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Li Zhi chinesisch 李贄 李贽 ursprunglich Lin Zaizhi zwischen 1552 und 1567 Li Zaizhi ab 1567 Li Zhi 23 November 1527 6 Mai 1602 war ein chinesischer Philosoph Autor Literaturkritiker und Beamter Er sah den Menschen als vom Eigennutz getriebenes Wesen an dessen Verhalten zu einer stetigen Spannung zwischen den Individuen fuhre Er wollte das gesellschaftlich eingepragte Normensystem durch ein moralisches Urteil des Einzelnen ersetzen zu dem dieser durch selbststandiges Denken gelange Li Zhi Inhaltsverzeichnis 1 Leben 2 Denken 3 Literatur 4 EinzelnachweiseLeben BearbeitenLi Zhi stammte aus der Kreisstadt Jinjiang in der damaligen Prafektur Quanzhou Seine Familie gehorte der wohlhabenden aber sozial gering geachteten Handlerschicht der Kustenstadte an Sein Vorfahr Lin Lu 1328 1384 war einer der reichsten Kaufleute Chinas der seinen Wohlstand vor allem dem Uberseehandel verdankte Dessen Sohn Lin Nu konvertierte unter den auf seinen Auslandsreisen gewonnenen Eindrucken zum Islam der fortan in der Familie verbreitet blieb Die Frage von Lin Zai zhis religioser Zugehorigkeit in seinen fruhen Jahren kann nicht abschliessend geklart werden Ein personliches Bekenntnis zum Islam gilt aber wegen des Fehlens islamischen Gedankenguts in seinen Schriften als unwahrscheinlich 1 Nichtsdestoweniger kann ein gewisser sozialer Druck sowohl durch die Verbreitung des Islam in seiner Familie wie auch durch die Zugehorigkeit der Familie zur Handlerkaste der untersten der vier sozialen Schichten im konfuzianischen Wertesystem als gegeben erachtet werden 2 Lins Vater war der Schullehrer Lin Baizhai seine direkt nach der Geburt verstorbene Mutter war eine geborene Xu Nach dem Tod von Lins Mutter heiratete sein Vater erneut Lin Baizhai erteilte seinem Sohn den grundlegenden Unterricht um ihn auf die erste Staatsprufung vorzubereiten Lin Zaizhi studierte in seiner Jugend vor allem in den Klassikern das Buch der Wandlungen das Buch der Riten und das Buch der Urkunden Zeitlebens hatte er eine besondere Beziehung zum Buch der Wandlungen 1552 legte Lin erfolgreich die Staatsprufung auf Provinzebene ab und erlangte damit den juren Grad In dieselbe Zeit muss seine Heirat mit einer geborenen Huang gefallen sein denn im Jahre 1552 starb sein Sohn aus dieser Ehe Im Jahre 1556 erhielt Lin seine erste Beamtenstelle Er erlangte den Vorsitz uber die Kreisexamina in Gongcheng in der Provinz Henan Einige Jahre spater 1559 oder 1560 zog er nach Nanjing um dort eine Dozentur an der Nationalen Akademie anzutreten Wenige Monate nach seiner Ankunft erfuhr er vom Tod seines Vaters und beschloss nach Quanzhou zu reisen um die Bestattung zu regeln Er verblieb zwei Jahre in Quanzhou um wahrend der Piratenuberfalle in den Kustengebieten fur den Schutz seiner Familie sorgen zu konnen 1562 schliesslich liess er sich mit seiner Familie in Beijing nieder Nach einer zweijahrigen Zeit des bangen Wartens auf eine gutbezahlte Stelle und der Erschopfung nahezu aller noch vorhandenen Geldmittel erhielt er eine Dozentur an der Nationalen Akademie in Beijing Bald schon starb jedoch sein Grossvater und Lin musste erneut seine Stelle aufgeben und mit seiner Familie nach Quanzhou zuruckkehren um seine Bestattung zu organisieren und die vorgeschriebene Trauerzeit einzuhalten Auf der Reise in den Suden erwarb er ein Haus in Gongcheng wo er Jahre zuvor eine Stelle innegehabt hatte Dort liess er seine Frau und seine Kinder zuruck und reiste alleine weiter nach Quanzhou Als er 1566 zuruckkehrte war seine Familie verarmt und zwei seiner Tochter waren sogar verhungert Lin beschloss seinen Landsitz zu verkaufen und wieder nach Beijing zu ziehen Die Lebensphase von Lins erneutem Aufenthalt in der Hauptstadt wird als entscheidend fur seinen spateren philosophischen Werdegang angesehen Als Archivar im Ritenministerium konnte er in einen vielfaltigen geistigen Austausch treten Er lernte Anhanger der Taizhou Schule kennen und befasste sich mit der Lehre Wang Yangmings besonders beeinflusst wurde er hierbei durch die Rezeptionen Wangs durch Luo Rufang und Wang Ji 3 und auch mit buddhistischer Erkenntnistheorie In diese Zeit fallt die Namensanderung seines personlichen Namens in Zhi und auch die endgultige Anderung seines Familiennamens in Li 4 Nach vier Jahren Arbeit im Ritenministerium wurde Li 1570 in das Justizministerium in Nanjing befordert In Nanjing kam er in Kontakt mit den Brudern Geng Dingxiang und Geng Dinglii ausserdem entwickelte sich eine Freundschaft mit Jiao Hong die fur den Rest seines Lebens bestehen bleiben sollte Seinen letzten Beamtenposten trat Li im Jahre 1577 an als er Prafekt von Yao an in Yunnan wurde Auf der Reise in diese weit entfernte Provinz sorgte er fur das weitere Unterkommen seiner Familie bei den Gebrudern Geng in Huang an in Hubei Lis Tatigkeit in Yao an wird als gewissenhafte Ausubung seiner Arbeit gewertet 5 Aus Geldgrunden arbeitete er zusatzlich noch im Lehrwesen wurde aber an einer intensiven Ausubung dieser Tatigkeit durch seine Arbeit als Beamter gehindert Li Zhi blieb drei Jahre in Yao an Danach gab er den letzten Beamtenposten seines Lebens auf und zog zu den Gengs nach Huang an Wahrend sein Verhaltnis zu Geng Dinglii ein gutes blieb stand das zu Dingxiang am Rand des Zerwurfnisses Li warf Dingxiang vor sich nicht ausreichend fur den 1579 im Gefangnis von Wuchang verstorbenen He Xinyin eingesetzt zu haben Nach Dingliis Tod im August 1584 musste Li Huang an verlassen Es sandte seine Familie nach Fujian zuruck wahrend er selbst in das buddhistische Kloster Zhifoyuan am Drachensee zog das in der Nahe des Ortes Macheng nicht weit von Huang an lag Einige Jahre spater 1588 wurde Li Zhi schliesslich auch Monch was er ironisch mit Schliesslich wollte ich doch auch endlich so verruckt aussehen fur wie mich die Leute allgemein halten 6 kommentierte In der relativen Einsamkeit seiner Umgebung sei es ihm einzig moglich Kultur und Zivilisation zu lehren So zog er in einem Anbau des Klosters mit angrenzender Terrasse zunehmend mehr Menschen durch Vortrage an Die bedeutsamste Tatigkeit im Kloster bestand in der Abfassung seiner Schriften zu Literatur Geschichte und Philosophie in denen er sich kritisch mit dem neokunfuzianischen Welt und Geschichtsbild sowie auch mit Konfuzius selbst auseinandersetzte Bezeichnend fur seine Neigung zum Tabubruch und zur ironischen Verkehrung der Konfuziusverehrung war seine Widmung fur ein Bild des Konfuzius das er in der Buddhahalle des Klosters aufgehangt hatte Seine Werke beschieden ihm bald grosse Popularitat und sein Ruf reichte bis in die Hauptstadt des Reiches 1590 erschien sein Buch Zum Verbrennen in dem u a sein fruherer Bekannter Geng Dingxiang angegriffen wird Geng erteilte hierauf seinem Schuler Cai Yizhong den Auftrag ein Buch gegen Zum Verbrennen zu schreiben Ausserdem beschuldigte er Li vor der lokalen Beamtenschaft der Aufwiegelung des Volkes und der Verunglimpfung der konfuzianischen Lehre Wegen des drohenden Prozesses verliess Li das Kloster und zog zu den Brudern Yuan in Gongan wo er die Jahre 1590 bis 1593 verbrachte Gemeinsam mit den Brudern lebte er 1593 bis 1596 wieder in Macheng und reiste danach zu Liu Dongxing in Shaanxi Im Jahr 1598 traf er in Nanjing mit dem Missionar Matteo Ricci zusammen eine Begegnung deren Folgenlosigkeit spater breit rezipiert wurde Im folgenden Jahr erschien ebendort das Buch Zum Verbergen Bald darauf kehrte er in das Kloster Zhifoyuan zuruck wo sein Wohnort im Jahr 1600 ebenso wie seine vorgesehene Begrabnisstatte von durch lokale Honoratioren gedungenen Brandstiftern in Brand gesteckt wurde Li floh daraufhin mit dem Zensor Ma Jing lun zuerst nach Shangcheng und 1602 dann nach Tongzhou in der Nahe von Beijing Zu ebendieser Zeit verfasste der Beamte Zhang Wenda die Anklageschrift gegen Li und reichte sie als Throneingabe ein Er fuhrt darin aus Li Zhi war fruher Beamter im Alter hat er sich wie ein buddhistischer Monch den Kopf geschoren In der letzten Zeit verfasst er Bucher wie Dem Scheiterhaufen geweiht und Zum Verstecken und so ahnliche die sich im Land verbreiten die Gemuter erhitzen und den Geist verwirren kurzum die Werturteile des Konfuzius uber Gut und Bose halt er fur ganzlich ungenugend Li Zhi ist verruckt in seinen wirren Reden und rebellisch in seinen Taten wahrlich nicht einfach alle Verbrechen Stuck fur Stuck genau aufzufuhren Mit Herumtreibern haust er in einem schabigen Kloster wo er sich Huren und Weibsbilder hinholt und es mit ihnen am helllichten Tag treibt Manner und sogar Frauen kodert er mit Verlockungen zu ihm ins Kloster zu kommen wo er angeblich Vortrage uber Dharma halten will 7 Die Antwort der Regierung auf die Throneingabe griff die erhobenen Vorwurfe auf und befahl Li wegen Rebellion der Storung von Recht und Ordnung und Verfuhrung und Verhetzung des Volkes in Haft zu nehmen und seine Bucher zu verbrennen Li wurde daraufhin festgenommen und nach Beijing verbracht wo er am 6 Mai 1602 im Gefangnis laut Yuan Zhong dao schnitt er sich mit einem Messer die Kehle durch Suizid beging Denken BearbeitenLi Zhis Denken befasste sich mit der Frage der normativen menschlichen Werteordnung des Individuums die fur ihn einem standigen Wandel unterworfen war In einem Vortragsentwurf aus den 1590er Jahren heisst es Was gestern richtig war wird heute als falsch angesehen und was heute als falsch gilt kann morgen schon wieder richtig sein Jeder Mensch habe sein eigenes Normsystem in sich das aber keinerlei Moglichkeit dazu habe zur allgemein anerkannten Ordnung zu werden Fur Li Zhi handeln die Menschen vor allem ihren Interessen folgend wobei selten an die Bedurfnisse anderer Menschen gedacht wird Li Zhi schliesst bei dieser Beurteilung auch die Schicht der Literatenbeamten nicht aus In einem Brief an seinen Freund Geng Dingxiang schreibt er in dem fur ihn typischen lockeren Tonfall dessen Sprache hauptsachlich dem Bereich der Prajna Paa ramita Schriften entnommen ist aber auch daoistische und konfuzianische Vokabeln verwendet Wir tun doch alle genau dasselbe Wir sind von fruh bis spat damit beschaftigt Land zu bestellen um leben zu konnen Grundbesitz zu erwerben um geachtete Gentry zu werden Bildung zu erlangen um Examina zu bestehen Beamte zu werden um unseren Status zu erhohen Geomantik zu treiben um unsere Vorteile an die Nachkommen weitergeben zu konnen Bei all diesen Tatigkeiten geht jedermann in seinen eigenen Interessen und denen seiner Familie auf Da ist kein einziger Gedanke der sich mit jemand anderem beschaftigte Li Zhi war der Ansicht dass auch die Literatenbeamten bloss die eigenen Interessen gut zu kaschieren und unter dem Mantel der Gelehrsamkeit und des Allgemeinwohls zu verbergen wussten Die Menschen stunden in stetiger Konkurrenz zueinander Li Zhi verwarf also ein idealistisches Menschenbild und zugleich auch das harmonistische Sozialmodell des Konfuzianismus Der Eigennutz der Menschen fuhre zu Konkurrenz einer Spannung die letztlich aber auch Neues schaffen konne Li Zhi war der Ansicht das Problem des fortgeschrittenen Egoismus lasse sich nur dadurch losen dass der einzelne Mensch die kollektiv vermittelten Normen durch ein eigenes moralisches Urteil ersetze zu dem er durch selbststandiges Denken gelangt sei Diese Ansichten musste die Schicht der staatstragenden Literatenbeamten in ihrem Daseinszweck angreifen sodass Li Zhi von hier den grossten Widerstand zu spuren bekam Literatur BearbeitenPhillip Grimberg Dem Feuer geweiht Das Lishi Fenshu des Li Zhi 1527 1602 Ubersetzung Analyse Kommentar Wissenschaftliche Beitrage aus dem Tectum Verlag ISSN 1867 772X Tectum Marburg 2014 ISBN 978 3 8288 3382 1 Dissertation Uni Koln 2013 442 Seiten Rainer Hoffmann Qiuhua Hu China Seine Geschichte von den Anfangen bis zum Ende der Kaiserzeit Rombach Freiburg im Breisgau 2007 ISBN 978 3 7930 9499 9 Israel G 2022 The Objectionable Li Zhi Fiction Criticism and Dissent in Late Ming China Edited by Rivi Handler Spitz Pauline C Lee and Haun Saussy Seattle University of Washington Press 2020 vii 281 pp Journal of Chinese History 中國歷史學刊 6 1 154 159 doi 10 1017 jch 2021 12 Jean Francois Billeter Li Zhi philosophe maudit Travaux de Sciences Sociales Droz Geneve 1979 ISBN 2 600 04086 2 Pauline Chen Lee Li Zhi 1527 1602 a Confucian feminist of late Ming China Stanford University 2002 OCLC 54003946 Ph Dissertation Stanford University 2002 277 Seiten Photocopy Ann Arbor MI UMI Dissertation Services 2003 Wilfried Spaar Die kritische Philosophie des Li Zhi 1527 1602 und ihre politische Rezeption in der Volksrepublik China Veroffentlichungen des Ostasien Instituts der Ruhr Universitat Bochum Harrassowitz Wiesbaden 1984 ISBN 3 447 02301 5 Li Zhi hg von Rivi Handler Spitz Pauline C Lee und Haun Saussy A Book To Burn And A Book To Keep Hidden Selected Writings Columbia University Press New York 2016 ISBN 978 0 231 16613 3 Einzelnachweise Bearbeiten Wilfried Spaar Die kritische Philosophie des Li Zhi und ihre politische Rezeption in der Volksrepublik China S 47 Spaar S 47 Spaar S 51 Spaar S 50 51 Der Name Lin war der ursprungliche Name der Familie Aufgrund der Konversion Lin Nus zum Islam anderten einige Familienmitglieder ihren Namen in Li um sich vom religiosen Hintergrund ihres Verwandten abzugrenzen Lin Zaizhi scheint aus demselben Motiv gehandelt zu haben Das Entfernen des Zeichens Zai aus Lins personlichem Namen erfolgte aufgrund der Tabuvorschriften nach der Thronbesteigung des Kaisers Muzong Dieser trug in seinem personlichen Namen ebenfalls das Zeichen Zai Spaar S 51 Spaar S 52 zitiert nach Spaar S 54Normdaten Person GND 118572563 lobid OGND AKS LCCN n82011022 NDL 00510251 VIAF 66485331 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Li ZhiALTERNATIVNAMEN Lin Zaizhi Li ZaizhiKURZBESCHREIBUNG chinesischer Philosoph und BeamterGEBURTSDATUM 23 November 1527STERBEDATUM 6 Mai 1602 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Li Zhi Philosoph amp oldid 234636142