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Ein Lithotomus oder Steinschneider war ein bis ins 19 Jahrhundert ausgeubter heilkundlicher Beruf der vielfach gleichzeitig mit der Tatigkeit als Okulist Starstecher und Wundarzt ausgeubt wurde Sein Wirkungsgebiet lag in der Entfernung von Blasensteinen mittels Steinschnitt Lithotomie Der Steinschneider Jan de Doot 1652Die Bildung von Blasensteinen war eine haufige Folgeerscheinung fruherer Ernahrungsgewohnheiten Zur Beseitigung der zu schmerzhaften Koliken fuhrenden und das Wasserlassen verhindernden Steine wurden die Dienste eines Lithotomus in Anspruch genommen Dazu fanden zwei verschiedene Verfahren Anwendung Im Kindesalter erfolgte eine manuelle Fixierung des Steines durch den Anus am Damm wo er mittels eines Schnittes herausgezogen wurde Bei erwachsenen Personen musste ein aufwendigeres Verfahren angewandt werden Uber einen laut Georg Fischer erstmals 1525 von Giovanni de Romanis beschriebenen und von dessen Schuler Mariano Santo bekannt gemachten 1 Schnitt in die Harnrohre unterhalb der Prostata fuhrte der Lithotomus seine Werkzeuge in die Blase ein um den Stein zu greifen und durch den Blasenhals herauszuziehen Aufgrund der nicht vorhandenen Hygiene sowohl des Operateurs als auch der Instrumente kam es haufig zu Entzundungen mit todlichen Folgen Abgesehen davon konnte sowohl durch operative Fehler als auch durch schlechte Anatomie Kenntnisse des Steinschneiders der Schliessmuskel durchschnitten werden was zu dauerhafter Inkontinenz fuhrte Seit dem 19 Jahrhundert wurde diese Tatigkeit ganzlich von Chirurgen wahrgenommen am Verfahren anderte sich bis zur Mitte des 20 Jahrhunderts wenig ehe moderne Methoden der Urologie Einzug hielten Der wohl bekannteste deutsche Lithotomus war Johann Andreas Eisenbarth Doktor Eisenbarth bereits Mitte des 16 Jahrhunderts wurde der Schweizer Wundarzt Lenhart Steinmann in Lubeck geruhmt Als bester Steinschneider im 16 Jahrhundert galt der franzosische Chirurg Pierre Francou um 1500 um 1580 2 Weitere bekannte Steinschneider im damaligen Frankreich waren Covillard und dessen Methode folgend Francois Colot 3 und Tolet 4 Der Wundarzt Gabriel Senf 1738 war vor allem wegen seiner Steinschnitt Operation in Seitenlage bekannt Diese Operation findet sich abgedruckt bei Lorenz Heister 5 dessen Sohn Elias Friedrich Heister den Operationsbericht aufgezeichnet hatte 6 In Frankreich und daruber hinaus brachte es Jacques de Beaulieu 1651 1714 genannt Frere Jacques Bruder Jakob in der Wende zum 18 Jahrhundert zu grosser Bekanntheit und er fuhrte auch schon eine fruhe Form des lateralen Steinschnitts ein Ein weiterer bekannter Steinschneider seiner Zeit und Erfinder einer Steinzange 7 zum Zerbrechen der Blasensteine war der franzosische Chirurg Jean Baseilhac 1703 1781 Eine fruhe Darstellung der Operationstechnik findet sich bei Georg Bartisch Im 18 Jahrhundert fuhrten William Cheselden und sein Schuler John Hunter den lateralen Steinschnitt in England ein In den Niederlanden wo auch Frere Jacques operierte praktizierte dies Johannes Jacobus Rau Einer der letzten grossen Steinschneider war Vincenz von Kern der noch 1828 ein Lehrbuch daruber veroffentlichte Bald darauf kam durch Jean Civiale die nicht invasive bzw minimal invasive Technik der Lithotripsie auf bei der die Blasensteine in der Harnblase durch ein spezielles durch die Harnrohre eingefuhrtes Instrument zertrummert wurden Ein Musik oder Buhnenstuck Der Steinschnitt beschreibt diese verbreitete Operation im 17 Jahrhundert 8 Die bereits in der Antike im 1 Jahrhundert v Chr von Ammonios griechischer Chirurg in Alexandria genannt der Steinschneider angewandte Form des Steinschnitts die ohne Zerreissung des kranialen Abschnitts der Harnrohre von Celsus als Blasenhals bezeichnet vonstattengehen sollte wurde von Aulus Cornelius Celsus beschrieben Hierzu wurde zunachst der Damm und die Harnrohre Urethra angeschnitten Durch die Schnittoffnung wurden dann die Instrumente uber die Urethra in die Harnblase eingefuhrt 9 Die von Celsus beschriebene jedoch nur im Fruhjahr und bei 9 15 jahrigen Knaben durchgefuhrte Methode des Blasenschnitts vom Damm aus wurde spater auch von Guy de Chauliac zur Steinschnittoperation empfohlen und angewendet spater dann unter anderem von Heister und Francou 10 Inhaltsverzeichnis 1 Siehe auch 2 Literatur 3 Weblinks 4 EinzelnachweiseSiehe auch BearbeitenSteinschnittlageLiteratur BearbeitenGeorg Fischer Chirurgie vor 100 Jahren Historische Studie Gewidmet der Deutschen Gesellschaft fur Chirurgie Verlag von F C W Vogel Leipzig 1876 Neudruck mit dem Untertitel Historische Studie uber das 18 Jahrhundert aus dem Jahre 1876 und mit einem Vorwort von Rolf Winau Springer Verlag Berlin Heidelberg New York 1978 ISBN 3 540 08751 6 S 521 534 Weblinks Bearbeitengesch med uni erlangen de aerzteblatt de peter hug chEinzelnachweise Bearbeiten Georg Fischer Chirurgie vor 100 Jahren F C W Vogel Leipzig 1876 S 521 f Barbara I Tshisuaka Francou Pierre In Werner E Gerabek Bernhard D Haage Gundolf Keil Wolfgang Wegner Hrsg Enzyklopadie Medizingeschichte De Gruyter Berlin New York 2005 ISBN 3 11 015714 4 S 419 f Zur Steinschneider Familie Colot vgl Georg Hiltl Germain Colot der Steinoperateur In Die Gartenlaube 1868 Georg Fischer Chirurgie vor 100 Jahren Historische Studie 1876 S 59 247 und 522 Lorenz Heister Chirurgie 1763 S 869 871 Axel Wellner Empfehlungsschreiben des beruhmten Chirurgen Lorenz Heister 1683 1758 Ein interessantes Dokument im Osteroder Stadtarchiv In Medizinhistorische Mitteilungen Zeitschrift fur Wissenschaftsgeschichte und Fachprosaforschung Band 36 37 2017 2018 2021 S 39 51 hier S 47 mit Anm 44 Barbara I Tshisuaka Basheilac Jean In Werner E Gerabek u a Hrsg Enzyklopadie Medizingeschichte 2005 S 152 Starstecher Steinschneider und doctores medicinae O1 Serie Radiodoktor Medizin und Gesundheit vom 7 Janner 2013 Jutta Kollesch Diethard Nickel Antike Heilkunst Ausgewahlte Texte aus dem medizinischen Schrifttum der Griechen und Romer Philipp Reclam jun Leipzig 1979 Reclams Universal Bibliothek Band 771 6 Auflage ebenda 1989 ISBN 3 379 00411 1 S 139 und 198 zu Aulus Cornelius Celsus Die Medizin Buch VII Kap 26 3 Georg Fischer Chirurgie vor 100 Jahren Historische Studie 1876 S 525 526 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Lithotomus amp oldid 235884772