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Lutz Reinstrom 29 Marz 1948 in Sassnitz wurde 1992 in Hamburg als Saurefassmorder bekannt Seit dem 17 September 1991 befindet er sich ununterbrochen in Haft Am 26 Mai 1992 verurteilte ihn das Landgericht Hamburg wegen versuchten schweren Raubes in Tateinheit mit Freiheitsberaubung und erpresserischem Menschenraub zu drei Jahren Freiheitsstrafe Er verbusste diese Strafe vollstandig verblieb jedoch in Untersuchungshaft fur ein Verfahren vor dem Schwurgericht das ihn am 22 Mai 1996 wegen Mordes in zwei Fallen zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe mit anschliessender Sicherungsverwahrung verurteilte Reinstrom fuhrte in den 1980er Jahren ein kleines Pelzgeschaft in Hamburg das er von seiner Mutter ubernommen hatte Die gelernte Kurschnerin war nach der Trennung von seinem Vater nach Hamburg gezogen und hatte das Geschaft 1956 eroffnet Nach der Volksschule machte Lutz Reinstrom eine Kurschnerlehre und arbeitete nach der Gesellenprufung fur jeweils kurze Zeit bei unterschiedlichen Kurschnern 1972 zum Beispiel bei Kurschnermeister Kurt K 1973 begann er im Pelzgeschaft seiner Mutter zu arbeiten 1975 heiratete er Im selben Jahr fiel er aufgrund eines Betrugsversuchs bei der Meisterprufung durch Zwei Jahre spater gelang es ihm jedoch den Meisterbrief zu erlangen Mitte der Achtziger Jahre geriet das Pelzgeschaft zunehmend in finanzielle Schieflage so dass er den Laden 1989 schliesslich aufgeben musste Inhaltsverzeichnis 1 Die Taten 1 1 1986 1 2 1988 1 3 1991 2 Erste Verurteilung und weitere Ermittlungen 3 Aufklarung 4 Verfahren vor dem Schwurgericht und zweite Verurteilung 5 Zusammenarbeit mit Kriminalpsychologen 6 Verfilmungen 7 Trivia 8 Literatur 9 Weblinks 10 EinzelnachweiseDie Taten Bearbeiten1986 Bearbeiten 1983 hatte Reinstrom auf dem Grundstuck seines Reihenhauses am Dompfaffenweg in Hamburg Rahlstedt einen unterirdischen Bunker errichtet Dieser diente ihm angeblich entweder zum Schutz vor einem Atomkrieg manchmal sagte er jedoch auch er nutze ihn zum Trocknen und Lagern seiner Pelze Am 12 Marz 1986 verschleppte er die 61 Jahre alte Ehefrau seines Lehrherrn Hildegard K nachdem er ihr u a Geld und Schmuck im Gesamtwert von etwa 40 000 D Mark abgenommen hatte Er sperrte sie in ein an den Bunkerraum angrenzendes Verlies das nur durch eine enge Luke zu erreichen war Er fesselte und qualte die Frau und zwang sie daruber hinaus Briefe an ihre Angehorigen zu schreiben damit niemand ihr Verschwinden bei der Polizei anzeige Nach einer Woche totete er sie zersagte ihren Korper und warf die Leichenteile in ein Fass mit Saure das er in seinem Garten vergrub 1 1988 Bearbeiten Am 5 Oktober 1988 sperrte Reinstrom die 31 jahrige Industriekauffrau Annegret B die er aus dem Schwimmverein kannte in sein Verlies Er raumte ihre Konten leer folterte und missbrauchte sie sexuell und hielt ihre Marter auf Tonbandern und Fotos fest Wahrend ihrer Gefangenschaft musste auch B Briefe schreiben in denen sie Angehorigen mitteilte sie habe sich entschieden ab sofort im Ausland zu leben da ihr altes Leben sie nicht ausgefullt habe Zwar gelang es B in ihren Briefen Hinweise auf ihren Entfuhrer zu verstecken Diese wurden jedoch erst Jahre spater von einem Schriftsachverstandigen erkannt der die Schriftstucke im Auftrag der Polizei untersuchte Nach etwa vier Wochen Gefangenschaft zwang Reinstrom B sich vor ihrem Tod auf einer Tonbandaufnahme von ihm zu verabschieden bevor er sie totete und zerstuckelte Ihre Uberreste versteckte er in einem weiteren Saurefass das er im Garten seines Ferienhauses in Basedow bei Lauenburg vergrub 1 Annegret B s Mutter nannte Reinstrom nach dem spurlosen Verschwinden ihrer Tochter der Polizei gegenuber als einen Bekannten ihrer Tochter und moglichen Hinweisgeber woraufhin er befragt wurde Reinstrom verstand es jedoch den Polizeibeamten den er aus dem Schwimmverein personlich kannte zu uberzeugen dass er von nichts wisse sodass weitere Ermittlungen unterblieben Vermutlich war Annegret B zu diesem Zeitpunkt noch am Leben Ausserhalb seines Bunkers fuhrte Reinstrom das Leben eines unbescholtenen und leutseligen Familienvaters der als unterhaltsamer Sprucheklopfer und Geschichtenerzahler bekannt war Der Hamburger Psychiatrieprofessor Hans Jurgen Horn bescheinigte ihm spater eine narzisstische Personlichkeitsstorung sowie eine paraphile Veranlagung Er neige zu einer krankhaften Form des Sadomasochismus der klar von einvernehmlich ausgelebtem BDSM abzugrenzen sei 1991 Bearbeiten Drei Jahre spater am 6 September 1991 entfuhrte Reinstrom Christa S 53 die neue Lebensgefahrtin von Kurt K in ihrem eigenen Auto und verschleppte sie unter Einsatz eines Elektroschockers in seinen Bunker Er fesselte sie mit Handschellen und zeigte ihr Polaroid Fotos der nackten gefesselten Annegret B mit kahlgeschorenem Kopf Reinstrom forderte 300 000 D Mark Losegeld von seinem ehemaligen Chef Da sich die Geldubergabe verzogerte und seine Frau vorzeitig aus dem Urlaub kam furchtete Reinstrom entdeckt zu werden Am 13 September 1991 brachte er Christa S nach sieben Tagen Gefangenschaft nach Hamburg Langenhorn und liess sie vor einer Polizeiwache frei 1 Erste Verurteilung und weitere Ermittlungen BearbeitenReinstrom wurde am 17 September 1991 festgenommen nachdem eine Fangschaltung wahrend der Erpresseranrufe den Verdacht auf ihn gelenkt hatte 2 Am 26 Mai 1992 wurde er im Fall Christa S wegen erpresserischen Menschenraubes zu drei Jahren Freiheitsstrafe verurteilt Das sehr milde Urteil in dem minderschweren Fall begrundete die Kammer damit dass der Angeklagte zum ersten Mal straffallig geworden und durch die Pleite seines Pelzgeschafts in eine personliche Krise geraten sei Die Kammer hat von der Moglichkeit der doppelten Strafmilderung Gebrauch gemacht Bei der Bejahung des minderschweren Falles und bei der Zumessung der schuldgerechten Strafe wurde berucksichtigt dass der Angeklagte bislang sozial eingeordnet gelebt hat und erstmals im Alter von 43 Jahren straffallig geworden ist Nachdem seine burgerliche Existenz und sein Selbstverstandnis durch die erzwungene Aufgabe der beruflichen Tatigkeit ins Wanken geraten sind ist es ihm nicht gelungen beruflich wieder festen Fuss zu fassen um den Lebensunterhalt fur sich und seine Familie zu sichern Er hat sich vielmehr in immer starkerem Masse seiner Astrologieglaubigkeit hingegeben die dann Ausloser dieser schweren Straftat geworden ist Er hat kein durchgeplantes Konzept gehabt sondern zeitweise spontan gehandelt Die Losegeldforderung ist von ihm nicht mit Todesdrohungen verknupft worden Soweit es die Lage zuliess hat er sein Opfer gut behandelt Er hat ein Gestandnis abgelegt das allerdings erheblich eingeschrankt war und daher auch nur in diesem Umfang mildernd berucksichtigt werden konnte Der Angeklagte befindet sich das erste Mal in Haft und leidet unter dem Verlust des burgerlichen Ansehens von dem auch seine Familie betroffen ist Strafmildernd wirkte sich ebenfalls aus dass es Reinstrom im Prozess gelang die Glaubwurdigkeit von Christa S zu untergraben indem er andeutete Christa S habe ihn zu der Erpressung angestiftet und gemeinsame Sache mit ihrem Entfuhrer gemacht Der Richter wies in der Urteilsbegrundung ausdrucklich darauf hin dass die Hauptbelastungszeugin offenkundig nicht alles gesagt habe was sie wisse In der Hauptverhandlung sagte auch die Kriminalkommissarin Marianne Atzeroth Freier als Zeugin aus die wahrend der Entfuhrung von Christa S als polizeiliche Opferbetreuerin fur Kurt K fungiert hatte und nach ihrer Freilassung in der Nacht vom 13 auf den 14 September 1991 hinzugezogen worden war um Christa S nach der polizeilichen Vernehmung nach Hause zu begleiten In einer Verhandlungspause wurde die Kriminalbeamtin von Margarete R Annegret B s Mutter angesprochen der Parallelen zum Fall ihrer vermissten Tochter aufgefallen waren die Lutz Reinstrom aus ihrem Schwimmverein kannte Atzeroth Freier forderte daraufhin bei der Vermisstenstelle die Akten Hildegard K und Annegret B an die 1986 bzw 1988 von Angehorigen vermisst gemeldet worden waren Aufgrund zweier nahezu gleich lautender und direkt an die Polizei adressierter Schreiben der vermissten Frauen in denen sie ihre Personalausweis Nummern nannten und klarstellten es gehe ihnen gut und sie seien nicht vermisst wurden damals keine weiteren Nachforschungen zu ihrem Verbleib angestellt Atzeroth Freier stellte nun eigene Ermittlungen an befragte Angehorige und Freunde der Vermissten fertigte Listen von ihnen abhandengekommenen Wertgegenstanden an und entdeckte so teilweise in ihrer Freizeit da die Mordkommission der sie angehorte sich fur Vermisstensachen nicht zustandig fuhlte die auffalligen Parallelen der drei Falle Aufklarung BearbeitenGegen den hartnackigen Widerstand ihres Vorgesetzten erreichte Atzeroth Freier die Einrichtung einer Sonderkommission Nachdem in einer von Reinstrom angemieteten Garage zahlreiche Gegenstande gefunden wurden die Annegret B gehorten u a ein Sofa das sie kurz vor ihrem Verschwinden bestellt hatte und ermittelt werden konnte dass Reinstrom das Auto von Annegret B verkauft hatte wurde die Durchsuchung seines Grundstucks in Hamburg Rahlstedt sowie seines Wochenendgrundstucks in Basedow Herzogtum Lauenburg angeordnet 1 Auf dem Gelande des Sommerhauses in Basedow schlugen die Leichenspurhunde an ohne dass man zunachst Leichenteile finden konnte Nachbarn in Basedow berichteten dass Reinstrom dort einige Zeit nach dem Verschwinden von Annegret B eine tiefe Grube ausgehoben habe Als die Polizei darauf mit schwerem Gerat anruckte stiess sie am 1 Dezember 1992 unter einer Betonplatte auf ein Plastikfass mit menschlichen Uberresten in Salzsaure Die Knochen die noch nicht zersetzt waren konnten Annegret B zugeordnet werden Damit konfrontiert teilte Reinstrom der Polizei mit auch die Leiche von Hildegard K in einem Saurefass am Dompfaffenweg vergraben zu haben wo es am 4 Dezember 1992 von den Ermittlern sichergestellt wurde 1 Verfahren vor dem Schwurgericht und zweite Verurteilung BearbeitenDie Hauptverhandlung vor dem Schwurgericht unter dem Vorsitzenden Gerhard Schaberg begann am 11 Januar 1995 und dauerte 93 Tage 3 Der Angeklagte bestritt die beiden Frauen getotet zu haben und machte auf Empfehlung seiner drei Verteidiger Leonore Gottschalk Solger Klaus Martini und Uwe Maeffert weitgehend von seinem Schweigerecht Gebrauch Allerdings machte er auch widerspruchliche Angaben dazu wie die Frauen ums Leben gekommen seien Er sprach davon dass eine Organmafia die Frauen zur Gewinnung von Transplantationsmaterial getotet oder dass Hildegard K sich unglucklicherweise beim Sturz auf der Treppe das Genick gebrochen habe Zuletzt behauptete er Annegret B sei in der Sauna zu Tode gekommen als sie ihn nach einvernehmlichem Geschlechtsverkehr heftig in den Penis gebissen habe so dass er sie nicht weniger heftig von sich gestossen und sie in der Sauna zuruckgelassen habe um sich um sein blutendes Glied zu kummern Das Schwurgericht sah sich dadurch veranlasst den Gerichtsmediziner Klaus Puschel mit der Untersuchung des Angeklagten auf derartige Bissverletzungen zu beauftragen Nach 15 Monaten verhangte das Schwurgericht am 22 Mai 1996 ein Urteil mit den schwersten im deutschen Strafrecht vorgesehenen Sanktionen lebenslange Freiheitsstrafe bei Feststellung der besonderen Schwere der Schuld mit anschliessender Sicherungsverwahrung 3 Anders als im Fall Annegret B sah sich das Gericht im Fall Hildegard K nicht imstande eine Totung aus sexuellen Grunden d h aus Mordlust oder zur Befriedigung des Geschlechtstriebs 211 StGB als erwiesen anzusehen war aber davon uberzeugt dass die Totung jedenfalls aus Habgier und zur Verdeckung einer Straftat erfolgt sei Der Fall wurde von grossem Interesse der Medien begleitet die ausfuhrlich uber alle verfugbaren Einzelheiten berichteten Die Verteidiger beschwerten sich daruber dass die Unschuldsvermutung fur Teile der Presseleute nicht zu existieren scheine Der Vorsitzende des Schwurgerichtes erwahnte in der mundlichen Urteilsbegrundung auch diesen Punkt indem er sagte obgleich der Mordfall grosses Aufsehen erregt und die Fantasie herausgefordert habe gehore die Beurteilung der medialen Berichterstattung nicht zu den Aufgaben des Gerichtes 3 Zusammenarbeit mit Kriminalpsychologen BearbeitenReinstrom war bereits gut 10 Jahre in Haft als er dem Profiler und Kriminalpsychologen Thomas Muller 2003 in einem Interview Einblicke in seine Beweggrunde und Erfahrungswelt gab Die psychologische Erorterung von den Zusammenhangen zwischen der Personlichkeit eines Taters seinem Verhalten und der Art und Weise wie Straftaten begangen werden ist ein wichtiger Zweig innerhalb der Forensik und wird genutzt um mit Hilfe einer operativen Fallanalyse ein Taterprofil zu erstellen englisch Offender Profiling Ausserdem tragen Gesprache mit Intensivtatern die wie Reinstrom bereit sind Aussagen zu ihren Taten zu machen dazu bei die potenzielle Gefahrlichkeit einzuschatzen die Jahre spater von solchen Tatern ausgeht 4 Reinstrom gab Auskunft daruber wie sich sein Wunsch nach Macht Kontrolle und Dominanz auf die Planung und Umsetzung seiner Taten ausgewirkt hatte Muller vertritt die Ansicht dass ausserordentliche Straftaten immer wieder Probleme in der Bearbeitung und Beurteilung mit sich bringen da die Erfahrungswelten der Tater den Ermittlern in der Regel verborgen bleiben 4 Verfilmungen BearbeitenBereits 1996 zeigte die ARD den vom Fall Reinstrom inspirierten Psychothriller Angst hat eine kalte Hand mit Cornelia Froboess in der Rolle des Entfuhrungsopfers Regie fuhrte Matti Geschonneck das Drehbuch schrieb Rainer Berg 2014 erschien mit Hilferuf aus dem Folterkeller ein erzahlendes Sachbuch Der Autor Heinrich Thies berichtete im Mai 2020 auch in der ZDF Info Dokumentation Ermittler Spurlos verschwunden uber den Fall 5 Hilferuf diente zudem als Vorlage fur die 2022 produzierte Serie German Crime Story Gefesselt Trivia BearbeitenDer Bau von Reinstroms Atomschutzbunker wurde staatlich bezuschusst Auch Hamburgs damaliger Burgermeister Klaus von Dohnanyi kam zur Eroffnung des unterirdischen Schutzraums Das Verlies in dem Reinstrom seine Opfer gefangen hielt war jedoch in den offiziellen Bauplanen und genehmigungen nicht eingezeichnet und wurde illegal errichtet 6 Literatur BearbeitenHeinrich Thies Hilferuf aus dem Folterkeller Die Hamburger Saurefassmorde Eine Spurensuche Zu Klampen Springe 2014 ISBN 978 3 86674 400 4 Thomas Muller Bestie Mensch Tarnung Luge Strategie Rowohlt Verlag Hamburg 2006 ISBN 978 3 499 62092 8 Weblinks BearbeitenSabine Ruckert Noch ein Keller In Die Zeit vom 8 Mai 2008 mopo de Der Sadist mit dem Saurefass Gerhard Mauz Mal kraftig reingehackt In Der Spiegel Nr 22 1996 S 37 38 online 27 Mai 1996 Hauke Goos Der Grosswildjager In Der Spiegel Nr 1 2005 S 42 46 online 3 Januar 2005 Die Geheimnisse der Toten Rechtsmedizin auf Taterjagd Dokumentation dieses und eines weiteren Falles bei ZDFinfo 2017 Florentin Schumacher hilf stern Crime 2017 onlineEinzelnachweise Bearbeiten a b c d e Als die Saurefass Morde Hamburg erschutterten NDR aufgerufen am 16 November 2021 Cover Abgerufen am 9 Februar 2021 a b c Strafjustiz Mal kraftig reingehackt Der Spiegel aufgerufen am 17 November 2021 a b Thomas Muller Bestie Mensch Tarnung Luge Strategie Rowohlt Taschenbuch Verlag Hamburg 2006 ISBN 3 499 62092 8 Ermittler Spurlos verschwunde auf zdf de Hamburgs grosse Kriminalfalle Die Opfer lagen in Saure Fassern Abgerufen am 18 Januar 2023 PersonendatenNAME Reinstrom LutzKURZBESCHREIBUNG deutscher Kurschner und MorderGEBURTSDATUM 29 Marz 1948GEBURTSORT Sassnitz Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Lutz Reinstrom amp oldid 237808686