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Das Massaker von Zeret fand zwischen dem 9 und 11 April 1939 wahrend des Abessinienkriegs statt Soldaten des faschistischen Italien ermordeten in der Region Caia Zeret in der Provinz Shewa nordostlich von Addis Abeba durch den Einsatz von Giftgas und durch Massenerschiessungen eine unbekannte Anzahl von Menschen Die Angaben uber die Opferzahlen reichen dabei von 800 bis zu uber 5 500 Menschen darunter Frauen und Kinder Inhaltsverzeichnis 1 Vorgeschichte 2 Polizeiaktionen in Shewa 3 Belagerung der Hohle 4 Giftgaseinsatz und Exekutionen 5 Forschungsgeschichte 6 Schlachtfeldarchaologie 7 Opferanzahl 8 Literatur 9 Weblinks 10 EinzelnachweiseVorgeschichte Bearbeiten nbsp Athiopische Widerstandskampfer sogenannte ArbenuochNach der Besetzung Addis Abebas am 5 Mai 1936 durch die von Pietro Badoglio angefuhrten Truppen und der vollmundigen Verkundung des italienischen Sieges machte sich die italienische Besatzungsmacht daran auch das ubrige Abessinien zu befrieden Der zentralen abessinischen Provinz Shewa von den Italienern Scioa bezeichnet zu der auch die Hauptstadt Addis Abeba gehorte kam dabei eine besondere Bedeutung zu Gerade in dieser Region hatte sich von Anfang an der von einer breiten Bevolkerungsschicht getragene athiopische Widerstand bemerkbar gemacht So wurde die Hauptstadt Ende Juli 1936 gleich von mehreren athiopischen Widerstandsgruppen den sogenannten Arbagnoch dt Patrioten angegriffen Die Italiener reagierten mit einer Reihe von Polizeiaktionen die uber das ganze Land verstreut zyklisch bis zum italienischen Kriegseintritt in den Zweiten Weltkrieg im Juni 1940 vorgetragen wurden 1 Angefuhrt wurde die Widerstandsbewegung in der Provinz Shewa von Haile Mariam Mammo und Ras Abebe Aragai Letzterer war unter Haile Selassie Polizeichef der athiopischen Hauptstadt gewesen und wurde von den Italienern als kleiner Negus bezeichnet In den ersten beiden Besatzungsjahren fuhrten die Italiener unter dem Statthalter und Vizekonig von Abessinien Rodolfo Graziani zahlreiche Aktionen gegen die als Rebellen bezeichneten Widerstandskampfer durch darunter die Massaker von Addis Abeba und Debre Libanos 1937 denen mehrere tausend Menschen zum Opfer fielen Nichtsdestotrotz konnte der athiopische Widerstand weder gebrochen noch entscheidend geschwacht werden 2 Nach der Ablosung Grazianis durch Amedeo von Savoyen Aosta 1938 anderte sich die offizielle Haltung Italiens und man versuchte mit Ras Aragai zu verhandeln Die Verhandlungen zogen sich bis Marz 1940 hin Das Ziel den Widerstand mittels Verhandlungen zu lahmen gelang nicht Vielmehr war es Amadeus von Savoyen dem zunehmend die Zugel aus der Hand glitten und der ab 1939 de facto in den Schatten von General Ugo Cavallero dem militarischen Oberbefehlshaber in Italienisch Ostafrika ruckte Letzterer hielt nichts von Diplomatie verstarkte die Aktionen gegen die vermeintlichen Rebellen und schreckte auch ganz im Sinne Grazianis vor Gewaltexzessen nicht zuruck 3 Polizeiaktionen in Shewa BearbeitenZwischen Februar und April 1939 fanden nordostlich von Addis Abeba in der Region Mens und Marabetie grossere Aktionen gegen den Widerstand statt mit dem Ziel Aragai zu verhaften oder unschadlich zu machen Vorausgegangen war eine Besprechung zwischen Cavallero und Oberst Orlando Lorenzini am 21 Februar 1939 in der vereinbart wurde sich nicht unnotig mit Repressalien aufzuhalten um nicht unnotig Zeit bei der Jagd nach Aragai zu verlieren was allerdings nicht immer eingehalten wurde 4 Zu ersten Zusammenstossen mit den athiopischen Rebellen kam es bereits am 23 und 25 Februar Allein die Anzahl der Toten 97 auf Seiten der Athiopier sowie 24 Askari auf Seiten der Italiener zeigt dass sich hinter diesen als Polizeiaktionen bezeichneten Unternehmungen militarisch organisierte Operationen versteckten Bei einem weiteren Treffen in Addis Abeba zwischen Cavallero und Lorenzini wurde am 7 Marz eine grosse Operation um Debre Berhan beschlossen Ein Angriff auf die von Aragai angefuhrte etwa zwei bis dreitausend Mann starke Rebellengruppe am 14 Marz forderte nach offiziellen italienischen Angaben 311 Tote Laut italienischen Stellen handelte es sich dabei um Nachschubeinheiten Vermutlich wurde aber die Nachhut von Aragais Truppe getroffen die sich erfahrungsgemass aus Familienmitgliedern der Widerstandskampfer und Fluchtlingen zusammensetzte In den folgenden Tagen wurden weitere Razzien durchgefuhrt wobei aufgrund des unwegsamen Gelandes auch auf die Luftwaffe zuruckgegriffen wurde Auf Ratschlag des Oberbefehlshabers der italienischen Luftstreitkrafte in Italienisch Ostafrika General Gennaro Tedeschini Lalli beschrankte sich die Luftwaffe nicht nur auf den Abwurf von konventionellen Sprengbomben sondern warf auch mit Senfgas gefullte Bomben auf vermeintliche Verstecke der Rebellen ab Den Giftgasangriffen fielen dabei nicht nur Widerstandskampfer sondern auch Frauen und Kinder zum Opfer traf aber versehentlich auch eigene Truppen 5 Mussolini begluckwunschte die Aktion in Shewa und ordnete die vollstandige Niederschlagung des Aufstandes an Einmal unterdruckt solle man sich anschliessend der Rebellion in Asmara zuwenden Bis Ende Marze waren auf Seiten der Athiopier uber 1000 Tote zu verzeichnen wahrend auf Seiten der Italiener zwei Offiziere vier Soldaten und 47 Askari gefallen waren Laut den offiziellen Berichten wurde auf Massenexekutionen verzichtet um die Befriedung voranzutreiben Ubergriffe auf die Zivilbevolkerung Plunderungen und Brandschatzungen waren aber in Wahrheit gang und gabe Mit der Ubernahme des Kommandos in der Region Nordost Shewa durch Lorenzini am 1 April nahmen die Repressalien sowohl in ihrer Anzahl als auch an Harte noch zu In dieser zweiten Phase wurde keine Rucksicht mehr auf die Zivilbevolkerung genommen 6 7 nbsp Gennaro Sora befehlshabender Offizier wahrend der Aktion in ZeretBelagerung der Hohle BearbeitenAm 30 Marz spurten italienische Aufklarungsflugzeuge im nordlichen Shewa eine grossere Gruppe von Rebellen auf Von den Italienern als Nachschubeinheiten von Abebe Aragai definiert handelte es sich grosstenteils um Verwundete Alte Frauen und Kinder die von einigen bewaffneten Rebellen unter der Fuhrung von Tesciomme Sciangut auch Tashoma Shankut begleitet wurden Um sich der weiteren Verfolgung entziehen zog sich die Gruppe in ein Hohlensystem in der Region Caia Zeret sudwestlich des Ortes Mehal Meda im Woreda Menz Lalo Midir zuruck Die Gruppe glaubte sich in der Hohle von Zeret in Athiopien auch als Amesegna Washa bekannt 8 in Sicherheit da der schmale Zugangsweg zu dem in einer Felswand gelegenen Hohleneingang am Rand eines Hochplateaus leicht zu uberwachen und zu verteidigen war Der etwa 40 m breite Hohleneingang lag unter einer etwa 50 m hohen uberhangenden Felswand auf einer Hohe von etwa 3000 m und war durch eine Trockenmauer zusatzlich geschutzt worden Lorenzini hatte unterdessen seinen Bodentruppen befohlen die Verfolgung aufzunehmen die Gruppe aufzuspuren und einzukesseln Nachdem das Versteck ausgemacht worden war und nach einigen Tagen der Belagerung keine Fortschritte zu verzeichnen waren wurde um Artillerieunterstutzung gebeten Daraufhin wurde zwei auf Tragtieren zerlegte 65 mm Gebirgsgeschutze herangefuhrt und in Stellung gebracht Bei der folgenden Beschiessung wurde die Trockenmauer teilweise zum Einsturz gebracht wahrend andere Artilleriegeschosse im Inneren der Hohle explodierten Nachts wurde der Zugangsweg von Maschinengewehren unter Beschuss genommen um den einzigen Fluchtweg aus der Hohle abzuriegeln 9 10 Eine Anfrage Lorenzinis beim italienischen Oberkommando nach Flammenwerfern wurde am 3 April abgelehnt Zuvor hatte der vor Ort befehlende Oberstleutnant Gennaro Sora ein im Ersten Weltkrieg mehrfach ausgezeichneter Alpini Offizier der 1928 an der Rettungsaktion der Uberlebenden des Absturzes des Luftschiffes Italia beteiligt war und von Mussolini zum Volkshelden ernannt worden war ubermittelt dass den in der Hohle eingeschlossenen Rebellen die uber ausreichend Wasser und Verpflegung verfugten nur mit dem Einsatz von Flammenwerfern beizukommen sei Fallen gelassen wurde auch den Hohleneingang zu sprengen und die Rebellen in der Hohle lebendig zu begraben 11 12 Der Versuch uber Verhandlungen zum Erfolg zu kommen in denen zugesichert wurde die Frauen und Kinder abziehen zu lassen falls sich die Rebellen widerstandslos ergeben wurden scheiterten ebenso In der Nacht auf den 5 April versuchten die Widerstandskampfer mit einem Ablenkungsmanover vergeblich die italienischen Belagerer von der Hohle wegzulocken 13 In den nachfolgenden Tagen griffen die Italiener ihrerseits die in der Hohle verschanzten Athiopier mehrmals an konnten aber keine Entscheidung herbei zwingen Vielmehr mussten sie wie die Belagerten die Leichen aus der Hohle warfen Verluste hinnehmen Eingeschlossene Zivilisten die aus der Hohle fluchten wollten wurden gefangen genommen an den Rand der Felswand gebracht und von Maschinengewehrsalven niedergemaht Ein Ausbruchsversuch der Rebellen am 7 April scheiterte im italienischen Sperrfeuer 14 15 Giftgaseinsatz und Exekutionen BearbeitenUm eine Entscheidung herbei zu zwingen fragte Sorra die Unterstutzung der chemischen Kampfmitteltruppe an Daraufhin brach von Massaua ein aus zehn Mann bestehender Kampfmittel Zug der Division Granatieri di Savoia in Richtung Debre Berhan auf der 100 mit Arsen gefullte Artilleriegranaten Kaliber 65 17 sowie eine mit 212 kg Senfgas gefullte C 500 T Fliegerbombe mit sich fuhrte 16 17 Bevor es uber Debre Berhan auf dem letzten Stuck auf Maultieren nach Caia Zeret ging das man zwei Tage spater am 8 April erreichte wurde das Senfgas in zwolf kleinere Tonnen umgefullt Auf dem Weg dorthin musste eine der mit Senfgas gefullten Tonnen aufgegeben werden nachdem der Behalter undicht geworden war Dabei trug ein italienischer Unteroffizier Veratzungen davon die behandelt werden mussten 18 In einer Lagebesprechung am Abend des 8 April wurde der Plan fur den Giftgasangriff ausgearbeitet Laut den 2010 veroffentlichten Aufzeichnungen von Alessandro Boaglio ausfuhrender Unteroffizier des Giftgaseinsatzes sah der Plan vor dass die mit Senfgas gefullten Tonnen noch vor Morgengrauen vom Rand des Hochplateaus bis auf die Hohe des Hohleneingangs abgeseilt und schliesslich mit zuvor angebrachten Sprengladungen gesprengt werden sollten Zugleich sollte ein Geschutz den Eingang mit Arsengranaten unter Beschuss nehmen wahrend der Zugangsweg von einem schweren Maschinengewehr unter Feuer genommen werden sollte falls jemand wagte aus der Hohle auszubrechen 19 nbsp Das von Canyons durchzogene Hochland im nordlichen Shewa ahnlich dem Schauplatz des MassakersLaut Pioselli zeugt der umstandlichen Plan von einer gewissen Planlosigkeit des Giftgaseinsatzes Klar war welche Auswirkungen das Giftgas haben konnte es bestanden aber keine klare Vorstellung daruber welche Ziele mit dem Einsatz erreicht werden sollten So sollte das Reizgas Arsen die Athiopier dazu veranlassen die Hohle zu verlassen und das Senfgas so Boaglio den Zugangsweg kontaminieren so dass eine Flucht ausgeschlossen war Ausser Zweifel stand aber dass das auf Hohe des Hohleneingangs ausgelassene Senfgas auch in der Hohle seine Wirkung entfachen sollte 20 Nachdem der Plan am Morgen des 9 April so ausgefuhrt worden war ruhrte sich vor den Augen der Italiener zunachst wenig In der Hohle mussen sich aber dramatische Szenen abgespielt haben wie aus athiopischen Augenzeugenberichten hervorgeht Atemnot Erstickungsgefuhle brennende Augen sowie Erblindungen trieben laut der Berichte einige in den Wahnsinn so dass sie sich gegenseitig anfielen und toteten Andere fielen einfach zu Boden und starben Niemand machte sich die Muhe die Opfer zu zahlen so dass die Anzahl der Opfer des Giftgaseinsatzes unbekannt ist 21 Trotzdem gab es weiterhin keine Anzeichen dass sich jemand ergeben wurde Unterstutzt durch einen von einer anderen Rebellengruppe vorgetragenen Scheinangriff in der Nacht auf den 10 April gelang es Tesciomme Sciangut mit 15 weiteren Rebellen trotz des einsetzenden italienischen Sperrfeuers auszubrechen Nachdem ein weiterer Ausbruchsversuch in der darauffolgenden Nacht gescheitert war ergaben sich die Uberlebenden schliesslich am Morgen des 11 April 22 Die Uberlebenden wurden nach Mannern Frauen und Kindern getrennt Wahrend die 153 Frauen und 135 Kinder in die Nahe des italienischen Lagers gebracht wurden fuhrte man 800 Manner darunter auch zehnjahrige Jungen an den Rand des Hochplateaus In Gruppen zu 50 wurden letztere an die senkrecht abfallende Kante gebracht mit Maschinengewehrsalven niedergemaht und in den Abgrund geworfen darunter auch diejenigen die nicht sofort tot waren Die vom Senfgas veratzten oder durch Granatsplitter verletzten Frauen und Kinder erlagen spater zum Teil ihren schweren Verletzungen 22 23 24 Nach der Dekontamination der Hohle wurde sie am 13 April durchkammt Neben zahlreichen Leichen und Tierkadavern wurden 63 Uberlebende darunter 21 Frauen und Kinder gefunden Die 42 uberlebenden Manner wurden ebenfalls exekutiert Lorenzini meldete am 14 April nach Addis Abeba dass er mit dem Gedanke spiele den Hohleneingang zu sprengen da der Leichengestank eine vollstandige Erkundung der weitlaufigen Hohle unmoglich mache Am 15 April war die Erkundung immer noch nicht abgeschlossen und in einigen Bereichen leisteten einige Athiopier hinter Leichenbergen verschanzt immer noch Widerstand Am gleichen Tag meldete Sora dass seit Beginn der Belagerung am 3 April 924 Banditen getotet und 360 Gefangene darunter Frauen und Kinder gemacht worden seien Die eigenen Verluste wurden mit 17 Toten und 59 Verletzten angegeben 25 26 Forschungsgeschichte BearbeitenDie Razzien die von der italienischen Besatzungsmacht gegen den athiopischen Widerstand ab 1936 durchgefuhrt wurden sind seit langem dokumentiert Auch die Aktion in Zeret wurde bereits in der von Ugo Cavallero 1940 veroffentlichten Schrift uber die militarischen Einsatze in Italienisch Ostafrika Gli avvenimenti militari nell impero beschrieben Cavallero schweigt sich dabei aber uber die Massenexekutionen ebenso aus wie uber den Einsatz von Giftgas In der 1965 veroffentlichten Biografie von Gennaro Sora die zum Grossteil auf handschriftlichen Notizen Soras beruht ist dem Ereignis in Zeret ein eigenes Kapitel gewidmet Wie bei Cavallero werden aber weder der Giftgaseinsatz noch das Massaker erwahnt auch wenn der Abschnitt uber Zeret zahlreiche Details beinhaltet 27 Erste Hinweise auf die in Zeret begangenen Kriegsverbrechen waren in der zwischen 1949 und 1950 vom athiopischen Justizministerium den Vereinten Nationen vorgelegten Dokumentation uber die italienischen Kriegsverbrechen Documents on italian War Crimes submitted to the United Nations War Crimes Commissin enthalten die sowohl italienische Dokumente als auch athiopische Zeugenaussagen beinhaltete Der Journalist und Historiker Angelo Del Boca benutzte fur seine Arbeiten uber die italienisch athiopischen Konflikte zwar diese Unterlagen konzentrierte sich aber auf die Massaker von Addis Abeba und Debra Libanos 2001 veroffentlichte der Historiker Richard Pankhurst in der von Angelo Del Boca geleiteten Zeitschrift Studi Piacentini die Aussagen von drei athiopischen Widerstandskampfer die im April 1939 Augenzeugen der Ereignisse in Zeret waren 28 Eine erste umfassende Aufarbeitung des Massakers lieferte der Historiker Matteo Dominioni der bei seiner Arbeit uber die italienische Kolonialzeit in Athiopien auf bislang unveroffentlichte Dokumente gestossen war Im April 2006 gelang es ihm auch mit Hilfe athiopischer Historiker den Ort des Massakers in der Region Amhara auszumachen und zu erkunden In der Hohle fanden sich zahlreiche Spuren darunter auch menschlichen Uberreste die keinen Zweifel zuliessen dass es sich um den Ort des Massakers handeln musste Nachdem der Essayist Paolo Rumiz in der italienische Zeitung La Repubblica von den Nachforschungen Dominionis berichtete hatte wurde die Ereignisse um Zeret auch einem breiteren Publikum bekannt 29 Durch die ausfuhrliche Beschreibung des Massakers in den Tagebuchaufzeichnungen von Alessandro Boaglio konnte weitere Details fur die Rekonstruktion der damaligen Ablaufe erganzt werden Boaglios Sohn war nach der Veroffentlichung des Dominioni verfassten Aufsatz an den Autor herangetreten und hatte ihm Einsicht in die Aufzeichnungen seines Vaters gewahrt In seinem 2008 erschienenen Buch Lo sfascio dell impero gli italiani in Etiopia 1936 1941 dt Der Zusammenbruch des Imperiums die Italiener in Athiopien 1936 1941 verarbeitete Dominioni die Aufzeichnungen Boaglios Nach dem Erscheinen des Buches wurde der Autor vom Veteranenverband der Alpini Associazione Nazionale Alpini heftig angegriffen der eine Verantwortung des als Nationalhelden verehrten Alpini Offiziers Gennaro Soras an dem Massaker ausschloss Auch das 2010 vom italienischen Generalstab herausgegebene Werk uber die italienische Besatzungszeit in Athiopien versuchte die Ergebnisse Dominionis zu beschonigen und bezweifelte dass das Giftgas die von Dominioni beschriebenen Auswirkungen gezeigt hatte da die archivierten Dokumente keine derartigen Schlusse zulassen wurden Die Aufzeichnungen des Augenzeugen Boaglio sowie athiopischer Zeitzeugen wurden dabei ausser Acht gelassen 30 Schlachtfeldarchaologie BearbeitenNachdem der Ort des Massaker eindeutig ausgemacht worden war wurde die Hohle von Zeret mehrmals zu Forschungszwecken aufgesucht Eine archaologische Untersuchung der Hohle fand 2009 statt deren Ergebnisse 2011 veroffentlicht wurden 9 Bei ihrer Felduntersuchung fiel den Archaologen zunachst eine grosse Anzahl von Fundstucken auf die den Schluss zuliessen dass sich eine grosse Anzahl von Frauen in der Hohle aufgehalten haben muss Die athiopische Guerilla nutzte Frauen nicht nur als Tragerinnen In der stark von Rollen gepragten amharischen Gesellschaft waren sie aber vor allem mit der Zubereitung von Speisen dem Mahlen von Getreide dem Spinnen oder mit dem Beschaffen von Wasser betraut Die Arbeitsteilung ist so tief in der amharischen Kultur verankert dass sie auch unter ungewohnlichen Umstanden aufrechterhalten wird Dutzende von Mahlsteine mehrere in Resten erhaltene Kochstellen und Getreidespeicher unzahlige Keramikscherben Korbe Baumwollreste etc belegen nicht nur die Prasenz von Frauen und die grosse Anzahl von Personen die sich hier aufgehalten haben mussen sondern unterstreichen auch dass alles auf einen langeren Aufenthalt ausgelegt war Angesichts der Zerstorungskraft die das italienische Militar aufbieten konnte suchte man automatisch Schutz unter der Erdoberflache Nach dem athiopischen Dozenten Endaylalu der Universitat Debre Berhan lebte die Bevolkerung der Umgebung bereits seit Beginn der italienischen Besetzung Abessiniens in der Hohle 31 Die Fundstucke geben interessante Einblick in das Leben einer von der Guerilla genutzten Basis Sie zeigen welch wichtigen Beitrag Frauen im athiopischen Widerstand leisteten Ein Beitrag der in zeitgenossischen Dokumenten und Zeitzeugenberichten sonst nicht weiter erwahnt wird 9 Die in der Hohle hinterlassenen Spuren lassen aber auch Vermutungen uber die damaligen Ereignisse zu die sonst nicht dokumentiert sind So wurde in unmittelbarer Nahe des Hohlenausgangs ein von mehreren Experten eindeutig identifizierter Sicherungsstift einer italienischen 2 kg Brandbombe gefunden Ein Einsatz von Brandbomben ist allerdings nirgends erwahnt In der Hohle konnten Skelett und mumifizierte Korperteile von insgesamt 18 Personen nachgewiesen werden darunter Frauen Kinder und Altere Die Knochen wiesen zum Teil deutliche Bruch und Nagespuren vermutlich von Hyanen auf Das sich Tiere an den Toten zu schaffen machten ist womoglich auch der Grund dafur dass die Skelette nicht vollstandig erhalten sind Die in der Hohle zahlreich gefundenen Kleider und Stoffreste weisen zum Teil unerklarliche Brandspuren auf wahrend die Kochstellen und die Getreidespeicher eindeutig mutwillig zerstort wurden Hinweise auf Plunderungen und Zerstorungen durch die italienischen Kolonialtruppen nach der Eroberung der Hohle gibt bereits Boaglio in seinen Aufzeichnungen Die Praxis der verbrannten Erde ohne grundsatzlich zwischen Zivilisten oder Kampfer zu unterscheiden war im Kampf gegen den athiopischen Widerstand gang und gabe und wurde in Zeret von den Italienern ohne Zweifel angewendet 9 Opferanzahl BearbeitenDie Fundstucke in der Hohle lassen allerdings keine Aussage uber die Anzahl der Opfer zu Endaylalu spricht von uber 5500 Opfern die bei dem Gasangriff und den anschliessen Massenexekutionen in Zeret getotet wurden 32 Seine Zahl basiert auf der Aussage eines Uberlebenden er gibt aber zu dass es unterschiedliche Angaben uber die Opferanzahl gibt und nennt als Beispiel die schriftlichen Memoiren des Anfuhrers der in der Hohle verschanzten Widerstandskampfer Tesciomme Sciangut Letzter schatzte dass dem italienischen Angriff uber 3000 Menschen zum Opfer fielen 33 Dominioni geht anhand der Anzahl der in der Hohle gefundenen Getreidespeicher und der so angelegten Vorratsmenge davon aus dass der Angriff insgesamt zwischen 1200 und 1500 Menschen das Leben kostete Er verweist aber auch darauf dass einige altere Einwohner in den Dorfern der Umgebung von 2000 bis 3000 Toten sprechen 34 Aus den in den italienischen Archiven aufgefundenen Dokumenten geht hervor dass 800 Rebellen bei den Massenexekutionen am 11 April erschossen wurden Angaben uber die Opfer des Giftgaseinsatzes fehlen Sora meldete seinen Vorgesetzten am Ende der Aktion 924 tote Banditen die seit Beginn der Operation bei den Kampfhandlungen in und vor der Hohle getotet worden seien 35 Aus der Meldung geht allerdings nicht hervor ob diese Zahl auch die Opfer der Massenexekutionen beinhaltet oder nicht Literatur BearbeitenGashaw Ayferam Endaylalu Mustard Gas Massacres and Atrocities Committed by Italy in 1939 Against the Inhabitant of Menz Merhabete and Jamma in Amesegna Washa Zeret Cave In Cultural and Religious Studies Volume 6 Number 9 September 2018 Serial Number 46 David Publishing Company Valley Cottage 2018 ISSN 2328 2177 PDF Alessandro Boaglio Plotone chimico Cronache abissine di una generazione scomoda Mimesis Mailand Udine 2010 ISBN 978 88 575 0156 7 Angelo Del Boca La Guerra d Etiopia L ultima impresa del colonialismo Longanesi Mailand 2010 ISBN 978 88 304 2716 7 Matteo Dominioni Etiopia 11 aprile 1939 La strage segreta di Zeret In Istituto nazionale per la storia del movimento di liberazione Hrsg Italia Contemporanea Volume 243 Carocci Rom 2006 ISSN 0392 1077 S 287 302 Matteo Dominioni Lo sfascio dell impero gli italiani in Etiopia 1936 1941 Laterza Rom 2008 ISBN 978 88 420 8533 1 Alfredo Gonzalez Ruibal Yonatan Sahle Xurxo Ayan Vila A social archaeology of colonial war in Ethiopia In World Archaeology Band 43 Nr 1 2011 S 40 65 PDF Nicola Labanca La guerra d Etiopia 1935 1941 Il mulino Bologna 2015 ISBN 978 88 15 25718 5 Aram Mattioli Ein vergessenes Schlusselereignis der Weltepoche In Asfa Wossen Asserate Aram Mattioli Hrsg Der erste faschistische Vernichtungskrieg Die italienische Aggression gegen Athiopien 1935 1941 Koln 2006 S 9 26 hier S 20 Andrea Pioselli Gennaro Sora e la memoria degli italiani In Istituto bergamasco per la storia della Resistenza e dell eta contemporanea Hrsg Studi e ricerche di storia contemporanea Juni 2012 Nr 77 S 71 95 PDF Federica Saini Fasanotti Etiopia 1936 1940 le operazioni di polizia coloniale nelle fonti dell Esercito italiano Ufficio storico Stato Maggiore dell Esercito Rom 2010 ISBN 978 88 96260 13 5 Online Luciano Viazzi Il capitano Sora l eroico leggendario alpino Monauni Trient 1969 Weblinks BearbeitenIl massacro nero dei partigiani etiopi italienisch In 1939 the Italians used mustard gas to massacre fleeing Ethiopians englisch Zeret e San Boldo Storia di preghiere di conflitti mediatici e di rimozioni italienisch Zeugenaussage von Degiac Tashoma Shankut vor der Kriegsverbrechenskommission in Addis Abeba 1950 italienisch Quando l Italia fascista usava le armi chimiche in Etiopia Videodokumentation uber das Massaker von Zeret englisch amharisch mit italienischen Untertiteln Einzelnachweise Bearbeiten Nicola Labanca La guerra d Etiopia 1935 1941 S 189 191 Matteo Dominioni Etiopia 11 aprile 1939 La strage segreta di Zeret S 493 Matteo Dominioni Etiopia 11 aprile 1939 La strage segreta di Zeret S 494 Matteo Dominioni Etiopia 11 aprile 1939 La strage segreta di Zeret S 494 495 Matteo Dominioni Etiopia 11 aprile 1939 La strage segreta di Zeret S 496 498 Matteo Dominioni Etiopia 11 aprile 1939 La strage segreta di Zeret S 498 499 Matteo Dominioni Lo sfascio dell impero gli italiani in Etiopia 1936 1941 S 209 Gashaw Ayferam Endaylalu Mustard Gas Massacres and Atrocities Committed by Italy in 1939 Against the Inhabitant of Menz Merhabete and Jamma in Amesegna Washa Zeret Cave S 501 a b c d Alfredo Gonzalez Ruibal Yonatan Sahle Xurxo Ayan Vila A social archaeology of colonial war in Ethiopia o S Alessandro Boaglio Plotone chimico Cronache abissine di una generazione scomoda S 98 Matteo Dominioni Etiopia 11 aprile 1939 La strage segreta di Zeret S 500 501 Federica Saini Fasanotti Etiopia 1936 1940 le operazioni di polizia coloniale nelle fonti dell Esercito italiano S 353 Federica Saini Fasanotti Etiopia 1936 1940 le operazioni di polizia coloniale nelle fonti dell Esercito italiano S 353 354 Gashaw Ayferam Endaylalu Mustard Gas Massacres and Atrocities Committed by Italy in 1939 Against the Inhabitant of Menz Merhabete and Jamma in Amesegna Washa Zeret Cave S 507 Federica Saini Fasanotti Etiopia 1936 1940 le operazioni di polizia coloniale nelle fonti dell Esercito italiano S 354 Matteo Dominioni Lo sfascio dell impero gli italiani in Etiopia 1936 1941 S 210 Alessandro Boaglio Plotone chimico Cronache abissine di una generazione scomoda S 99 Alessandro Boaglio Plotone chimico Cronache abissine di una generazione scomoda S 100 108 Alessandro Boaglio Plotone chimico Cronache abissine di una generazione scomoda S 108 Andrea Pioselli Gennaro Sora e la memoria degli italiani S 85 87 Andrea Pioselli Gennaro Sora e la memoria degli italiani S 89 a b Matteo Dominioni Lo sfascio dell impero gli italiani in Etiopia 1936 1941 S 212 Alessandro Boaglio Plotone chimico Cronache abissine di una generazione scomoda S 116 119 Federica Saini Fasanotti Etiopia 1936 1940 le operazioni di polizia coloniale nelle fonti dell Esercito italiano S 355 Matteo Dominioni Lo sfascio dell impero gli italiani in Etiopia 1936 1941 S 337 Fussnote 99 Federica Saini Fasanotti Etiopia 1936 1940 le operazioni di polizia coloniale nelle fonti dell Esercito italiano S 356 Luciano Viazzi Il capitano Sora l eroico leggendario alpino S 163 f Andrea Pioselli Gennaro Sora e la memoria degli italiani S 72 73 Paolo Rumiz Etiopia quella strage fascista In ricerca repubblica it 22 Mai 2006 abgerufen am 23 September 2020 italienisch Andrea Pioselli Gennaro Sora e la memoria degli italiani S 76 78 Gashaw Ayferam Endaylalu Mustard Gas Massacres and Atrocities Committed by Italy in 1939 Against the Inhabitant of Menz Merhabete and Jamma in Amesegna Washa Zeret Cave S 506 Gashaw Ayferam Endaylalu Mustard Gas Massacres and Atrocities Committed by Italy in 1939 Against the Inhabitant of Menz Merhabete and Jamma in Amesegna Washa Zeret Cave S 501 Gashaw Ayferam Endaylalu Mustard Gas Massacres and Atrocities Committed by Italy in 1939 Against the Inhabitant of Menz Merhabete and Jamma in Amesegna Washa Zeret Cave S 508 Matteo Dominioni Lo sfascio dell impero gli italiani in Etiopia 1936 1941 S 214 215 Federica Saini Fasanotti Etiopia 1936 1940 le operazioni di polizia coloniale nelle fonti dell Esercito italiano S 355 356 10 13333 39 25 Koordinaten 10 8 0 N 39 15 0 O Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Massaker von Zeret amp oldid 238861309