www.wikidata.de-de.nina.az
Marchen vom sichern Mann Titel der Erstausgabe Mahrchen vom sichern Mann ist eine groteske Verserzahlung von Eduard Morike Die Anfangszeile lautet Soll ich vom sicheren Mann ein Mahrchen erzahlen so hore Der Sichere Mann Sepiazeichnung von Moritz von Schwind 1867 1 In 292 Hexametern wird die Geschichte des Riesen Suckelborst erzahlt Der schalkische Gotterjungling Lolegrin verleitet den unbedarften Riesen dazu ein Weltbuch zu verfassen in dem er die Entstehung der Welt aufschreiben soll Im Auftrag der Gotter halt er aus seinem Buch eine Vorlesung vor den Schatten der Unterwelt Inhaltsverzeichnis 1 Inhalt 2 Form 3 Entstehung 4 Rezeption 5 Ausgaben 5 1 Erstausgabe 5 2 Andere Ausgaben 6 Illustrationen 7 Literatur 7 1 Allgemein 7 2 Quellen 8 Weblinks 9 FussnotenInhalt BearbeitenSuckelborst der sichere Mann verharrt bis zum Ende der Sundflut im Bauch seiner Mutter der Riesenkrote die nach seiner Empfangnis stirbt und zu Stein wird Nicht vollig gleich ist der Sohn seinem Vater Serachadan einem tuckisch grausamen Waldmenschen doch immer ein Unhold riesenhaft an Gestalt Die Beschaftigung des Sicheren besteht in Fressen Nichtstun und ublen Streichen mit denen er Menschen und Tiere peinigt nbsp Lolegrin und Suckelborst Relief von Jakob Brullmann 1903 Eines Tages besucht ihn der Gotterjungling Lolegrin der schalkhafte Sohn der Gottin Weyla der Lustigmacher der seligen Gotter Er beschimpft den Sicheren als Schweinpelz und redet ihm ein er solle den Toten in der Unterwelt sein angebliches Wissen von der Erschaffung der Welt verkunden Nach anfanglichem Fluchen und Toben uber den Schimpf besinnt er sich stiehlt den Bauern im Dorf die Scheunentore und heftet sie zu einem Buch zusammen Zuruck in seiner Hohle uberfallt ihn ein ungeahnter schopferischer Rausch Anderthalb Tage lang kratzt er in sein Weltbuch grad und krumme Strich in unnachsagbaren Sprachen Zur Verkundung der niedergeschriebenen Weisheiten macht sich Suckelborst auf in die Unterwelt Dort findet er als Publikum aber nur unliebsamen Kehricht niederen Volks Wahrend diese staunend seinem Vortrag lauschen schleicht sich heimlich der Teufel an Hinter dem Rucken des Sicheren treibt er allerhand Schabernack und schiebt ihm schliesslich den Schwanz in die Rocktasche als ob es ihn frore Der Sichere reisset ihn schnellend bei der Wurzel heraus dass es kracht ein grasslicher Anblick Der Teufel entflieht unter Wehgeschrei der prophetische Riese verkundet das Kommen des Goldenen Zeitalters legt den Schwanz als Lesezeichen in sein machtiges Buch und trollt sich von hinnen Lolegrin aber der ihn heimlich in die Unterwelt gefuhrt und in Gestalt einer Zikade seinem prophetischen Vortrag beigewohnt hat schwingt sich empor zu den Gottern um ihnen den lustigen Streich zu verkunden und das himmlische Mahl mit sussem Gelachter zu wurzen Form BearbeitenDas Gedicht besteht aus 292 Hexametern Sie sind nicht in Strophen unterteilt sondern in 16 durch Leerzeilen markierte Sinnabschnitte Morike handhabte den Hexameter in der ersten Auflage seiner Gedichte recht freizugig 2 Der Germanist Ulrich Hotzer analysierte Goethes und Morikes Hexameterkunst und kam zu dem Schluss 3 Morike war in Fragen der antiken Verskunst wesentlich sicherer und selbstandiger als Goethe Zwar beginnt auch er mit ahnlich unbefangenen Hexametern und rat seinem Freunde Hermann Kurz im Brief vom 19 Juni 1837 einen epischen Stoff in ungestiefelten Hexametern zu schreiben Kurz schickt statt dessen am 5 Juli 1837 das Gesprach auf dem Kirchhofe zu Cleversulzbach In barfussigen Hexametern Und im nachsten Jahr lobt er die Erstfassung des Marchens vom sichern Mann wegen des laxen Verses welcher die Erzahlung der Prosa nahert Der ungestiefelte Hexameter scheint also in jenen Jahren fast Prinzip gewesen zu sein Aber Morike hat spater 1847 dieses Werk fur die zweite Auflage seiner Gedichte grundlich uberarbeitet und die metrischen Lassigkeiten zum grossten Teil getilgt Entstehung BearbeitenDie Figur des sicheren Mannes war Bestandteil der von Morike und seinem Freund Ludwig Amandus Bauer Louis erfundenen Orplid Mythologie 4 dem er die erste Ausgabe des Marchens vom sichern Mann widmete An Louis B Der sichere Mann wird erstmals schriftlich in einem Brief von Bauer an Morike am 19 Juli 1824 erwahnt 5 Heute fruh habe ich ein Briefchen an meine Mutter geschrieben zugleich aber unterliess ich nicht sie zu warnen dass sie sich wenn der sichre Mann aus deinem Hause verjagt zu uns hinunterlumpern sollte von ihm nicht tauschen lassen mochte denn neuerdings gibt er sich gewiss oft fur den Herrn Moricke aus Wenn du etwa im Sinn haben solltest den Sichern vollig abzuthun so schicke mir nur sein Fell da hat ein Gerber ein ganzes Jahr dran zu arbeiten In einem nur teilweise erhaltenen Brief an seinen Freund Ernst Friedrich Kauffmann skizzierte Morike ein Jahr spater im Juli 1825 wesentliche Handlungsmomente des Marchens 6 gegen Ende seines Lebens hatte der sichere Mann die fixe Idee gefasst ein Prophete zu seyn und stand in der Schattenwelt ankommend plozlich mit einer Menge ausgehobener Stubenthuren unterm Arm da welche an den Angeln mit Sailen nach Art eines Buches zussammengeheftet waren und die er ohne Zweifel bei nachtlicher Weile in Gasthofen us w gestohlen hat Er ist aber der gewissen Meynung dass er aus diesem Buche Vorlesungen halte Dem Satan der ihm einst naseweis und die Andern zum Lachen reizend hineinsah riss er aufeinmal den Schwanz heraus und legte ihn als Zeichele ganz kaltblutig mit den Worten zwischen 2 aufgeschlagene Thuren eine Abtritts und eine Saalthure So Do wollet mer morga weiter fortmacha Darauf schlug er das Buch mit dem Fuss zu u trollte sich ernsthaft In dem Roman Maler Nolten den Morike 1830 im Manuskript vollendet hatte begegnete in dem Zwischenspiel Der letzte Konig von Orplid die Fee Silpelitt dem sicheren Mann der sich ihr gegenuber als gutmutiger Riese gebardete 7 Ende 1837 scheint Morike den sicheren Mann als ein Mahrchen in ungereimten Versen fixiert und im Februar 1838 abgeschlossen zu haben 8 1846 kam Morike noch einmal auf den sicheren Mann zuruck In dem Gedicht Erbauliche Betrachtung sang er ein Loblied auf seine Schuhe die ehrlichen Gesellen Dabei erinnerte er sich an seine Jugend und an nachtliche Spaziergange mit seinem Freund 9 Und uberfliessend das Gesprach wie Feuer troff Bis wir zuletzt an Kuhnheit mit dem sichern Mann wetteiferten da dieser Urwelts Gottersohn in Flosserstiefeln vom Gebirg zum Himmel sich verstieg und mit der breiten Hand der Sterne Heer zusammenstrich in einen Habersack Fast 30 Jahre nach dem ersten Erscheinen des sicheren Manns schuf 1867 der Maler Moritz von Schwind der mit Morike befreundet war eine Zeichnung des sicheren Manns siehe Titelbild fur die sich Morike in einem begeisterten Brief an Schwind herzlich bedankte 10 Rezeption BearbeitenWahrend Morikes kritische Freunde Friedrich Theodor Vischer und David Friedrich Strauss dem Marchen vom sichern Mann verstandnislos gegenuberstanden wurde es von den Dichtern Theodor Storm und Paul Heyse und dem Maler Moritz von Schwind besonders geschatzt Der Dichter und Literaturwissenschaftler Friedrich Gundolf bewunderte die Meisterschaft mit der Hades und Cleversulzbach Styx und Neckar ineinander ge zaubert seien 11 Wahrend Morikeforscher und Interpreten wie Martin Stern den humoristischen Grundton des Marchens hervorhoben 12 sah Romano Guardini vor dem Hintergrund von Schellings Philosophie in Suckelborst einen Boten christlicher Erlosung 13 Ausgaben BearbeitenErstausgabe Bearbeiten Mahrchen vom sichern Mann In Eduard Morike Gedichte Stuttgart Cotta 1838 Seite 175 189 pdf Andere Ausgaben Bearbeiten Mahrchen vom sichern Mann In Eduard Morike Gedichte 2 vermehrte Auflage Stuttgart Cotta 1848 Seite 87 102 pdf Marchen vom sichern Mann In Eduard Morike Gedichte 3 vermehrte Auflage Stuttgart Cotta 1856 Seite 90 103 pdf Marchen vom sichern Mann In Eduard Morike Gedichte Mit 1 Photographie des Verfassers Ausgabe letzter Hand 4 vermehrte Auflage Stuttgart Cotta 1867 Seite 109 124 Illustrationen Bearbeiten nbsp Abbildung von Christian Barmann 1907Eduard Morike Das Marchen vom sichern Mann Zeichnungen von Christian Barmann Munchen H Schmidt 1907 14 Moritz von Schwind Walther Eggert Windegg Herausgeber Morike Album Munchen Beck 1922 Tafel 2 Eduard Morike Das Marchen vom sichern Mann Mit Zeichnungen von Hildegard Weber Zurich Fretz 1924 Eduard Morike Marchen vom sichern Mann Mit 18 Holzschnitten von Hermann Burkhardt Fellbach Claudius Presse 2003 Literatur BearbeitenAllgemein Bearbeiten Morikes Marchen vom sichern Mann In Arnold Bergstraesser Staat und Dichtung Freiburg im Breisgau Rombach 1967 Seite 231 238 Das Marchen vom sichern Mann In Romano Guardini Gegenwart und Geheimnis Eine Auslegung von funf Gedichten Eduard Morikes mit einigen Bemerkungen uber das Interpretieren Wurzburg Werkbund Verlag 1957 Seite 65 97 Ulrich Hotzer Grata negligentia ungestiefelte Hexameter Bemerkungen zu Goethes und Morikes Hexametern In Der Deutschunterricht Beitrage zu seiner Praxis und wissenschaftlichen Grundlegung Band 16 1964 Seite 86 108 Nachdruck Hotzer 1998 Seite 49 79 Marchen vom sichern Mann In Ulrich Hotzer Morikes heimliche Modernitat Tubingen Niemeyer 1998 Seite 165 180 B Lee Jennings Suckelborst Wispel and Morikes Mythopoeia In Euphorion Zeitschrift fur Literaturgeschichte Band 69 1975 Heft 3 Seite 320 332 Marchen vom sichern Mann In Mathias Mayer Eduard Morike Stuttgart Reclam 1998 Seite 59 60 Mathias Mayer Marchen vom sichern Mann In Wild 2004 Seite 128 129 Martin Stern Morikes Marchen vom sichern Mann In Euphorion Zeitschrift fur Literaturgeschichte Band 60 1966 Seite 193 208 Gerhard Storz Eduard Morike Stuttgart Klett 1967 Seite 204 210 Benno von Wiese Eduard Morike Stuttgart Wunderlich 1950 Seite 137 143 Inge Wild Herausgeberin Reiner Wild Herausgeber Morike Handbuch Leben Werk Wirkung Stuttgart Metzler 2004 Quellen Bearbeiten Ludwig Amandus Bauer Bernhard Zeller Herausgeber Briefe an Eduard Morike Marbach Deutsches Literaturarchiv 1976 Eduard Morike Hans Henrik Krummacher Herausgeber Werke und Briefe historisch kritische Gesamtausgabe HKA Stuttgart Klett Cotta 1967 2008 Weblinks BearbeitenBibliotheca Augustana Ausgabe Morike 1838 mit Verszahlung 15 Fussnoten Bearbeiten Der Gotterjungling Lolegrin sitzt auf dem Stiefelabsatz des Riesen Suckelborst des sicheren Mannes der mit Kohle sein Weltbuch aus Scheunentoren beschriftet Der Schwanz des Teufels klemmt als Lesezeichen in Suckelborsts Buch Morike 1838 Hotzer 1964 Seite 87 Wild 2004 Seite 211 212 Bauer 1976 2 Seite 22 23 Morike HKA Band Seite 102 Maler Nolten Band 1 1832 Seite 171 173 197 198 Mayer 2004 Seite 128 Morike 1848 Seite 236 238 Guardini 1957 Seite 72 74 Mayer 1998 Seite 59 Stern 1966 Guardini 1957 Bredt Ernst Wilhelm 1869 1938 Christian Barmann Marchen u Bilder Hugo Schmidt Munchen 1922 DNB 572515790 S 9 Nach Mahrchen vom sichern Mann suchen Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Marchen vom sichern Mann amp oldid 234217859