www.wikidata.de-de.nina.az
Der Kriminalpolizeiliche Meldedienst KPMD in Deutschland ist seit den 1930er Jahren Plattform zum polizeilichen Informationsaustausch und zur Erkenntnismitteilung zwischen ortlichen Polizeidienststellen regionalen Behorden den Landeskriminalamtern und des Bundeskriminalamtes mit dem Ziel einer lageangepassten aktuellen Informationssammlung Er dient zum einen der Beurteilung der polizeilichen Lage BdL und zum anderen der fur entsprechendes polizeiliches Handeln z B konzertierte Aktionen Schwerpunkte Inhaltsverzeichnis 1 Grundlage 2 Bedeutung des kriminalpolizeilichen Meldedienstes 3 Bundesdeutsche Meldedienste und Deliktsbereiche 4 Sondermeldedienste 5 Weiterentwicklung des Kriminalpolizeilichen Meldedienstes 6 Siehe auch 7 Einzelnachweise 8 WeblinksGrundlage BearbeitenDer deutsche Kriminologe Robert Heindl institutionalisierte im Jahre 1928 mit seinen Ausfuhrungen zum Straftaten Straftater Vergleich erstmals den Kriminalpolizeilichen Meldedienst KPMD eine burokratische Arbeitsmethode als kriminalpolizeiliches System zur Straftatenaufklarung Kernstuck der kriminalpolizeilichen Auswertetatigkeit ist ein systematischer Vergleich der typischen Arbeitsweisen bekannter Straftater mit der Beschreibung von Tatspuren noch nicht aufgeklarten Straftaten nach kriminologischen Erfahrungsgrundsatzen und spezifischen kriminalpolizeilichen Bewertungskriterien 1 Der Kriminalpolizeiliche Meldedienst als Recherchiersystem ist bei den besonders gefahrlichen uberregional agierenden Berufs Gewohnheits und Triebtatern fur uberortliche kriminalpolizeiliche Zentralstellen Landeskriminalamter und das Bundeskriminalamt als Zentralstelle mit zentralen Sammel und Auswertetatigkeiten notwendig Es gibt Rechtsbrecher die vorwiegend innerhalb ihres festen Wohn oder Aufenthaltsortes strafbare Handlungen begehen und solche die in grossen Bereichen tatig werden ortliche und uberortliche Tater Der ortliche Tater kann soweit er nur gelegentlich straffallig wird Gelegenheitstater in der Regel durch ortliche kriminal polizeiliche Massnahmen ermittelt werden Betatigt er sich jedoch als Berufs oder Gewohnheitsverbrecher oder ist er als Triebverbrecher anzusehen so bedarf es wie beim uberortlichen Tater wegen der Gefahr des Straffalligwerdens auch an anderen Orten seiner zentralen Erfassung Der uberortliche nicht auf frischer Tat gestellte Tater kann nur durch uberortliche kriminal polizeiliche Massnahmen erkannt werden Die dafur erforderlichen Unterlagen soll in erster Linie der kriminalpolizeiliche Meldedienst liefern Bundesarchiv Deutschland 42 Tagung der AG Kripo B 131 1475 Tagungen der AG KripoBedeutung des kriminalpolizeilichen Meldedienstes BearbeitenDer kriminalpolizeiliche Meldedienst grundet sich auf wiederholt bestatigte Erkenntnisse Berufs Gewohnheits und Triebverbrecher veruben uberwiegend immer wieder gleiche oder zumindest ahnliche Straftaten Sie verwerten dabei berufliche Kenntnisse und Fertigkeiten geistige und korperliche Fahigkeiten sowie die im Laufe ihrer kriminellen Tatigkeit gesammelten Erfahrungen Dadurch entwickeln sie ganz bestimmte fur sie charakteristische Arbeitsweisen an denen sie im Allgemeinen festgehalten und demzufolge wiedererkannt werden konnen In Sinne der kriminologischen Perseveranzhypothese also der Delikts und der Modus Operandi Perseveranz erhohen sich die Moglichkeiten der Identifizierung eines unbekannten Taters und des Nachweises weiterer Straftaten eines ermittelten Taters wenn ausser den Merkmalen der speziellen Arbeitsweise auch die bei der Tatbegehung festgestellten personlichkeitsgebundenen konstanten Merkmale und Verhaltensweisen des Taters also ausserlich sichtbare markante korperliche Merkmale sonstige Auffalligkeiten in der ausseren Erscheinung und im allgemeinen personlichen Verhalten triebhafte Veranlagungen usw mit einbezogen werden Anhand der Tatausfuhrungen und der personlichkeitsgebundenen Merkmale und Verhaltensweisen wird es moglich Zusammenhange hinsichtlich ortlich und zeitlich verschieden gelagerter bisher noch unaufgeklarter Straftaten zu ermitteln und durch Vergleich mit den Arbeitsweisen und sonstigen Merkmalen bereits bekannter Tater Hinweise auf den moglichen Tater zu erlangen Ein systematischer Vergleich der Arbeitsweisen in Verbindung mit der Beschreibung der Tater Tatorte Tatzeiten und der sonstigen naheren Umstande des Tatgeschehens lasst bei einer geographischen Auswertung oft auch Schlusse auf kunftigen Reisewege noch unbekannter uberortlicher Rechtsbrecher zu so dass in den gefahrdeten Bereichen vorbeugende Fahndungs und andere Massnahmen eingeleitet werden konnen 2 Bundesdeutsche Meldedienste und Deliktsbereiche BearbeitenVon den deutschen Polizeibehorden werden Meldedienste in folgenden Deliktsbereichen mit entsprechenden Meldepflichten betrieben Eigentumskriminalitat und Kfz Kriminalitat Falschung von Zahlungsmitteln Geldwasche Gewalt und Schwerkriminalitat mit jeweils eigenen Meldediensten fur Gewalttater Links Rechts Sport und politisch motivierte Auslanderkriminalitat IuK Kriminalitat Kinderpornografie Organisierte Kriminalitat insbesondere im Zusammenhang mit Rockern Politisch motivierte Kriminalitat und Innere Sicherheit RauschgiftkriminalitatDie Meldepflichten und Auswertungsprioritaten richten sich deliktsabhangig nach landerspezifischen nicht offentlichen Vorschriften fur den jeweiligen Meldedienst und sind deliktsubergreifend wesentlich von folgenden Faktoren gepragt Aktuelle Schwerpunkte Allgemeiner KPMD Relevanz nach Tatausfuhrung und modus operandi Besondere Gefahrlichkeit von Tater gruppierungen Bandenstrukturen Uberortliche Tatergruppierungen Besondere Opferauswahl z B altere Menschen Kinder Dringlichkeit Aktualitat Lageentwicklung Hohe oder bedeutsame Schaden Presse Offentlichkeitsinteresse Neue Phanomene besondere Erscheinungsformen Straftatenhaufigkeit Tatzusammenfuhrung BrennpunkteBeim Vorliegen eines meldepflichtigen Ereignisses hat die lokal zustandige sachbearbeitende Polizeidienststelle innerhalb kurzer i d R festgelegter Frist eine entsprechende Mitteilung an die zustandige Zentralstelle wie Landeskriminalamt absetzen Dort werden die gemeldeten Informationen bearbeitet z B mit anderen vergleichbaren Taten Tatern etc abgeglichen bewertet und u U mit weiteren Informationen angereichert Diese qualifizierten Meldungen werden an das Bundeskriminalamt als nationale Zentralstelle weitergeleitet Das BKA stellt in spezifischen Verbunddateien die Daten ein die von berechtigten Anwendern abgefragt werden konnen 3 Sondermeldedienste BearbeitenDie Polizei in Deutschland nutzt das Datenbanksystem ViCLAS engl Violent Crime Linkage Analysis System Analysesystem zur Serienzusammenfuhrung bei Gewaltverbrechen in engem Zusammenhang mit der Operativen Fallanalyse Es kommt bei Totungs und Sexualdelikten zum Einsatz bei denen keine familiaren oder sonstigen bekanntschaftlichen Vorbeziehungen zwischen Opfer und Tater bestanden 4 5 Mit dem Sondermeldedienst Cybercrime wurde seit dem Jahre 2012 auch die Verbundanwendung INPOL Fall Cybercrime und die Polizeiliche Kriminalstatistik PKS angepasst In der PKS werden u a Sonderkennungen und Phanomene zur Erfassung der Cybercrime gefuhrt die beispielsweise Aussagen zu folgenden Phanomenen erlauben Ransomware D DoS Attacke Digitaler Identitatsdiebstahl Accountubernahme Angriff auf das Online Banking und Eindringen in Datennetze Datenveranderung Datendiebstahl bei nicht naturlichen Personen 6 Der Sondermeldedienst bei Waffen und Sprengstoffsachverhalten wurde bis Mai 2016 als Papierformular KP 27 durchgefuhrt und wird jetzt durch die elektronische PIAV Meldung ersetzt Vorgangsdaten aus den Vorgangsbearbeitungssystemen der Bundeslander werden automatisch zu einer PIAV Meldung generiert und uber eine Schnittstelle zur Zentralstelle PIAV der Landeskriminalamter geschickt Von den dortigen Zentralstellen erfolgt nach einer Qualitatssicherungsprufung die Weiterleitung der PIAV Meldung an das Bundeskriminalamt zu PIAV Operativ Zentral und ist damit bundesweit recherchierbar 7 8 Im Rahmen des Sondermeldedienstes Wirtschaftskriminalitat sind folgende Straftaten zu melden Finanzierungsdelikte Betrugs und Untreuehandlungen i Z m Beteiligungen und Kapitalanlagen Arbeitsdelikte Wettbewerbsdelikte Insolvenzdelikte und Gesundheitsdelikte Abrechnungsbetrug 9 Weiterentwicklung des Kriminalpolizeilichen Meldedienstes BearbeitenDrei unabhangig voneinander durchgefuhrte Erhebungen der Kriminologischen Forschungsgruppe der Polizei Bayern im Auftrag des Bayerischen Staatsministerium des Innern stellten 1982 den KPMD zur Bedeutung von deliktsperseverantem Verhalten von Straftatern und modus operandi im System der polizeilichen Verbrechensbekampfung durch Tatklarung und Taterermittlung in Frage Nach der Studie passt sich ein Grossteil der Gewohnheitstater den Tatgelegenheitsstrukturen an und versucht mit allen Mitteln die angestrebten Ziele zu erreichen 10 Nach diesen Erkenntnissen beschloss die AG Kripo Arbeitsgemeinschaft der Leiter der bundesdeutschen Landeskriminalamter mit dem BKA im Jahre 1982 mit Wirkung vom 1 Januar 1983 bundesweit einen Katalog meldepflichtiger Straftaten einzufuhren der heute noch gilt Zu Reformation des Meldedienstes wurde 1987 ein weiteres Forschungsprojekt an die Johann Wolfgang Goethe Universitat Frankfurt am Main vergeben das im Abschlussbericht 1994 als Oevermann Projekt veroffentlicht wurde 11 Bereits im Jahre 1993 beschloss der Arbeitskreis II AK II der AG Kripo aufgrund dieses Oevermann Projektes und der Empfehlung der Fachkommission KPMD die Elektronisierung der Meldedienste als Teilprojekt des Vorhabens INPOL neu anzusehen Die 16 Tagung der Kommission Kriminalitatsbekampfung KKB im Oktober 2006 halt es fur erforderlich zunachst einen bundesweiten Ist Stand und den tatsachlichen Informationsbedarf durch den Meldedienst zu erheben Auf Basis des Ergebnisses ist eine Konzeption zur Rationalisierung der Meldedienste zu erarbeiten Dazu wird eine Bund Lander Projektgruppe BLPG unter Beteiligung der KOK Kommission Organisierte Kriminalitat eingerichtet Die Untersuchungen in sechs Bundeslandern Hessen Baden Wurttemberg Bayern Niedersachsen Nordrhein Westfalen und Rheinland Pfalz erstreckten sich im Zeitraum vom September 2006 bis Juni 2007 auf die folgenden neun Delikts und Themenbereiche Wohnungseinbruch Schleusung Graffiti Kraftfahrzeugdelikte Raub Totungsdelikte Sexualdelikte Vermisste und unbekannte Tote Management deliktsubergreifend Es ergaben sich folgende massgebliche Ergebnisse Die Vielfaltigkeit Benennung und Unterschiedlichkeit der Dateien beispielsweise von Vorgangsbearbeitungssystemen HE ComVor BY IGVP operativen Systemen HE Crime BY ADKV polizeilichen Informationssystemen HE amp BW POLAS NRW FINDUS RP POLADIS NS NIVADIS als auch Lagebildsystemen BW LABIS geografischen Systemen RP GEOPOLISK Sonderanwendungen RP eigene Datenbank Polizeiliche Kriminalstatistik HE NRW und um INPOL Fall Anwendungen BY BW RP und NS alle Domesch Die Weitermeldungen von Informationen an andere Bundeslander bzw an das BKA erfolgen hauptsachlich per polizeiinterne Fernschreibsysteme EPost und E Mail selten telefonisch oder uber Fax Defizite bei den angelieferten Informationen die von den Polizeiprasidien an die Zentralstellen gemeldet werden vor allem in den Deliktsbereichen Einbruch Graffiti und Kfz die den Informationsbedarf meist nur gering bis ausreichend bis 75 abdecken Besser stellt sich die Informationsanlieferung bei der Schleusungsdelikten dar am besten gut uber 90 funktioniert die Informationsanlieferung bei den Raub Totungs und Sexualdelikten Daraus ergaben sich u a deliktsubergreifend die nachstehenden Optimierungsvorschlage Abschottung von Falldaten nur in besonders begrundeten Fallen Bundesweit einheitliche Vorgangs und Fallbearbeitungssysteme Einbeziehung von Staatsschutzerkenntnissen zur Feststellung der Zusammenhange zwischen allgemeiner und Staatsschutzkriminalitat Einmalerfassung in den Vorgangsbearbeitungssystemen und Mehrfachnutzung in anderen polizeilichen Systemen uber Schnittstellen und Anpassungen von Katalogen Fruhzeitige Einstellung von Daten in polizeiliche Systeme bei hoher Datenqualitat Gemeinsame Organisationseinheit aus LKA BP und Zoll Finanzkontrolle Schwarzarbeit FKS Handlungsleitfaden fur die Darstellung von herausragenden Ereignissen einheitlich nach vorgegebenem Indikatorenkatalog Meldungen KPMD relevanter Straftaten an BKA bundesweit automatisieren aus Landessystemen Optimiertes Vorgangsverwaltungssystem mit Recherche und Visualisierungsmoglichkeiten Regelmassige bundesweite Besprechungen der Auswertedienststelle Schaffung zusatzlicher europaweiter Systeme neben INPOL und SIS fur mehr Informations Input Schneller Informationsverarbeitung auch bei der Zusammenarbeit europaischer Polizeibehorden Schaffung von Sachbearbeitungs und Auswertungskompetenz in einer Organisationseinheit Steigerung der Datenqualitat Tagliche Landeslagemeldungen und einheitliche Lagebilder mit vorgegebenem Katalog analog WE Erlass Verfolgung eines personenbezogenen und parallel dazu eines deliktsorientierten Auswerteansatzes 12 Siehe auch BearbeitenKriminalakte Polizeiliche Taktik Politisch motivierte Kriminalitat Runderlass zur Neuordnung der ReichskriminalpolizeiEinzelnachweise Bearbeiten Robert Weihmann Hinrich de Vries Kriminalistik Fur Studium Praxis Fuhrung 13 Auflage Deutsche Polizeiliteratur Hilden 2014 ISBN 978 3 8011 0740 6 Ernst Heinrich Ahlf Polizeiliche Kriminalakten In BKA Forschungsreihe Sonderband Fachhochschule des Bundes fur offentliche Verwaltung Abteilung Kriminalpolizei Bundeskriminalamt 2008 ISSN 0174 5433 Kriminalpolizeiliche Meldedienste KPMD und Sondermeldedienste SMD CIVES Redaktionsburo GmbH 19 Juni 2016 abgerufen am 5 Oktober 2017 Harald Dern u a Qualitatsstandards der Fallanalyse fur die Polizeien des Bundes und der Lander Bundeskriminalamt 2010 abgerufen am 22 Oktober 2017 Operative Fallanalyse OFA Fallanalytische Verfahren und die ViCLAS Datenbank bei der deutschen Polizei Abgerufen am 22 Oktober 2017 Wendy Fullgraf Hacktivisten Abschlussbericht Bundeskriminalamt Forschungsergebnisse Wiesbaden 2016 Bundeskriminalamt Referat SO 51 Hrsg Bundeslagebild Waffenkriminalitat 2010 Bundeskriminalamt Wiesbaden 2010 Martin Rangnow PIAV Polizeilicher Informations und Analyse Verbund gestartet In Pro Polizei Mai Juni 2016 1 Mai 2016 S 24 Bundeslagebild Wirtschaftskriminalitat 2006 Abgerufen am 22 Oktober 2017 Wiebke Steffen Untersuchung der Moglichkeiten des datenmassigen Abgleichs von Taterbegehungsmerkmalen zur Fallzusammenfuhrung Bayerisches Landeskriminalamt Munchen 1982 OCLC 159888796 dreiteilige Forschungsreihe Oevermann u a Kriminalistische Datenerschliessung Zur Reform des Kriminalpolizeilichen Meldedienstes In BKA Forschungsreihe Sonderband Fachhochschule des Bundes fur offentliche Verwaltung Abteilung Kriminalpolizei Bundeskriminalamt 1994 Gerhard Schmelz Optimierung der Erkenntnislage im Bereich der Auswertung der Gewalt und Eigentumskriminalitat auf der Ebene der Landeskriminalamter VFH Wiesbaden Fachbereich Polizei Wiesbaden August 2007 Weblinks BearbeitenBrandenburgisches Vorschriftensystem BRAVORS Kriminalpolizeilicher Meldedienst KPMD Land Brandenburg 29 Dezember 2000 abgerufen am 22 Oktober 2017 Fuhrung von Kriminalakten Ministerium des Innern des Landes Nordrhein Westfalen 21 Februar 2002 abgerufen am 22 Oktober 2017 Robert Weihmann Hinrich de Vries Kriminalpolizeilicher Meldedienst KPMD Operative Fallanalyse OFA Antiterrordatei ATD und Nationales Waffenregister NWR 18 September 2014 abgerufen am 22 Oktober 2017 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Kriminalpolizeilicher Meldedienst amp oldid 231753579