISBN 978 1 4020 8360 0 David L Nelson Michael M Cox Lehninger Biochemie 4 Auflage Springer Berlin Heidelberg 2009 ISBN 978 3 540 68637 8 Kapitel Enzyme Einzelnachweise Bearbeiten Athel Cornish Bowden One hundred years of Michaelis Menten kinetics In Perspectives in Science Band 4 Marz 2015 ISSN 2213 0209 S 3 9 doi 10 1016 j pisc 2014 12 002 freier Volltext Eintrag zu Michaelis Menten kinetics In IUPAC Hrsg Compendium of Chemical Terminology The Gold Book doi 10 1351 goldbook M03892 Version 2 3 1 Eintrag zu Michaelis Menten mechanism In IUPAC Hrsg Compendium of Chemical Terminology The Gold Book doi 10 1351 goldbook M03893 Version 2 3 1 Chen WW Niepel M Sorger PK Classic and contemporary approaches to modeling biochemical reactions In Genes Dev 24 Jahrgang Nr 17 September 2010 S 1861 75 doi 10 1101 gad 1945410 PMID 20810646 Zur Herleitung siehe Enzyme Kinetics PDF Eintrag zu Michaelis constant In IUPAC Hrsg Compendium of Chemical Terminology The Gold Book doi 10 1351 goldbook M03891 Version 2 3 1 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Michaelis Menten Theorie amp oldid 226380446